Zu den Kapiteln
Der Jurist Otto Kämper gilt als Vorkämpfer des subventionierten Wohnungsbaus. Ab 1919 engagierte er sich im Siedlungswesen und unterstütze es 1925–1942 sowie 1949–1962 in leitender Funktion der Deutschen Bau- und Bodenbank AG mit Finanzmitteln.
Geboren wurde Otto Kämper am 4.7.1882 in Köln als Sohn des Rechnungsrats Hermann Kämper (1854–1912) und dessen Frau Helene, geborene Schönherr. Er besuchte ab 1892 die humanistischen Gymnasien in Minden und Rheine (Dionysianum) und war 1898–1901 Schüler des Berliner Humboldt-Gymnasiums, wo er auch das Abitur ablegte. Vom Sommersemester 1901 an studierte er Rechts- und Staatswissenschaften in Freiburg im Breisgau. Im selben Semester trat er dem Verein Deutscher Studenten bei. Ab dem Wintersemester 1901/1902 studierte er in Berlin und legte dort 1905 das 1. Juristische Staatsexamen ab. Ab 1905 war er Referendar im Kammergerichtsbezirk Berlin: 1906 promovierte er in Leipzig zum Dr. jur. 1906/1907 diente er als Einjährig-Freiwilliger beim Garde-Fußartillerie-Regiment in Spandau. Das Assessorexamen bestand er 1910.
Anschließend wurde er als Rechtsanwalt und ab Februar 1911 als Notar in Müncheberg tätig. Dort engagierte er sich auch als Stadtverordneter und Führer einer Pfadfindergruppe. Im Ersten Weltkrieg diente er ab Kriegsbeginn 1914 als Offizierstellvertreter; bis 1917 war er in Ostpreußen, Polen und Siebenbürgen Adjutant im I. Garde-Fußartillerie-Regiment, dann in Frankreich Ordonnanz-Offizier beim Artillerie-Kommandeur 225. Für seine militärischen Verdienste erhielt er Auszeichnungen wie das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse sowie das Österreichische Militärverdienstkreuz.
Zurück in Müncheberg wirkte er von Oktober 1918 bis 1920 als Bürgermeister. In seiner kurzen Amtszeit vergrößerte er den Grundbesitz der Stadt. Daneben errichtete er eine Siedlung auf einem ehemaligen Flugplatz. Seit 1919 arbeitete er praktisch auf dem Gebiet der Agrarfragen, insbesondere der inneren Kolonisation, des Wohnungsbaus sowie der Überführung von Wirtschaftsbetrieben aus der Staatsverwaltung in kaufmännisch-wirtschaftliche Betriebe.
Auf Vorschlag seines Bundesbruders Friedrich von Schwerin (1862–1925) war er 1920/1921 Direktor der Landgesellschaft Eigene Scholle in Frankfurt/Oder. Dafür hatte er sich durch sein Interesse am Siedlungswesen und die entsprechenden Maßnahmen in Müncheberg hervorgetan. 1921/1922 war er Vorstandsmitglied der Gemeinnützigen AG für Angestellten-Heimstätten (GAGFAH). Von Ende 1922 war er bis 1925 als Oberregierungsrat Vorsteher des Braunschweigischen Landesdomänenamts, wo er hauptsächlich mit der Trennung der staatlichen Wirtschafts- und Hoheitsverwaltung sowie der Vereinfachung der Verwaltung des öffentlichen Vermögens beschäftigt war. Außerdem fungierte er als Justitiar des Braunschweigischen Landesbergamts, des Landesforstamts und der Braunschweigischen Baudirektion. Ferner war er Geschäftsführer der auf seinen Vorschlag hin gegründeten Braunschweig GmbH, welche den Braunschweigischen Bergwerksbesitz, einige Domänen sowie die Industrie-Staatsbetriebe verwaltete. 1925 wurde er Direktor der Deutschen Bau- und Bodenbank AG (Bilanzsumme 1924: 16,5 Millionen Mark, 1940: 938 Millionen Reichsmark), die sich zu 85 Prozent im Besitz des Deutschen Reichs befand. Sie verwaltete mehrere Fonds, die dem Wohnungsneubau gemeinnütziger Unternehmen (Wohnungsfürsorgegesellschaften, Baugenossenschaften) dienten. Die 1932 ins Leben gerufene Kleinsiedlungsaktion gestaltete er im Bereich der Gesetzgebung maßgeblich mit. Er war auch Mitglied des Verwaltungsrats der Reichsforschungsgesellschaft für Wirtschaftlichkeit im Bau- und Wohnungswesen sowie des Deutschen Ausschusses für wirtschaftliches Bauen und des Vereins für Wohnungsreform. Außerdem war er Mitglied der Aufsichtsräte verschiedener Aktiengesellschaften wie der Preußischen Pfandbriefbank, der Deutschen Bodenkultur AG, der Neuland AG, der Deutschen Centralbodenkredit AG und der GAGFAH (bis 1935). Außerdem gehörte er 1933–1942 dem Aufsichtsrat der Dresdner Bank an. 1933 schied er aus dem Vorstand der Deutschen Bau- und Bodenbank aus und war bis 1942 deren Aufsichtsratsvorsitzender. Dieter Ziegler sieht ihn in dieser Zeit als den Nationalsozialisten „bekanntermaßen nahestehend“, während Hyeoung-Jin Kwon – in wörtlicher Anlehnung an die 1963 erschienene Gedächtnisschrift für Kämper – die Ansicht vertritt, Kämper sei der NSDAP nur beigetreten, um „die Bau- und Bodenbank vor schweren Erschütterungen durch nationalsozialistische Gleichschaltung zu bewahren“. Den Nationalsozialismus hätte er von Anfang an abgelehnt.
1934 wurde Kämper Vizepräsident des Central-Ausschusses für die Innere Mission. Am 18.12.1934 wurde er wegen seiner Beziehungen im Bereich des Wohnungsbaus und als Finanzsachverständiger in den Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der missionarischen und diakonischen Werke und Verbände in der Deutschen Evangelischen Kirche gewählt. Er engagierte sich auch im Verein für das Deutschtum im Ausland, saß in dessen Deutsch-Österreichischer Arbeitsgemeinschaft und übernahm in den Fachausschüssen für wirtschaftliche, kulturelle und soziale Fragen eine führende Rolle. Weiter war er Mitglied im 1940 eingerichteten Beirat des Mitteleuropäischen Wirtschaftstags. In diesen Gremien versuchte er, das Deutsche Reich und Österreich nach dem verhinderten staatlichen Zusammenschluss von 1919 einander näher zu bringen. 1938–1950 hatte er seinen Wohnsitz in der Steiermark. Mittels einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bau- und Bodenbank in Wien engagierte er sich auch im österreichischen Wohnungsbau.
Ab 1949 setzte er sich als Aufsichtsrat für den Wiederaufbau der Deutschen Bau- und Bodenbank ein, in deren Vorstand er 1950 erneut berufen wurde. 1955 schied er als Vorstandsvorsitzender aus und ging in den Ruhestand, blieb jedoch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender. Von 1952 bis zum 29.6.1961 war er auch Aufsichtsratsmitglied der GAGFAH.
Schriftstellerisch war er auf dem Gebiet der Wohnungsbaufinanzierung tätig und Mitherausgeber der Zeitschrift „Die Wohnung“. Ihm wurden zahlreiche Ehrungen zuteil: Aus Anlass seines 70. Geburtstags wurde ihm 1952 das Große Bundesverdienstkreuz verliehen. Die TH Braunschweig, die ihm bereits am 22.2.1932 die Ehrenpromotion zum Dr.-Ing. verliehen hatte, ernannte ihn am 5.7.1952 zum Ehrensenator. 1960 zeichnete ihn der Gesamtverband Gemeinnütziger Wohnungsunternehmen mit der Victor-Aimée-Huber-Plakette aus.
Kämper starb am 6.1.1962 in Frankfurt a. M. und wurde in Kronberg im Taunus begraben.
Werke
Die religiöse Erziehung der Dissidentenkinder im Königreiche Sachsen, Diss. Universität Leipzig 1906, in: Fischers Zeitschrift für Praxis und Gesetzgebung der Verwaltung 31(1907), S. 273-311.
Walter Schmidt, in: Akademische Blätter 29 (1914/15), S. 370-371.
Hindenburg zum 80. Geburtstage!, in: Akademische Blätter 42 (1927/28), S. 69-70.
[zusammen mit] Knoblauch, Arnold/Steyrer, Fritz, Der zweistellige Hypothekarkredit, Berlin 1930.
[zusammen mit] Gessmann, Albert, Neues Bauen: Neue Arbeit, Bauwirtschaftliche Maßnahmen zur Behebung der Arbeitslosigkeit in Österreich, Wien 1932.
Wohnungswirtschaft und Grundkredit. Mit besonderer Betrachtung des nachstelligen Grundkredits im In- und Auslande, Berlin 1938.
Agrarkredit und Grundkredit in Bulgarien, Stuttgart/Berlin 1942.
Die Notwendigkeit einer Trennung von hoheitsrechtlichen und wirtschaftlichen Aufgaben im Bankwesen, 1951.
Eigenheimvorratsbau, Frankfurt a. M. 1951.
Der Wohnungsbau und seine Finanzierung in den Vereinigten Staaten von Amerika, Bonn 1955.
Herausgeberschaft
Hermann Kämper. Jugendjahre in Westfalen 1854–1870, Berlin 1932.
[zusammen mit weiteren Hg.], Industrielle Arbeitsmarktgestaltung und Siedlung, Münster 1935.
Die Wohnung.
Literatur
Otto Kämper, in: Zeitschrift für das gesamte Siedlungswesen 1 (1952), S. 140.
Dr. Kämper 75 Jahre alt, in: Die Volksheimstätte 9 (1957), Heft 7, S. 26.
Bähr, Johannes/Ziegler, Dieter/Wixforth, Harald (Hg.), Die Dresdner Bank in der Wirtschaft des Dritten Reichs, München 2006.
Bookhagen, Rainer, Die evangelische Kinderpflege und die Innere Mission in der Zeit des Nationalsozialismus. Mobilmachung der Gemeinden 1933–1937, Band 1, Göttingen 1998.
Kwon, Hyeoung-Jin, Deutsche Arbeitsbeschaffungs- und Konjunkturpolitik in der Weltwirtschaftskrise: die „Deutsche Gesellschaft für Öffentliche Arbeiten AG (Öffa)“ als Instrument der Konjunkturpolitik von 1930 bis 1937, Osnabrück 2002 (Diss. Univ. Bielefeld 2001).
Maßmann, Karl, Otto Kämper – 75 Jahre, in: Akademische Blätter 59 (1957), S. 167-169.
Volz, Robert (Hg.), Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft. Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild, Band 1, Berlin 1930/31, S. 877-879.
Gedächtnisschrift
Seraphim, Hans Jürgen (Hg.), Studien zu Wohnungswirtschaft und Städtebau. Gedächtnisschrift für Dr. Dr. Otto Kämper, Köln 1963.
Nachrufe
Naudé, Horst, Otto Kämper zum Gedächtnis, in: Akademische Blätter 64 (1962), S. 35-38.
In memoriam Otto Kämper, in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 15 (1962), Heft 2, S. 84.
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Zirlewagen, Marc, Otto Kämper, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/otto-kaemper/DE-2086/lido/57c930e1526258.69947908 (abgerufen am 25.04.2024)