Josef Frings

Erzbischof von Köln (1887-1978)

Norbert Trippen (Köln)

Joseph Kardinal Frings. (Historisches Archiv des Erzbistums Köln)

Die Bi­schofs­jah­re von Kar­di­nal Frings (1942-1969) reich­ten von den letz­ten des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus bis zu den un­ru­hi­gen Jah­ren nach dem Zwei­ten Va­ti­ka­ni­schen Kon­zil. Durch die Grün­dung der ka­tho­li­schen Hilfs­wer­ke „Mi­se­re­or" und „Ad­ve­ni­at" wur­de der Na­me des Köl­ner Kar­di­nals in al­ler Welt be­kannt.

Jo­sef Frings, ge­bo­ren am 6.2.1887, ent­stamm­te groß­bür­ger­li­chen Ver­hält­nis­sen in Neuss. In sei­ner Va­ter­stadt er­hielt er ei­ne vor­züg­li­che hu­ma­nis­ti­sche Schul­bil­dung, die ihn auf dem Zwei­ten Va­ti­ka­ni­schen Kon­zil be­fä­hig­te, die la­tei­ni­sche Kon­zils­spra­che wie ei­ne le­ben­di­ge Spra­che zu ge­brau­chen. Nach Stu­di­en­jah­ren in Inns­bruck, Bonn und Köln wur­de Frings 1910 zum Pries­ter ge­weiht. Als Ka­plan in Köln-Zoll­stock (1910-1913), als Pfarr­rek­tor in Köln-Füh­lin­gen (1915-1922) und als Pfar­rer in Köln-Brauns­feld (1924-1937) wur­de Frings zum Seel­sor­ger mit Nä­he zu den Men­schen, der sich vor al­lem für die so­zia­len Pro­ble­me der Zeit in­ter­es­sier­te. 1937 er­nann­te ihn Kar­di­nal Schul­te zum Re­gen­s ­des Köl­ner Pries­ter­se­mi­nars in Bens­berg, das in die­sen Jah­ren je­weils 70-90 jun­ge Pries­ter auf den Weg brach­te. Bei Kriegs­aus­bruch 1939 wur­de das Se­min­ar­ge­bäu­de für La­za­rett­zwe­cke be­schlag­nahmt und 1941 we­gen „volks- und staats­feind­li­cher Um­trie­be" von Lei­tung und Se­mi­na­ris­ten ent­eig­net.

Frings war mit den durch Ein­be­ru­fun­gen zum Mi­li­tär we­ni­ger wer­den­den Se­mi­na­ris­ten zu­nächst nach Al­ten­berg, dann nach Bonn und schlie­ß­lich nach Hon­nef aus­ge­wi­chen, wo ihn am 1.5.1942 die Nach­richt über die Er­nen­nung zum Erz­bi­schof von Köln er­reich­te. Er­mitt­lun­gen der Ge­sta­po führ­ten da­zu, dass man ihn 1942 in Ber­li­ner NS-Krei­sen als fromm und harm­los ein­schätz­te. Um so über­rasch­ter war man über ers­te kri­ti­sche Äu­ße­run­gen und Hir­ten­brie­fe des neu­en Erz­bi­schofs, der in sei­ner Auf­ga­be Mut zu frei­en, bis­wei­len ge­wag­ten Äu­ße­run­gen ent­wi­ckel­te.

Frings konn­te un­ter den Ver­hält­nis­sen der spä­ten Kriegs­jah­re nur be­grenzt tä­tig wer­den. Sei­ne ers­te gro­ße Her­aus­for­de­rung kam nach Kriegs­en­de, als er sich der viel­fäl­ti­gen Not der Men­schen an­nahm. Die Her­zen der Köl­ner er­ober­te er sich durch sei­ne Sil­ves­ter-Pre­digt 1946 in Köln-Riehl, als er im Hin­blick auf die Plün­de­rung für das Aus­land be­stimm­ter Koh­len­zü­ge sag­te: „Wir le­ben in Zei­ten, da in der Not auch der ein­zel­ne sich das wird neh­men dür­fen, was er zur Er­hal­tung sei­nes Le­bens und sei­ner Ge­sund­heit braucht, wenn er es auf an­de­re Wei­se, durch sei­ne Ar­beit oder durch Bit­ten, nicht er­rei­chen kann." In den frü­hen Nach­kriegs­jah­ren bis zur Grün­dung der Bun­des­re­pu­blik 1949 wur­de Kar­di­nal Frings zum Spre­cher und An­walt der deut­schen Be­völ­ke­rung bei den Be­sat­zungs­mäch­ten. 1945 war er in Ful­da zum Vor­sit­zen­den der Bi­schofs­kon­fe­renz ge­wählt wor­den. Seit 1946 be­saß er als Kar­di­nal ei­nen in­ter­na­tio­nal an­er­kann­ten Rang, den auch die Be­sat­zungs­be­hör­den zu re­spek­tie­ren hat­ten.

Durch sei­ne Be­zie­hun­gen zu dem ehe­ma­li­gen Köl­ner Ober­bür­ger­meis­ter Kon­rad Ade­nau­er konn­te Frings ab 1948 auf die Ge­stal­tung des Grund­ge­set­zes und auf die 1950 be­schlos­se­ne Ver­fas­sung des Lan­des NRW Ein­fluss neh­men. Beim Wie­der­auf­bau und Neu­bau von Kir­chen in Köln und im Erz­bis­tum ließ er den füh­ren­den Ar­chi­tek­ten der Zeit (zum Bei­spiel Do­mi­ni­kus Böhm und Ru­dolf Schwarz) freie Hand.

Zu­sam­men mit Prä­lat Wil­helm Böh­ler setz­te er – ge­gen den Wi­der­stand ei­ni­ger Mit­bi­schö­fe – in den Jah­ren bis 1952 in West­deutsch­land ei­ne Struk­tur der Lai­en­mit­ar­beit in der Kir­che durch: die Ka­tho­li­ken­aus­schüs­se auf Stadt- und Diö­ze­sa­ne­be­ne, das „Zen­tral­ko­mi­tee der Deut­schen Ka­tho­li­ken" auf Bun­des­ebe­ne („Köl­ner Mo­dell"). Am En­de der Wie­der­auf­bau­pha­se nach dem Krieg stand die von Kar­di­nal Frings be­trie­be­ne Grün­dung des Bis­tums Es­sen aus den Ruhr­ge­biets­an­tei­len der Diö­ze­sen Köln, Müns­ter und Pa­der­born (1.1.1958).

Zur glei­chen Zeit ver­spür­ten die deut­schen Ka­tho­li­ken in die­sen Jah­ren des „Wirt­schafts­wun­ders" die Ver­pflich­tung, sich der ma­te­ri­el­len Not in der „Drit­ten Welt", aber auch der Men­schen und der Kir­che in La­tein­ame­ri­ka an­zu­neh­men. Als welt­weit ers­tes Hilfs­werk ge­gen Hun­ger und Krank­heit in der Welt wur­de 1958 das „Bi­schöf­li­che Werk Mi­se­re­or" ge­grün­det, dem 1961 nach An­re­gung aus Rom die Ak­ti­on „Ad­ve­ni­at" zur Un­ter­stüt­zung von Kir­che und Ca­ri­tas in La­tein­ame­ri­ka folg­te. Die Kon­zep­ti­on für bei­de Wer­ke er­ar­bei­te­te Frings’ Ge­ne­ral­vi­kar Jo­seph Teusch , wäh­rend Frings mit be­acht­li­cher Über­re­dungs­kunst die deut­schen Bi­schö­fe über­zeug­te und zur Grün­dung der Wer­ke be­weg­te.

Hat­ten ihm schon die­se Hilfs­wer­ke welt­wei­tes An­se­hen ver­schafft, so er­reich­te der schon fast er­blin­de­te 75-jäh­ri­ge Kar­di­nal auf dem Zwei­ten Va­ti­ka­ni­schen Kon­zil den Hö­he­punkt sei­ner welt­kirch­li­chen Aus­strah­lung. Schon vor dem Kon­zil hat­te er sich von dem Bon­ner Kir­chen­his­to­ri­ker Hu­bert Je­din und Ge­ne­ral­vi­kar Jo­seph Teusch be­ra­ten las­sen. Wäh­rend des Kon­zils war der da­mals 35 Jah­re jun­ge Bon­ner Fun­da­men­tal­theo­lo­ge Jo­seph Ratz­in­ger – der seit 2005 am­tie­ren­de Papst – sein theo­lo­gi­scher Be­ra­ter, der Frings nicht nur für sei­ne zum Teil be­rühm­ten In­ter­ven­tio­nen in der Kon­zils­au­la zu­ar­bei­te­te, son­dern bald auch als amt­lich be­stell­ter „Pe­ri­tus" (Sach­ver­stän­di­ger) die wich­tigs­ten Tex­te des Kon­zils mit­ge­stal­te­te.

Fast er­blin­det und durch die Stra­pa­zen der Kon­zils­jah­re in ho­hem Al­ter ge­schwächt, leg­te Frings am En­de des Kon­zils 1965 noch in Rom den Vor­sitz der Bi­schofs­kon­fe­renz nie­der. Die Um­brü­che der ers­ten Jah­re nach dem Kon­zil in der Kir­che (zum Bei­spiel re­vo­lu­tio­nä­re Um­brü­che in der Lit­ur­gie, Amts­nie­der­le­gun­gen von Pries­tern, For­de­run­gen nach De­mo­kra­ti­sie­rung der Kir­che usw.) ha­ben Kar­di­nal Frings er­schro­cken und mit da­zu bei­ge­tra­gen, dass er auch von sei­nem Amt als Erz­bi­schof von Köln zu­rück­trat. Sein Nach­fol­ger, der Bi­schof von Müns­ter, Jo­seph Höff­ner, trat zu­nächst als „Ko­ad­ju­tor mit dem Recht der Nach­fol­ge" an die Sei­te des grei­sen Kar­di­nals Frings. Doch schon we­ni­ge Wo­chen spä­ter nahm im Fe­bru­ar 1969 Papst Paul VI. (Pon­ti­fi­kat 1963-1978) das er­neu­te Rück­tritts­ge­such von Kar­di­nal Frings an. Frings soll­te noch fast ein Jahr­zehnt er­le­ben, ehe er am 17.12.1978 ver­starb.

In Köln ist er we­gen sei­ner Volks­ver­bun­den­heit (bei durch­aus zur rech­ten Zeit ge­ge­be­nem Wür­de­be­wusst­sein) un­ver­ges­sen. Bei sei­ner Er­nen­nung zum Eh­ren­bür­ger der Stadt Köln be­zeich­ne­te ihn Ober­bür­ger­meis­ter Theo Burau­en als „wah­ren Volks­bi­schof", wo­für sich Frings aus­drück­lich be­dank­te.

Quellen

Frings, Jo­sef Kar­di­nal, Für die Men­schen be­stellt. Er­in­ne­run­gen des Alt­erz­bi­schofs von Köln, Köln 1973. 

Literatur

Da­xe­cker, Franz, Ar­ti­kel "Frings, Jo­seph", in: Bio­gra­phisch-Bi­blio­gra­phi­sches Kir­chen­le­xi­kon (Ar­ti­kel nur im In­ter­net ein­seh­bar).
Trip­pen, Nor­bert, Jo­sef Kar­di­nal Frings (1887-1978), Band 1: Sein Wir­ken für das Erz­bis­tum Köln und die Kir­che in Deutsch­land, Pa­der­born u.a. 2003; Band 2: Sein Wir­ken für die Welt­kir­che und sei­ne letz­ten Bi­schofs­jah­re, Pa­der­born u.a. 2005. 

Online

Kurz­in­for­ma­tio­nen über Jo­sef Frings in­klu­si­ve Au­dio-Do­ku­men­ten:
1. Jo­sef Frings (1942-1969): Ver­ant­wor­tung zwi­schen Krieg und Kon­zil. [On­line]
2. Jo­sef Frings: Ge­dan­ken zum Neu­an­fang in Deutsch­land 1945. [On­line]
(Chris­ten am Rhein. Zeug­ins­se köl­ni­scher Kir­chen­ge­schich­te aus zwei Jahr­tau­sen­den. Web­site des Erz­bis­tums Köln).

 
Zitationshinweis

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Trippen, Norbert, Josef Frings, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/josef-frings/DE-2086/lido/57c6c0a54c03f3.90784759 (abgerufen am 29.03.2024)