Jens Tiedtke

Handballspieler (1979–2019)

Philipp Koch (Bad Oeynhausen/Minden)

Porträtfotografie Jens Tiedktes beim Abschiedsspiel des ehemaligen deutschen Handball-Nationaltorhüters Chrischa Hannawald am 21. Mai 2008 in der Frankenstolz Arena in Aschaffenburg. (Armin Kübelbeck/CC-BY-SA)

Jens Tiedt­ke war ein pro­fes­sio­nel­ler, sehr er­folg­rei­cher Hand­ball­spie­ler. Zwi­schen 1999 und 2015 be­stritt er ins­ge­samt 461 Spie­le in der Hand­ball-Bun­des­li­ga, in de­nen er 1.314 To­re er­ziel­te. Ne­ben zehn Ju­nio­ren-Län­der­spie­len trug er 64­mal das Tri­kot der Na­tio­nal­mann­schaft und warf da­bei 92 To­re. Sei­nen grö­ß­ten sport­li­chen Er­folg er­reich­te er bei der Welt­meis­ter­schaft 2009 mit ei­nem fünf­ten Platz. Nach ei­ner schwe­ren Er­kran­kung 2006 schaff­te er den Weg zu­rück in den Sport und in die Na­tio­nal­mann­schaft. Bis 2015 spiel­te Tiedt­ke in der Bun­des­li­ga, sei­ne ak­ti­ve Kar­rie­re be­en­de­te er 2016. 

Jens Tiedt­ke wur­de am 10.10.1979 in Ko­blenz ge­bo­ren; die Fa­mi­lie stammt aus Bas­sen­heim. Beim ört­li­chen TV Bas­sen­heim 1911 er­lern­te Tiedt­ke das Hand­ball­spiel. Die ers­te Män­ner­mann­schaft spiel­te seit 1987 in der Re­gio­nal­li­ga und der Ver­ein war für sei­ne gu­te Ju­gend­ar­beit be­kannt. Nach dem Ab­stieg schloss man sich 1991 mit der Hand­ball­spiel­ge­mein­schaft (HSG) Mül­heim-Kär­lich zur HSG Mül­heim-Kär­lich/Bas­sen­heim zu­sam­men. Wie bei vie­len Hand­bal­le­rin­nen und Hand­bal­lern präg­te auch die Fa­mi­lie bei Jens Tiedt­ke früh den wei­te­ren sport­li­chen Le­bens­weg. Sein 2018 ver­stor­be­ner Va­ter Jörg war eben­falls Hand­bal­ler, Spie­ler, För­de­rer und Eh­ren­mit­glied des Ver­eins. Sohn Jens be­gann im Al­ter von gut zehn Jah­ren mit dem Hand­ball­spiel. Von der E-Ju­gend bis zur A-Ju­gend durch­lief er al­le Ju­gend­mann­schaf­ten der Spiel­ge­mein­schaft. Als sein Ent­de­cker und För­de­rer gilt Ju­gend­trai­ner Wer­ner Klöck­ner, mit dem Tiedt­ke in der Se­rie 1993/1994 Deut­scher Vi­ze­meis­ter der C-Ju­gend wur­de. Klöck­ner er­in­ner­te sich 2015 an­läss­lich von Tiedt­kes Kar­rie­re­en­de als Pro­fi dar­an, dass des­sen Po­ten­ti­al schon da­mals er­kenn­bar ge­we­sen sei. Tiedt­ke ha­be nur durch sei­nen enor­men Trai­nings­fleiß und die vie­len in­di­vi­du­el­len Ein­hei­ten, die er be­reit­wil­lig in Kauf ge­nom­men hät­te, ganz nach oben kom­men kön­nen. Er sei si­cher ei­ner der mo­ti­vier­tes­ten Spie­ler ge­we­sen, mit de­nen er, Klöck­ner, ha­be ar­bei­ten dür­fen.[1] 

Ein wei­te­rer För­de­rer Tiedt­kes war sein ers­ter Se­nio­ren­trai­ner Her­mann Jo­sef Hä­ring, un­ter dem er aus der A-Ju­gend den Sprung in das Re­gio­nal­li­ga­team der Spiel­ge­mein­schaft schaff­te und mit die­ser in der Spiel­zeit 1997/1998 in die zwei­te Bun­des­li­ga auf­stieg. In der an­schlie­ßen­den Sai­son über­nahm der So­lin­ger Hei­no Kirch­hoff als Trai­ner das Team und führ­te Tiedt­ke und sei­ne Mit­spie­ler mit Platz 14 zum Klas­sen­er­halt.

Ob­wohl der jun­ge Kreis­läu­fer vom Fach­or­gan „Hand­ball-Ma­ga­zin“ noch nicht als her­aus­ra­gen­der Zweit­li­ga­spie­ler be­wer­tet wur­de, ver­ließ Tiedt­ke im Som­mer 1999 zu­nächst sei­ne Hei­mat, um bei dem eta­blier­ten TU­SEM Es­sen in der Hand­ball-Bun­des­li­ga Fuß zu fas­sen. Es war die Zeit der end­gül­ti­gen Kom­mer­zia­li­sie­rung und Pro­fes­sio­na­li­sie­rung des Hal­len­hand­balls. Vie­le Bun­des­li­gis­ten hat­ten nach dem Bos­mann-Ur­teil 1995 auf spek­ta­ku­lä­re Ver­pflich­tun­gen aus­län­di­scher Stars und Na­tio­nal­spie­ler ge­setzt. Da­für wur­de die ei­ge­ne Nach­wuchs­för­de­rung ver­nach­läs­sigt, so dass über­haupt nur we­ni­ge deut­sche Ta­len­te den Sprung in den Leis­tungs­sport schaff­ten und Pro­fi-Hand­bal­ler wer­den konn­ten. Aus die­ser im­mer klei­ner wer­den­den Zahl an deut­schen Spit­zen­spie­lern in der Hand­ball-Bun­des­li­ga soll­te der da­ma­li­ge Bun­des­trai­ner, die Hand­ball-Le­gen­de Hei­ner Brand (ge­bo­ren 1952), für die Olym­pi­schen Spie­le so­wie die Welt- und Eu­ro­pa­meis­ter­schaf­ten ei­ne schlag­kräf­ti­ge Mann­schaft bil­den, die um Me­dail­len mit­spie­len und da­mit dem An­spruch des Deut­schen Hand­ball-Bun­des (DHB) als mit­glie­der­stärks­tem Ver­band der In­ter­na­tio­na­len Hand­ball-För­de­ra­ti­on (IHF) ge­recht wer­den soll­te. Dem Drän­gen Brands nach­ge­bend hat­te der DHB zum Spiel­jahr 1998/99 ein so­ge­nann­tes Dop­pel­spiel­recht ein­ge­führt, das es un­ter 23-jäh­ri­gen Spie­lern er­mög­lich­te, ne­ben der Hand­ball-Bun­des­li­ga auch in der Zwei­ten Bun­des­li­ga Spiel­pra­xis zu sam­meln.

Zu die­sem Zeit­punkt war der Bas­sen­hei­mer Kreis­läu­fer aber be­reits ins Blick­feld von Brands Co-Trai­ner Bob Han­ning (ge­bo­ren 1968) ge­ra­ten, der zu die­ser Zeit die SG So­lin­gen be­treu­te. Han­ning hat­te den Ruf, ge­ra­de jun­ge Spie­ler an die Bun­des­li­ga her­an­füh­ren und sport­lich wie mensch­lich wei­ter­ent­wi­ckeln zu kön­nen. Im Mai 1999 wur­de Tiedt­ke dar­auf­hin zu ei­nem Lehr­gang der B-Na­tio­nal­mann­schaft be­ru­fen, den Brand und Han­ning als Per­spek­tiv­ka­der und Un­ter­bau zur lang­fris­ti­gen Leis­tungs­ent­wick­lung jun­ger Hand­ball­ta­len­te für die Na­tio­nal­mann­schaft ge­schaf­fen hat­ten. Ob­wohl das Dop­pel­spiel­recht ge­nau für Spie­ler wie Tiedt­ke ge­dacht war, führ­te es bei ihm zu­nächst nicht zum ge­wünsch­ten Er­folg. Brand, der für die Fach­zei­tung „Hand­ball-Ma­ga­zin“ al­le Ver­ei­ne vor Sai­son­be­ginn 1999/2000 be­wer­tet hat­te, sah in Tiedt­ke le­dig­lich ei­ne Er­gän­zung des hoch­wer­ti­gen Es­se­ner Ka­ders, den er als Ge­heim­fa­vo­ri­ten um die Meis­ter­schaft ein­schätz­te. Doch das Team von Trai­ner Jörn-Uwe Lom­mel (ge­bo­ren 1958) er­leb­te ei­ne sport­li­che Bruch­lan­dung und be­fand sich zwi­schen­zeit­lich in ei­ner Kri­se. Dies wa­ren kei­ne güns­ti­gen Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen jun­gen Spie­ler wie Tiedt­ke, um in der Bun­des­li­ga so­fort Fuß fas­sen zu kön­nen. In der mit in­ter­na­tio­na­len Stars ge­spick­ten Es­se­ner Mann­schaft kam Tiedt­ke an den eta­blier­ten Kreis­läu­fern Mark Dra­gunski (ge­bo­ren 1970) und Ma­ik Hand­sch­ke (ge­bo­ren 1966) nicht vor­bei und er­hielt kaum Ein­satz­zei­ten, so dass er im Ja­nu­ar 2000 für we­ni­ge Mo­na­te wie­der zur HSG Mül­heim-Kär­lich/Bas­sen­heim zu­rück­ging. Dort wur­de er sport­lich ge­braucht und half da­bei, sei­ner Hei­mat­spiel­ge­mein­schaft er­neut den Klas­sen­er­halt zu si­chern. Tiedt­ke ge­hör­te als jun­ger Per­spek­tiv­spie­ler wei­ter­hin zum Ka­der der B-Na­tio­nal­mann­schaft und hat­te am 19.10.1999 sein ers­tes Län­der­spiel in Cott­bus beim 26:24 ge­gen Po­len be­strit­ten.[2] 

Zur neu­en Sai­son 2000/2001 wech­sel­te der B-Na­tio­nal­spie­ler zum HC Wup­per­tal, wo er wie­der­um auf Trai­ner Bob Han­ning traf. Ob­wohl sein neu­er Ver­ein früh­zei­tig als Ab­stei­ger fest­stand, konn­te er sich als Pro­fi wei­ter in der Bun­des­li­ga eta­blie­ren. An­fang April 2001 si­cher­te der Kreis­läu­fer mit vier To­ren ei­nen 22:20 Aus­wärts­sieg beim TuS Net­telstedt, der eben­falls im Ab­stiegs­kampf steck­te. Da­mit konn­te er sei­nem ehe­ma­li­gen Es­se­ner Trai­ner Lom­mel, der nun auf der Net­telsted­ter Bank saß, für die­sen nun schmerz­haft sei­ne sport­li­che Taug­lich­keit für die Eli­te­li­ga be­wei­sen.[3] Dass Tiedt­ke dann nach nur ei­ner Sai­son und dem Ab­stieg Wup­per­tals Han­ning in Rich­tung des ba­di­schen SC Will­stätt-Schut­ter­wald folg­te, spricht für die ge­gen­sei­ti­ge per­sön­li­che Wert­schät­zung und das Ver­trau­ens­ver­hält­nis in dem häu­fig sehr kurz­le­bi­gen Ge­schäft ei­nes Pro­fi­hand­bal­lers. Tiedt­ke hat­te es im­mer­hin dank ge­wach­se­ner Ein­satz­zei­ten in der Bun­des­li­ga Mit­te März 2001 zum De­büt in der A-Na­tio­nal­mann­schaft ge­bracht, wo Bun­des­trai­ner Brand an­ge­sichts ei­ner nach­olym­pi­schen Mam­mut­s­ai­son in Ros­tock ge­gen Nor­we­gen gleich vier De­bü­tan­ten tes­te­te.[4] 

Nach dem Ab­stieg der Ba­de­ner 2003 wech­sel­te Tiedt­ke er­neut in­ner­halb der Bun­des­li­ga und ging für zwei Jah­re zur SG Wallau-Mas­sen­heim[5], die Mar­tin Schwalb (ge­bo­ren 1963)[6] trai­nier­te. Zu die­sem Zeit­punkt hat­te der 24-jäh­ri­ge Kreis­läu­fer sich mit 100 Bun­des­li­ga­par­ti­en und 257 To­ren so­wie sechs Län­der­spie­len längst fest als Pro­fi-Hand­bal­ler eta­bliert.[7] In­fol­ge der In­sol­venz der Wallau-Mas­sen­hei­mer zog es ihn 2005 schlie­ß­lich zum Tra­di­ti­ons­ver­ein TV Groß­wall­stadt. In­zwi­schen hat­te er es nach knapp fünf Spiel­zei­ten in der höchs­ten deut­schen Spiel­klas­se auf 40 Län­der­spie­le, 168 Bun­des­li­ga­spie­le und 505 Tref­fer ge­bracht.[8] Dort blieb Tiedt­ke sie­ben Jah­re, ent­wi­ckel­te sich zum Leis­tungs­trä­ger und fand im na­hen Obern­burg ei­ne neue Hei­mat.

Im Spät­som­mer 2006 klag­te er im­mer häu­fi­ger über Kopf­schmer­zen und ge­le­gent­lich auf­tre­ten­de Seh­stö­run­gen, wor­auf­hin bei ihm ein Hirn­tu­mor dia­gnos­ti­ziert wur­de. Für den in­zwi­schen als Na­tio­nal­spie­ler eta­blier­ten Kreis­läu­fer war dies gleich in zwei­er­lei Hin­sicht ein schwe­rer Schick­sals­schlag. Tiedt­ke ge­hör­te zum an­de­ren zum Kan­di­da­ten­kreis für die Welt­meis­ter­schaft 2007 im ei­ge­nen Land, ob­wohl er für die Eu­ro­pa­meis­ter­schaft An­fang 2006 in der Schweiz nicht von Bun­des­trai­ner Brand no­mi­niert wor­den war.[9] Aus sport­li­cher Sicht ha­be ihn, so Tiedt­ke spä­ter, die Nicht­no­mi­nie­rung mehr be­las­tet, als der aus ge­sund­heit­li­chen Grün­den ver­pass­te Welt­meis­ter­ti­tel 2007. Nach sei­ner Re­ha­bi­li­ta­ti­on äu­ßer­te er sich, dass die Na­tio­nal­mann­schaft für ihn der­zeit ganz weit weg sei, auch ge­dank­lich. Aber er glau­be, wenn er Leis­tung brin­ge, wie­der an sei­ne Chan­ce, für Deutsch­land zu spie­len.[10] 

Der gut­ar­ti­ge Tu­mor wur­de im No­vem­ber er­folg­reich ope­ra­tiv in der Uni­ver­si­täts­kli­nik Frank­furt/Main ent­fernt.[11] Jens Tiedt­ke fei­er­te be­reits am 28.4.2007 sein Come­back beim Aus­wärts­spiel der Groß­wall­städ­ter ge­gen HBW Ba­lin­gen-Weil­stet­ten. Im De­zem­ber 2007 wur­de er erst­mals wie­der in die Na­tio­nal­mann­schaft be­ru­fen.[12] Dort zeig­te er mit sie­ben To­ren in den bei­den Test­spie­len ge­gen Schwe­den, dass er trotz oder viel­leicht auch ge­ra­de we­gen sei­nes ge­sund­heit­li­chen Schick­sals­schla­ges das frü­he­re Leis­tungs­ni­veau wie­der er­reicht hat­te. An­schlie­ßend ge­hör­te er zum 20-köp­fi­gen Ka­der zur Eu­ro­pa­meis­ter­schaft 2008. Aber der 28-jäh­ri­ge Stu­dent schaff­te es nicht, ei­nen der bei­den an­de­ren Kreis­läu­fer An­d­rej Kli­mo­vets (ge­bo­ren 1974) oder Se­bas­ti­an Preiß (ge­bo­ren 1981) de­ren Stamm­platz ab­zu­neh­men, zu­mal auch Ab­wehr­spe­zia­list Oli­ver Rog­gisch (ge­bo­ren 1978) die­se Po­si­ti­on spie­len konn­te.[13] Da Tiedt­ke wei­ter­hin kon­stant gu­te Leis­tun­gen im Ver­ein brach­te, no­mi­nier­te ihn Bun­des­trai­ner Brand für die Welt­meis­ter­schaft 2009 in Kroa­ti­en. Dort hat­te der mann­schafts­dien­li­che Spie­ler meh­re­re Ein­sät­ze und konn­te als ei­ner der we­ni­gen Spie­ler des in der Haupt­run­de an Dä­ne­mark ge­schei­ter­ten Ti­tel­ver­tei­di­gers über­zeu­gen. In Kroa­ti­en da­bei zu sein, sei die Voll­endung und Be­loh­nung der har­ten Ar­beit der ver­gan­ge­nen zwei Jah­re, äu­ßer­te sich der da­mals 29-Jäh­ri­ge ge­gen­über der „Hand­ball­wo­che“.[14] Sei­ne Kar­rie­re im Tri­kot der deut­schen Na­tio­nal­mann­schaft en­de­te mit dem sieg­rei­chen Spiel um Platz fünf ge­gen Un­garn mit ei­nem 28:25 Er­folg nach 64 Län­der­spie­len mit sechs Tref­fern. Brand lei­te­te nun den Um­bruch mit jün­ge­ren Spie­lern ein. Tiedt­ke ge­hör­te noch für wei­te­re zwei Jah­re zu den ab­so­lu­ten Leis­tungs­trä­gern des TV Groß­wall­stadt.[15] Den in­zwi­schen 33-Jäh­ri­gen zog es zum En­de sei­ner Pro­fi­kar­rie­re 2012 noch­mal für drei Jah­re zum hes­si­schen Bun­des­li­gis­ten HSG Wetz­lar.[16] 

Der Kon­takt zu sei­nem Stamm­ver­ein TV Bas­sen­heim riss wäh­rend sei­ner lan­gen Kar­rie­re nie ab. Noch An­fang 2014 durf­ten die Mi­ni-Hand­bal­le­rin­nen und Hand­bal­ler aus sei­nem Hei­mat­ort die Mann­schaft ih­res Idols beim Ein­lau­fen be­glei­ten. Nach ins­ge­samt 16 Jah­ren bei sechs Ver­ei­nen, für die er 461 Spie­le mit 1.314 To­ren be­stritt, be­en­de­te Tiedt­ke 2015 sei­ne Bun­des­li­gakar­rie­re. Sein ers­ter Se­nio­ren­trai­ner Her­mann-Jo­sef Hä­ring sprach von ei­nem Ver­lust für die Li­ga, aber auch von ei­nem Men­schen, der Tu­gen­den vor­ge­lebt ha­be, die Tiedt­ke zu dem Rhein­land­hand­bal­ler mit der nach­hal­tigs­ten Kar­rie­re ge­macht hät­ten.[17] 

Für ein Jahr kehr­te er noch ein­mal zum in­zwi­schen in die Drit­te Li­ga ab­ge­stie­ge­nen TV Groß­wall­stadt zu­rück, ehe er 2016 sei­ne Hand­ball­schu­he end­gül­tig an den Na­gel häng­te. Er freue sich sehr dar­auf, dem TVG da­bei hel­fen zu dür­fen, wie­der in die Er­folgs­spur zu­rück­zu­keh­ren, so Tiedt­ke. Der Ver­ein ha­be sei­ne Kar­rie­re über sie­ben Jah­re ent­schei­dend mit­ge­prägt. Zu­dem sei er in der Re­gi­on mitt­ler­wei­le hei­misch ge­wor­den und so eng ver­bun­den, dass es für ihn die lo­gi­sche Kon­se­quenz sei, dem Club zu hel­fen.[18] 

Der Sport­wis­sen­schaft­ler und Fa­mi­li­en­va­ter ar­bei­te­te in­zwi­schen an sei­ner Kar­rie­re ne­ben und nach dem Sport. Ei­ne Trai­ner­lauf­bahn war ihm aber nicht mehr ver­gönnt. Auf die Fra­ge, wie wich­tig der Leis­tungs­sport für ihn noch nach so ei­ner ge­sund­heit­li­chen Ex­tre­mer­fah­rung sei, hat­te er 2007 ge­ant­wor­tet: „Es hat sich schon et­was in mei­nem Den­ken ver­än­dert. Das al­les ist nicht mehr so selbst­ver­ständ­lich für mich. […] Ich ha­be ge­lernt, dass Ge­sund­heit das al­ler­wich­tigs­te ist. Al­les an­de­re ist se­kun­där. Mit gro­ßem Ab­stand.“[19] Jens Tiedt­ke ver­starb am 9.10.2019 an sei­ner schwe­ren Er­kran­kung, ei­nen Tag vor sei­nem 40. Ge­burts­tag. Er hin­ter­ließ sei­ne Ehe­frau und drei Kin­der.

Tiedt­kes of­fe­ner Um­gang mit sei­nem Schick­sal so­wie sein kon­ti­nu­ier­li­cher Wil­le, sich in das Le­ben und sei­nen Lieb­lings­sport Hand­ball zu­rück zu kämp­fen, wa­ren vor­bild­lich und ver­die­nen höchs­ten Re­spekt. In­so­fern sind es we­ni­ger die sport­li­chen Ver­diens­te, als viel­mehr sei­ne ethisch-mo­ra­li­schen Wer­te und der Cha­rak­ter, den Jens Tiedt­ke ver­kör­per­te, die ihn als be­mer­kens­wer­ten und au­ßer­ge­wöhn­li­chen Men­schen aus­zeich­ne­ten.

Literatur

Boy­sen, Ste­fan, Gro­ße Ver­ei­ne, TV Groß­wall­stadt, in: Eg­gers, Erik (Hg.), Hand­ball. Ei­ne deut­sche Do­mä­ne, Göt­tin­gen 2007, S. 195-200.

Eg­gers, Erik, Gro­ße Ver­ei­ne, SG Wallau/Mas­sen­heim, in: Eg­gers, Erik (Hg.), Hand­ball. Ei­ne deut­sche Do­mä­ne, Göt­tin­gen 2007, S. 272-277.

Eg­gers, Erik, Kom­mer­zia­li­sie­rung und Pro­fes­sio­na­li­sie­rung, in: Eg­gers, Erik (Hg.), Hand­ball. Ei­ne deut­sche Do­mä­ne, Göt­tin­gen 2007, S. 264-266.

Eg­gers, Erik, Mar­tin Schwalb, in: Eg­gers, Erik (Hg.), Hand­ball. Ei­ne deut­sche Do­mä­ne, Göt­tin­gen 2007, S. 278-279.

Gehr­den, Se­bas­ti­an von, In­ter­view mit Jens Tiedt­ke, „Das ist ein Schei­ß­ge­fühl“, in: Hand­ball-Ma­ga­zin Nr. 3/2007, S. 18-19.

Hand­ball-Ma­ga­zin, Jg. 1999-2015.
 
Hand­ball­wo­che, Jg. 1999-2015.

Min­de­ner Ta­ge­blatt, Jg. 1999-2019.

Riedl, Lars/Ca­ch­ay, Klaus, Bos­man-Ur­teil und Nach­wuchs­för­de­rung. Aus­wir­kun­gen der Ver­än­de­rung von Aus­län­der­klau­seln und Trans­fer­re­ge­lun­gen auf die Sport­spie­le, Schorn­dorf 2002.

 
Zitationshinweis

Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Koch, Philipp, Jens Tiedtke, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/jens-tiedtke/DE-2086/lido/61e522201cfc18.21351327 (abgerufen am 20.04.2024)