Jupp Schmitz

Komponist und Stimmungssänger (1901-1991)

Björn Thomann (Suderburg)

Jupp Schmitz, undatiert. (Kölner-Karneval.de)

Jupp Schmitz zählt zu den po­pu­lärs­ten Vor­trags­künst­lern des rhei­ni­schen Kar­ne­vals nach dem Zwei­ten Welt­krieg. Sei­nen Spitz­na­men „Schnäu­zer“ ver­dank­te er ei­nem auf­fäl­li­gen Ober­lip­pen­bart, der ihm bis ins ho­he Al­ter ein un­ver­wech­sel­ba­res äu­ße­res Er­schei­nungs­bild ver­lieh.

Jo­sef „Jup­p“ Schmitz wur­de am 15.2.1901 als Sohn des Trom­pe­ters Phil­ipp Schmitz im Köl­ner Se­ve­rins­vier­tel ge­bo­ren. Die El­tern tru­gen ge­zielt zur För­de­rung sei­ner mu­si­schen Be­ga­bung bei, in­dem sie ih­ren Sohn über ei­nen Zeit­raum von sie­ben Jah­ren am städ­ti­schen Kon­ser­va­to­ri­um zum Kon­zert­pia­nis­ten aus­bil­den lie­ßen.

Nach dem Ers­ten Welt­krieg ver­dien­te sich Schmitz sei­nen Le­bens­un­ter­halt als mu­si­ka­li­scher Be­glei­ter bei der Auf­füh­rung von Stumm­fil­men so­wie als Kaf­fee­haus­mu­si­ker. Mit ei­ner im Jahr 1925 von ihm ge­grün­de­ten Ka­pel­le er­hielt er En­ga­ge­ments in re­nom­mier­ten Köl­ner Ho­tels wie dem „Mo­no­pol“ oder dem „Dom-Ho­tel“. Dar­über hin­aus mach­te er als Pia­nist des Volks­sän­ger­s Wil­li Os­ter­mann auf sich auf­merk­sam.

Ab 1934 war Jupp Schmitz an der Sei­te des Pia­nis­ten Leo Ko­wal­ski (1911-1984) als frei­er Mit­ar­bei­ter für den Reichs­sen­der Köln tä­tig. Hier lern­te er den auf­stre­ben­den Schla­ger­pro­du­zen­ten Kurt Feltz (1910-1982) ken­nen, für den er den Tan­go „Gib acht auf dein Herz, Mar­ga­re­the“ kom­po­nier­te. Der 1935 mit gro­ßem Er­folg von Ru­di Schu­ri­cke (1913-1973) in­ter­pre­tier­te Ti­tel be­deu­te­te den Be­ginn sei­ner Lauf­bahn als Kom­po­nist leich­ter Un­ter­hal­tungs­mu­sik. Der Zu­sam­men­ar­beit mit Feltz ent­sprang 1938 auch das hu­mo­ris­ti­sche und von ihm selbst ge­sun­ge­ne Mund­art­lied „Et es an ei­nem Stöck am räh­ne“. 

Nach sei­ner Rück­kehr aus Krieg und Ge­fan­gen­schaft kom­po­nier­te und tex­te­te Jupp Schmitz im An­ge­sicht sei­ner zer­stör­ten Hei­mat­stadt das weh­mü­ti­ge, zu­gleich aber Zu­ver­sicht aus­strah­len­de Lied „Ming herr­lich Köl­le“. In der Fol­ge wand­te er sich dem lu­kra­ti­ven Gen­re des rhei­ni­schen Stim­mungs­lie­des zu, wo­bei er die von ihm kom­po­nier­ten und zum Teil auch ge­schrie­be­nen Wer­ke selbst auf der Büh­ne zum Vor­trag brach­te. Mit ein­gän­gi­gen Schun­kel­me­lo­di­en und kla­mau­ki­gen Lied­tex­ten wie „Fitzla­futz­la­ka­ja“ (1948) und „Öll­di söll­di sipp­di­sa“ (1949) traf er prä­zi­se den Pu­bli­kums­ge­schmack der Nach­kriegs­jah­re. 

In der Ses­si­on 1948/49, we­ni­ge Mo­na­te nach der Wäh­rungs­re­form, fei­er­ten Jupp Schmitz und Kurt Feltz mit dem Ti­tel „Wer soll das be­zah­len?“ ih­ren grö­ß­ten ge­mein­sa­men Er­folg. 1950 wur­de das po­pu­lä­re Lied je­doch zum Ge­gen­stand ei­nes skur­ri­len Ur­he­ber­rechts­streits. Nach An­sicht des Ber­li­ner Kom­po­nis­ten Wil­helm Ga­bri­el (1897-1964) hat­te Schmitz dar­in die Me­lo­die sei­nes be­reits in den 1930er Jah­ren kom­po­nier­ten Mar­sches „Sie hieß Ma­rie“ pla­gi­iert. Ob­wohl der Vor­wurf durch die Gut­ach­ten meh­re­rer Sach­ver­stän­di­ger be­stä­tigt schien, ging Schmitz letzt­lich als Sie­ger aus dem Ver­fah­ren her­vor. Er hat­te nach­wei­sen kön­nen, dass bei­de Me­lo­di­en auf ei­ner al­ten Volks­wei­se ba­sier­ten und da­her in kei­nem ur­he­ber­recht­li­chen Zu­sam­men­hang stan­den. Die Kla­ge wur­de ab­ge­wie­sen, Ga­bri­el muss­te die Kos­ten des Pro­zes­ses tra­gen.  

In den fol­gen­den Jah­ren eta­blier­te sich Schmitz über die Gren­zen sei­ner Hei­mat­stadt hin­aus als ei­ner der be­lieb­tes­ten Bot­schaf­ter des sprich­wört­li­chen „rhei­ni­schen Froh­sinn­s“. Ge­treu dem von ihm selbst for­mu­lier­ten Mot­to „Ich ma­che Rhein- und Wein­lie­der für je­de Ta­ges- und Jah­res­zeit“ ver­öf­fent­lich­te und ver­leg­te er ei­ne Viel­zahl tri­via­ler Stim­mungs­lie­der, durch die er auch in kom­mer­zi­el­ler Hin­sicht zu den er­folg­reichs­ten Ak­teu­ren des Köl­ner Kar­ne­vals auf­stieg. Zu den be­kann­tes­ten Wer­ken der 1950er Jah­re zählt je­doch auch der me­lan­cho­li­sche Ab­ge­sang „Am Ascher­mitt­woch ist al­les vor­bei“ (1952), zu dem der re­nom­mier­te Schrift­stel­ler Hans Jo­nen (1892-1958) den Text bei­steu­er­te.  

Mit Kurt Feltz schuf Schmitz zur glei­chen Zeit den nicht min­der pu­bli­kums­wirk­sa­men Ti­tel „Wir kom­men al­le in den Him­mel“. Mehr­fach ar­bei­te­te er auch mit dem Ham­bur­ger Schrift­stel­ler Wal­ter Ro­then­burg (1899-1975) zu­sam­men. Zu den be­kann­tes­ten ge­mein­sa­men Wer­ken zäh­len „Ich fahr mit mei­ner Li­sa zum schie­fen Turm nach Pi­sa“ (1949) und „Der al­te Dat­tel­baum“ (1959). Für wei­te­re Er­folgs­ti­tel der Wirt­schafts­wun­der­jah­re wie „Em Win­ter, da schneit et“ (1957) oder „Es war im Zil­ler­tal“ (1958) schrieb Schmitz die Tex­te selbst.   

Zu Be­ginn der 1960er Jah­re ge­riet der Köl­ner Sit­zungs­kar­ne­val in ei­ne schwe­re Kri­se. Im Ver­gleich zu den Ver­an­stal­tun­gen der Main­zer Fast­nacht be­män­gel­ten die Kri­ti­ker vor al­lem das ge­rin­ge in­tel­lek­tu­el­le Ni­veau der in Köln zum Vor­trag ge­brach­ten Büt­ten­re­den und Lie­der. Bei der vom WDR am 22.1.1964 erst­mals li­ve über­tra­ge­nen Prin­zen­pro­kla­ma­ti­on im Gür­ze­nich schie­nen sich die Vor­be­hal­te voll­auf zu be­stä­ti­gen. Jupp Schmitz stand als Aus­hän­ge­schild des Kar­ne­vals im Fo­kus der Kri­tik. 

Im Ge­gen­satz zu sei­nen üb­li­chen Auf­trit­ten hat­te er an­läss­lich der Fern­seh­über­tra­gung we­der ei­nen ele­gan­ten Smo­king noch die ge­wohn­te Nar­ren­kap­pe, son­dern auf Wunsch des Ver­an­stal­ters kur­ze Le­der­ho­sen und ei­nen Filz­hut mit Gams­bart ge­tra­gen. Das Pu­bli­kum quit­tier­te sei­ne Dar­bie­tung, in de­ren Ver­lauf er zu­nächst das zu sei­ner Kos­tü­mie­rung pas­sen­de Lied „Der Hir­ten­kna­be von St Ka­threin“ und spä­ter den we­nig tief­gän­gi­gen Ti­tel „Ri­sot­to-Ot­to und Spa­ghet­ti-Bet­ty“ prä­sen­tier­te, mit Buh­ru­fen und Pfif­fen. Der lau­ni­ge Vor­trag ver­an­lass­te auch den Kom­men­ta­tor des WDR zu der ent­schul­di­gen­den Aus­sa­ge: „Blei­ben Sie noch ein bi­ßchen am Ap­pa­rat, es wird gleich wie­der ganz nett.“     

Acht Jah­re spä­ter prä­sen­tier­te Jupp Schmitz am Ort sei­ner grö­ß­ten De­mü­ti­gung ei­ne viel­um­ju­bel­te Per­si­fla­ge auf das ge­schmäh­te Lied vom „Hir­ten­kna­ben“. Wenn­gleich er kurz­zei­tig die Ni­veau­kri­se des Köl­ner Kar­ne­vals zu per­so­ni­fi­zie­ren schien, blieb er auch in den 1960er und 1970er Jah­ren er­folg­reich. In die­se Schaf­fens­pe­ri­ode da­tie­ren zahl­rei­che wei­te­re Schun­kel- und Stim­mungs­lie­der wie „De Schwimm­bot­z“ (1971), „Der muß noch wach­sen“ (1971) oder „Jetz sin ming Schoh kapot­t“ (1976). Er kom­po­nier­te aber auch Mo­ri­ta­ten und Rhein­lie­der. 1968 ge­lang ihm mit dem be­son­ders ein­gän­gi­gen Ti­tel „Es ist noch Sup­pe da“, bei dem er so­wohl für den Text wie auch für die Mu­sik ver­ant­wort­lich zeich­ne­te, ein wei­te­rer zeit­lo­ser Gas­sen­hau­er. 

1970 wur­de Schmitz in An­er­ken­nung sei­ner Ver­diens­te um das Köl­ner Lied­gut die Gol­de­ne Wil­li-Os­ter­mann-Me­dail­le ver­lie­hen. Zu­dem war er Trä­ger des Gol­de­nen Spinn­ra­des der Stadt Mön­chen­glad­bach. Gro­ßer Be­liebt­heit er­freu­ten sich auch sei­ne Auf­trit­te in Rund­funk und Fern­se­hen. Zu ei­ner fes­ten In­sti­tu­ti­on wur­de er un­ter an­de­rem in der vom Hes­si­schen Rund­funk pro­du­zier­ten jähr­li­chen Fast­nachts­aus­ga­be der Un­ter­hal­tungs­show „Zum Blau­en Bock“. Erst im Al­ter von 80 Jah­ren zog sich Schmitz vor­über­ge­hend in sein Pri­vat­le­ben zu­rück, fei­er­te je­doch be­reits auf der Prin­zen­pro­kla­ma­ti­on des Jah­res 1983 ein eben­so über­ra­schen­des wie um­ju­bel­tes Come­back.

In sei­nen letz­ten Le­bens­jah­ren be­geis­ter­te Jupp Schmitz sein Pu­bli­kum vor al­lem durch sei­ne Auf­trit­te als Con­fé­ren­cier, in de­nen er sich nicht mehr auf vor­der­grün­di­gen Kla­mauk be­schränk­te, son­dern zu­neh­mend mit fein­sin­ni­gen Hu­mo­res­ken zu über­zeu­gen wuss­te. Die Mi­schung aus zu­meist dop­pel­deu­ti­gen Le­bens­weis­hei­ten, An­ek­do­ten und Lie­dern präg­te auch die am 20.1.1991 auf­ge­zeich­ne­te und an­läss­lich sei­nes 90. Ge­burts­ta­ges vom WDR aus­ge­strahl­te Son­der­sen­dung, die zu­gleich sein letz­ter gro­ßer öf­fent­li­cher Auf­tritt war.     

We­ni­ge Wo­chen spä­ter starb Jupp Schmitz am 26.3.1991 in Köln. Sei­ne letz­te Ru­he­stät­te fand er auf dem Fried­hof Me­la­ten, sein Grab­stein trägt die Gra­vur sei­nes wohl be­kann­tes­ten Lie­des: „Am Ascher­mitt­woch ist al­les vor­bei“. Im Jahr 1994 wur­de an der Sa­lo­mons­gas­se in Köln ein vom Bild­hau­er Olaf Höh­nen (1933-2009) ge­stal­te­tes Denk­mal für den Ver­stor­be­nen ein­ge­weiht. Es zeigt Schmitz in ei­ner für ihn ty­pi­schen Po­se am Flü­gel sit­zend und ei­ne Nar­ren­kap­pe tra­gend. Der be­schau­li­che Win­kel in­mit­ten der Köl­ner In­nen­stadt trägt heu­te den Na­men „Jupp-Schmitz-Plätz­chen“.    

Literatur

Bütt­ner, Heinz: Dis­co­gra­phie der deut­schen Klein­kunst, Bd. 6, Bonn 2002, S. 1799-1801.
Schmidt, Gé­r­ard: Köl­sche Stars, Köln 1992, S. 127-32.

Online

Köl­sche Lied­tex­te (Ti­tel, In­ter­pre­ten und Tex­te der Lie­der von Jupp Schmitz auf der Home­page der Aka­de­mie für uns köl­sche Sproch). [on­line]

 
Zitationshinweis

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Thomann, Björn, Jupp Schmitz, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/jupp-schmitz/DE-2086/lido/5e4bbea3c0b4b4.17474924 (abgerufen am 20.04.2024)