Kaspar Anton von Mastiaux

Domherr und Publizist (1766-1828)

Christian Schlöder (Halle)

Kaspar Anton von Mastiaux, 'Historisch geographische Beschreibung des Erzstiftes Köln', 1783. (Universitäts- und Landesbibliothek Bonn)

Kas­par An­ton von Mas­ti­aux war in sei­nen jun­gen Jah­ren ei­ner der füh­ren­den Ver­tre­ter der rhei­ni­schen Auf­klä­rung, ehe er sich in sei­ner zwei­ten Le­bens­hälf­te gro­ße Ver­diens­te um die ka­tho­li­sche Er­neue­rung in Bay­ern er­warb.

Kas­par An­ton von Mas­ti­aux wur­de am 3.3.1766 als zwei­ter Sohn des Hof­kam­mer­ra­tes Jo­han­nes Go­de­fri­dus von Mas­ti­aux und sei­ner Frau Ma­ria An­na Ber­nar­di­na von Pel­zer in der Bon­ner Pfar­rei St. Mar­tin ge­tauft. Ei­ner sei­ner Tauf­pa­ten war der mäch­tigs­te Mann im Kur­fürs­ten­tum Köln: Mi­nis­ter Cas­par An­ton von Bel­der­busch. Sei­ne Mut­ter wur­de als Toch­ter des Hof­kam­mer­ra­tes Fran­cis­cus Mat­thi­as von Pel­zer und der An­na Ma­ria Gu­du­la von Hal­berg am 30.10.1739 in St. Mar­tin zu Bonn ge­tauft. Sie ver­starb am 15.10.1773 in Bonn. Der Va­ter Jo­han­nes Go­de­fri­dus, ge­bo­ren 1726, über­leb­te sei­ne Ehe­frau um 17 Jah­re und wur­de am 3.11.1790 in Bonn be­stat­tet.

Kas­par An­ton von Mas­ti­aux hat­te sechs Ge­schwis­ter, die nach­weis­lich in Bonn ge­tauft wur­den: Ma­xi­mi­lia­nus Ma­ria Jo­se­phus (ge­tauft am 1.7.1764), sein Zwil­lings­bru­der Kas­par An­ton Jo­se­phus, Ma­xi­mi­lia­nus Jo­se­phus und Ma­ria An­na Wal­bur­gis, eben­falls Zwil­lin­ge (ge­tauft am 11.4.1768), Ma­ria Mag­da­le­na Ama­lia (ge­tauft am 12.4.1770), die ei­ne Schü­le­rin des jun­gen Beet­ho­ven war, so­wie Ma­ria An­na Ja­co­bi­na (ge­tauft am 2.11.1772). 

Der jun­ge von Mas­ti­aux war ein wiss­be­gie­ri­ger und flei­ßi­ger Schü­ler, der sei­ne Stu­di­en an der Ma­xi­schen Aka­de­mie, dem Vor­läu­fer der ers­ten Bon­ner Uni­ver­si­tät, auf­nahm und be­reits im Al­ter von 18 Jah­ren an der Uni­ver­si­tät zu Köln den Ma­gis­ter der Phi­lo­so­phie er­warb. In den nach­fol­gen­den Jah­ren wand­te er sich ver­mehrt den Rechts­wis­sen­schaf­ten zu. Er stu­dier­te an der in auf­ge­klär­ten Krei­sen be­lieb­ten Uni­ver­si­tät Göt­tin­gen und wur­de 1786 an der Uni­ver­si­tät Hei­del­berg zum Dok­tor der Rech­te pro­mo­viert.

Da er von sei­nen El­tern für den geist­li­chen Stand vor­ge­se­hen war, er­hielt er erst sie­ben­jäh­rig am 6.8.1773 in Köln die nie­de­ren Wei­hen und 1786, im Al­ter von ge­ra­de ein­mal 20 Jah­ren, ein Ka­no­ni­kat im Bon­ner Cas­si­us­stift. Er trat sein Ka­no­ni­kat je­doch be­reits im Fe­bru­ar 1789 an sei­nen jün­ge­ren Bru­der Max Jo­seph ab, da er im No­vem­ber 1788 ei­ne Dom­prä­ben­de in Augs­burg er­hal­ten hat­te. Sei­ne Pries­ter­wei­he er­folg­te je­doch erst am 28.3.1789 in Köln. Die in bio­gra­phi­schen No­ti­zen zu sei­ner Per­son häu­fig zu fin­den­de An­ga­be, er sei 1790 in Rom zum Dok­tor der Theo­lo­gie pro­mo­viert wor­den, ist auf­grund sei­ner re­gen Tä­tig­keit in Bonn zu die­ser Zeit sehr un­wahr­schein­lich.[1] 

Der jun­ge, in­tel­li­gen­te, auf­ge­schlos­se­ne und lei­den­schaft­li­che von Mas­ti­aux be­geis­ter­te sich früh für die Ide­en der Auf­klä­rung. Be­reits 1784, im Al­ter von nur 18 Jah­ren, ver­fass­te er ei­ne „his­to­risch-geo­gra­phi­sche Be­schrei­bung des Erz­stifts Köln“, die un­ter dem Na­men sei­nes Freun­des Jo­hann Pe­ter Eich­hoff her­aus­ge­ge­ben wur­de. In die­sem Buch wer­den erst­mals um­fas­send sta­tis­ti­sche In­for­ma­tio­nen zur Geo­gra­phie, Be­völ­ke­rung und Wirt­schaft des Erz­stifts prä­sen­tiert. Sol­che Lan­des­be­schrei­bun­gen wur­den zu die­ser Zeit von auf­ge­klär­ten Ge­lehr­ten in zahl­rei­chen Ter­ri­to­ri­en ver­fasst.

Da­her ver­wun­dert es kaum, dass er 1787 das jüngs­te der 13 Grün­dungs­mit­glie­der der Bon­ner Le­se­ge­sell­schaft war, in der sich die füh­ren­den Ver­tre­ter der Auf­klä­rung zu­sam­men­schlos­sen. Im Som­mer 1789 wur­de er zum stän­di­gen Se­kre­tär der Ge­sell­schaft ge­wählt. Vie­les deu­tet dar­auf hin, dass er der Ver­fas­ser des Ar­ti­kels „Ein Vor­schlag zur Ver­brei­tung wah­rer Auf­klä­rung un­ter al­len Stän­den“ ist, der am 30.4.1789 in den Bon­ner In­tel­li­genz­blät­tern ver­öf­fent­licht wur­de.[2] In die­sem Ar­ti­kel wer­den kon­kre­te Vor­schlä­ge ge­macht, wie auf­ge­klär­te Ide­en ver­brei­tet wer­den kön­nen und wie die Er­zie­hung al­ler Men­schen zu ed­len und glück­li­chen Mit­glie­dern der Ge­sell­schaft zu er­fol­gen ha­be. Die­ses The­ma lag von Mas­ti­aux wäh­rend sei­ner Bon­ner Zeit be­son­ders am Her­zen.

Sei­ne Re­de an­läss­lich der Ent­hül­lung ei­nes kur­fürst­li­chen Por­träts im Ver­samm­lungs­saal der Ge­sell­schaft am 2.12.1789 – der auf­ge­klär­te und en­ga­gier­te Kur­fürst Max Franz ge­noss ho­hes An­se­hen un­ter den Mit­glie­dern der Ge­sell­schaft – ist über­lie­fert. Dar­in tritt die Lei­den­schaft und die Be­geis­te­rung Mas­ti­aux‘ für die Auf­klä­rung und die Le­se­ge­sell­schaft deut­lich zu­ta­ge: Ziel der Ge­sell­schaft sei es nicht nur die Wis­sen­schaf­ten und Küns­te zu be­för­dern, son­dern „in je­dem Win­kel des Staa­tes das hei­li­ge Feu­er der Auf­klä­rung an­zu­fa­chen, zu näh­ren [und] zu un­ter­hal­ten“.[3]

Im April 1790 wur­de der erst 24-jäh­ri­ge Pries­ter zum Di­rek­tor der Le­se­ge­sell­schaft ge­wählt. Er trat wei­ter­hin als vi­sio­nä­rer und mu­ti­ger Wort­füh­rer der Auf­klä­rung in Bonn in Er­schei­nung. Da­bei wur­de ihm ei­ne Flug­schrift, die er 1790 an­onym ver­fasst und un­ter den Mit­glie­dern der Le­se­ge­sell­schaft heim­lich ver­teilt hat­te, zum Ver­häng­nis. An­lass war die Be­schwer­de des Köl­ner Dom­ka­pi­tels über die die Re­li­gi­on ge­fähr­den­den Re­den und Leh­ren des Ku­ra­tors von Spie­gel und drei­er Bon­ner Pro­fes­so­ren. In die­ser Flug­schrift ver­tei­digt von Mas­ti­aux ve­he­ment die auf­ge­klär­te Aus­rich­tung der Uni­ver­si­tät und wagt es gar, die Dom­ka­pi­tu­la­re als Lüg­ner, Mü­ßig­gän­ger und An­klä­ger der Fins­ter­nis zu be­zeich­nen.[4] 

Noch be­vor er als Ver­fas­ser der Schrift ent­larvt wor­den war, ver­ließ er Bonn und zog nach Dil­lin­gen im Bis­tum Augs­burg. Sein Nach­fol­ger wur­de erst be­stimmt, nach­dem Mas­ti­aux in ei­nem Brief vom 3.11.1790 dar­um ge­be­ten hat­te. Er kehr­te zwar 1792/1793 nach Bonn zu­rück und wur­de dort mit of­fe­nen Ar­men von sei­nen al­ten Freun­den emp­fan­gen, muss­te sich aber trotz sei­ner Reue über sei­ne Ver­un­glimp­fun­gen der Dom­her­ren in der Öf­fent­lich­keit zu­rück­hal­ten: Er konn­te froh sein, dass ei­ne Be­stra­fung durch den Kur­fürs­ten un­ter­blie­ben war.

1798 trat von Mas­ti­aux ei­ne Dom­pre­di­ger­stel­le in Augs­burg an. Zu die­ser Zeit et­wa dis­tan­zier­te sich er sich auch deut­lich von der Auf­klä­rungs­be­we­gung – wie an­de­re sei­ner frü­he­ren Mit­strei­ter auch. Statt­des­sen en­ga­gier­te er sich in der Be­we­gung der ka­tho­li­schen Er­neue­rung in Bay­ern. 1803 er­hielt er ei­ne Stel­le als Lan­des­di­rek­ti­ons­rat in der kur­pfalz­baye­ri­schen Pro­vinz Schwa­ben, 1806 wur­de er zum Wirk­li­chen Ge­hei­men Rat des baye­ri­schen Kö­nigs in Mün­chen be­för­dert. Da­ne­ben ver­fass­te er meh­re­re Kir­chen­lied- und Ge­bet­bü­cher so­wie ei­ni­ge Ab­hand­lun­gen zur Kul­tur- und So­zi­al­po­li­tik.

Als Chef­re­dak­teur der „Lit­te­ra­tur­zei­tung für ka­tho­li­sche Re­li­gi­ons­leh­rer“ setz­te er sich seit dem 1.6.1818 für ei­ne stren­ge­re Or­tho­do­xie im Ka­tho­li­zis­mus ein. Er ver­lor sei­ne schar­fe Zun­ge auch im Al­ter nicht und trat als stren­ger und mu­ti­ger Kri­ti­ker im­mer wie­der in Er­schei­nung. Die zu­neh­men­de Kri­tik an sei­ner spit­zen Fe­der be­wog ihn schlie­ß­lich da­zu, im Jahr 1825 vom Amt des Chef­re­dak­teurs zu­rück­zu­tre­ten. Er starb am 28.12.1828 in Mün­chen.

Werke (Auswahl)

His­to­risch-geo­gra­phi­sche Be­schrei­bung des Erz­stif­tes Cöln, Frank­furt am Main 1783.
Re­de an die ver­sam­mel­ten Mit­glie­der der Lit­te­ra­tur­ge­sell­schaft in Bonn bey der fei­er­li­chen Auf­stel­lung des Por­traits Sr. Kur­fürstl. Durch­laucht ih­res gnä­digs­ten Schutz­herrn, ge­hal­ten am 2.12.1789 zu Bonn, Bonn 1790.
Carl Bor­ro­mä­us, Car­di­nal der rö­mi­schen Kir­che und Erz­bi­schof von Mai­land. Ei­ne Skiz­ze, Augs­burg 1796.
Ka­tho­li­sches Ge­sang­buch zum all­ge­mei­nen Ge­brau­che bei öf­fent­li­chen Got­tes­ver­eh­run­gen, 3 Bän­de, Mün­chen 1810.
Voll­stän­di­ge Samm­lung der bes­ten al­ten und neu­en Me­lo­di­en nach An­lei­tung des ka­tho­li­schen Ge­sang­buchs, 8 Hef­te, Leip­zig/Mün­chen 1812–1819.
Zwei Wor­te über die welt­li­chen Zehn­ten, und die Un­ge­rech­tig­keit ih­rer Zer­nich­tung, oh­ne die Be­rech­tig­ten ent­schä­digt zu ha­ben, Köln 1814.
Ge­sang­buch der kö­nigl. Ele­men­tar-Volks­schu­len zu Mün­chen, Lands­hut 1817.

Literatur

Brau­bach, Max, Ka­no­ni­ker des Bon­ner Müns­ter­stifts als För­de­rer der Auf­klä­rung, in: Bon­ner Ge­schichts­blät­ter 3 (1947), S. 43-86.
Brau­bach, Max, Ein pu­bli­zis­ti­scher Plan der Bon­ner ­Le­se­ge­sell­schaf­t aus dem Jah­re 1789, in: Herr­mann, Al­fred (Hg.), Aus Ge­schich­te und Po­li­tik. Fest­schrift zum 70. Ge­burts­tag von Lud­wig Berg­sträs­ser, Düs­sel­dorf 1954, S. 21-39.
Han­sen, Jo­seph, Quel­len zur Ge­schich­te des Rhein­lan­des im Zeit­al­ter der fran­zö­si­schen Re­vo­lu­ti­on 1780-1801, 4 Bän­de, Bonn 1931-1938, be­son­ders Band 1, S. 490-498, 701-716.
Ruck­stuhl, Karl, Ge­schich­te der Le­se- und Er­ho­lungs­ge­sell­schaft in Bonn, in: Bon­ner Ge­schichts­blät­ter 15 (1961), S. 26-180.

 
Zitationshinweis

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Schlöder, Christian, Kaspar Anton von Mastiaux, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/kaspar-anton-von-mastiaux/DE-2086/lido/57c949309809c4.42386783 (abgerufen am 28.03.2024)