Rheinischer Städteatlas Neuss. Teil 5: Wirtschafts- und Sozialstruktur, Statistik

Luftbild Neuss von 2007 im Verhältnis 1 : 5.000, Zusammensetzung der Orthobilder Neuss, Neuss Nordwest, Neuss Hafen und Neuss Krankenhaus. Der weiße Rahmen kennzeichnet den Urkartenausschnitt. (Landesvermessungsamt NRW)

5. 1 Einwohner- und Häuserzahlen

1501 Mus­te­rung der Ge­wapp­ne­ten, an die 328 Rats­zei­chen aus­ge­ge­ben wer­den. 1509 sind es 389, 1554 786 (Lau, S. 393; StaN B.01.03, 1509 fol. 39; 1554 fol. 75v; Wi­spling­hoff I, S. 191)
1563 wer­den an die Bür­ger so uff dach mar­tyrum in iren har­nesch und ru­is­tun­ge ge­gan­gen 1332 Rats­zei­chen aus­ge­ge­ben (ebd. Anm. 48)
1605 Be­schrei­bung und Ta­xie­rung der Häu­ser in der Stadt Neuss (StaN B.01.01 IV B 40f.)

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Tab. 4: Einwohner- und Häuserzahlen 1300-1788. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 5: Einwohner- und Häuserzahlen 1796-2010. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

 

5. 2 Agrarwirtschaft

5. 2 Ackerbau und Viehzucht

Die häu­fi­ge Nen­nung von Rott­land im Burg­bann (z. B. Brandts, Fal­ken­stein 4, 17-19) deu­tet auf frü­he Ro­de­tä­tig­keit, die wohl (1300) weit­ge­hend ab­ge­schlos­sen war. (1340) wird letzt­ma­lig der Strytforst im Hamm­feld er­wähnt. 1490 kauf­te die Stadt ein Mor­gen Wald bei Se­li­kum (Lau I 1, S. 162* Anm. 7). Bis zum An­fang des 19. Jahr­hun­derts be­sa­ßen die vor al­lem Ge­trei­de an­bau­en­den Pacht­hö­fe der geist­li­chen In­sti­tu­tio­nen ei­nen be­deu­ten­den Teil des Acker­lan­des. Sie ver­füg­ten über 1.714 Mor­gen, wäh­rend 3.119 Mor­gen auf klei­ne­re Hö­fe und Gär­ten ver­teil­tes welt­li­ches Ei­gen­tum wa­ren (Tü­cking, Neuss, S. 195f.).
Nach der Steu­er-De­skrip­ti­on von 1670 be­saß das Klos­ter Gna­den­tal das um­fang­reichs­te Gut; wei­ter wur­den dort ver­zeich­net der Nix­hof der Re­gu­lar­her­ren, der z. T. au­ßer­halb von Neuss ge­le­ge­ne Vieh­hof von St. Qui­rin, der Kam­ber­ger Hof der Kla­ris­sen, der Ka­no­ni­chen­hof der Stifts­ka­no­ni­ker und die ur­sprüng­lich in erz­bi­schöf­li­chem Be­sitz be­find­li­che Fet­sche­rei der Köl­ner Jo­han­ni­ter (LAV NRW R Kk II 1154 II fol. 151; Fa­bri­ci­us II, S. 85) .Zu den welt­li­chen Be­sit­zern zähl­ten die Her­ren von Reu­schen­berg zu Se­li­kum und die Her­ren Frenz zu Frenz mit dem Heck­hof (Brandts, Se­li­kum, S. XXIX-XXXII; LAV NRW R Kk I fol. 146v-147); zu die­sen und wei­te­ren Hö­fen im Burg­bann Sten­mans, Burg­bann; III 4; zur ih­rer La­ge vgl. Ta­feln 2 und 3)
Wäh­rend der bür­ger­li­che Be­sitz im 17. und 18. Jahr­hun­dert zu­rück­ging (Wi­spling­hoff I, S. 277), hat­te der Um­fang der für die Vieh­zucht wich­ti­gen Ge­mein­del­än­de­rei­en in dem Ma­ße zu­ge­nom­men, wie sich der Rhein von der Stadt ent­fern­te. Zu­nächst hat­ten die Bür­ger ihr Vieh im 1346 erst­ma­lig er­wähn­ten Neus­ser Bruch an der Krur so­wie in der Ka­ars­ter und der Bütt­ger Ge­mein­de­wei­de, wo ih­nen der Erz­bi­schof 1248 und 1335 ein Mit­be­nut­zungs­recht zu­er­kannt hat­te (III 3), ge­wei­det. Dann ge­wan­nen die öst­lich der Stadt ge­le­ge­nen Wait (Neus­ser Wei­de) und Hamm (Hamm­feld) (Ta­fel 2, Tran­chot-v. Müff­ling; Ur­auf­nah­me) zu­neh­mend an Um­fang und da­mit an Be­deu­tung (Lau, S. 160*).
Das Recht der Bür­ger zur Kuh­hal­tung wur­de 1681 an den Be­sitz von drei Mor­gen Pacht- oder Ei­gen­land ge­knüpft, 1686 folg­te ei­ne ähn­li­che Ein­schrän­kung für die Schaf­hal­tung (ebd. II 210 § 29; S. 111* Anm. 7). Die Be­deu­tung der Vieh­zucht für die Neus­ser Wirt­schaft, nicht zu­letzt für das Le­der­ge­wer­be, spie­gelt die seit dem 16. Jahr­hun­dert be­leg­ba­re Ent­wick­lung der Gro­ßvieh­hal­tung wi­der. 1554: 650 Kü­he, 1593: 589 Kü­he und 131 Rin­der, 1691: 353 Kü­he, 1793: 589 Kü­he (ebd., S. 178*).
(1799) wur­den im neu ein­ge­rich­te­ten Kan­ton Neuss (I 7) an­ge­pflanzt Wei­zen, Rog­gen, Gers­te, Ha­fer, Buch­wei­zen, Rü­ben und Flachs so­wie Kar­tof­feln und Möh­ren. Es gab 600 Stück Horn­vieh, kei­ne be­deu­ten­den Schaf­her­den (J. Huck, Land­wirt­schaft u. Han­del im Kan­ton Neuss um 1799. In: N.er Jb 1994, S. 29-33). Im Lau­fe des 19. Jahr­hun­derts wur­den zu­neh­mend Zu­cker­rü­ben so­wie Wei­ß­kohl für die um die Mit­ten des 19. Jahr­hun­derts ent­ste­hen­de Sau­er­kraut­in­dus­trie an­ge­baut (Kal­len, S. 56f., 132-142). 1858 gab es 545 land­wirt­schaft­li­che Be­trie­be (75 bäu­er­li­che und groß­bäu­er­li­che, 470 Klein­be­trie­be), 1925 – be­dingt durch die Ein­ge­mein­dun­gen (I 7) – 1.059 Be­trie­be mit ei­nem deut­lich ge­stie­ge­nen An­teil der Klein­be­trie­be. Seit der Mit­te des 20. Jahr­hun­derts ging der An­teil der land­wirt­schaft­lich ge­nutz­ten Flä­che von 61% auf 40% im Jah­re 2009 zu­rück (En­gels, S. 71-79; Kom­mu­nal­pro­fil Neuss, Stadt, www.lan­des­da­ten­bank.nrw.de). Die Zahl der Be­schäf­tig­ten in der Land- und Forst­wirt­schaft be­trug 2006 398 (0,68%) (ebd.).

5. 2 Fischfang und Jagd

1195 ver­leiht Erz­bi­schof Adolf I. den Neus­ser Re­gu­lier­her­ren die Fi­sche­rei in der Erft (REK II 1493)
1351 Er­wäh­nung des Be­la Fi­scher (Brandts, Fal­ken­stein 191)
1364 trifft die Stadt Vor­keh­run­gen ge­gen un­be­fug­ten Fisch­fang (de pi­sci­bus ca­pi­en­dis in aquis opi­di) (Lau II 63)
1373 wirft der Erz­bi­schof den Bür­gern vor, un­ser vys­sche­ry­en in dem Ry­ne boy­ven Neuss zu schä­di­gen (ebd. 68 § 25). Der Schieds­spruch Erz­bi­schof Ku­nos von Trier be­stä­tigt die her­lich­eid der viss­che­ri­jen un­sers her­ren van Col­ne, ver­wirft aber des­sen Scha­dens­er­satz­for­de­rung (ebd. 70 § 25, vgl. auch ebd., S. 163*)
1501 be­zeich­net die Stadt es als ihr Pri­vi­leg, dat on­se bur­ger in ind bin­nen on­sen bo­er­ban ind am­te al­le wilt ind wil­bra­edt van­gen ind schie­ten mo­e­gen (ebd. 125 § 23)
1583/84 er­wähnt die Stadt­rech­nung Ein­künf­te aus der Fi­sche­rei in Erft und Rhein (ebd., S. 444)
1590 be­hält die (kurz­le­bi­ge) Re­for­mier­te Po­li­zei­ord­nung de­m Kur­fürst die jagt und vi­sche­rei­en ge­rech­tig­keit vor (ebd. I 7 VIII § 7)
1636 un­ter­sagt die Mor­gen­spra­che, in der Stadt Gra­ben und sons­ten un­zu­les­si­gen Orte­ren zu fi­schen. Sie ver­bie­tet Fi­schen und Ja­gen an Sonn- und Fei­er­ta­gen (ebd. 210 § 11, 16)
1790 kri­ti­siert die Po­li­zei­ord­nung, dass je­der der da­si­gen Bür­ger frei die Jagd und Fi­sche­rei aus­übt, und ver­langt, be­son­ders die Jagd in der Neus­ser Bah­ne zu ver­pach­ten (ebd. 249 § 106)
1799 gibt es nur noch zwei Fi­scher in Neuss (StaN B.01.07, Nr. 6)
Zum Fisch­amt vgl. III 7

Tab. 6: Größe und Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Neuss 1827 (in preuß. Mg). (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 7: Größe und Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Neuss 1849 und 1858 (in preuß. Mg). (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 8: Größe und Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Neuss 2001. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 9: Bodennutzung in Neuss 1849 und 1858 (in preuß. Mg). (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 10: Bodennutzung in der Stadt Neuss 1885 und 1900 (in ha). (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 11: Bodennutzung der Stadt Neuss 2001 und 2009 (in ha). (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 12: Viehbestand 1809-2011. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

 

5. 4 Gewerbe und Industrie

5. 4 Mühlen

1195 über­trägt Erz­bi­schof Adolf I. dem Re­gu­lier­her­ren­klos­ter die Fi­sche­rei in flu­mi­ne Ar­na­phe a mo­len­di­no aba­tis­se Nus­si­en­sis us­que in rhenum (NrhUB I 549; REK II 1493). 1. Er­wäh­nung der Äb­tis­sin­nen- oder Ep­ges­müh­le
1289 über­lässt Erz­bi­schof Sieg­fried zwecks Schul­den­til­gung dem Neus­ser Bür­ger Her­mann v Kot­hau­sen u. a. die Ein­künf­te mo­len­di­n­o­rum nostro­rum, sci­li­cet Steyn­mů­le [= Stech­müh­le?] et By­schofs­mů­le su­per Ar­re­pam (Erft) (Lau II 16; REK III 3242; vgl. auch ebd. 2855, wo al­ler­dings nur 1 Müh­le des Eb er­wähnt wird)
1373 wirft Erz­bi­schof Fried­rich III. der Stadt Ver­let­zung sei­nes Müh­len­re­gals vor (Lau II 68 § 16). Sie be­saß da­mals ver­mut­lich ei­ne Wind- und ei­ne Ross­müh­le, in de­ren Be­nut­zung durch die Bür­ger der Erz­bi­schof ei­nen Ver­stoß ge­gen sei­ne Rech­te sah (ebd., S. 152*; Neuss im Wan­del, S. 391; kri­tisch hier­zu al­ler­dings Krei­ner, S. 401f.)
1445 ver­erb­pach­tet Erz­bi­schof Diet­rich v Mo­ers der Stadt die Stech­müh­le oder Steg­müh­le für ei­nen Zins von 125 ober­län­di­schen rhei­ni­schen Gul­den, den er bald dar­auf für 2.000 Gul­den an die Stadt ver­kauft (Lau II 83; Druck der Ur­kun­den bei Krei­ner, S. 456f., 458-465). Ein Streit mit der Äb­tis­sin von St. Qui­rin um das von die­ser be­an­spruch­te Müh­len­recht wird 1458 durch Ver­mitt­lung des Erz­bi­schofs bei­ge­legt
1456 er­hält die Stadt vom Erz­bi­schof das Recht, Was­ser von der Erft zum Be­trieb der Müh­len in den Stadt­gra­ben ab­zu­lei­ten (Lau II 89; III 3)
1458 er­wirbt die Stadt die Hel­pen­stei­ner Müh­le an der Erft ober­halb der Äb­tis­sin­nen­müh­le in Erb­pacht (ebd.; Druck: Krei­ner, S. 466-469.). Sie wird wie die Stech­müh­le nach der Her­stel­lung des Erft­ka­nals (I 1 Ver­kehrs­an­bin­dung) nach Neuss ver­legt. Nach der Stadt­rech­nung von 1493 (StaN B.01.03, 1493) gibt es au­ßer der Wind­müh­le auf ei­nem Turm der Stadt­be­fes­ti­gung zwi­schen Ober- und Zoll­tor an der Ober- und der Nie­der­pfor­te je ei­ne Korn­müh­le, Walk­müh­len an der Rhein- und Ober­pfor­te, wo au­ßer­dem ei­ne Öl­müh­le ver­zeich­net wird; schlie­ß­lich wird ei­ne Schleif­müh­le ge­nannt (mög­li­cher­wei­se die im Spät­mit­tel­al­ter er­rich­te­te Ham­tor­müh­le) (Lau, S. 154*; Tü­cking, Neuss, S. 226-229; S. Sau­er, Ar­chäo­lo­gi­sche Un­ter­su­chun­gen im mit­tel­al­ter­li­chen Stadt­kern v. Neuss. In: Von An­fang an. Ar­chäo­lo­gie in Nord­rhein-West­fa­len, 2005, S. 260)
1600 Er­rich­tung ei­ner städ­ti­schen Loh­müh­le vor dem Ober­tor ne­ben der Öl­müh­le (Tü­cking, Neuss, S. 227; Lau, S. 157*). 1799 ab­ge­brannt, 1813 nach Wie­der­auf­bau an Pri­vat­leu­te ver­kauft (Wi­spling­hoff II, S. 37f.)
1610 er­lässt der Rat ei­ne Müh­len­ord­nung (Lau II 200)
(1656) pach­tet die Stadt die ver­fal­le­ne Stifts­müh­le, die Ep­ges­müh­le, mit dem Müh­len­bann­recht über das Rhein­pfor­ten­kirch­spiel. Da­mit Be­en­di­gung der Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit der Äb­tis­sin um die­ses Recht. 1714 Ab­schluss ei­nes Erb­pacht­ver­trags, der die Stadt zur Zah­lung von jähr­lich 14 Mal­ter Rog­gen ver­pflich­tet (Lau, S. 155*; StaN B.02.01 III F 18f.)
1798 Auf­he­bung des Müh­lenzwangs durch die fran­zö­si­sche Ge­setz­ge­bung (Han­sen IV 118) 1804 Grün­dung der ers­ten pri­va­ten Öl­müh­le durch Gott­fried Schwe­den (S. Som­mer, Müh­len am Nie­der­rhein. Die Wind- u. Was­ser­müh­len d. lin­ken Nie­der­rheins im Zeit­al­ter d. In­dus­tria­li­sie­rung <1814-1914>, 1991, S. 244)
1813 ord­net Na­po­le­on den Ver­kauf der Ge­mein­de­gü­ter an, da­durch ver­liert die Stadt die Walk­müh­le, die Loh­müh­le, zwei Öl­müh­len am Ober­tor und ei­ne Öl­müh­le am Rhein­tor. Die städ­ti­schen Ge­trei­de­müh­len wer­den wei­ter­hin ver­pach­tet (Tü­cking, Neuss, S. 284; En­gels, S. 92f.)
1827 wer­den in Neuss neun Was­ser­müh­len und ei­ne Wind­müh­le be­trie­ben (LAV NRW R Reg. Düs­sel­dorf 386)
1834 setzt die Fir­ma Hein­rich Thy­wis­sen und Sohn in ih­rer Öl­müh­le an der Brück­stra­ße die ers­te Dampf­ma­schi­ne ein (Kal­len, S. 65f.; En­gels, S. 98; S. Som­mer, Müh­len am Nie­der­rhein. Die Wind- u. Was­ser­müh­len d. lin­ken Nie­der­rheins im Zeit­al­ter d. In­dus­tria­li­sie­rung <1814-1914>, 1991, S. 244)
1836 Sie­ben Öl­müh­len mit zwei Dampf­ma­schi­nen (Adel­mann, S. 304)
1854 In­be­trieb­nah­me der ers­ten Dampf­mehl­müh­len durch Adolf Lin­den und H. Kratz (Kal­len, S. 119-121)
1870 Sechs Dampf- und drei Was­ser­mehl­müh­len (ebd., S. 120; vgl. auch Ta­fel 7, Stadt­plan 1873)
1914 Acht Öl- und fünf Mehl­müh­len, 1937 fünf Öl­müh­len, auf die 12 % der ge­sam­ten deut­schen Pro­duk­ti­on ent­fal­len, so­wie drei Mehl­müh­len (ebd., S. 102; En­gels, S. 100). Nach dem Zwei­ten Welt­krieg Wie­der­auf­bau der Öl- und Ge­trei­de­müh­len so­wie ver­wand­ter Be­trie­be der Nah­rungs­mit­tel­in­dus­trie, de­ren Stand­ort sich zu­neh­mend in den Ha­fen ver­la­gert. 1950 gibt es fünf Öl­müh­len, 1969 zwei Ge­trei­de­gro­ß­müh­len (ebd., S. 101; Neuss im Wan­del, S. 414; St. Loh­kamp, Die Ent­wick­lung d. Neus­ser Wirt­schaft nach d. Zwei­ten Welt­krieg, 2001, S. 35-45). Auch ge­gen­wär­tig ge­hört Neuss zu den füh­ren­den Stand­or­ten des Nah­rungs­mit­tel­ge­wer­bes („Food-Ci­ty Neus­s“) (www.neuss.de/wirt­schaft/foodci­ty)

5. 4 Gewerbe und Industrie

Ver­tre­ter zahl­rei­cher Hand­wer­ke und Ge­wer­be wer­den in den Quel­len seit dem spä­ten 13. Jahr­hun­dert er­wähnt (Erst­be­le­ge hier bis 1400 oh­ne An­spruch auf Voll­stän­dig­keit):
1290 bra­xa­tor (StaN D.01.F.02 Samm­lung Fel­ten Urk 1), 1296 pis­tor, pis­ca­trix, li­ga­tor va­s­orum (LAV NRW R N Gna­den­tal Urk 5), 1316 tex­tor, Stein­met­zer (Brandts, Fal­ken­stein 31), 1326 Olieschle­ger (ebd. 59), 1330 Hen­ri­cus de Lin­team­i­ne, car­ni­fex, cal­cia­tor, pan­ni­ci­da (Lau II 27), 1331 sar­tor (Brandts, Fal­ken­stein 91), 1333 la­ni­fi­cus (ebd. 106), 1335 vini­tus (Lau II 34), 1337 sar­ci­fe­rus (Brandts, Fal­ken­stein 124), 1341 car­pen­ta­ri­us (LAV NRW R N Gna­den­tal Urk 13), 1347 chi­ro­te­ca­ri­us, vi­t­rea­tor (Brandts, Fal­ken­stein 166), 1350 tinc­tor (ebd. 183), 1352 ton­dor pan­n­o­rum (Tuch­sche­rer) (StaN A.01 Schöf­fen­ur­kun­den Kar­ton 37, 1352 XI 5), 1356 lu­tor (Brandts, Fal­ken­stein 221), 1360 Lei­en­de­cker (ebd. 249), 1372 au­rif­a­ber (LAV NRW R N Gna­den­tal Urk 22), 1373 pel­li­fex (Brandts, Fal­ken­stein 327), 1390 ful­lo (ebd. 416)

Braugewerbe

(1255/59) wird in der ge­fälsch­ten Ur­kun­de Erz­bi­schof An­nos II. das der Äb­tis­sin zu­ste­hen­de Grut­recht er­wähnt (Lau II 1)
1283 Er­wäh­nung des Fer­men­ta­ri­us de … domo fer­men­ti der Äb­tis­sin (StaN B.01.08 Pri­vi­le­gi­en­buch II fol. 130v-131)
1339 er­lässt der Rat mit Zu­stim­mung des Brau­amts ei­ne Preis­ver­ord­nung für Bier (Lau II 38; vgl. auch ebd. 57, 59 § 2)
1388 Er­wäh­nung ei­nes Hop­pen­bre­wers in Neuss (Brandts, Fal­ken­stein 404)
1473 Ver­gleich zwi­schen der Äb­tis­sin und den Brau­ern, der die­se zu ei­ner Ab­ga­be an das Stift ver­pflich­tet, wenn sie Keut- oder Hop­fen­bier her­stel­len (Tü­cking, Ein­rich­tun­gen, S. 328). Die­se „Bier­steu­er“ wird bis 1794 vom Brau­er­amt ent­rich­tet (Lau, S. 16*)
1493 41 Brau­er (StaN B.01.03, 1493), 1720 57 (Lau, S. 82*)
1544 wird den Ein­woh­nern des Burg­banns das Brau­en un­ter­sagt. Im 17. Jahr­hun­dert er­lässt der Rat zeit­wei­se ein Im­port­ver­bot für Bier (Lau, S. 83*)
1785 be­schwert sich das Brau­er­amt über un­zu­läs­si­ges Brau­en in den Klös­tern (LAV NRW R Kk II 2298 II fol. 178)
1821 13, 1914 14 Braue­rei­en (En­gels, S. 125 Anm. 281)

Topographische Karte Neuss von 1805-1807 im Verhältnis 1 : 25.000, Zusammensetzung der Blätter 44 Düsseldorf und 51 Holzheim der Kartenaufnahme der Rheinlande durch Tranchot und v. Müffling 1803-28. (Landesvermessungsamt NRW)

Stadtplan Neuss von 1873 im Verhältnis 1 : 6.000, Verkleinerung, Originalmaßstab 1 : 5.000, angefertigt durch den Kataster-Geometer Rappenhöner. (Stadtarchiv Neuss)

Tab. 13: Zahl und Beschäftigte der Neusser Ölmühlen 1812-1950. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

 

Tuch- und Textilgewerbe

(1330) be­steht ein Ge­wand­haus am Bü­chel (II 5 Ge­wand­haus), mög­li­cher­wei­se schon 1211
(1339/41) Er­wäh­nung des Wol­len­amts, auf des­sen Ver­an­las­sung der Rat für die Her­stel­lung un­vor­schrifts­mä­ßig an­ge­fer­tig­ter oder ver­bo­te­ner Tü­cher Stra­fen vor­sieht (III 7 Zünf­te)
1437 wird aus Neuss ein Kar­ren mit Tuch nach Dort­mund ex­por­tiert (Tü­cking, Neuss, S. 240). Nach dem dor­ti­gen Ak­zi­se­ta­rif aus der ers­ten Hälf­te des 14. Jahr­hun­derts wird Neus­ser Tuch mit dem nied­rigs­ten Satz be­legt (Böm­mels, S. 89; Huck, Neuss I, S. 65)
1461 sieht der Amts­brief der Lei­nen­we­ber vor, dass auch Frau­en der Zunft bei­tre­ten kön­nen (III 7 Zunft)
1489 er­lässt der Rat mit Zu­stim­mung des Wol­len­amts ei­ne 1495 er­wei­ter­te Ord­nung für die Tuch­her­stel­lung und die Qua­li­täts­kon­trol­le. Die Tü­cher sol­len nach der Be­ar­bei­tung durch die Tuch­sche­rer zum Wie­gen ins Ge­wand­haus ge­bracht wer­den (Lau II 120f.)
1496 Amts­brief der Tuch­sche­rer mit Preis­fest­set­zun­gen für un­ter­schied­li­che Tu­che. Sie dür­fen die Tü­cher nicht selbst zur Walk­müh­le (V 4 Müh­len), zum Fär­ber­haus (ver­we­huis) oder zum Spü­len brin­gen (ebd. 123) 
1498 schreibt der Amts­brief den Woll­we­bern vor, dass für die Frank­fur­ter Mes­se be­stimm­te Tü­cher 14 Ta­ge vor Ab­sen­dung das amt­li­che Sie­gel im Ge­wand­haus er­hal­ten müs­sen. Ge­re­gelt wird auch die Tä­tig­keit der Tuch­sche­rer (III 7 Zünf­te)
1541 wird ein Fär­ber­haus in der Stra­ße Hin­ter­ho­ven er­wähnt (Wi­spling­hoff I, S. 431)
1568 wird ge­klagt, dass das Wol­len­amt vast ge­fal­len sei (Lau, S. 75*)
1582 be­hält der Amts­brief der Ge­wand­schnei­der (III 7 Zünf­te) den Amts­ge­nos­sen den Klein­ver­kauf der Tü­cher vor. Die­se set­zen ne­ben ein­hei­mi­schen in gro­ßem Um­fang auch frem­de Pro­duk­te ab (Wi­spling­hoff I, S. 432)
1584 bit­ten 14 Po­sa­men­tie­rer, Sei­den­be­rei­ter, Flo­rett­ma­cher und Sei­den­fär­ber um Er­tei­lung ei­nes Amts­briefs (StaN B.02.01 III D 17, Nr. 14)
1726-60 be­steht die Woll­tuch­fa­brik des Mar­tin Mar­bai­se (StaN B.01.01 Rat 1724-1730, S. 153, 158, 197; Lau, S. 177*)
1766 ist der Zu­wan­de­rer Wil­helm van In­gen der ein­zi­ge Fär­ber in Neuss (Wi­spling­hoff I, S. 431)
1776 grün­det Da­ni­el Ge­rard ei­ne Fa­brik für Woll­de­cken und Kat­tun (StaN B.01.01 Rat 1771-1780, S. 219, 317, 319; Lau, S. 177*)
1785 er­klärt der Rat, die meis­ten An­ge­hö­ri­gen des Wol­len­amts sei­en Woll­spin­ner (Wi­spling­hoff I, S. 429)
1787 Grün­dung der Baum­woll­we­be­rei François Car­roux und Da­ni­el Ge­rard (Wi­spling­hoff II, S. 61)
1787 ent­steht die Baum­woll­we­be­rei von Theo­dor Du­mont (W. Föhl, Die Wie­der­ge­burt d. Neus­ser Wirt­schaft 1800-1805. In: N.er Jb 1958, S. 25-34)
1791 Ent­ste­hung der Baum­woll­spin­ne­rei, Fär­be­rei und Sia­mo­se­we­be­rei von Theo­dor Du­mont und François Car­roux (J. Huck, Land­wirt­schaft u. Han­del im Kan­ton Neuss um 1799. In: N.er Jb 1994, S. 32)
1806 gibt es – be­dingt auch durch Be­triebs­ver­la­ge­run­gen aus dem Her­zog­tum Ber­g – neun Baum­woll­spin­ne­rei­en mit 376 Ar­bei­tern, 1811 nur noch drei mit 225 Ar­bei­tern (LAV NRW R Ro­er­dep. 2593 I fol. 35v-36; M. Schult­heis-Frie­be, Die Fran­zö­si­sche Wirt­schafts­po­li­tik im Ro­er-De­par­te­ment 1792-1814, 1969, S. 199)
1806 exis­tie­ren sechs Baum­woll­we­be­rei­en mit 662 Ar­bei­tern so­wie ei­ne Strumpf­wir­ke­rei (Bon­ne­te­rie) mit sechs Ar­bei­tern (LAV NRW R Ro­er­dep. 2593 I fol. 122v, 126; Wi­spling­hoff II, S. 62). 1813 scheint die Pro­duk­ti­on zum Er­lie­gen ge­kom­men zu sein (M. Schult­heis-Frie­be, Die Fran­zö­si­sche Wirt­schafts­po­li­tik im Ro­er-De­par­te­ment 1792-1814, 1969, S. 200)
Nach 1815 Wie­der­auf­le­ben des Woll­ge­wer­bes, das nach 1860 durch die Kunst­woll­in­dus­trie ver­drängt wird (Kal­len, S. 165; En­gels, S. 85-87)
Ab 1830 Kra­wat­ten­fa­bri­ka­ti­on. 1840 vier Fa­bri­ken mit 264 Ar­beits­kräf­ten (Kal­len, S. 165-168)
Bis Mit­te des 19. Jahr­hun­derts Vor­herr­schen der hand­werk­li­chen Tex­til­fa­bri­ka­ti­on, da­nach Me­cha­ni­sie­rung un­ter ver­stärk­ter Ver­wen­dung von Dampf­ma­schi­nen (En­gels, S. 82-85); vgl. Ta­bel­le Fa­bri­ken und ge­werb­li­che An­la­gen 1849
1881 gibt es noch vier Hand­web­stüh­le für baum­wol­le­ne und halb­baum­wol­le­ne Wa­ren, sechs für Sam­met­waren, vier für Strumpf­wa­ren (LAV NRW R LA Gei­len­kir­chen 37 fol. 236v)

Ledergewerbe

Seit An­fang d. 15. Jahr­hun­derts ver­zol­len Neus­ser Ger­ber Fel­le am Düs­sel­dor­fer Zoll (LAV NRW R JB I 1428 fol. 6-8v, 11-12v; Lau, S. 174* Anm. 9; Böm­mels, S. 121)
1457 Er­wäh­nung ei­nes Loy­hus am Markt (Lau, S. 77* Anm. 6)
1493 Amt der Schu­ma­cher und Lö­her er­wähnt (StaN B.01.03, 1493)
1600 Er­rich­tung ei­ner Loh­müh­le vor der West­sei­te des Ober­tors (V 4 Müh­len); dort lag auch der städ­ti­sche Loh­hof, 1672 we­gen des Zi­ta­dell­baus ein­ge­zo­gen und an der Ost­sei­te des Ober­tors neu an­ge­legt (Tü­cking, Neuss, S. 163, 191, 255f.)
1626 sieht der er­neu­er­te Amts­brief für die Schu­ma­cher und die Lö­her vor, dass die­se ein Drit­tel der Ab­ga­be an die Stadt über­neh­men (Lau II 206)
1766 er­hal­ten die Rot­gerber ei­nen ei­ge­nen Amts­brief. Der Loh­hof steht wei­ter­hin bei­den Zünf­ten ge­gen Ge­bühr zur Ver­fü­gung (III 7 Zünf­te)
1810 12 Ger­be­rei­en mit 30 Ar­bei­tern (LAV NRW R Ro­er­dep. 2593 II fol. 63v)
1853 12, 1874 sie­ben Ger­be­rei­en (En­gels, S. 112)

Tab. 14: Baumwollspinnereien in der Mairie Neuss 1803 und 1806. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 15: Webstühle in Weberei-, Zeug- und Bandwarenindustrie in Neuss 1849-1861. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

 

Metallverarbeitung

Das Me­tall ver­ar­bei­ten­de Ge­wer­be war in Neuss nach Aus­weis des Amts­briefs der Schmie­de von 1592 (III 7 Zünf­te) sehr dif­fe­ren­ziert, ge­wann aber kaum über­re­gio­na­le Be­deu­tung (Wi­spling­hoff I, S. 457-461). Die 1803 er­rich­te­te Krat­zen­fa­brik, die das Tex­til­ge­wer­be be­lie­fer­te, konn­te sich nur bis in die 40er Jah­re hal­ten (H. Ver­vier, Ge­schicht­li­che Ent­wick­lung d. In­dus­tri­en u. d. städ­ti­schen In­dus­trie­po­li­tik in N vom En­de d. 18. Jahr­hun­derts bis z. Jah­re 1914, wi­so. Diss. Köln 1920, S. 169f.). 1840 grün­de­ten Hein­rich Thy­wis­sen und Sohn ei­ne Ei­sen­gie­ße­rei, de­ren Be­schäf­tig­ten­zahl al­ler­dings ge­ring blieb (En­gels, S. 107, Ta­bel­le 25, S. 412). Be­deu­ten­de­re Un­ter­neh­men ent­stan­den erst nach Mit­te des 19. Jahr­hun­derts.
1857 Grün­dung der „Neus­ser Berg­bau- und Hüt­ten-Com­man­dit-Ge­sell­schaft Rei­ner Broix & Com­pany“. 1860 In­be­trieb­nah­me ih­res ers­ten Hoch­ofens in der Nä­he der Mün­dung der Erft in den Rhein auf Heerd­ter Bo­den. 1884 muss der Be­trieb ein­ge­stellt wer­den (Kal­len, S. 144-154; En­gels, S. 107f.)
Mit­te d. 19. Jahr­hun­derts er­rich­tet der Schlos­ser Fer­di­nand Kraus ei­ne Ma­schi­nen­bau­werk­statt, aus der ei­ne Ma­schi­nen­fa­brik mit 1912 403 Ar­bei­tern her­vor­geht (Kal­len, S. 159; LAV NRW R Reg. Düs­sel­dorf 34280)
1874 Grün­dung der Schrau­ben- und Mut­tern­fa­brik von Ge­org Bau­er und Chris­ti­an Schaur­te (Kal­len, S. 155)
1909 An­sied­lung der land­wirt­schaft­li­che Ma­schi­nen pro­du­zie­ren­den In­ter­na­tio­nal Har­ves­ter Com­pa­ny so­wie der Zen­tral­hei­zungs­an­la­gen her­stel­len­den Ame­ri­can Ra­dia­tor Com­pa­ny im Ha­fen­ge­län­de (En­gels, S. 106)

Tab. 16: Produktion und Arbeiterzahlen in Neusser Eisengießereien 1840-1871. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 17: Fabriken und gewerbliche Anlagen in Neuss 1849. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

 

Papierindustrie

1870 Grün­dung der „Neus­ser Pa­pier- und Per­ga­ment­fa­bri­k“(zur La­ge vgl. Ta­fel 7, Stadt­plan 1873), der 1874 wei­te­re Fa­bri­ken fol­gen. 1914 be­schäf­ti­gen vier Fir­men 841, 1937 drei Fir­men ca. 830 Ar­bei­ter (Kal­len, S. 168; En­gels, S. 413)

Tab. 18: Beschäftigte in der Neusser Papierindustrie 1874-1937. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

 

Sonstiges Gewerbe

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen über die Be­rufs- und Ge­wer­be­struk­tur, die Be­trie­be so­wie die Bran­chen­auf­tei­lung der Er­werbs­tä­ti­gen ent­neh­men Sie den Ta­bel­len auf der rech­ten Sei­te. 

Tab. 19: Sonstige Gewerbe und Industrien: Berufs und Gewerbetabelle 1801-1858. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 20: Berufs- und Gewerbestruktur der Stadt Neuss 1827. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 21: Betriebe in Neuss mit mindestens 50 Arbeitern 1912. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 22: Betriebe und Beschäftigte im verarbeitenden Gewerbe in Neuss 2001. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 23: Branchenaufteilung der Erwerbstätigen in Neuss 1858 und 1861. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 24: Branchenaufteilung der Erwerbstätigen in der Stadt Neuss 1925. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 25: Branchenaufteilung der Erwerbstätigen in Neuss 1961. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 26: Branchenaufteilung der Erwerbstätigen in Neuss 1970 und 1987. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 27: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Wirtschaftsabschnitten 2007. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

 

Kreditinstitute

1828 Grün­dung der Städ­ti­schen Spar­kas­se in Ver­bin­dung mit ei­nem Leih­haus im Rat­haus, 1994 Fu­si­on mit der Kreis­spar­kas­se Gre­ven­broich, 2002 Auf­nah­me der Stadt­spar­kas­se Kor­schen­broich, 2006 der Stadt­spar­kas­se Ka­arst-Bütt­gen in die Spar­kas­se Neuss (www.spar­kas­se-neuss.de)
1844 Er­wäh­nung des Bank- und Wech­sel­ge­schäfts von Her­mann Jo­sef Hup­pertz
1849 Er­öff­nung ei­ner Banklom­bard­stel­le des Kö­nig­li­chen Bank Comp­toirs zu Köln, 1867 Um­wand­lung in ei­ne Agen­tur der Preu­ßi­schen Bank, 1957 Zweig­stel­le der Deut­schen Bun­des­bank
1850 Wech­sel­ge­schäft von Ja­cob Le Han­ne, 1900 von der Düs­sel­dor­fer Bank über­nom­men
1904 Zweig­stel­le des A. Schaaff­hau­sen’schen Bank­ver­eins, 1929 von der Deut­schen Bank über­nom­men
1906 Grün­dung der Bank für Hand­werk und Ge­wer­be, jetzt Volks­bank Neuss
1910 Zweig­stel­le der Ber­gisch-Mär­ki­schen Bank, 1914 von der Deut­schen Bank über­nom­men
Heu­te un­ter­hal­ten al­le grö­ße­ren Pri­vat­ban­ken Zweig­stel­len in Neuss (Neuss im Wan­del, S. 423f.; Kal­len, S. 175-183)

Druckereien und Zeitungen

1821 grün­det Leo­nard Schwann ei­ne Dru­cke­rei, 1878 nach Düs­sel­dorf ver­legt (En­gels, S. 113)
1826-1941 Neu­ßer In­tel­li­genz­blatt, hg. von L. Schwann, ab 1848 un­ter wech­seln­den Ti­teln seit 1869 un­ter dem Ti­tel Neu­ßer Zei­tung
1841-68(?) Ka­tho­li­scher Volks­ka­len­der, Ver­lag L. Schwann
1845-59 Rhei­ni­sches Kir­chen­blatt, Ver­lag L. Schwann
1873 Grün­dung der Ge­sell­schaft für Buch­dru­cke­rei AG
1874-1937 bzw. ab 1949 Neuß-Gre­ven­broi­cher Zei­tung, 2009 von der Me­di­en­grup­pe Rhei­ni­sche Post über­nom­men
1919-33 Der freie Spre­cher. Or­gan für die so­zi­al­de­mo­kra­ti­sche Par­tei und die frei­en Ge­werk­schaf­ten der Krei­se Neuß und Gre­ven­broich
1930-35 Volks­pa­ro­le, 1935-45 un­ter dem Ti­tel Rhei­ni­sche Lan­des­zei­tung
1945-49 Neu­ßer Nach­rich­ten (Neuss im Wan­del, S. 238f., 272; En­gels, S. 231f.; Wel­fens, S. 171-176)

Stadtplan Neuss von 1873 im Verhältnis 1 : 6.000, Verkleinerung, Originalmaßstab 1 : 5.000, angefertigt durch den Kataster-Geometer Rappenhöner. (Stadtarchiv Neuss)

 

5. 5 Handel

Frü­hes­ter Be­leg für Neuss als Han­dels­platz ist das Pri­vi­leg für das Klos­ter Wer­den von 877, das die­ses von je­dem Zoll (vec­tigal), d. h. wohl vor­nehm­lich vom Neus­ser Markt­zoll, be­freit (I 3; III 2 Zoll). Auch die Be­zeich­nung von Neuss als por­tus, d. h. als Han­dels­platz (1050) (I 3) deu­tet auf sei­ne kom­mer­zi­el­le Be­deu­tung. Auf frü­he Han­dels­ak­ti­vi­tä­ten von Neus­ser Kauf­leu­ten ver­wei­sen die ih­nen bzw. der Stadt von Kö­nig und Erz­bi­schof ver­lie­he­nen Zoll­be­frei­ungs­pri­vi­le­gi­en (III 3; III 2 Zoll) so­wie die Er­wäh­nung der Stadt und ih­rer Kauf­leu­te im Zoll­ta­rif von Ko­blenz aus dem 11. Jahr­hun­dert (I 3), dem Zoll­stein von Schmit­hau­sen bei Kle­ve von (1170) (Scholz-Ba­bisch I 1) und am Lo­bit­her Zoll seit 1307 (Lau, S. 173* Anm. 1). In der spä­te­ren Über­lie­fe­rung von den kle­vi­schen Zoll­sta­tio­nen wird Neuss seit dem 16. Jahr­hun­dert er­wähnt (Scholz-Ba­bisch I S. 266)
Die wich­tigs­ten Neus­ser Han­dels­gü­ter wa­ren Wein und Ge­trei­de (Lau II 68 Art. 10) so­wie Mühl­stei­ne, so­dann He­ring und Salz (zu die­sen ebd., 26), die die Kauf­leu­te rhein­auf­wärts in die Wein­an­bau­ge­bie­te ver­schiff­ten. Des Wei­te­ren ist zu nen­nen der Ei­gen­han­del mit Tex­ti­li­en und ge­gerb­ten Fel­len und schlie­ß­lich der weit ge­spann­te Vieh­han­del (ebd., S. 173*f.; Kuske, Ei­gen­art, S. 92f., 97, 147f., 166; Huck, Neuss I, S. 115-136). Neuss war un­ter den nie­der­rhei­ni­schen Städ­ten der wich­tigs­te Wett­be­wer­ber, aber auch Ge­schäfts­part­ner der Han­dels­me­tro­po­le Köln, de­ren Sta­pel­recht zu zahl­rei­chen Kon­flik­ten führ­te (Kuske, Ei­gen­art, S. 97-103, 131f.). So be­klag­te Köln 1461, dat die schif­f­lu­de van Neuss et­li­che jair her dair­we­der [das Sta­pel­recht] ge­da­in … haint (Kuske II 276), 1489, dass Neus­ser Bür­ger ei­nich guet van vi­schen, he­ring, buckin­gen ind an­ders in Neuss statt in Köln hät­ten um­la­den las­sen (ebd. 1132), wäh­rend Neuss Kla­ge über die Hand­ha­bung des Köl­ner Sta­pels führ­te (ebd. 1465, 1466)
Die Neus­ser Han­dels­ver­bin­dun­gen reich­ten rhein­auf­wärts bis Straß­burg, rhein­ab­wärts über die nie­der­rhei­ni­schen Städ­te Duis­burg und We­sel in die Nie­der­lan­de bis nach Ut­recht und Ant­wer­pen. Ein­zel­ne Kauf­leu­te sind in Lü­beck und Dan­zig nach­weis­bar. All­mäh­li­cher Rück­gang des Fern­han­dels seit dem spä­ten 16. Jahr­hun­dert. Auch der im 16. Jahr­hun­dert noch wich­ti­ge Wein­han­del bü­ß­te seit dem 17. Jahr­hun­dert sei­ne Be­deu­tung ein und deck­te im 18. Jahr­hun­dert nur noch den lo­ka­len Be­darf (Wi­spling­hoff I, S. 313-360; Kuske, Ei­gen­art, S. 89-108; E. Dös­se­ler, Der Nie­der­rhein u. d. deut­sche Ost­see­raum z. Han­se­zeit, 1940, Nr.9, Nr. 273; Huck, Neuss II)

Der Handel seit dem 19. Jahrhundert

Seit den 1850er Jah­ren Auf­schwung des Ge­trei­de-, Öl-, Vieh-, Koh­len- und Holz­han­dels durch die Schiff­bar­ma­chung der Erft (En­gels, S. 126-139). Im 20. Jahr­hun­dert ver­la­ger­te sich der wirt­schaft­li­che Schwer­punkt vom Han­del auf das ver­ar­bei­ten­de Ge­wer­be der Me­tall- so­wie der Nah­rungs- und Ge­nuss­mit­tel­in­dus­trie (St. Loh­kamp, Die Ent­wick­lung d. Neus­ser Wirt­schaft nach d. Zwei­ten Welt­krieg, 2001, S. 21, 33-45)

Vogelschauplan Neuss von Osten, vor 1586, Kupferstich von Peter Pannensmit aus dem Städtebuch von Georg Brain und Franz Hogenberg, Bd. IV, Bl. 23, Köln 1590. (Stadtarchiv Neuss)

Stadtplan Neuss von 1957 im Verhältnis 1 : 15.000, Vermessungs- und Planungsamt Neuß. (Stadtarchiv Neuss)

Tab. 28: Neusser Fruchthandel 1818-1865. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

 

Hafen

Ei­nen ei­gent­li­chen Ha­fen er­hielt Neuss erst im 19. Jahr­hun­dert durch den Aus­bau der Erft zu ei­nem Ka­nal. Vor­her stan­den dem Schiffs­ver­kehr drei An­le­ge­stel­len zur Ver­fü­gung: 1. in der Ver­län­ge­rung des Mark­tes vor dem Ju­den­steg, 2. an der Kra­nen­pfor­te und 3. vor dem Rhein­tor. Sie dürf­ten seit dem Mit­tel­al­ter be­stan­den ha­ben und sind auf dem Vo­gel­schau­plan von Braun und Ho­gen­berg (Ta­fel 4) von 1586 zu er­ken­nen. Ei­ne Ur­kun­de von 1303 nennt den portum op­pi­di Nus­si­en­sis (NrhUB III 27). Ein, im 16. Jahr­hun­dert zeit­wei­se zwei Schiffs­krä­ne konn­ten je nach Was­ser­stand an zum Aus­kra­nen ge­eig­ne­te Stel­len ge­schleppt wer­den, falls er­for­der­lich bis zur Mün­dung der Erft in den Rhein (Lau, S. 142*, 175*; Huck, Neuss I, S. 147-150). Ein Kra­nen­meis­ter ist seit 1400 be­legt (Lau, S. 142* Anm. 5)
Der seit 1778 dis­ku­tier­te Plan, die Erft an der Ost­sei­te der Stadt aus­zu­bau­en und ein Ha­fen­be­cken in der Nä­he des Rhein­tors an­zu­le­gen, schei­ter­te an Fi­nan­zie­rungs­pro­ble­men (Wi­spling­hoff I, S. 388). Seit 1814 er­neut er­ör­ter­te Plä­ne ei­nes Erft­ka­nals konn­ten erst 1835-38 ver­wirk­licht wer­den. 1836 wur­de Neuss als Si­cher­heits­ha­fen an­er­kannt, 1843 als Zoll- und Frei­ha­fen. 1871 Er­rich­tung des ers­ten Dampf­krans (Neuss im Wan­del, S. 436). 1893-1908 Aus­bau des Erft­ka­nals zu ei­nem Ha­fen­be­cken, 1906 An­la­ge ei­nes gro­ßen städ­ti­schen La­ger­hau­ses und mo­der­ner Kra­nen. 1887 In­be­trieb­nah­me ei­ner An­schluss­bahn vom Bahn­hof Neuss zum Erft­ka­nal, 1905-08 Aus­bau zur Ring- und Ha­fen­bahn mit An­schluss an die Staats­bahn (En­gels, S. 152f., 155-168; 150 Jah­re Neus­ser Rhein- u. See­ha­fen, 1988). 1909-11 Bau ei­nes zwei­ten Ha­fen­be­ckens auf den Neus­ser Wei­den. All­mäh­li­cher Wan­del vom Han­dels- zum In­dus­trie­ha­fen (O. Karnau, Auf d. Weg in die Mo­der­ne. Neuss – Ha­fen, In­dus­tria­li­sie­rung u. Stadt­ent­wick­lung um 1900. In: Neus­ser Jb 1992, S. 23-30). 1912 An­la­ge ei­nes Flo­ßha­fens (spä­ter Ha­fen­be­cken V) (Ta­fel 11, Stadt­plan 1957; Ta­fel 2,1, TK 25). 1923-27 Bau des drit­ten, 1951-56 des vier­ten Be­ckens (Loh­kamp, S. 46-62 s. o. un­ter Han­del). 2003 Fu­si­on der Hä­fen Neuss und Düs­sel­dorf. 2009 hat­ten sie ein Trans­port­auf­kom­men von 13,5 Mil­lio­nen Ton­nen im Schiffs- und Ei­sen­bahn­gü­ter­ver­kehr (www.nd-hae­fen.de)

5. 5 Wirtschaftliche und soziale Gesamtentwicklung

Die rö­mi­sche Zi­vil­sied­lung war, wie ar­chäo­lo­gi­sche Zeug­nis­se zei­gen, von Hand­wer­kern und Händ­lern be­wohnt (I 2). Nach den Wi­kin­ger­ein­fäl­len des 9. Jahr­hun­derts er­folg­te der Aus­bau von Neuss als Han­dels­ort, der (1050) als por­tus, als Händ­ler­stadt, be­zeich­net wird (I 3; II 2 Sied­lungs­ent­wick­lung). Ih­re Be­deu­tung be­le­gen die Neus­ser Kauf­leu­ten ver­lie­he­nen Zoll­pri­vi­le­gi­en (III 3). Wich­tigs­te Han­dels­gü­ter wa­ren Wein und Ge­trei­de. Das seit En­de des 13. Jahr­hun­derts nach­weis­ba­re Ge­wer­be speis­te den Ei­gen­han­del mit Tex­ti­li­en und Fel­len (V 5 Han­del). Das Köl­ner Sta­pel­recht hemm­te zwar die Ent­fal­tung von Han­del und Schiffs­ver­kehr, doch war die Reichs­stadt stets ein wich­ti­ger Ge­schäfts­part­ner. Neus­ser Kauf­leu­te wa­ren im Rhein­han­del, ver­ein­zelt auch im Fern­han­del tä­tig. Der Han­se hat Neuss nie an­ge­hört (III 6 Han­se­zu­ge­hö­rig­keit)
 
Dank sei­ner wirt­schaft­li­chen Kraft konn­te das seit (1200) als Stadt gel­ten­de Neuss ein be­deu­ten­des Maß an Un­ab­hän­gig­keit von ih­rem Stadt­herrn, dem Köl­ner Erz­bi­schof er­rin­gen; bei des­sen Nie­der­la­ge im Bur­gun­der­krieg an der Sei­te Karls des Küh­nen fiel der Stadt ei­ne Schlüs­sel­rol­le zu. Zu ih­rem Auf­stieg trug die al­ler­dings kaum quan­ti­fi­zier­ba­re Zu­wan­de­rung aus dem länd­li­chen Hin­ter­land bei. Bis 1500 hat­te sie sich von der de­mo­gra­phi­schen Kri­se des 14. Jahr­hun­derts er­holt. Die seit 1197 nach­weis­ba­ren Ju­den wur­den zwi­schen 1463 und 1475 ver­trie­ben (IV 8). Lom­bar­den und Ka­wert­schen sind in der ers­ten Hälf­te des 14. Jahr­hun­derts nach­weis­bar. (1400) sind nur noch Geld­ge­schäf­te der Stadt mit ei­nem zeit­wei­se in Köln wohn­haf­ten Lom­bar­den be­legt (Huck, Neuss I, S. 183f.; H. Keus­sen, Zwei Köl­ner Ge­sandt­schaf­ten nach Rom im 14. Jh., in: Mitt.StaK 12, 1887, S. 88)
 
Die städ­ti­sche Füh­rungs­schicht bil­de­ten ver­mut­lich aus der erz­bi­schöf­li­chen Mi­nis­te­ria­li­tät und den Fern­händ­lern auf­ge­stie­ge­ne Ge­schlech­ter, die die Schöf­fen- und Rats­her­ren­stel­len be­setz­ten (Wi­spling­hoff I, S. 57f.). Im 15. Jahr­hun­dert wur­de die Herr­schaft des Pa­tri­zi­ats von der Stadt­ge­mein­de an­ge­foch­ten. Die 1460 von Erz­bi­schof Diet­rich von Mo­ers er­las­se­ne Ord­nung setz­te ei­ne vier­und­zwan­zig­köp­fi­ge Ver­tre­tung der Bür­ger­schaft mit weit rei­chen­den Be­fug­nis­sen ein (III 3; III 6 Vier­und­zwan­zi­ger). Po­li­ti­sche und so­zia­le Span­nun­gen, die 1513 aus­bra­chen und die in den 1540er Jah­ren durch kon­fes­sio­nel­le Kon­flik­te ver­schärft wur­den, ha­ben die be­ste­hen­de Stadt­ver­fas­sung nicht mehr ver­än­dert. Erst die seit den 1770er Jah­ren aus­ge­tra­ge­nen Strei­tig­kei­ten, die auch die herr­schen­den Fa­mi­li­en ent­zwei­ten, führ­ten zur Ent­sen­dung ei­ner kur­fürst­li­chen Un­ter­su­chungs­kom­mis­si­on und zur Ein­füh­rung der die Rech­te des Lan­des­herrn stär­ken­den Po­li­zei­ord­nung von 1790 (K. Mül­ler, Städ­ti­sche Un­ru­hen im Rhein­land d. spä­ten 18. Jh. In: RhVjbl 54, 1990, S. 166, 183, 186f.; III 3).
 
Ih­re Blü­te ver­dank­te die städ­ti­sche Wirt­schaft des Mit­tel­al­ters vor al­lem der ver­kehrs­güns­ti­gen La­ge der Stadt im Schnitt­punkt wich­ti­ger Stra­ßen­ver­bin­dun­gen und der bis ins 14. Jahr­hun­dert ge­ge­be­nen Nä­he zum Rhein (I 1 Ver­kehrs­an­bin­dung). Sie schlug sich nie­der in ei­ner bis ins 16. Jahr­hun­dert an­dau­ern­den öf­fent­li­chen und pri­va­ten Bau­tä­tig­keit. Von ihr zeu­gen auch die kirch­li­chen Bau­wer­ke, vor al­lem die Stifts­kir­che St. Qui­rin, mit ih­rer präch­ti­gen, von Geist­li­chen und Bür­gern ge­stif­te­ten Aus­stat­tung. Wich­tigs­te Grund­la­ge der bis ins 16. Jahr­hun­dert an­hal­ten­den güns­ti­gen Wirt­schafts­kon­junk­tur war der Han­del. Er nahm Ge­trei­de und Vieh aus dem frucht­ba­ren länd­li­chen Hin­ter­land auf und ver­sorg­te des­sen Be­völ­ke­rung mit zum Teil in Neuss her­ge­stell­ten Wa­ren, ins­be­son­de­re Tex­ti­li­en und Me­tall­wa­ren. Die all­mäh­lich in städ­ti­schen Be­sitz über­ge­hen­den Müh­len deck­ten nicht nur den Ei­gen­be­darf, son­dern pro­du­zier­ten auch Mehl und Öl für die Aus­fuhr (B. Kuske, Ei­gen­art, S. 135)
 
Der im spä­te­ren 16. Jahr­hun­dert ein­set­zen­de Rück­gang von Han­del und Hand­werk hing mit den welt­wirt­schaft­li­chen Ver­schie­bun­gen zu­guns­ten der See­hä­fen und dem Er­star­ken der rechts­rhei­ni­schen Ge­wer­be­ge­bie­te zu­sam­men. In Neuss wur­de er ver­schärft durch den Truch­sess­schen Krieg und die Brand­ka­ta­stro­phe von 1586, die zu ei­nem er­heb­li­chen Be­völ­ke­rungs­rück­gang führ­te, von dem sich die Stadt erst En­de des 18. Jahr­hun­derts er­holt hat (Wi­spling­hoff I, S. 190-201; II 2 Brän­de). Der Ab­schwung traf al­ler­dings die ein­zel­nen Wirt­schafts­zwei­ge un­ter­schied­lich hart. Wäh­rend sich der Ge­trei­de­han­del im 18. Jahr­hun­dert dank der stei­gen­den Nach­fra­ge eher güns­tig ent­wi­ckel­te, sah sich die Tuch­pro­duk­ti­on auf die De­ckung des lo­ka­len Be­darfs be­schränkt. Da­ge­gen nahm die Be­deu­tung von Vieh­hal­tung, Ge­mü­se- und Acker­bau zu. Ob man das Neuss des 17. und 18. Jahr­hun­derts dar­um als „Acker­bür­ger­stadt“ be­zeich­nen kann, er­scheint je­doch frag­lich, da der über­wie­gen­de Teil der Bür­ger­schaft wei­ter­hin in Han­del und Hand­werk tä­tig war, Land­wirt­schaft meist nur als Ne­ben­er­werb be­trieb (ebd., S. 273). Zu­dem wur­den seit der zwei­ten Hälf­te des 18. Jahr­hun­derts An­stren­gun­gen un­ter­nom­men, neue In­dus­trie­be­trie­be, ins­be­son­de­re der Baum­woll­ver­ar­bei­tung, an­zu­sie­deln. In der fran­zö­si­schen Zeit er­leb­te die­se so­gar ei­nen be­acht­li­chen Auf­schwung .Sä­ku­la­ri­sa­ti­on und Ent­fes­ti­gung tru­gen er­heb­lich zur Ver­bes­se­rung der Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten der Stadt bei, die nun dank ei­ner güns­ti­gen Be­völ­ke­rungs­ent­wick­lung die Be­bau­ung des Burg­banns in An­griff neh­men konn­te. Die Ein­woh­ner­zahl stieg, wenn man die Ein­ge­mein­dun­gen mit be­rück­sich­tigt, von 1814 bis 1939 um das Zehn­fa­che. Seit 1963 ist Neuss Groß­stadt (En­gels, S. 2; Neuss im Wan­del, S. 345)
 
In der aus der früh­neu­zeit­li­chen Stän­de­ge­sell­schaft sich ent­wi­ckeln­den Klas­sen­ge­sell­schaft wuchs die Un­ter­schicht in der ers­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts auf zeit­wei­se fast 90% der Be­völ­ke­rung an. Da­nach ist ein all­mäh­li­cher Rück­gang fest­zu­stel­len. In der stark dif­fe­ren­zier­ten Mit­tel­schicht do­mi­nier­ten zu­nächst die Hand­wer­ker; im 20. Jahr­hun­dert nahm das Ge­wicht von mitt­le­ren Be­am­ten und An­ge­stell­ten zu. Zur Ober­schicht lässt sich in der ers­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts nicht ein­mal 1% der steu­er­pflich­ti­gen Ein­woh­ner rech­nen. Erst seit der Hoch­in­dus­tria­li­sie­rung wur­de ihr An­teil grö­ßer. In die­ser ver­wandt­schaft­lich und ge­sell­schaft­lich viel­fach eng ver­bun­de­nen Grup­pe ga­ben zu­nächst Kauf­leu­te und Groß­bau­ern, spä­ter In­dus­tri­el­le den Ton an. Nicht we­ni­ge Fa­mi­li­en der Ober­schicht ent­stamm­ten der wohl­ha­ben­den Land­be­völ­ke­rung (En­gels, S. 26-43)
 
Ent­schei­dend für die wirt­schaft­li­che Ent­fal­tung der Stadt seit dem 19. Jahr­hun­dert wur­de die 1838 ab­ge­schlos­se­ne Ka­na­li­sie­rung der Erft und die spä­te­re An­la­ge von ins­ge­samt fünf Ha­fen­be­cken, wo­durch Neuss wie­der mit dem Rhein ver­bun­den wur­de (V 5 Ha­fen). Im neu­en Ha­fen sie­del­ten sich Be­trie­be der Me­tall-, Pa­pier- und Le­bens­mit­tel­her­stel­lung an oder ver­la­ger­ten ih­re Fa­bri­ken dort­hin. Die 2003 er­folg­te Fu­si­on mit dem kon­kur­rie­ren­den Düs­sel­dor­fer Ha­fen gab der wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lung bei­der Städ­te neue Im­pul­se

5. 6 Maße und Gewichte

1375 3 ½ Korn Neus­ser Mas­sen (Brandts, Fal­ken­stein 343)
1388 450 Mal­ter Ha­fer Nuyss­ger Ma­ßes (REK IX 1670; nach J. J. Mey­er, Voll­stän­di­ge Ver­lei­chungs­ta­bel­len d. ehe­mals im Ro­er­de­par­te­ment … ge­bräuch­li­chen Mün­zen, Maa­ßen u. Ge­wich­te mit d. neu­en me­tri­schen u. so um­ge­kehrt, 1804, T. 2, S. 82 wog ein N.er Mal­ter 15,58 kg)
(1480) schreibt die Dienst­ver­pflich­tung dem neu ge­wähl­ten Rats­bür­ger­meis­ter vor, ge­wicht, bi­jr­ma­es­sen ind wi­jn­ma­es zo be­si­en, und zo kir­mis­sen die elen zo be­si­en (Lau II 117 § 115f.)
1605 sieht die Tuch­hal­len­ord­nung als Tuch­maß Brab­an­sche El­len vor (ebd. 199)
1634 wird für den Bür­ger­aus­schank das köl­ni­sche Maß ein­ge­führt (StaN B.01.01 Rat 1634 fol. 24v; vgl. J. J. Mey­er, Voll­stän­di­ge Ver­lei­chungs­ta­bel­len d. ehe­mals im Ro­er­de­par­te­ment … ge­bräuch­li­chen Mün­zen, Maa­ßen u. Ge­wich­te mit d. neu­en me­tri­schen u. so um­ge­kehrt, 1804, T. 1, S. 2, 19)
1764 er­ge­ben nach der Frucht­ma­ß­re­duk­ti­on 100 N.er Mal­ter 106 Mal­ter 4 Vier­tel Köl­nisch (LAV NRW R Jü­lich-Berg II 30 fol. 134v)
An­sons­ten gal­ten bis zum En­de der kur­k­öl­ni­schen Zeit die kur­k­öl­ni­schen Ma­ße: 1 Fuß = 28,76 cm, 16 Fuß = 1 Ru­te, 1 Qua­drat­fuß = 0,0827 m2, 256 Qua­drat­fuß = 1 Qua­dra­tru­te = 21,17 m2, 150 Qua­dra­tru­ten = 1 Mg = 31,76 ar (= 4 Vier­tel = 16 Pin­ten)

Tab. 29: Schifffahrt auf dem Erftkanal 1839-1854. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 30: Güterumschlag des Neusser Hafens 1852-1939 (in Tonnen). (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 31: Eisenbahngüterverkehr der Station Neuss 1883/84-1937 (in Tonnen). (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Tab. 32: Ring- und Hafenbahnverkehr 1905-1913 (in Tonnen). (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

 
Zitationshinweis

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Müller, Klaus, Rheinischer Städteatlas Neuss. Teil 5: Wirtschafts- und Sozialstruktur, Statistik, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/rheinischer-staedteatlas-neuss.-teil-5-wirtschafts--und-sozialstruktur-statistik/DE-2086/lido/5c8909d84865a1.40005379 (abgerufen am 19.04.2024)

Auch über Rheinischer Städteatlas Neuss, bearbeitet von Klaus Müller (Lieferung XVIII, Nr. 94, 2010)