Robert Gerling

Unternehmer (1878–1935)

Tanja Junggeburth (Bonn)

Robert Gerling, Skulptur von Arno Breker, um 1928, Original im Kölnischen Stadtmuseum, Foto: Arno Breker. (Rheinisches Bildarchiv Köln)

Ro­bert Ger­ling war der prä­gends­te deut­sche Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­mer im frü­hen 20. Jahr­hun­dert. 

Ro­bert Ger­ling wur­de am 13.8.1878 als vier­tes Kind von Ro­bert (1847–1934) und An­na Ger­ling (1850–1938), ge­bo­re­ne Fromm, in El­ber­feld (heu­te Stadt Wup­per­tal) ge­bo­ren. Er hat­te sechs Ge­schwis­ter. Ro­bert Ger­lings Gro­ßva­ter be­trieb im ber­gi­schen In­dus­trie­ge­biet ei­ne Knopf­fa­brik, sein Va­ter ar­bei­te­te als Ver­tre­ter für das Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men so­wie zeit­gleich für ei­ne Köl­ner Tex­til­fir­ma. Die Fa­mi­lie leb­te in Köln, wo Ro­bert Ger­ling bis zu sei­nem 14. Le­bens­jahr die Re­al­schu­le be­such­te. 1892 be­gann er ei­ne fast drei­jäh­ri­ge Leh­re bei der Köl­ner Ver­si­che­rungs­agen­tur C. Mihr & Co, mit des­sen In­ha­ber sein Va­ter be­freun­det war. 

Die deut­sche Ver­si­che­rungs­wirt­schaft stand zu die­sem Zeit­punkt am Be­ginn ei­ner vor­her nicht er­reich­ten Blü­te­zeit. In­ner­halb we­ni­ger Jahr­zehn­te hat­ten sich klei­ne Ver­si­che­rungs­agen­tu­ren zu gro­ßen Un­ter­neh­men ent­wi­ckelt. Ne­ben den klas­si­schen Ver­si­che­rungs­zwei­gen der Feu­er-, Trans­port- und Le­bens­ver­si­che­rung be­stan­den be­reits um die Jahr­hun­dert­wen­de na­he­zu al­le mo­der­nen Ver­si­che­rungs­spar­ten. Für den Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­mer ging es ins­be­son­de­re dar­um, auf die im­mer di­ver­si­fi­zier­te­ren An­sprü­che, ins­be­son­de­re der Pri­vat­wirt­schaft, ein­zu­ge­hen und ei­nen aus­rei­chen­den und zweck­ent­spre­chen­den Ver­si­che­rungs­schutz an­zu­bie­ten. Ro­bert Ger­ling ge­lang es wie kei­nem zwei­ten zu sei­ner Zeit, die­se Chan­cen der fort­schrei­ten­den In­dus­tria­li­sie­rung zu nut­zen.

Nach­dem er zu­nächst bis 1895 als kauf­män­ni­scher Ge­hil­fe für sei­ne Aus­bil­dungs­fir­ma ge­ar­bei­tet hat­te, wech­sel­te er 1896 für zwei Jah­re zu der 1879 ge­grün­de­ten Mann­hei­mer Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft, die En­de des 19. Jahr­hun­derts zu den grö­ß­ten Trans­port­ver­si­che­rern zähl­te und zeit­wei­lig un­ter al­len im Aus­lands­ge­schäft tä­ti­gen deut­schen Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaf­ten füh­rend war. 

Zwar ar­bei­te­te Ro­bert Ger­ling durch­aus er­folg­reich und zur Zu­frie­den­heit sei­ner Vor­ge­setz­ten, sein Ziel je­doch war die be­ruf­li­che Un­ab­hän­gig­keit. Das Ge­sche­hen auf dem Ver­si­che­rungs­markt – vor al­lem im wich­tigs­ten Ver­si­che­rungs­zweig der Feu­er­ver­si­che­rung – wur­de frei­lich um die Wen­de zum 20. Jahr­hun­dert vom so ge­nann­ten „Feu­er­syn­di­ka­t“ dik­tiert. Da man im Hin­blick auf die schnell wach­sen­den neu­en In­dus­tri­en (che­mi­sche In­dus­trie und Elek­tro­tech­nik) kei­ne Er­fah­rungs­wer­te in der Ri­si­ko­ab­schät­zung hat­te, er­lit­ten in der Gro­ß­in­dus­trie so­wohl Erst- als auch Rück­ver­si­che­rer wäh­rend der 1890er Jah­re enor­me Ver­lus­te. 

In der Fol­ge ent­wi­ckel­te sich aus Preis­ab­spra­chen ein um­fas­sen­des und funk­ti­ons­fä­hi­ges Kar­tell der Feu­er­ver­si­che­rer: Durch die An­he­bung der Prä­mi­en er­ziel­ten ein­zel­ne in­dus­tri­el­le Feu­er­ver­si­che­rer enor­me Ge­win­ne, so dass die Ge­sell­schaf­ten an dem Kar­tell­ge­dan­ken auch dann noch fest­hiel­ten, als die Kri­se der Bran­che 1904/1905 über­wun­den war. Für be­stimm­te scha­dens­in­ten­si­ve Bran­chen wur­den Mi­ni­mal­ta­ri­fe fest­ge­setzt, für an­de­re Ri­si­ken galt das Ver­bot der Prä­mi­en­un­ter­schrei­tung. Zu­dem wur­den die In­dus­tri­el­len ge­zwun­gen, vor­beu­gen­de Brand­schutz­vor­rich­tun­gen zu in­stal­lie­ren, die von den Ver­si­che­rern re­gel­mä­ßig kon­trol­liert wur­den. Die Flut von Vor­schrif­ten mün­de­te in ei­ne bis­her un­be­kann­te Bü­ro­kra­ti­sie­rung, der sich ins­be­son­de­re klei­ne und mit­tel­stän­di­sche Un­ter­neh­mer nicht ge­wach­sen sa­hen. 

Vor die­sem Hin­ter­grund grün­de­te 1904 Ro­bert Ger­ling in Köln das „Bu­reau für Ver­si­che­rungs­we­sen Ro­bert Ger­ling & Com­pa­gnie m. b. H.“ zur Ver­mitt­lung von Ver­si­che­run­gen al­ler Art. Da das neue GmbH-Ge­setz vom 20.5.1898 ein Stamm­ka­pi­tal von min­des­tens 20.000 Mark vor­schrieb, Ro­bert Ger­lings Er­spar­nis­se je­doch nicht aus­reich­ten, nahm er den Wä­sche­fa­bri­kan­ten und Be­kann­ten der Fa­mi­lie, Wil­helm Ma­rum, als Teil­ha­ber auf. In der ein­ge­hen­den Kun­den­be­ra­tung, ei­ner Sen­kung der Prä­mi­en so­wie ei­ner schnel­len und ku­lan­ten Scha­dens­re­gu­lie­rung er­kann­te er ei­ne Markt­lü­cke, die das Syn­di­kat als un­be­deu­tend ein­ge­schätzt hat­te. Dem Syn­di­kat trat er for­mal nicht bei, hielt sich al­ler­dings in ei­ni­gen Punk­ten an die Be­stim­mun­gen des Kar­tells. Die Be­ra­tung der Ver­si­che­rungs­neh­mer über­nahm der eben­falls 1904 von Ro­bert Ger­ling und sechs Ge­schäfts­freun­den ge­grün­de­te „Rhei­ni­sche-Ver­si­cher­ten-Ver­ban­d“. Ger­ling ver­folg­te mit die­ser Grün­dung frei­lich nicht nur den Zweck, ei­nen Schutz­ver­band für die Ver­si­cher­ten zu schaf­fen, son­dern er woll­te auf die­sem Weg sei­ner Fir­ma den Ab­schluss von Ver­si­che­rungs­ver­trä­gen ver­mit­teln. Der Ver­band wur­de per Ver­trag ver­pflich­tet, al­le Ver­si­che­rungs­ab­schlüs­se sei­ner Mit­glie­der an Ger­ling wei­ter­zu­lei­ten, der sich wie­der­um da­für ein­zu­set­zen hat­te, ei­ne güns­ti­ge­re und in­di­vi­du­ell zu­ge­schnit­te­ne Po­li­ce zu ver­mit­teln. Die Ver­bands­mit­glie­der konn­ten ih­re Po­li­cen von Ger­ling kos­ten­los prü­fen las­sen; der Ver­band half ih­nen zu­dem mit Aus­künf­ten in Scha­dens­fäl­len und Rechts­fra­gen. Ger­ling wie­der­um er­lang­te auf die­sem Weg In­for­ma­tio­nen über die Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen und Ab­lauf­ter­mi­ne und konn­te sich früh­zei­tig dar­um be­mü­hen, die Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­mer bei den Ge­sell­schaf­ten un­ter­zu­brin­gen, die ihm Ra­bat­te ge­währ­ten. Für den Er­folg die­ser Grün­dung spre­chen die Mit­glie­der­zah­len des Ver­ban­des, die von 17 im Jahr 1904 auf 2.878 vier Jah­re spä­ter an­stie­gen und der fi­nan­zi­el­le Auf­schwung des Ger­ling­s­chen Ver­si­che­rungs­bü­ros, das be­reits im zwei­ten Jahr sei­ner Exis­tenz die Ver­lust­zo­ne ver­ließ.

Um sei­nen Kun­den­kreis, der haupt­säch­lich aus klei­ne­ren Be­trie­ben, Ein­zel­han­dels­ge­schäf­ten und selb­stän­di­gen Kauf­leu­ten be­stand, um grö­ße­re In­dus­trie­un­ter­neh­men zu er­wei­tern, grün­de­te Ro­bert Ger­ling 1907 mit drei wei­te­ren Ge­sell­schaf­tern die „Ge­sell­schaft für Ver­si­che­rungs-Ver­mitt­lung m. B. H.“. Um die Kon­fron­ta­ti­on mit dem Syn­di­kat zu ver­mei­den, streb­te Ger­ling kei­ne Prä­mi­en­un­ter­bie­tung an, nahm aber als Teil­ha­ber nur In­dus­tri­el­le auf, die al­le ih­re Ver­si­che­run­gen zur Ver­mitt­lung an die von Ger­ling ge­grün­de­te Ge­sell­schaft ab­ga­ben. Die Ge­schäfts­an­tei­le muss­ten in ei­nem ge­nau­en Ver­hält­nis zu den ein­ge­brach­ten Ver­si­che­rungs­sum­men ste­hen. Als Di­vi­den­de auf das ein­ge­brach­te Ka­pi­tal er­hiel­ten die Ge­sell­schaf­ter den aus der Ver­mitt­lung der Ver­si­che­run­gen er­ziel­ten Ge­winn. Der Er­folg die­ses Sys­tems, das in der Ka­pi­tal­ver­flech­tung zwi­schen Ver­si­che­rer und Ver­si­cher­ten be­stand, wird zum ei­nen aus der ho­hen Di­vi­den­de von 30 Pro­zent, zum an­de­ren dar­aus er­sicht­lich, dass das Stamm­ka­pi­tal von 40.000 Mark 1907 auf 500.000 Mark 1911 wuchs und der Ge­sell­schaft schlie­ß­lich 50 In­dus­tri­el­le an­ge­hör­ten. 

Das „Sys­tem Ger­lin­g“ stieß frei­lich auf die Kri­tik des so ge­nann­ten „Feu­er­syn­di­kats“, das die Ge­schäfts­prak­ti­ken Ger­lings als ver­schlei­er­te Ab­ga­be der Pro­vi­si­on an die Ver­si­cher­ten kri­ti­sier­te. In der Fol­ge lehn­ten die Mit­glieds­ge­sell­schaf­ten An­trä­ge, die von Ger­ling ver­mit­telt wur­den, ab. Als der Boy­kott des Syn­di­kats Wir­kung zeig­te, grün­de­te Ger­ling 1909 mit ei­nem Grund­ka­pi­tal von fünf Mil­lio­nen Mark die „Rhei­ni­sche Feu­er­ver­si­che­rungs-Ak­ti­en­ge­sell­schaf­t“ – er agier­te al­so nicht län­ger als Ver­mitt­ler von Ver­si­che­rungs­ver­trä­gen an frem­de Ge­sell­schaf­ten, son­dern über­nahm die Ver­si­che­rungs­ver­trä­ge als Di­rekt­ver­si­che­rer selbst. Er trat da­mit in di­rek­ten Kon­takt mit der Wirt­schaft und bau­te ein en­ges Ver­trau­ens­ver­hält­nis zu sei­nen Kun­den auf. 

Fi­nan­ziert wur­de die Un­ter­neh­mung von den in­dus­tri­el­len Gro­ßkun­den, die die Ak­ti­en der neu­en Ge­sell­schaft zeich­ne­ten. Pro­ble­me ent­stan­den, als Stroh­män­ner und Mit­glie­der des Syn­di­kats im gro­ßen Stil Ak­ti­en zeich­ne­ten und Ger­ling auf der ers­ten Ge­ne­ral­ver­samm­lung nur in den Auf­sichts­rat ge­wählt wur­de. Die in der Fol­ge be­trie­be­ne kos­ten­in­ten­si­ve Ver­wal­tung und der flä­chen­de­cken­de Auf­bau von Ge­ne­ral­agen­tu­ren, die sich erst nach Jah­ren ren­tier­ten, führ­ten nicht nur da­zu, dass die Rhein­feu­er Ver­lus­te schrieb, son­dern die­ses in­ef­fi­zi­en­te Ge­schäfts­mo­dell wi­der­sprach auch den Vor­stel­lun­gen Ro­bert Ger­lings, der um sei­ne Re­pu­ta­ti­on fürch­te­te.

Ein Jahr spä­ter grün­de­te er da­her die als Rück­ver­si­che­rung kon­zi­pier­te „Kron­prinz Ver­si­che­rungs-Ak­ti­en­ge­sell­schaf­t“, de­ren Ak­ti­en nur von Ger­ling-freund­li­chen Stamm­kun­den aus sei­ner Zeit als Ver­mitt­ler ge­zeich­net wur­den. Al­lei­ni­ger Di­rek­tor der Ge­sell­schaft wur­de Ro­bert Ger­ling. Nach­dem es ihm ge­lun­gen war, un­ter der Hand die Ak­ti­en­mehr­heit der Rhein­feu­er zu er­wer­ben, wur­de Ger­ling auch hier in den Vor­stand be­ru­fen und er­reich­te, dass bei­de Ge­sell­schaf­ten den­sel­ben Auf­sichts­rat er­hiel­ten und mit Wir­kung vom 1.1.1912 ei­ne In­ter­es­sen- und Be­triebs­ge­mein­schaft un­ter so­li­da­ri­scher Haf­tung ein­gin­gen. Die­se Ge­gen­ver­zah­nung bil­de­te die Grund­la­ge des spä­te­ren Ger­ling-Kon­zerns und er­mög­lich­te es Ger­ling in der Fol­ge, die Ge­schäfts­kos­ten dras­tisch zu sen­ken. Er agier­te nun gleich­zei­tig als Mak­ler, Di­rekt- und Rück­ver­si­che­rer. Ger­ling hat­te al­ler­dings da­mit zu kämp­fen, dass er in der Ver­si­che­rungs­land­schaft als Au­ßen­sei­ter galt und die Rück­ver­si­che­rungs­ge­sell­schaf­ten ihm un­ter dem Druck des Syn­di­ka­tes die Rück­ver­si­che­rung ver­wei­ger­ten. Ger­ling griff zu­nächst auf aus­län­di­sche Rück­ver­si­che­rer zu­rück und grün­de­te, nach­dem ihm die­se Mög­lich­keit im Ers­ten Welt­krieg suk­zes­si­ve ge­nom­men wur­de, 1917 mit ei­nem Grund­ka­pi­tal von drei Mil­lio­nen Mark die „Rhei­ni­sche Ver­si­che­rungs­ban­k“. Im Fe­bru­ar 1918 er­rich­te­te er zu­dem ei­ne drit­te di­rekt ar­bei­ten­de Sach­ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft: die „All­ge­mei­ne Ver­si­che­rungs-Ak­ti­en­ge­sell­schaf­t“, die er 1923 in „Ger­ling-Kon­zern All­ge­mei­ne Ver­si­che­rungs-Ak­ti­en­ge­sell­schaf­t“ um­be­nann­te. Die neu ge­grün­de­te Ge­sell­schaft über­nahm au­ßer der Feu­er­ver­si­che­rung nun auch al­le an­de­ren für die In­dus­trie ein­schlä­gi­gen Spar­ten (Trans­port-, Un­fall-, Haft­pflicht­ver­si­che­rung usw.). Ger­ling hielt an sei­nen Un­ter­neh­men zu die­sem Zeit­punkt 28 Mil­lio­nen Mark, von de­nen er sie­ben Mil­lio­nen Mark ein­ge­zahlt hat­te.

Um die be­ste­hen­de In­ter­es­sen- und Be­triebs­ge­mein­schaft so­wie die drei Sach­ver­si­che­rungs­ge­sell­schaf­ten un­ter ei­ner Dach­ge­sell­schaft zu­sam­men­zu­fas­sen, grün­de­te Ro­bert Ger­ling 1920 die „Rhei­ni­sche Ver­si­che­rungs-Grup­pe Ak­ti­en­ge­sell­schaf­t“, die spä­ter un­ter „Ger­ling-Kon­zern Rhei­ni­sche Ver­si­che­rungs-Grup­pe Ak­ti­en­ge­sell­schaf­t“ fir­mier­te. Das voll ein­ge­zahl­te Ak­ti­en­ka­pi­tal in Hö­he von ei­ner Mil­li­on Mark hielt Ro­bert Ger­ling al­lein. Mit Hil­fe die­ser Grün­dung er­rich­te­te er in ganz Deutsch­land ins­ge­samt 15 re­gio­na­le Sach­ver­si­che­rungs­ge­sell­schaf­ten so­wie zahl­rei­che lo­ka­le Ver­mitt­lungs­ge­sell­schaf­ten. Ger­ling ziel­te da­mit frei­lich nicht nur auf ei­ne über das Rhein­land hin­aus­rei­chen­de, flä­chen­de­cken­de Wer­bung und Aqui­si­ti­on, son­dern streu­te auch die Ge­schäfts­ri­si­ken. 1922/1923 glie­der­te er dem Kon­zern schlie­ß­lich ei­ne Le­bens- und ei­ne Rück­ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft so­wie ver­schie­de­ne Spe­zi­al­ge­sell­schaf­ten für ein­zel­ne In­dus­trie- und Wirt­schafts­zwei­ge an. Da­mit war Ger­ling in der La­ge, in al­len Spar­ten ei­nen um­fas­sen­den Ver­si­che­rungs­schutz an­zu­bie­ten so­wie un­ab­hän­gig von frem­den Ge­sell­schaf­ten zu agie­ren. 

Da Ger­ling den Rück­halt der In­dus­trie hat­te und Gro­ß­un­ter­neh­men wie Bay­er und Krupp als Al­lein­ver­si­che­rer be­treu­te, über­stand er die In­fla­ti­on oh­ne fi­nan­zi­el­le Ver­lus­te – viel­mehr über­nahm er wäh­rend der In­fla­ti­ons­jah­re noch drei eta­blier­te Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaf­ten, die An­leh­nung an den Ger­ling-Kon­zern such­ten, und wei­te­te sei­ne Tä­tig­keit auf die Schweiz und die Nie­der­lan­de aus. 1925 führ­te er die Aus­lands­rei­se-Ver­si­che­rung, drei Jah­re spä­ter die Haus­rat­ver­si­che­rung auf Le­bens­zeit mit ein­ma­li­ger Prä­mi­en­zah­lung ein; mit bei­den Neu­schöp­fun­gen er­ziel­te er be­deu­ten­de Er­fol­ge. 

Ro­bert Ger­lings Le­bens­stil ent­sprach im Gro­ßen und Gan­zen den zeit­ty­pi­schen Nor­men. Vor dem Hin­ter­grund ei­ner ge­si­cher­ten fi­nan­zi­el­len Exis­tenz hei­ra­te­te er am 11.7.1907 die eben­falls aus Köln stam­men­de Au­gus­te Hoff­meis­ter (1879–1964). Aus der Ehe gin­gen drei Söh­ne her­vor: Ro­bert, Hans (1915–1991) und Wal­ter (ge­bo­ren 1918). Die Fa­mi­lie leb­te in Köln zu­nächst am Deut­schen Ring. Im Rah­men der Stadt­er­wei­te­rung Kölns seit den 1880er Jah­ren ließ sich Ger­ling schlie­ß­lich ei­nen re­prä­sen­ta­ti­ven Wohn­sitz im Vil­len­vor­ort Ma­ri­en­burg er­rich­ten. In der ge­sell­schaft­li­chen Öf­fent­lich­keit trat Ro­bert Ger­ling frei­lich eben­so we­nig in Er­schei­nung wie als In­ter­es­sen­ver­tre­ter. Er leb­te – ins­be­son­de­re in sei­nen letz­ten Le­bens­jah­ren – zu­rück­ge­zo­gen und reis­te sel­ten. Sein Le­bens­lauf spie­gelt sich im Gro­ßen und Gan­zen in der Ge­schich­te des von ihm ge­grün­de­ten Kon­zerns. In Ver­hand­lun­gen wur­de er häu­fig von sei­nem wich­tigs­ten Be­ra­ter, dem Ver­si­che­rungs­wis­sen­schaft­ler Paul Mol­den­hau­er (1876–1947), ver­tre­ten, der seit 1919 den Lehr­stuhl für Ver­si­che­rungs­wis­sen­schaft an der Uni­ver­si­tät zu Köln in­ne hat­te. 1929 er­krank­te Ro­bert Ger­ling un­heil­bar an ei­ner Co­li-Ba­zil­lo­se. Am 25.1.1935 starb er 56-jäh­rig in St. Mo­ritz in der Schweiz an den Fol­gen ei­ner aku­ten Lun­gen­ent­zün­dung – je­doch oh­ne ein rechts­gül­ti­ges Tes­ta­ment zu hin­ter­las­sen. Sei­ne Nach­kom­men be­feh­de­ten sich in den fol­gen­den Jah­ren in zahl­rei­chen Pro­zes­sen, be­vor sie sich 1958 auf ei­nen Ver­gleich ei­nig­ten. 

Literatur

Barth, Bo­ris, Die An­fän­ge des Ger­ling-Kon­zerns 1904 bis 1926. Der „Outs­ider“ Ro­bert Ger­ling, das „Feu­er­kar­tel­l“ und die Lü­cke im Markt, in: Zeit­schrift für Un­ter­neh­mens­ge­schich­te 50 (2005), S. 36–62.
Koch, Pe­ter, Ro­bert Ger­ling, in: Rhei­nisch-West­fä­li­sche Wirt­schafts­bio­gra­phi­en, Band 9, Müns­ter 1967, S. 133–150.
Nie­bel­schütz, Wolf von, Ro­bert Ger­ling. Ein dra­ma­ti­sches Ka­pi­tel deut­scher Ver­si­che­rungs­ge­schich­te, Tü­bin­gen 1954.

Online

Koch, Pe­ter, Ger­ling, Ro­bert Wil­helm, in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 6 (1964), S. 308-309. [On­line]

 
Zitationshinweis

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Junggeburth, Tanja, Robert Gerling, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/robert-gerling/DE-2086/lido/57c6c787c4bc79.57428799 (abgerufen am 28.03.2024)