Johann Anton Friedrich Baudri

Weihbischof des Erzbistums Köln (1804–1893)

Ernst Heinen (Köln)

DE-2086, LVR_ILR_0000119994.

Jo­hann An­ton Fried­rich Baudri war jahr­zehn­te­lang ei­ner der ein­fluss­reichs­ten Geist­li­chen der Erz­bis­tums Köln. Er ver­trat kon­se­quent die streng kirch­li­che Rich­tung, der er in en­ger Ver­bun­den­heit mit Erz­bi­schof Jo­han­nes Kar­di­nal von Geis­sel im Erz­bis­tum Köln zum Sie­ge ver­half.

Der Nach­ruf der Köl­ni­schen Volks­zei­tung vom 30.6.1893 be­schreibt Weih­bi­schof Baudri tref­fend als die „wohl po­pu­lairs­te Per­sön­lich­keit in Köln“. Es war ein lan­ger Weg, den der Sohn ei­ner klein­bür­ger­li­chen ka­tho­li­schen Fa­mi­lie aus der Dia­spo­ra­stadt El­ber­feld (heu­te Stadt Wup­per­tal) bis da­hin be­schrit­ten hat­te.

Baudri kam als Kind der Ehe­leu­te Lau­renz Baudri (1771–1851) und des­sen Ehe­frau Ger­trud ge­bo­re­ne Wiert­z­feld (auch Wirt­z­feld, 1769–1856) am 20.2.1804 zur Welt. Der Va­ter, ein ge­bür­ti­ger Fran­zo­se aus dem Städt­chen Tanu in der Nor­man­die, üb­te den Be­ruf ei­nes ta­pis­sier (De­ko­ra­teur) aus. Die Mut­ter, aus ei­ner weit­ver­zweig­ten rhei­ni­schen Fa­mi­lie stam­mend, war in Düs­sel­dorf ge­bo­ren. Über die frü­he Schul­zeit Baud­ris lie­gen kei­ne ge­si­cher­ten Nach­rich­ten vor. Das Bonner Gym­na­si­um be­such­te er 1818–1821, oh­ne das Ab­itur ab­zu­le­gen. Die Ge­neh­mi­gung zum Stu­di­um der Theo­lo­gie er­warb er durch die Zu­las­sungs­prü­fung an der ka­tho­lisch-theo­lo­gi­schen Fa­kul­tät der Uni­ver­si­tät Bonn.

1819 war der ge­fei­er­te Theo­lo­ge Ge­org Her­mes von Müns­ter nach Bonn auf den Lehr­stuhl für Dog­ma­tik be­ru­fen wor­den. Sei­ne phi­lo­so­phisch-theo­lo­gi­schen De­duk­tio­nen, die ei­ne Ver­söh­nung der ka­tho­li­schen Of­fen­ba­rungs­leh­re mit der deut­schen idea­lis­ti­schen Phi­lo­so­phie (Au­to­no­mie der Ver­nunft) an­streb­ten, fie­len bei den meis­ten Stu­den­ten auf frucht­ba­ren Bo­den. Her­mes fand in Erz­bi­schof Fer­di­nand Au­gust Graf Spie­gel ei­nen ihm wohl­ge­son­nen Ober­hir­ten und Pro­tek­tor. Die spä­te­re In­di­zie­rung sei­ner Schrif­ten durch Rom (Sep­tem­ber 1835) hat die schon vor­han­de­nen Par­tei­un­gen un­ter de­m  Köl­ner Kle­rus zu­sätz­lich ver­schärft. Im Schat­ten von Her­mes stand der 1818 nach Bonn be­ru­fe­ne Dog­ma­ti­ker und Mo­ral­theo­lo­ge Franz-Jo­seph Se­ber (1777–1827). Aus der Schu­le des ire­ni­schen Mi­cha­el Sai­ler (1751–1832) kom­mend, ver­trat Se­ber ei­ne die Auf­klä­rung über­win­den­de, tra­di­ti­ons­ge­bun­de­ne Leh­re. Die­se ent­sprach den ro­man­ti­sie­ren­den Nei­gun­gen des jun­gen Stu­dio­sus Baudri mehr als die kühl-nüch­ter­ne her­me­sia­ni­sche Theo­lo­gie. So wur­de bei ihm schon früh der Bo­den für sei­ne an­ti­her­me­sia­ni­sche und ul­tra­mon­ta­ne Rich­tung be­rei­tet.

Die Jah­re sei­ner Seel­sor­ge­tä­tig­keit – 1827 Ka­plan in Mül­heim an der Ruhr, 1830 Pfar­rer in Len­nep (heu­te Stadt Rem­scheid) und 1834 Pfar­rer in Bar­men (heu­te Stadt Wup­per­tal), seit 1839 Land­de­chant von El­ber­feld mit der 1840 er­folg­ten end­gül­ti­gen Be­auf­tra­gung zum Schul­pfle­ger durch den preu­ßi­schen Staat – wa­ren durch die zu­neh­men­den Ar­bei­ter­zu­wan­de­run­gen in­fol­ge der In­dus­tria­li­sie­rung ge­prägt, zu­sätz­lich er­schwert durch die Dia­spo­ra­si­tua­ti­on sei­ner Pfarr­ge­mein­den. Das Ver­hält­nis zu den pro­tes­tan­ti­schen Amts­ge­nos­sen blieb dank sei­nes to­le­ran­ten und fried­li­chen Cha­rak­ters un­ge­trübt, was in den evan­ge­li­schen Krei­sen wie auch bei den staat­li­chen Be­hör­den po­si­tiv ver­merkt wor­den war. Trotz der Be­las­tung des Pfarr- und De­chan­ten­am­tes ließ sein In­ter­es­se an der theo­lo­gi­schen Wis­sen­schaft nicht nach. Sei­ne (ge­druck­ten) Pre­dig­ten wa­ren ge­ra­de­zu ein Spie­gel­bild sei­ner seel­sor­ge­ri­schen Pra­xis und Mus­ter ho­mi­le­tisch fun­dier­ter Kan­zel­be­red­sam­keit. Die Mit­ar­beit beim streng kirch­lich ori­en­tier­ten „Ka­tho­li­k“ brach­te ihn in die Nä­he des ul­tra­mon­ta­nen Krei­ses um das Main­zer Pries­ter­se­mi­nar, an dem auch der spä­te­re Köl­ner Erz­bi­schof von Geis­sel sei­ne Aus­bil­dung zum Pries­ter er­fah­ren hat­te.

Die gro­ßen Pro­ble­me, vor die sich Geis­sel als Ko­ad­ju­tor (seit 1842) ge­stellt sah, hat­ten ih­re Grün­de pri­mär in der tie­fen Spal­tung des Köl­ner Kle­rus und des Dom­ka­pi­tels, die teils aus der Vor- und Aus­bil­dung (Alt-Kirch­li­che, Her­me­sia­ner oder Ul­tra­mon­ta­ne), teils aus der Geg­ner­schaft ge­gen Erz­bi­schof Cle­mens Au­gust Frei­herr von Dros­te her­rühr­ten. Baudri hat­te sich ex­pli­zit kei­ner der Rich­tun­gen an­ge­schlos­sen. Die­se Tat­sa­che und die Mit­ar­beit beim „Ka­tho­li­k“ lie­ßen Geis­sel, auf der in­ten­si­ven Su­che nach ge­eig­ne­ten und loya­len Mit­ar­bei­tern, schon früh auf Baudri sto­ßen. Im Au­gust 1843 be­rief er den tüch­ti­gen Land­de­chan­ten in das Dom­ka­pi­tel. Mit Recht hat Nor­bert Trip­pen die Be­ru­fung als „den per­so­nal­po­li­tisch glück­lichs­ten Grif­f“ Geis­sels be­zeich­net (Trip­pen, Dom­ka­pi­tel, S. 110). Mit der we­ni­ge Mo­na­te spä­ter er­folg­ten Er­nen­nung zum Ge­ne­ral­vi­ka­ri­ats­rat harr­te auf Baudri ei­ne drei­fa­che Auf­ga­be: Als Se­kre­tär des Erz­bi­schofs war er mit al­len Ent­schei­dun­gen, be­son­ders im per­so­nel­len Be­reich, ver­traut. Wenn sei­ne Geg­ner spä­ter von ei­nem „Geis­sel-Baudry´schen Sys­te­m“ spra­chen, so ziel­te das na­ment­lich auf die Per­so­nal­po­li­tik, die als He­bel zur Durch­set­zung des Ul­tra­mon­ta­nis­mus dien­te. Die Ein­bin­dung in die Diö­ze­san­ver­wal­tung ver­lang­te von ihm Mit­ar­beit in der bi­schöf­li­chen Ge­richts­bar­keit, und als Syn­od­alex­ami­na­tor war er zu­stän­dig für die Prü­fung der jun­gen Geist­li­chen. Schlie­ß­lich hat­te er noch die ei­nem Dom­herrn auf­er­leg­ten lit­ur­gi­schen Diens­te zu ver­rich­ten. Baud­ris Be­stel­lung zum Ge­ne­ral­vi­kar am 1.11.1846 war der Lohn für sei­ne be­din­gungs­lo­se Un­ter­stüt­zung Geis­sels.

Die Wi­der­stän­de im Kle­rus bra­chen im Kon­text der Re­vo­lu­ti­on 1848 mehr oder min­der of­fen aus. Die Adres­se von 31 Düs­sel­dor­fer Geist­li­chen an den Erz­bi­schof, in­iti­iert von dem ul­tra­mon­ta­nen Bil­ker Pfar­rer An­ton Jo­seph Bin­te­rim (1779–1855) kri­ti­sier­te ei­ne Rei­he von Miss­stän­den in der Ver­wal­tung und Or­ga­ni­sa­ti­on der Erz­diö­ze­se – ge­meint wa­ren vor al­lem die Ge­richts­bar­keit und das Syn­od­alex­amen. Die Kri­tik traf zu­nächst den Ge­ne­ral­vi­kar. Dies nahm des­sen Bru­der, der Ma­ler Fried­rich Baudri zum An­lass, oh­ne Na­mens­nen­nung wohl of­fen­sicht­lich in hö­he­rem Auf­trag ei­ne schar­fe Ge­gen­er­klä­rung im „Ka­tho­li­k“ zu ver­öf­fent­li­chen. Der An­griff auf den bei der rö­mi­schen Ku­rie und den Nun­tia­tu­ren als In­for­mant hoch­ge­schätz­ten Bin­te­rim und die Düs­sel­dor­fer Geist­li­chen wur­de ge­ra­de­zu als ab­surd emp­fun­den. Bei der Es­ka­la­ti­on des Strei­tes be­wies Baudri kei­ne glück­li­che Hand. Schlie­ß­lich wur­den die Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen der Köl­ner geist­li­chen Be­hör­de nur not­dürf­tig bei­ge­legt. Ein Ruh­mes­blatt für Baud­ris Wir­ken war die­se Af­fä­re nicht.

Der wei­te­ren Lauf­bahn hat­te sie al­ler­dings kei­nen Ab­bruch ge­tan. Die Teil­nah­me an der Würz­bur­ger Bi­schofs­kon­fe­renz im Ok­to­ber 1848 war nicht nur ei­ne eh­ren­vol­le Aus­zeich­nung, son­dern mach­te ihn als Ver­fech­ter der streng kirch­li­chen Li­nie weit über Köln hin­aus be­kannt. In Rom galt er als per­so­na gra­ta, bei den staat­li­chen Be­hör­den stand er (noch) we­gen sei­ner To­le­ranz ge­gen­über den Pro­tes­tan­ten und als Vor­kämp­fer von Ru­he und Ord­nung wäh­rend der Re­vo­lu­ti­on in gu­tem An­se­hen. Der Wunsch Geis­sels, Baudri als Weih­bi­schof an sei­ner Sei­te zu se­hen, hat­te we­der von Rom noch von der preu­ßi­schen Re­gie­rung in Ber­lin Wi­der­stän­de zu be­fürch­ten. Am 25.2.1850 wur­de Baudri im Kölner Dom zum Weih­bi­schof kon­se­kriert.

Das auf­blü­hen­de ka­tho­li­sche Ver­eins­we­sen fand in dem Weih­bi­schof ei­nen star­ken För­de­rer. Hier ist ne­ben dem Bor­ro­mäus­ver­ein (1844) vor al­lem der christ­li­che Kunst­ver­ein (1853) zu nen­nen, de­nen die Sor­ge und Ob­hut Baud­ris galt. Die Grün­dung und der Aus­bau des Diö­ze­san­mu­se­ums wä­re oh­ne die ide­el­le und ma­te­ri­el­le Hil­fe ge­mein­sam mit sei­nem Bru­der Fried­rich nicht mög­lich ge­we­sen. Gro­ßes In­ter­es­se zeig­te der Weih­bi­schof an den na­tio­na­len Ka­tho­li­ken­ver­samm­lun­gen (Ka­tho­li­ken­ta­gen), de­ren Be­deu­tung für die Rück­wir­kung der ul­tra­mon­ta­nen Rich­tung er früh er­kannt hat­te. Vom 8. in Linz an der Do­nau 1853 bis zum 14. Ka­tho­li­ken­tag in Aa­chen 1862 hat er al­le Ge­ne­ral­ver­samm­lun­gen be­sucht. In den spä­te­ren Jah­ren ver­säum­te er es nicht, wenn auch be­dingt durch die Zeit­um­stän­de un­re­gel­mä­ßig, an den gro­ßen Ta­gen des deut­schen Ka­tho­li­zis­mus teil­zu­neh­men.

Der Köl­ner Dom­bau war Baudri ein be­son­de­res An­lie­gen; am 16.8.1848 ließ er sich trotz sei­ner ho­hen Be­las­tun­gen im Amt des Ge­ne­ral­vi­kars in den Vor­stand des Zen­tral-Dom­bau­ver­eins wäh­len. In­fol­ge der Be­ru­fung zum Dom­de­chan­ten am 1.10.1853 war ihm ein wei­te­rer, ein­fluss­rei­cher Zu­gang bei den Ver­hand­lun­gen um den Dom­bau er­öff­net wor­den.

Baud­ris kon­se­quent ver­folg­te ul­tra­mon­ta­ne Li­nie wur­de von Rom mit der Er­nen­nung zum päpst­li­chen Hausprä­la­ten und Thro­nas­sis­ten­ten mit den Rech­ten und Pri­vi­le­gi­en ei­nes co­mes Ro­ma­nus (6.5.1857) ge­wür­digt; in Ber­lin und bei den re­gio­na­len und lo­ka­len preu­ßi­schen Be­hör­den ver­lor er we­gen sei­nes hin­hal­ten­den Wi­der­stan­des ge­gen die staat­li­chen Ein­grif­fe in das kirch­li­che Le­ben die frü­he­re An­er­ken­nung. Er galt nun­mehr als per­so­na in­g­ra­ta, mit der Fol­ge, dass er bei den Bi­schofs­kan­di­da­tu­ren in Pa­der­born (1856), Trier (1864), Köln (1864 und 1865) und Frei­burg (1868) von der Re­gie­rung re­gel­mä­ßig ab­ge­lehnt wur­de, ob­wohl er mehr­fach bei Ab­we­sen­heit oder Krank­heit Geis­sels in den 1850er und 1860er Jah­ren die Fä­hig­keit be­wie­sen hat­te, ei­ne gro­ße Diö­ze­se zu lei­ten. Ei­ne be­son­de­re Her­aus­for­de­rung stell­te sich ihm nach dem To­de Geis­sels am 8.9.1864, als das Dom­ka­pi­tel ihn zum Ka­pi­tu­lar­vi­kar wähl­te. 20 Mo­na­te dau­er­te die Va­kanz bis zur Wahl und Er­nen­nung ei­nes neu­en Erz­bi­schofs. Baudri hat­te in die­ser Zeit ei­ne der grö­ß­ten Diö­ze­sen Deutsch­lands zu ver­wal­ten und zu­sätz­lich we­gen der Er­le­di­gung der Dom­props­tei die Wahl­hand­lung zu lei­ten. In­fol­ge der Geg­ner­schaft bei der re­gie­rungs­freund­li­chen Mi­no­ri­tät im Dom­ka­pi­tel und der un­nach­gie­bi­gen Hal­tung der Ber­li­ner Re­gie­rung bei den von der Mehr­heit ge­stütz­ten Lis­ten­vor­schlä­gen hat­te er oh­ne­hin ei­nen schwe­ren Stand, den er durch die ei­ne oder an­de­re Un­ge­schick­lich­keit zu­sätz­lich be­las­tet hat­te. Zum Schluss fiel die Wahl nach lang­wie­ri­gen Ver­hand­lun­gen zwi­schen Rom, Köln und Ber­lin auf den Bi­schof von Os­na­brück, Pau­lus Mel­chers.

Der 1871 von der preu­ßi­schen Re­gie­rung aus­ge­lös­te Kul­tur­kampf Kri­se des Deut­schen Kai­ser­rei­ches un­ter Reichs­kanz­ler Ot­to von Bis­marck und der rö­misch-ka­tho­li­schen Kir­che so­wie der po­li­tisch-par­la­men­ta­ri­schen Ver­tre­tung der ka­tho­li­schen Be­völ­ke­rung des Rei­ches (ins­be­son­de­re der Zen­trums­par­tei) zwi­schen 1871 und 1891. Streit­punk­te wa­ren die Auf­he­bung der ka­tho­li­schen Ab­tei­lung des preu­ßi­schen Kul­tus­mi­nis­te­ri­ums durch Bis­marck, das Fest­hal­ten der Kir­che am Un­fehl­bar­keits­dog­ma, die Ein­füh­rung der Zi­vil­ehe so­wie die Re­pres­sio­nen ge­gen ka­tho­li­sche Geist­li­che und der Ein­fluss des Staa­tes auf die Kir­che. Nach dem "Kan­zel­pa­ra­gra­phen" 1871 (Än­de­rung des Straf­ge­setz­bu­ches, wo­nach es Geist­li­chen al­ler Re­li­gio­nen ver­bo­ten war, sich in Aus­übung ih­res Am­tes in öf­fent­li­chen Stel­lung­nah­men po­li­tisch zu äu­ßern, galt bis 1953), dem Ver­bot der Je­sui­ten­nie­der­las­sun­gen 1872 und der Ein­füh­rung der staat­li­chen Schul­auf­sicht, bil­de­ten die so­ge­nann­ten Mai­ge­set­ze 1873 (staat­li­che Kon­trol­le von Aus­bil­dung und Ein­stel­lung der Geist­li­chen) den Hö­he­punkt des Kul­tur­kamp­fes. Die Ver­schär­fung der Be­stim­mun­gen über die Ver­wal­tung des Kir­chen­ver­mö­gens be­en­de­te 1878 die  Kul­tur­kampf­ge­setz­ge­bung. Die 1886 und 1887 er­las­se­nen "Frie­dens­ge­set­ze" führ­ten schlie­ß­lich zur Bei­le­gung des Kon­flikts.  schlug auch dem Erz­bis­tum Köln tie­fe Wun­den. Nach der Ver­haf­tung und Flucht Mel­chers in die Nie­der­lan­de über­nahm Baudri wie­der­um die Lei­tung der Erz­bis­tums. Der Ver­fol­gungs­druck mach­te auch vor der Per­son des Weih­bi­schofs nicht Halt. Zwi­schen 1873 und 1876 wur­de er fünf­mal we­gen an­geb­li­cher Amts­an­ma­ßung ver­ur­teilt, 1874 wur­de sein Mo­bi­li­ar zwangs­wei­se öf­fent­lich ver­stei­gert, zwei Jah­re spä­ter muss­te er auf be­hörd­li­che An­ord­nung sei­ne Woh­nung Auf der Burg­mau­er ver­las­sen. Wäh­rend er sein 25-jäh­ri­ges Bi­schofs­ju­bi­lä­um am 24.2.1874 in al­ler Stil­le be­gan­gen hat­te, ließ es sich das „ka­tho­li­sche Köln“ nicht neh­men, ihn zum gol­de­nen Pries­ter­ju­bi­lä­um am 26.4.1877 mit ei­ner künst­le­risch aus­ge­stat­te­ten Adres­se zu eh­ren; die 1.031 Un­ter­schrif­ten und zahl­lo­se De­pu­ta­tio­nen mach­ten das Fest zu ei­ner De­mons­tra­ti­on ge­gen den kul­tur­kämp­fe­ri­schen Li­be­ra­lis­mus in Köln.

Die in Köln glanz­voll ge­fei­er­te Dom­voll­endung 1880 nutz­te der Weih­bi­schof, Kai­ser Wil­helm I. (Re­gent­schaft als Prinz­re­gent ab 1858, als Kö­nig von Preu­ßen ab 1861, als Deut­scher Kai­ser 1871-1888) und Kai­se­rin Au­gus­ta (1811–1890) un­ter dem Por­tal des Do­mes emp­fan­gend auf die trau­ri­ge La­ge der ih­res Ober­hir­ten be­raub­ten Köl­ner Kir­che hin­zu­wei­sen. Das wur­de von den Kul­tur­kämp­fern als Af­front – von der Mehr­heit der Ka­tho­li­ken als mu­ti­ger Schritt be­trach­tet. In den fol­gen­den Jah­ren er­leb­te er noch die (for­ma­le) Be­en­di­gung des Kul­tur­kamp­fes im Erz­bis­tum Köln durch die von ihm vor­ge­nom­me­ne In­thro­ni­sa­ti­on des Bi­schofs von Erm­land, Phil­ip­pus Kre­mentz, am 15.12.1885, zum Erz­bi­schof von Köln. Bei der Fei­er der Fir­mung von 2.000 Ju­gend­li­chen in der Pfarr­kir­che von (Köln-) Kalk am 5.4.1886 brach der 82-jäh­ri­ge Baudri zu­sam­men. Zu sei­nem 60-jäh­ri­gen Pries­ter­ju­bi­lä­um am 26.4.1887 er­reich­ten ihn zahl­rei­che Glück­wün­sche, selbst von Sei­ten der preu­ßi­schen Re­gie­rung. Die letz­ten Jah­re sei­nes Le­bens ver­brach­te er zu­rück­ge­zo­gen, doch „wenn die klei­ne ge­beug­te Ge­stalt sich auf der Stra­ße zeig­te, ent­blö­ß­ten sich al­le Häup­ter“ (Köl­ni­sche Volks­zei­tung vom 30.6.1893) und er­wie­sen ihm ih­re Re­ve­renz. Am 29.6.1893 ver­starb der Weih­bi­schof, tau­sen­de Köl­ner be­glei­te­ten sei­ne sterb­li­chen Über­res­te vom Köl­ner Dom zu sei­nem Be­gräb­nis­platz in der Mi­no­ri­ten­kir­che.

Quellen

Gier­se, Lud­wig/Hei­nen, Ernst (Be­arb.), Fried­rich Baudri Ta­ge­bü­cher 1854– 1871, 1. Band: 1854–1857; 2. Band: 1858–1862, 3. Band: 1863-1867 (Pu­bli­ka­tio­nen der Ge­sell­schaft für Rhei­ni­sche Ge­schichts­kun­de LXXIII), Düs­sel­dorf 2006-2013.

Literatur

Baudri, Jo­hann, Der Erz­bi­schof von Köln Jo­han­nes Car­di­nal von Geis­sel und sei­ne Zeit, Köln 1881. Trip­pen, Nor­bert, Das Dom­ka­pi­tel und die Erz­bi­schof­wah­len in Köln 1821–1929, Köln/Wien 1972.
He­gel, Edu­ard, Das Erz­bis­tum Köln zwi­schen der Re­stau­ra­ti­on des 19. Jahr­hun­derts und der Re­stau­ra­ti­on des 20. Jahr­hun­derts 1815–1962 (Ge­schich­te des Erz­bis­tums Köln 5), Köln 1987, S. 145–147.
Linn, Hein­rich, Ul­tra­mon­ta­nis­mus in Köln. Dom­ka­pi­tu­lar Baudri an der Sei­te Erz­bi­schofs Geis­sel wäh­rend des Vor­märz, Sieg­burg 1987.
Oepen, Joa­chim, Das ka­tho­li­sche Köln. Ei­ne Glück­wunscha­dres­se für den Köl­ner Weih­bi­schof Baudri 1877, in: Fin­ger, Heinz/Haas, Rei­mund/Scheid­gen, Her­mann-Jo­sef (Hg.), Orts­kir­che und Welt­kir­che in der Ge­schich­te. Köl­ni­sche Kir­chen­ge­schich­te zwi­schen Mit­tel­al­ter und Zwei­tem Va­ti­ka­num. Fest­schrift für Nor­bert Trip­pen, Köln/Wei­mar/Wien 2011, S. 437–464.

 
Zitationshinweis

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Heinen, Ernst, Johann Anton Friedrich Baudri, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johann-anton-friedrich-baudri-/DE-2086/lido/57c57554aae182.55393504 (abgerufen am 29.03.2024)