Fritz von Wille

Maler (1860-1941)

Margot Klütsch (Meerbusch)

Fritz von Wille, Gemälde von Wilhelm Schneider-Didam (1869-1923), 1909. (Fritz-von-Wille-Museum, Haus Beda, Bitburg)

Fritz von Wil­le war ein Land­schafts­ma­ler der Düs­sel­dor­fer Ma­ler­schu­le. Vor dem Ers­ten Welt­krieg mach­te er sich im Rhein­land ei­nen Ruf als „Ma­ler der Ei­fel".

Fried­rich (Fritz) Gus­tav Au­gust Jo­hann Phil­ipp Ru­dolf von Wil­le ent­stammt ei­ner an­ge­se­he­nen Künst­ler­fa­mi­lie. Er wur­de am 21.4.1860 als Sohn des Hof­ma­lers Au­gust von Wil­le (1827-1887) und der Tier­ma­le­rin Cla­ra von Wil­le ge­bo­re­ne von Bött­cher (1838-1883) in Wei­mar ge­bo­ren. Er wuchs in Düs­sel­dorf auf und schlug nicht, wie von sei­nen El­tern ge­wünscht, die Of­fi­ziers­lauf­bahn ein, son­dern be­such­te von 1879 bis 1882 die re­nom­mier­te Düs­sel­dor­fer Kunst­aka­de­mie. Er ab­sol­vier­te bis 1880 die Ele­ment­ar­klas­se von An­dre­as Mül­ler (1811-1890) und Hein­rich Lau­en­stein (1835-1910) so­wie an­schlie­ßend die An­ti­ken- und Na­tur­klas­se von Pe­ter Jans­sen (1844-1908), ei­nem Nef­fen von Jo­hann Pe­ter Ha­sen­cle­ver. Das war aber nur ein aka­de­mi­sches Vor­spiel, denn den jun­gen Künst­ler zog es hin­aus in die Na­tur. Seit 1879 mal­te er als Au­to­di­dakt Skiz­zen im Frei­en.

 

In den 1880er und 1890er Jah­ren be­reis­te Wil­le vie­le Ge­gen­den in ganz Deutsch­land (un­ter an­de­rem Hes­sen, den Harz, den Schwarz­wald, Thü­rin­gen, den Mit­tel­rhein, die Lahn und die Sieg). Au­ßer­dem fuhr er 1886, 1888 und 1891 an die ita­lie­ni­sche Ri­vie­ra. 1904 und 1925 be­such­te er Nor­we­gen. Et­li­che auf den Tag ge­nau da­tier­te Na­tur­stu­di­en be­le­gen sei­ne Rei­sen. Wahr­schein­lich kam Wil­le 1885 zum ers­ten Mal in die Ei­fel, und zwar ins Net­te­tal. Seit­dem be­reis­te er die Ei­fel im­mer häu­fi­ger. Sei­ne Lie­be ging so weit, dass er seit 1899 im Som­mer Zweit­woh­nun­gen in der Ei­fel an­mie­te­te, um dort ar­bei­ten zu kön­nen. Im Win­ter kehr­te er in sein Düs­sel­dor­fer Do­mi­zil auf der Ro­sen­stra­ße 54 zu­rück.

1892 hei­ra­te­te er Ma­ria Au­gus­te (Gustl) Schnei­der (1872-1941), ei­ne gut be­tuch­te Fa­bri­kan­ten­toch­ter aus Neu­wied. Von 1899 bis 1904 wohn­te das Paar wäh­rend der Som­mer­mo­na­te im Haus „Fried­richs­ruh" in Reif­fer­scheid in der Hoch­ei­fel. 1901 und 1903 wur­den die Söh­ne Ot­to (ge­stor­ben 1977) und Fritz (ge­stor­ben 1972) ge­bo­ren, von de­nen Ot­to als Por­trait- und Land­schafts­ma­ler be­kannt wur­de. Zwi­schen 1905 und 1907 be­wohn­te die jun­ge Fa­mi­lie das Burg­haus Dal­ben­den (Urft) und von 1908 bis 1911 den „Lieb­frau­en­hof" in Reif­fer­scheid, be­vor Wil­le schlie­ß­lich 1911 die Burg Ker­pen er­warb.

An­fangs stand Wil­le un­ter dem sti­lis­ti­schen Ein­fluss sei­nes Va­ters, ei­nes spät­ro­man­ti­schen Land­schafts- und Gen­re­ma­lers. Durch ihn war er fest in die Düs­sel­dor­fer Kunst­sze­ne ein­ge­bun­den. Er ging im Künst­ler­ver­ein „Mal­kas­ten" ein und aus und war dort von 1886 bis zu sei­nem Tod Mit­glied.

In den 1880er Jah­ren ori­en­tier­te sich Wil­le noch am De­tail­rea­lis­mus der Düs­sel­dor­fer Ma­ler­schu­le. Er mal­te mit Vor­lie­be en­ge nah­sich­ti­ge Na­tur­aus­schnit­te oh­ne be­son­de­re Be­leuch­tungs­ef­fek­te. Doch schon bald er­fass­te er Land­schaf­ten aus der Dis­tanz, mit hö­he­rem Ho­ri­zont und Aus­bli­cken in die Fer­ne, bei de­nen Licht und Schat­ten Re­gie füh­ren. Er fand vor al­lem bei sei­nen Skiz­zen zu ei­ner lo­cke­ren, im­pres­sio­nis­tisch wir­ken­den Pin­sel­füh­rung. Er be­hielt aber Zeit sei­nes Le­bens we­sent­li­che Ele­men­te der Düs­sel­dor­fer Land­schafts­ma­le­rei des 19. Jahr­hun­derts wie seit­li­che Ku­lis­sen und Wol­ken als Stim­mungs­trä­ger bei. Seit den Ita­li­en­rei­sen hell­te er sei­ne Pa­let­te auf. Sei­ne bes­te Schaf­fens­pha­se lag et­wa zwi­schen 1890 und 1910. Nach spon­tan in der Na­tur ge­mal­ten Skiz­zen ent­stan­den im Düs­sel­dor­fer Ate­lier groß­for­ma­ti­ge stim­mungs­vol­le Land­schafts­bil­der von ho­her ma­le­ri­scher Qua­li­tät. Ab­ge­se­hen von ei­ni­gen im­pres­sio­nis­ti­schen An­klän­gen blieb Wil­le von den sti­lis­ti­schen Neue­run­gen zu Be­ginn des 20. Jahr­hun­derts un­be­rührt. Ei­ni­ge Ge­mäl­de aus der Zeit um 1905 las­sen in ih­ren Flä­chen- und Farb­struk­tu­ren An­klän­ge an den Ju­gend­stil er­ken­nen.

Am An­fang des 20. Jahr­hun­derts ent­wi­ckel­te Wil­le sich zum Spe­zia­lis­ten für die Dar­stel­lung der Ei­fel. In den Jah­ren 1904 und 1905 zeig­te er bei ei­ner Ein­zel­aus­stel­lung in der Düs­sel­dor­fer Kunst­hal­le un­ter dem Mot­to „Ei­fel-Collec­tion" im­mer­hin 29 Ge­mäl­de. Spe­zi­fi­sche Mo­ti­ve wie Maa­re und Gins­ter­blü­te, Burg­rui­nen und men­schen­lee­re Land­stri­che hielt er in fa­cet­ten­rei­che Stim­mun­gen fest. Wie kaum ein an­de­rer Ma­ler er­fass­te er den her­ben Cha­rak­ter und den sprö­den Reiz der Ei­fel­land­schaft. Wil­le war in­zwi­schen zu ei­ner fes­ten Grö­ße im wil­hel­mi­ni­schen Kunst­be­trieb auf­ge­stie­gen; er be­schick­te die gro­ßen aka­de­mi­schen Kunst­aus­stel­lun­gen und er­hielt seit 1891 meh­re­re Gold- und Sil­ber­me­dail­len. Er konn­te stolz dar­auf sein, dass re­nom­mier­te Mu­se­en, zum Bei­spiel in Ber­lin, Düs­sel­dorf, Köln, Kre­feld und Stutt­gart, Bil­der von ihm an­kauf­ten. Der gro­ße Durch­bruch ge­lang ihm aber erst, als Kai­ser Wil­helm II. (Re­gie­rungs­zeit 1888-1918) 1908 auf der Gro­ßen Ber­li­ner Kunst­aus­stel­lung „Die blaue Blu­me" für sein Jagd­schloss Ca­di­nen in Ost­preu­ßen er­warb. Die­ser Kauf mach­te den Ma­ler be­rühmt und rück­te die Ei­fel, die im da­ma­li­gen Preu­ßen den zwei­fel­haf­ten Ruf als „rhei­ni­sches Si­bi­ri­en" ge­noss, in ein neu­es Licht. Das un­spek­ta­ku­lä­re Su­jet - der blaue Blu­men­hang vorn und die Wein­fel­der Ka­pel­le im Hin­ter­grund - ver­bin­det Ein­fach­heit und Poe­sie, nüch­ter­ne Be­ob­ach­tung und ro­man­ti­sches Emp­fin­den. Das Mo­tiv war beim Pu­bli­kum be­gehrt und Wil­le fer­tig­te zahl­rei­che Re­pli­ken an. In der Ei­fel sorg­te das Ge­mäl­de für Fu­ro­re, denn end­lich war nicht mehr nur von der „ar­men" Ei­fel die Re­de, son­dern man hat­te al­len Grund, stolz auf die ei­ge­ne Land­schaft zu sein, de­ren Dar­stel­lung so­gar dem Kai­ser ge­fiel. Das war das Ver­dienst des Künst­lers, des­sen Re­nom­mee si­cher­lich noch stieg, als ihm 1910 der Pro­fes­sor-Ti­tel ver­lie­hen wur­de.

1911 und 1913 stat­te­te Wil­le die Kreis­häu­ser in Daun und Witt­lich mit Gro­ß­ge­mäl­den aus. Nach dem ers­ten die­ser lu­kra­ti­ven Auf­trä­ge er­warb er die Burg Ker­pen, in die er 1911 mit sei­ner Fa­mi­lie ein­zog. Ge­nau 30 Jah­re lang dien­te ihm die Burg im­mer wie­der als Re­fu­gi­um, um dem städ­ti­schen Um­feld den Rü­cken zu keh­ren. Die­ser Um­zug ver­än­der­te Wil­les ge­sam­tes Le­ben und Um­feld, und es war mehr als ein Wech­sel des Wohn­orts. Es hat Sym­bol­cha­rak­ter, dass sich der ad­li­ge und kon­ser­va­tiv ein­ge­stell­te Ma­ler als Burg­herr in die Ei­fel zu­rück­zog. Er ent­fern­te sich da­mit von der rau­en Wirk­lich­keit der Ge­gen­wart. In der Ei­fel such­te er ei­ne hei­le feu­da­le Welt, in der die tra­di­tio­nel­len ge­sell­schaft­li­chen und künst­le­ri­schen Wer­te noch Be­stand hat­ten. Nach dem Um­zug fand Wil­le neue Mo­ti­ve in der Süd­ei­fel und an der Mo­sel.

Der Ers­te Welt­krieg und die an­schlie­ßen­den po­li­ti­schen Um­wäl­zun­gen hat­ten weit­rei­chen­de Fol­gen für Wil­les wei­te­res Schaf­fen. In der Wei­ma­rer Re­pu­blik war die Zeit der gro­ßen of­fi­zi­el­len Kunst­aus­stel­lun­gen vor­bei, die pro­gres­si­ven Strö­mun­gen ge­wan­nen die Ober­hand. Schon vor dem Ers­ten Welt­krieg hat­te Wil­le sich sti­lis­tisch nicht mehr wei­ter­ent­wi­ckelt, und in den zwan­zi­ger Jah­ren la­gen Wel­ten zwi­schen ihm und der ak­tu­el­len Kunst. Er be­schränk­te sich im We­sent­li­chen auf die Wie­der­ho­lung frü­he­rer be­lieb­ter Mo­ti­ve. Die Qua­li­tät sei­ner Ar­bei­ten ließ nach, eben­so die Nach­fra­ge. Durch die In­fla­ti­on ge­riet er zu­sätz­lich in fi­nan­zi­el­le Schwie­rig­kei­ten. So ver­wun­dert es nicht, dass er sich im Al­ter zeit­wei­lig von den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten ver­ein­nah­men ließ, in der trü­ge­ri­schen Hoff­nung, noch ein­mal künst­le­risch und wirt­schaft­lich Fuß zu fas­sen. Fritz von Wil­le starb am 16.2.1941 in sei­ner Düs­sel­dor­fer Woh­nung bei der Ar­beit an ei­nem „To­ten­maar". Er wur­de nach Ker­pen über­führt und in der Fa­mi­li­en­gruft hin­ter sei­ner Burg be­gra­ben.

In sei­nen bes­ten Jah­ren war Wil­le ein gro­ßar­ti­ger Ma­ler. Er hat die ei­gen­tüm­li­che Schön­heit der Ei­fel ent­deckt und ih­re Dar­stel­lung wur­de ihm zur Le­bens­auf­ga­be. Sei­ne Ge­mäl­de ha­ben da­zu bei­ge­tra­gen, das Image der Ei­fel po­si­tiv zu ver­än­dern. Vie­le Men­schen ha­ben sie auf den Spu­ren Fritz von Wil­les er­wan­dert. Das In­ter­es­se an ihm und sei­nem Werk ist im Rhein­land und in der Ei­fel un­ge­bro­chen.

Quellen

Schrift- und Bild­wer­ke Fritz von Wil­les im Ar­chiv des Künst­ler­ver­eins Mal­kas­ten Düs­sel­dorf.

Werke (Auswahl)

Auf er­lo­sche­nen Vul­ka­nen (Mo­sen­berg), 1903 (Kai­ser-Wil­helm-Mu­se­um Kre­feld).
Die blaue Blu­me (2 Ex­em­pla­re), un­da­tiert (Fritz-von-Wil­le –Mu­se­um, Haus Be­da Bit­burg).
Ei­fel­gold, 1904 (mu­se­um kunst pa­last Düs­sel­dorf)
Ein kla­rer Tag, 1906 (Fritz-von-Wil­le –Mu­se­um, Haus Be­da Bit­burg).
Ita­lie­ni­sche Land­schaft, um 1889 (mu­se­um kunst pa­last Düs­sel­dorf).
Vor­früh­ling im Pre­th­tal, um 1906 (Kreis­mu­se­um Blan­ken­heim).

Literatur

Die Ei­fel im Wech­sel der Jah­res­zei­ten, Zwan­zig künst­le­ri­sche Far­ben­dru­cke nach den be­deu­tends­ten Ge­mäl­den von Fritz von Wil­le, Köln 1914.
Baur, Ot­to u.a., Fritz v. Wil­le, der Ma­ler der Ei­fel, hg. durch den Kreis Daun, Aus­stel­lungs­ka­ta­log, Daun 1979.
Die Samm­lung von Wil­le im Haus Be­da Bit­burg, Mu­se­ums­ka­ta­log, Bit­burg 1992.
Kir­fel, Al­fred, Fritz von Wil­le – Ma­ler der Ei­fel, in: Jahr­buch des Krei­ses Schlei­den 1972, S. 27–33.
Klütsch, Mar­got, Fritz von Wil­le, Werk und Wir­kung, in: Joist, Con­rad-Pe­ter (Hg.), Land­schafts­ma­ler der Ei­fel im 20. Jahr­hun­dert/Ei­fel­ver­ein Dü­ren, Dü­ren 1997, S. 9–24.

Online

Fritz von Wil­le (1860-1941) (Um­fang­rei­che In­for­ma­ti­on über Le­ben und Werk Fritz von Wil­les auf der Web­site des Kul­tur­por­tals „Ei­fel und Kunst"). [On­line]
Haus Be­da (In­for­ma­ti­on un­ter an­de­rem zu der Samm­lung Fritz von Wil­le so­wie zu von Wil­le selbst auf der Web­site des Kul­tur­hau­ses Be­da in Bit­burg). [On­line]
Klütsch, Mar­got, Neue Ge­mäl­de von Fritz von Wil­le im Haus Be­da in Bit­burg, in: Hei­mat­jahr­buch des Krei­ses Daun Jg. 1997, S. 122-127 (On­line­an­ge­bot des Hei­mat­jahr­buch­ar­chivs des Land­krei­ses Vul­kan­ei­fel). [On­line]

Fritz von Wille um 1930. (Fritz-von-Wille-Museum, Haus Beda, Bitburg)

 
Zitationshinweis

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Klütsch, Margot, Fritz von Wille, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/fritz-von-wille/DE-2086/lido/57c93198473072.80263329 (abgerufen am 24.04.2024)