Daniel Morian

Industrieller (1811–1887)

Michael A. Kanther (Duisburg)

Daniel Morian, Porträtfoto. (o.A.)

Da­ni­el Mo­ri­an, der ei­ner länd­li­chen Ho­no­ra­tio­ren­fa­mi­lie in Ham­born an­ge­hör­te, in­ves­tier­te seit den 1850er Jah­ren Ka­pi­tal in Pro­be­boh­run­gen auf Stein­koh­le in sei­ner Hei­mat­ge­mein­de und be­rei­te­te so der spä­te­ren, um­fas­sen­den In­dus­tria­li­sie­rung Ham­borns durch Au­gus­t Thys­sen den Weg. Er ge­hör­te auch zu den Grün­dern der Aren­berg’schen AG für Berg­bau und Hüt­ten­be­trieb, die den Berg­bau in Bot­trop ent­wi­ckel­te. Da­ne­ben schuf er ei­ne Grup­pe von klei­ne­ren Un­ter­neh­men der NE-Me­tall­in­dus­trie und der Stahl­ver­ar­bei­tung mit Be­trie­ben in Ham­born, die zum Teil bis in die Zwi­schen­kriegs­zeit exis­tier­ten.

Jo­hann Da­ni­el Mo­ri­an wur­de am 9.7.1811 als Sohn des Post­hal­ters, Brü­cken­geld­ein­neh­mers und Gast­wir­tes Jo­hann Wil­helm Mo­ri­an (1783–1822) und sei­ner Ehe­frau Si­byl­la Ger­trud ge­bo­re­ne Lind­gens (1780–1854) in Ham­born in der Mai­rie Dins­la­ken ge­bo­ren und war evan­ge­li­scher Kon­fes­si­on. Nach dem Be­such der Ele­men­tar­schu­le in der Nach­bar­ge­mein­de Beeck (heu­te Stadt Duis­burg) ab­sol­vier­te Da­ni­el Mo­ri­an wahr­schein­lich ei­ne kauf­män­ni­sche Aus­bil­dung. 1840 schloss er die Ehe mit Char­lot­te Kolk­mann (1823–1893), der Toch­ter ei­nes wohl­ha­ben­den Land­wir­tes in Mei­de­rich (heu­te Stadt Duis­burg). Aus der Ehe gin­gen sie­ben Söh­ne und zwei Töch­ter her­vor. Um 1830 über­nahm Mo­ri­an von sei­ner Mut­ter die Post­hal­te­rei, den Gast­hof „Zum Ad­ler“ und die da­mit ver­bun­de­ne Wein­hand­lung. Den el­ter­li­chen Grund­be­sitz er­wei­ter­te er durch Zu­käu­fe auf ei­ne Grö­ße von 43 Hekt­ar. Bis zum 1.7.1842 er­hob er als Päch­ter des preu­ßi­schen Staa­tes das Ent­gelt für die Be­nut­zung der Em­scher­brü­cke im Zu­ge der Pro­vin­zi­al­stra­ße Duis­burg–We­sel (Köln–Arn­heim), dann wur­de die Brü­cken­gel­der­he­bung durch die Ren­tei Dins­la­ken ein­ge­stellt. Nach­dem Mo­ri­an um 1848 den Gast­hof ge­schlos­sen und das Post­hal­ter­amt ei­nem be­nach­bar­ten Land­wirt über­las­sen hat­te, wid­me­te er sich zu­nächst haupt­säch­lich der Land­wirt­schaft.

Das Auf­kom­men von Berg­bau und In­dus­trie im Mün­dungs­ge­biet von Ruhr und Em­scher und sei­ne Ver­bin­dung mit dem Mül­hei­mer Kauf­mann und Un­ter­neh­mer Wil­helm Theo­dor Gril­lo, der 1843 sein Schwa­ger wur­de, weck­ten Mo­ri­ans In­ter­es­se für ei­ne un­ter­neh­me­ri­sche Tä­tig­keit. 1849 bau­te er mit Gril­lo ein Zink­walz­werk an der Em­scher, das 1863 in sei­nen Al­lein­be­sitz über­ging. Zu­gleich wand­te er sich dem Koh­len­berg­bau zu und be­tei­lig­te sich 1850 an der „Ge­werk­schaft Kö­nigs­ber­g“, die vier Mu­tun­gen in Lip­pern (seit 1862 Ge­mein­de Ober­hau­sen) be­saß und dort ei­ne Schacht­an­la­ge ab­teu­fen woll­te; 1851 hielt er ein knap­pes Drit­tel der Ku­xe. Nach­dem 1851 die Be­schaf­fung wei­te­ren Ka­pi­tals durch die Grün­dung ei­ner Ak­ti­en­ge­sell­schaft am Man­gel an In­ter­es­sen­ten ge­schei­tert war, ver­kauf­ten die Ge­wer­ke die Ku­xe 1853 an Franz Ha­ni­el, dem das Ab­teu­fen ei­nes Schach­tes ge­lang (1858 Um­be­nen­nung der Ze­che in „Ober­hau­sen“). Bei dem Pro­jekt Kö­nigs­berg er­warb Mo­ri­an wich­ti­ge berg­bau­li­che Er­fah­run­gen. Be­flü­gelt durch die in­dus­tri­el­le Hoch­kon­junk­tur der Jah­re 1851 bis 1857 mit ih­rer stark stei­gen­den Koh­len­nach­fra­ge be­gann er 1853 ge­mein­sam mit Franz Ha­ni­el mit der Su­che nach Koh­le im öst­li­chen Teil der Ge­mein­de Ham­born. Das da­für nö­ti­ge Ka­pi­tal stamm­te wohl über­wie­gend aus der 1853 er­folg­ten Ab­lö­sung der so­ge­nann­ten Brü­cken­ren­te, die Mo­ri­an als staat­li­che Ent­schä­di­gung für den Fort­fall der Ein­nah­men aus der Brü­cken­gel­der­he­bung er­hal­ten hat­te.

Die kost­spie­li­gen Pro­be­boh­run­gen wur­den je­doch nicht so­gleich be­lohnt. Nach dem Fün­dig­wer­den ver­lieh der Staat den Part­nern im Ju­li 1859 zu­nächst sie­ben Gru­ben­fel­der, die nach Mo­ri­ans Wohn­sitz den Na­men „Neu­mühl“ er­hiel­ten. Am 26.3.1867 kon­so­li­dier­ten Mo­ri­an und Ha­ni­el die ih­nen 1859 und 1865/1866 ver­lie­he­nen Fel­der zum Gro­ßgru­ben­feld Neu­mühl und grün­de­ten die „Ge­werk­schaft des Stein­koh­len­berg­werks Neu­mühl“. Mo­ri­an, der ein Vier­tel der 1.000 Ku­xe hielt, wur­de Re­prä­sen­tant der Ge­werk­schaft, die aber zu sei­nen Leb­zei­ten kein Schacht­pro­jekt in An­griff nahm. 1890 be­fan­den sich sämt­li­che Ku­xe von Neu­mühl im Be­sitz der Fa­mi­lie Ha­ni­el.

Im Mai 1856 be­gann Mo­ri­an al­lein mit der Su­che nach Stein­koh­le im west­li­chen Teil der Ge­mein­de Ham­born; am 6. Ju­ni wur­de er fün­dig. Die hier bis 1858 ab­ge­steck­ten acht Gru­ben­fel­der, Ham­born ge­nannt, wur­den ihm zwi­schen Ju­li 1859 und No­vem­ber 1861 ver­lie­hen, doch war die Auf­schlie­ßung der Fun­de zu­nächst nicht fi­nan­zier­bar. Am 3.4.1867 kam es zur Grün­dung der „Ge­werk­schaft Ham­born“, die un­ter dem Ein­druck der Reichs­grün­dung am 28.1.1871 in „Ge­werk­schaft Deut­scher Kai­ser“ (GDK) um­be­nannt wur­de. Mo­ri­an war der ers­te Re­prä­sen­tant der GDK, bis die­se im Sep­tem­ber 1871 ei­nen Gru­ben­vor­stand be­stell­te, dem Mo­ri­an bis zu sei­nem Tod als stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der an­ge­hör­te. Al­ler­dings hat­te er schon vor die­sem Zeit­punkt die Mehr­zahl der Ku­xe an die Es­se­ner In­dus­tri­el­len­fa­mi­lie Waldthau­sen ver­kauft. Im Spät­herbst 1871 er­warb die GDK gro­ße Grund­stü­cke in Alt-Ham­born und be­gann im Ja­nu­ar 1872 mit der Ab­teu­fe ei­nes Schach­tes; im No­vem­ber 1876 be­gann die Koh­le­för­de­rung. 1882–1884 leg­te die GDK am Rhein­ufer bei Al­s­um ei­nen ei­ge­nen Ha­fen an, der durch ei­ne Werks­bahn­stre­cke mit der Schacht­an­la­ge 1 ver­bun­den war. Seit 1883 kauf­te der Mül­hei­mer In­dus­tri­el­le Au­gust Thys­sen, der für sein Stahl- und Walz­werk ei­ne ei­ge­ne Koh­le­ba­sis er­streb­te und die Stand­ort­gunst Ham­borns er­kannt hat­te, nach und nach die Ku­xe der GDK auf. Da­ni­el Mo­ri­ans Er­ben ver­äu­ßer­ten 1889 die letz­ten in ih­rem Be­sitz be­find­li­chen Ku­xe an Au­gust Thys­sen, der durch die Ab­teu­fe wei­te­rer Schacht­an­la­gen und den Bau ei­nes Hüt­ten­wer­kes in Ham­born-Bruck­hau­sen auf dem un­ter an­de­rem von Mo­ri­an be­rei­te­ten Ter­rain ei­nen Mon­tan­kon­zern auf­bau­te, des­sen Groß­be­trie­be bis heu­te die grö­ß­ten Ar­beit­ge­ber im Duis­bur­ger Nor­den sind. 

1856 war Da­ni­el Mo­ri­an Mit­grün­der der „Aren­berg’ schen Ac­ti­en-Ge­sell­schaft für Berg­bau und Hüt­ten­be­trie­b“ in Es­sen, die seit dem Grün­dungs­jahr Schacht­an­la­gen im Raum Bot­trop nie­der­brach­te, seit 1863 Koh­le för­der­te und 1921/1922 Teil des Rhe­in­stahl-Kon­zerns wur­de. Mo­ri­an ge­hör­te bis zu sei­nem Tod dem Ver­wal­tungs­rat die­ser Ge­sell­schaft an. Un­ter An­knüp­fung dar­an stif­te­te sein Sohn Max Mo­ri­an, der in der Nach­fol­ge sei­nes Va­ters seit 1888 Mit­glied des Ver­wal­tungs- re­spek­ti­ve Auf­sichts­ra­tes war, an­läss­lich sei­nes 25-Jahr-Ju­bi­lä­ums als Auf­sichts­rat 1913 den Be­trag von 25.000 Mark, des­sen Zins­er­trä­ge für die Fort­bil­dung und Er­ho­lung der An­ge­stell­ten von Aren­berg ver­wen­det wer­den soll­ten; das Un­ter­neh­men stock­te die­ses Ka­pi­tel auf 50.000 Mark auf und gab ihm auf Wunsch Max Mo­ri­ans den Na­men „Da­ni­el-Mo­ri­an-Stif­tun­g“.

In der Hoch­kon­junk­tur un­mit­tel­bar vor der 1857 ein­set­zen­den ers­ten Welt­wirt­schafts­kri­se be­tei­lig­te sich Mo­ri­an 1857 ne­ben Mit­glie­dern der Fa­mi­lie Gril­lo und den In­dus­tri­el­len Mo­ritz Tig­ler und Ernst Nedel­mann an der Grün­dung des „Ac­ti­en-Eta­blis­se­ments Styrum für Ei­sen­in­dus­trie“ im Ge­biet der spä­te­ren Bür­ger­meis­te­rei Ober­hau­sen. 1863 rüs­te­te er das Zink­walz­werk an der Em­scher zu ei­nem Walz­werk für Kup­fer und Ei­sen um. Im fol­gen­den Jahr kauf­te Mo­ri­an von Jo­hann Wil­helm Mei­ninghaus die „Neue Müh­le“ an der Em­scher, ei­nen gro­ßen Müh­len­be­trieb mit je ei­nem Mahl­werk auf dem Ham­bor­ner und auf dem Mei­de­ri­cher Ufer des Flus­ses, die dem Mo­ri­an­schen An­we­sen ge­gen­über lag und bis 1856 der Fa­mi­lie sei­ner Mut­ter ge­hört hat­te; hier wur­den fort­an Nä­gel pro­du­ziert. 1872 grün­de­te Mo­ri­an mit ei­nem Part­ner die „Brü­cken­bau­an­stalt und Me­tall­gie­ße­rei Mo­ri­an & Wilm­s“, de­ren Be­trieb nörd­lich sei­nes An­we­sens und der Neu­en Müh­le an der Pro­vin­zi­al­stra­ße Duis­burg–We­sel er­rich­tet wur­de. 1881 ver­leg­te Mo­ri­an das Kup­fer- und Ei­sen­walz­werk an die Ver­bin­dungs­bahn der Ge­werk­schaft Deut­scher Kai­ser zum Bahn­hof Ham­born-Neu­mühl. 1882 brach­te er das Werk in die ge­mein­sam mit dem Un­ter­neh­men F.A. Hes­se Söh­ne in Ol­pe (West­fa­len) ge­grün­de­te „Rhei­nisch-West­fä­li­sche Kup­fer­wer­ke AG“ ein. Die me­tall­ver­ar­bei­ten­den Un­ter­neh­men und Be­trie­be in Ham­born, die als Zu­lie­fe­rer von In­dus­trie und Ei­sen­bahn­bau flo­rier­ten, wur­den nach Da­ni­el Mo­ri­ans Tod von sei­nen Söh­nen Carl, Max und Edu­ard wei­ter­ge­führt und exis­tier­ten zum Teil bis in die 1920er Jah­re.

Mo­ri­an leg­te viel Ka­pi­tal in Grund­be­sitz in den Ge­mein­den Ham­born, Beeck (Ge­mein­de­teil Marxloh) und Mei­de­rich an und hat­te vor al­lem in Ham­born – auch als Ar­beit­ge­ber – gro­ßen po­li­ti­schen Ein­fluss. Wie vie­le Un­ter­neh­mer evan­ge­li­scher Kon­fes­si­on stand er der Na­tio­nal­li­be­ra­len Par­tei na­he. In den frü­hen 1870er Jah­ren wirk­te er bei der Tras­sie­rung des Ab­schnitts Ruhr­ort–Sterk­ra­de der „Em­scher­tal­bahn“ (Ruhr­ort–Wan­ne) der Köln-Min­de­ner Ei­sen­bahn­ge­sell­schaft mit und sorg­te da­für, dass in der Nä­he sei­nes An­we­sens, nörd­lich der Em­scher­brü­cke, ein Bahn­hof „Neu­mühl“ ge­baut wur­de. Am 1.7.1875 be­gann der Ver­kehr auf die­ser Stre­cke. 1876 er­reich­te Mo­ri­an bei der Post­ver­wal­tung die Ein­rich­tung ei­ner Post­agen­tur in Ham­born-Neu­mühl, die im Ge­bäu­de von Mo­ri­an & Wilms un­ter­ge­bracht wur­de.

Von 1867 bis zu sei­nem Tod war Mo­ri­an Ers­ter Bei­ge­ord­ne­ter der Bür­ger­meis­te­rei­en Hol­ten (heu­te Stadt Ober­hau­sen) und (seit 1886) Beeck, au­ßer­dem von 1874 bis 1882 Ge­mein­de­vor­ste­her von Ham­born. Er ge­hör­te seit 1850 dem Ham­bor­ner Ge­mein­de­rat so­wie den Kreis­ta­gen der Krei­se Duis­burg (bis 1873), Mül­heim an der Ruhr (1873–1887) und – für die letz­ten Wo­chen sei­nes Le­bens – Ruhr­ort an. Da­ni­el Mo­ri­an starb am 13.8.1887 und wur­de auf dem al­ten Ham­bor­ner Kirch­spiels­fried­hof, dem heu­ti­gen Ab­t­eif­ried­hof, bei­ge­setzt.

Literatur

Berg, Carl vom, Ge­schich­te der Fa­mi­lie Lind­gens, Band 2, Düs­sel­dorf 1931, S. 164-165, 200-201.
Geb­hardt, Ger­hard, Ruhr­berg­bau. Ge­schich­te, Auf­bau und Ver­flech­tung sei­ner Ge­sell­schaf­ten und Or­ga­ni­sa­tio­nen, Es­sen 1957, S. 287, 442, 450.
Krau­me, Hans Ge­org, Da­ni­el Mo­ri­an. Weg­be­rei­ter der Ham­bor­ner In­dus­trie, in: Nie­der­rhein­kam­mer, De­zem­ber 1984, S. 707.
Treue, Wil­helm, Die Feu­er ver­lö­schen nie. Au­gust Thys­sen-Hüt­te 1890–1926, Band 1, Düs­sel­dorf/Wien 1966, S. 16-17.

Online

Kan­ther, Mi­cha­el A., Mo­ri­an, Da­ni­el, in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 18 (1997), S. 129-130. [On­line]

 
Zitationshinweis

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Kanther, Michael A., Daniel Morian, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/daniel-morian/DE-2086/lido/57c9500b0103e4.32817430 (abgerufen am 28.03.2024)