Jakob Couven

Architekt (1735-1812)

Anke Kappler (Düsseldorf)

Jakob Couven, Porträt, Gemälde. (Museen der Stadt Aachen, Stadtgeschichtliche Sammlung)

Ja­kob Cou­ven hat­te in der Ver­wal­tung der Frei­en Reichs­stadt Aa­chen als ers­ter Stadt­se­kre­tär ei­ne ver­ant­wor­tungs­vol­le Po­si­ti­on in­ne, die ihn in Kon­takt mit­ ­den be­deu­ten­den Pa­tri­zi­er­fa­mi­li­en brach­te, in de­ren Auf­trag er re­prä­sen­ta­ti­ve Wohn­bau­ten ent­warf. Bei der Aus­ge­stal­tung wuss­te er ge­schickt ei­nen brei­ten For­men­ap­pa­rat ein­zu­set­zen: Am Vor­abend der Fran­zö­si­schen Re­vo­lu­ti­on und an­schlie­ßend un­ter fran­zö­si­scher Herr­schaft folg­te er dem Stil­wan­del vom Ro­ko­ko zu den li­nea­ren For­men des Früh­klas­si­zis­mus. Ver­gli­chen mit dem zeit­li­chen Auf­wand, die sei­ne lei­ten­de Funk­ti­on in­ner­halb der reichs­städ­ti­schen Ver­wal­tung mit sich brach­te, konn­te er als Ar­chi­tekt nicht das glei­che Auf­trags­vo­lu­men er­rei­chen wie sein Va­ter Jo­hann Jo­seph Cou­ven.

Ja­kob Cou­ven ent­stamm­te ei­ner alt­ein­ge­ses­se­nen Adels­fa­mi­lie des Lüt­ti­cher Lan­des, die seit dem 17. Jahr­hun­dert in Aa­chen nach­weis­bar ist. Be­reits sein Gro­ßva­ter Jo­hann Ja­kob Cou­ven (1656-1740) er­öff­ne­te als Haupt­se­kre­tär, No­tar und Ge­richts­pro­ku­ra­tor den nach­fol­gen­den Ge­ne­ra­tio­nen den Weg in reich­städ­ti­sche Äm­ter. Der Va­ter, Jo­hann Jo­seph Cou­ven, ar­bei­te­te als Se­kre­tär in der Ver­wal­tung und rea­li­sier­te als ers­ter Stadt­ar­chi­tekt zahl­rei­che Bau­vor­ha­ben. Aus der 1731 ge­schlos­se­nen Ehe mit Ma­ria Do­ro­thea Ger­tru­dis Mes­ters (1705-1788) aus Maas­tricht gin­gen sechs Kin­der her­vor, vier Töch­ter und zwei Söh­ne. Der erst­ge­bo­re­ne Sohn Jo­hann Wil­helm Jo­seph (1732-1796) wur­de Hof­kam­merat der Kanz­lei des Fürst­bi­schofs Jo­seph von Hes­sen-Darm­stadt in Augs­burg (Epis­ko­pat 1740-1768). Als dritt­ge­bo­re­nes Kind kam Ja­kob Cou­ven am 13.10.1735 in Aa­chen zur Welt und blieb wie sei­ne jüngs­te Schwes­ter The­re­sia (1741-1823) zeit­le­bens im vä­ter­li­chen Haus „Am Klüp­pel“ im Holz­gra­ben woh­nen.

Den Ar­chi­tek­ten­be­ruf er­lern­te er im vä­ter­li­chen Bau­bü­ro. Jo­hann Jo­seph Cou­ven be­ton­te in sei­nem Ge­such um die Po­si­ti­on des Stadt­ar­chi­tek­ten 1739 sein Vor­ha­ben, vor­neh­men Bür­gers-Kin­der so wohl, alß auch die je­ni­gen Ge­sel­len, so zur Meis­ter­schafft aspiri­ren, in der Zeich­nungs­kunst, re­spec­tive und Ar­chi­tec­tur, Geo­me­trie, In­ge­nieu­rie, und an­de­ren ma­the­ma­ti­schen Thei­len zu in­strui­ren und hat auch sei­nen Sohn in die Grund­la­gen der Ar­chi­tek­tur ein­ge­wie­sen. Ja­kob Cou­ven as­sis­tier­te be­reits mit 15 Jah­ren sei­nem Va­ter bei Feldmess­ar­bei­ten zur Lüt­ti­cher Chaus­see (1750). In der ge­mein­sa­men Tä­tig­keit ist die Hän­de­schei­dung bei­der Cou­ven oft­mals schwie­rig, zu­mal die er­hal­te­nen Ent­wür­fe le­dig­lich bei schrift­li­chen Ver­mer­ken An­halts­punk­te lie­fern.

 

In ei­nem Me­mo­ria­le aus dem Jahr 1760 rich­te­te Ja­kob Cou­ven an den Rat der Stadt die Bit­te, ihn am Platz mei­nes be­ständ­tig krän­keln­den und un­ver­mö­gen­den Vat­ters […] mit der Con­su­lar Se­cre­ta­ri­at zu be­gnä­di­gen. Sei­ne Ver­wal­tungs­auf­ga­ben wa­ren um­fang­reich und er­mög­lich­ten Ja­kob 1771 ei­nen Auf­stieg zum ers­ten Stadt­se­kre­tär. Auf­grund des schlech­ten Ge­sund­heits­zu­stands sei­nes Va­ters hat Ja­kob Cou­ven in den spä­ten 1750er Jah­ren wohl zu­neh­mend die Ver­ant­wor­tung im Bau­be­trieb über­nom­men. Oft­mals feh­len schrift­li­che Quel­len, um die Maß­nah­men zu da­tie­ren, so dass ei­ne Be­tei­li­gung bei­der Cou­ven häu­fig nur an­hand der über­lie­fer­ten Plä­ne nach­weis­bar ist: Jo­hann Jo­seph hat­te et­wa für das Klos­ter Hou­tem St. Ger­lach in Nie­der­län­disch-Lim­burg ei­nen Propstei­flü­gel ent­wor­fen, der kei­ne Um­set­zung fand, wäh­rend er­hal­te­ne No­ti­zen die Plan­le­gung Ja­kobs für den an­gren­zen­den Pacht­hof be­le­gen (1759). Zahl­rei­che Bau­ten, wie das ehe­ma­li­ge Prä­mons­tra­tenser­klos­ter in Heins­berg (1774), wer­den Ja­kob auf­grund sti­lis­ti­scher Kri­te­ri­en zu­ge­schrie­ben. An­hand des über­lie­fer­ten Plan­ar­chivs lässt sich ei­ne Fort­set­zung des vä­ter­li­chen Bau­bü­ros durch Ja­kob Cou­ven ab­le­sen. Im Auf­trag der Stadt führ­te er un­ter­ge­ord­ne­te Auf­ga­ben aus, so rich­te­te er ei­ne neue Ser­vice-Kam­mer im Rat­haus ein (1767), ent­warf ein Ar­men­haus am Seil­gra­ben (1771-1774) und nahm Re­pa­ra­tu­ren am Pont­tor vor (1775). Die Bau­un­ter­neh­mun­gen der öf­fent­li­chen Hand wa­ren auf das Not­wen­digs­te be­schränkt und um­fass­ten vor­wie­gend Sa­nie­run­gen. Nach dem gro­ßen Stadt­brand 1656 hat­ten die Mo­nu­men­tal­bau­ten gro­ßen Scha­den ge­lit­ten, doch wa­ren die Auf­ga­ben in kom­mu­na­ler und kirch­li­cher Trä­ger­schaft zu­vor ge­löst wor­den; nicht ein Sa­kral­bau oder Al­ta­r­ent­wurf ist Ja­kob Cou­ven zwei­fels­frei zu­zu­schrei­ben.

In pri­va­tem Auf­trag wur­de die Neu­an­la­ge ver­schie­de­ner Stadt­pa­lais an ihn her­an­ge­tra­gen. Da­bei ver­folg­te er auf den schma­len, lang ge­streck­ten in­ner­städ­ti­schen Par­zel­len ei­ne kon­se­quen­te Um­set­zung sym­me­tri­scher Ge­stal­tungs­prin­zi­pi­en. So ver­band er bei Haus Fey (1765-1767) die stra­ßen­sei­ti­gen Pa­vil­lons mit den Fa­brik­räu­men durch ein drei­ach­si­ges Haupt­haus, des­sen Ein­gangs­si­tua­ti­on mit reich ver­zier­tem Ro­ko­ko-Ober­licht und schmie­de­ei­ser­nem Bal­kon­git­ter auf die Ge­stal­tungs­ma­xi­me sei­nes Va­ters zu­rück­wei­sen. Bei dem 20 Jah­re spä­ter er­rich­te­ten Haus Mon­heim (1786) ist die Or­na­men­tik be­reits deut­lich der Tek­to­nik un­ter­ge­ord­net, die Fas­sa­de wird durch die ho­hen Fens­ter na­he­zu auf­ge­löst. Zu Be­ginn des 19. Jahr­hun­derts greift das Haus zum Kar­di­nal (1802) ty­po­lo­gisch das Drei­fenster­haus vor­weg, die ho­hen Fens­ter ver­lei­hen der Fas­sa­de un­ge­ach­tet ih­rer ge­rin­gen Brei­ten­aus­deh­nung ei­ne Mo­nu­men­ta­li­tät, die durch ei­ne an­ti­ki­sie­ren­de For­men­spra­che ge­stei­gert wird. Die durch Cou­ven Va­ter und Sohn ge­präg­te Ty­po­lo­gie des Drei­fenster­hau­ses er­hielt für das Stadt­haus des Aa­che­ner In­dus­trie­bür­ger­tums im 19. und frü­hen 20. Jahr­hun­dert weg­wei­sen­de Be­deu­tung.

Als Haupt­werk Ja­kob Cou­vens ent­stand in Fort­set­zung der pro­mi­nen­ten Kur­häu­ser im Bä­der­vier­tel die Neue Re­dou­te, heu­te Al­tes Kur­haus (1786). Das äu­ße­re Er­schei­nungs­bild greift in der Ma­te­ri­al­po­ly­chro­mie ei­ner So­ckel­zo­ne aus Blaustein, Putz­fas­sa­de und schie­fer­ge­deck­tem Man­sarddach die lo­ka­le Bau­tra­di­ti­on auf. Den pro­me­nie­ren­den Gäs­ten bot ein of­fe­ner Hal­len­gang Zu­tritt zum Ther­mal­trink­brun­nen im Gar­ten, wäh­rend ei­ne dop­pel­läu­fi­ge Trep­pen­an­la­ge den Weg in das obe­re Ge­schoss wies. Der gro­ßzü­gig di­men­sio­nier­te Ball­saal mit sei­ner ar­chi­tek­to­nisch ge­glie­der­ten Wand­ge­stal­tung zeigt den Über­gang zum For­men­re­per­toire des Stils Louis XVI. (Re­gie­rungs­zeit 1774-1793). Die mo­nu­men­ta­le An­la­ge mit ih­rem bis ins De­tail durch­ge­plan­ten Schmuck wur­de nach den Zer­stö­run­gen im Zwei­ten Welt­krieg wie­der her­ge­stellt.

Ei­ne ei­gen­stän­di­ge Wür­di­gung der Ar­chi­tek­ten­tä­tig­keit Ja­kob Cou­vens steht noch aus, sie wird durch die viel­fach un­ge­si­cher­ten Zu­schrei­bun­gen und um­fang­rei­chen Zer­stö­run­gen er­schwert. An­hand des Plan­nach­las­ses ist ei­ne Kon­ti­nui­tät der vä­ter­li­chen Bau­kul­tur do­ku­men­tiert, die Ar­chi­tek­tur als äs­the­ti­sches und künst­le­ri­sches Mit­tel im Kon­trast zu ei­ner hand­werk­lich ge­präg­ten Bau­wirt­schaft be­greift. Auch per­so­nell ist ei­ne Kon­ti­nui­tät voll­zo­gen, denn bei­de Cou­ven ar­bei­te­ten mit Ti­ro­ler Mau­rer­meis­tern zu­sam­men, die als Po­lie­re die Um­set­zun­gen zahl­rei­cher Pro­jek­te er­mög­lich­ten. Über die in Aa­chen/Burt­scheid an­säs­si­ge Fa­mi­lie von Franz Klau­se­ner hat sich das pri­va­te Plan­ar­chiv er­hal­ten. Le­dig­lich et­wa zehn Pro­zent der Zeich­nun­gen sind Ja­kob Cou­ven zwei­fels­frei zu­zu­wei­sen; in die­sem Rah­men be­wegt sich mög­li­cher­wei­se der Um­fang sei­ner Tä­tig­keit im Ver­gleich mit sei­nem Va­ter. An die Be­deu­tung der Fa­mi­lie Cou­ven und das Am­bi­en­te ei­ner wirt­schaft­lich auf­stre­ben­den Reichs­stadt im 18. Jahr­hun­dert er­in­nert heu­te das Cou­ven-Mu­se­um im ehe­ma­li­gen Haus Mon­heim am Hüh­ner­markt.

 Ja­kob Cou­ven starb am 9.12.1812 in sei­ner Hei­mat­stadt Aa­chen.

Quellen (Auswahl)

Cou­ven, Jo­hann Jo­seph und Ja­kob: pri­va­tes Plan­ar­chiv im Su­er­mondt-Lud­wig-Mu­se­um Aa­chen.

Literatur (Auswahl)

Ar­nold, Edu­ard Ph., Das Altaa­che­ner Wohn­haus, Aa­chen 1930.
Buch­kre­mer, Jo­sef, Die Ar­chi­tek­ten Jo­hann Jo­seph und Ja­kob Cou­ven, in: Zeit­schrift des Aa­che­ner Ge­schichts­ver­eins 17 (1896), S. 89-206.
Kapp­ler, An­ke, Jo­hann Jo­seph Cou­ven (1701-1763), Ar­chi­tek­tur­ent­wür­fe für Stadt, Adel und Kir­che, Worms 2009.
Poh­le, Frank/Prei­sing, Dag­mar (Hg.), [Ta­gungs­band an­läss­lich des 200. Ge­burts­ta­ges Jo­hann Jo­seph Cou­vens mit Bei­trä­gen ver­schie­de­ner Au­to­ren], in: Aa­che­ner Kunst­blät­ter 63 (2003-2005), S. 14-209.
Schoenen, Paul, Jo­hann Jo­seph Cou­ven, Düs­sel­dorf 1964.

Entwurf für den Ballsaal der Neuen Redoute, Wandaufriss und Deckenspiegel, 1782, Foto: Wolfgang von Gliszczynski. (Suermondt-Ludwig-Museum Aachen)

 
Zitationshinweis

Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Kappler, Anke, Jakob Couven, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/jakob-couven/DE-2086/lido/57c68e2bde9990.87076465 (abgerufen am 28.03.2024)