1521 bis 1609 - Die Rheinlande bis zum Ausbruch des Jülich-klevischen Erbfolgestreits

Klaus Müller (Korschenbroich)

Adolf I., Johann I., Johann II., Johann III., Wilhelm V. und Johann Wilhelm (von links nach rechts), Gemälde, 17. Jahrhundert. (Museum Kurhaus Kleve)

1. Politische Geschichte

1.1 Die Entstehung des Länderverbunds Jülich-Kleve-Berg. Territoriale Reformpolitik

Die ter­ri­to­ria­le Viel­ge­stal­tig­keit des Rhein­lands zu An­fang des 16. Jahr­hun­derts macht es eben­so schwie­rig wie pro­ble­ma­tisch, ei­ne Pe­ri­odi­sie­rung sei­ner po­li­ti­schen Ent­wick­lung vor­zu­neh­men. Wenn hier das Jahr 1521 als Aus­gangs- und 1609 als End­punkt ge­wählt wer­den, so be­zie­hen sich die­se Da­ten auf das „Gro­ß­ter­ri­to­ri­um“ Jü­lich-Kle­ve-Berg, dem nach dem Ur­teil ei­nes Zeit­ge­nos­sen zu ei­nem Kö­nig­reich nur der Na­me fehl­te. Zu­stan­de ge­kom­men war die­ser Ver­bund durch Hei­ra­ten und Erb­a­b­re­den. 1510 ehe­lich­te Jung­her­zog Jo­hann von Kle­ve auf­grund ei­ner 1496 ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­rung Wil­helms IV. von Jü­lich-Berg mit Jo­hann II. von Kle­ve-Mark, die die Zu­stim­mung ih­rer Land­stän­de und des Kai­sers ge­fun­den hat­te, die Toch­ter und Er­bin Wil­helms IV. Nach des­sen Tod 1511 über­nahm er die Re­gie­rung in Düs­sel­dorf. 1521 folg­te er dann als Jo­hann III. sei­nem Va­ter auch in Kle­ve-Mark.

Ei­ne ad­mi­nis­tra­ti­ve oder zoll­po­li­ti­sche Ver­schmel­zung der Ter­ri­to­ri­en fand nicht statt. In Düs­sel­dorf wie in Kle­ve lag die Ver­wal­tung der Dop­pel­ter­ri­to­ri­en in der Hand fürst­li­cher Rä­te. Auch die Stän­de be­wahr­ten ih­re Ei­gen­stän­dig­keit, ka­men al­ler­dings öf­ter zu „Ver­ei­nig­ten Land­ta­gen“ zu­sam­men, bei de­nen frei­lich ge­trennt be­ra­ten und ab­ge­stimmt wur­de. Bis weit ins 17. Jahr­hun­dert üb­ten die Stän­de, de­ren rit­ter­schaft­li­che Mit­glie­der die zen­tra­len und lo­ka­len Ver­wal­tun­gen und Ge­rich­te be­herrsch­ten, er­heb­li­chen po­li­ti­schen Ein­fluss, nicht zu­letzt auf Steu­ern und Fi­nan­zen aus.

Ei­ne ähn­li­che Stel­lung be­sa­ßen sie in Kur­k­öln, wo al­ler­dings das Dom­ka­pi­tel als Land­stand vor Gra­fen, Rit­tern und Städ­ten die füh­ren­de Po­si­ti­on ein­nahm. In Kur­trier kam die­se dem Kle­rus (Prä­la­ten und üb­ri­ge Kle­ri­ker) zu. Der Rit­ter­schaft ge­lang es bis 1576, sich von dem Land zu tren­nen und reichs­un­mit­tel­bar zu wer­den. An­ge­sichts der schwa­chen Stel­lung der Städ­te stärk­te die­ser 1729 vom Reichs­kam­mer­ge­richt be­stä­tig­te Vor­gang den Lan­des­herrn. Ihm ge­lang es 1576, die Ein­ver­lei­bung der Ab­tei Prüm in den Kur­staat durch­zu­set­zen.

Un­ter dem Druck der Stän­de oder in Zu­sam­men­ar­beit mit ih­nen er­folg­te in den rhei­ni­schen Ter­ri­to­ri­en im 16. Jahr­hun­dert ver­stärkt der Aus- oder Auf­bau der Ter­ri­to­ri­al­ver­wal­tung, ge­kenn­zeich­net durch die Ein­rich­tung stän­di­ger für die zen­tra­le Ver­wal­tung zu­stän­di­ger Rä­te. Die­se ent­fal­te­ten, nicht sel­ten be­ra­ten von den Stän­den, ei­ne viel­sei­ti­ge re­for­mie­ren­de Tä­tig­keit, die ih­ren Nie­der­schlag in „Lan­des­ord­nun­gen“ fan­den. Sie bil­de­ten das Fun­da­ment des wer­den­den, durch „gu­te Po­li­zei“ auf das Wohl von Land und Un­ter­ta­nen zie­len­den früh­neu­zeit­li­chen Fürs­ten­staa­tes. So re­gel­ten Ho­f­ord­nun­gen wie bei­spiels­wei­se in Jü­lich-Kle­ve-Berg die Be­fug­nis­se und die Ge­schäfts­ord­nung des Ra­tes. Der Rechts­ver­ein­heit­li­chung dien­ten 1515 und 1537 in Kur­trier, 1538 in Kur­k­öln und 1555 in Jü­lich-Kle­ve-Berg er­las­se­ne Ge­richts­ord­nun­gen so­wie ei­ne 1558 von Wil­helm V., dem Nach­fol­ger Jo­hanns III., er­las­se­ne Po­li­zei­ord­nung. Die­se ver­folg­te das für den früh­neu­zeit­li­chen Staat cha­rak­te­ris­ti­sche Ziel, das so­zia­le Le­ben zu re­gu­lie­ren, das Ver­hal­ten der Un­ter­ta­nen zu dis­zi­pli­nie­ren und so den Frie­den im Lan­de zu si­chern.

Auch das kirch­li­che Le­ben war Ge­gen­stand fürst­li­cher Re­form­po­li­tik. 1532/1533 er­ließ Jo­hann III. von Jü­lich-Kle­ve-Berg ei­ne Kir­chen­ord­nung, die in der Tra­di­ti­on sei­ner Vor­gän­ger auf die Be­sei­ti­gung von Miss­bräu­chen ab­ziel­te, oh­ne je­doch die dog­ma­ti­schen Grund­la­gen des Glau­bens an­zu­tas­ten. Ei­ne ähn­li­che Li­nie ver­folg­te der Trie­rer Kur­fürst Ri­chard von Greif­fen­klau, der sich um Kle­rus- und Klos­ter­re­form be­müh­te. Wei­ter ging der Köl­ner Erz­bi­schof Her­mann V. von Wied. Auch er woll­te zu­nächst, be­ra­ten von dem hu­ma­nis­tisch ge­bil­de­ten Jo­han­nes Grop­per, die über­kom­me­ne Kir­che re­for­mie­ren. Die 1536 von ei­ner Pro­vin­zi­al­syn­ode ver­ab­schie­de­ten Sta­tu­ten sind als ein um­fas­sen­des ka­tho­li­sches Re­form­pro­gramm ge­wür­digt wor­den, das al­ler­dings nicht um­ge­setzt wor­den ist.

1.2 Der Kampf um Geldern

Von krie­ge­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen blieb das Rhein­land bis 1543 weit­ge­hend ver­schont. Der 1522/1523 von Franz von Si­ckin­gen an­ge­führ­te Rit­ter­auf­stand be­rühr­te nur das Kur­fürs­ten­tum Trier, des­sen Haupt­stadt kurz­zei­tig be­la­gert wur­de. Auch der Bau­ern­krieg hat das Rhein­land nicht er­schüt­tert. Al­ler­dings kam es 1525 in ei­ner Rei­he von Städ­ten zu Un­ru­hen. In Trier rich­te­ten sie sich ge­gen die steu­er­li­chen Pri­vi­le­gi­en des Kle­rus. In Köln er­ho­ben die Zunft­bür­ger ähn­li­che For­de­run­gen, er­wei­ter­ten die­se je­doch, nach­dem der Rat die Geist­lich­keit zu Zu­ge­ständ­nis­sen ge­zwun­gen hat­te. Ein um­fang­rei­cher Be­schwer­de­ka­ta­log ver­ur­teil­te nun den Le­bens­stil der „gro­ßen Ge­sell­schaf­t“ und die auf­wän­di­ge städ­ti­sche Ver­wal­tung. Un­ter dem Ein­druck der Nie­der­la­ge der Bau­ern brach der Auf­stand je­doch zu­sam­men; die Rä­dels­füh­rer wur­den hin­ge­rich­tet.

Von grö­ße­rer Be­deu­tung für die rhei­ni­sche Ge­schich­te als die Un­ru­hen der zwan­zi­ger Jah­re war der Kampf um die Erb­fol­ge im Her­zog­tum Gel­dern. 1538 zwan­gen des­sen Stän­de ih­ren kin­der­lo­sen Lan­des­herrn, Jung­her­zog Wil­helm von Jü­lich-Kle­ve-Berg und des­sen Va­ter die Schirm­herr­schaft über Gel­dern und die Graf­schaft Zu­t­phen zu über­tra­gen, ob­wohl der Her­zog von Jü­lich-Berg 1473 auf die Nach­fol­ge ver­zich­tet hat­te. Mit dem Er­werb Gel­derns hät­te das nie­der­rhei­ni­sche Gro­ß­ter­ri­to­ri­um die feh­len­de Land­ver­bin­dung zwi­schen Kle­ve und Jü­lich ge­won­nen. Die fak­ti­sche Über­nah­me des Her­zog­tums rief Karl V. (Re­gie­rungs­zeit 1519-1556), den Herrn der Nie­der­lan­de, auf den Plan. Ei­nen Bun­des­ge­nos­sen schien Her­zog Wil­helm zu­nächst in Hein­rich VIII. von Eng­land (Re­gie­rungs­zeit 1509-1547) zu fin­den, dem er sei­ne Schwes­ter An­na 1540 ver­mähl­te. Die nach kur­zer Zeit er­folg­te Auf­lö­sung der Ehe führ­te den Her­zog an die Sei­te Frank­reichs, das dem Kai­ser 1542 den Krieg er­klär­te. Im fol­gen­den Jahr ging Karl V. mi­li­tä­risch ge­gen Her­zog Wil­helm vor. Nach der Er­obe­rung Dü­rens (24.8.1543) muss­te die­ser sich un­ter­wer­fen. Im Ver­trag von Ven­lo vom 7. Sep­tem­ber ver­zich­te­te er auf Gel­dern, das nun un­be­strit­te­ner Teil der Nie­der­lan­de wur­de, und lös­te sei­ne Al­li­anz mit Frank­reich.

Der Kai­ser war nun stark ge­nug, den noch zu er­ör­tern­den Re­for­ma­ti­ons­ver­such Kur­fürst Her­manns von Wied zu be­en­den. Sei­ne 1547 nach dem Sieg über den pro­tes­tan­ti­schen Schmal­kal­di­schen Bund er­lang­te be­herr­schen­de Stel­lung im Reich wur­de 1552 durch den Fürs­ten­auf­stand schwer er­schüt­tert. Er öff­ne­te dem fran­zö­si­schen Kö­nig Hein­rich II. (Re­gie­rungs­zeit 1547-1559) und sei­nem Ver­bün­de­ten, dem Kriegs­herrn Mark­graf Al­brecht Al­ki­bia­des von Bran­den­burg-Kulm­bach (Re­gie­rungs­zeit 1541-1554), den Weg ins Rhein­land und lei­te­te den Über­gang der zur Trie­rer Kir­chen­pro­vinz ge­hö­ren­den Stif­te Metz, Toul und Ver­dun an Frank­reich ein.

1.3 Kölner Krieg und Jülich-Klevischer Erbfolgestreit

Op­fer krie­ge­ri­scher Ver­wick­lun­gen wur­de das Rhein­land wie­der, als der zu­nächst streng ka­tho­li­sche Köl­ner Erz­bi­schof Geb­hard Truch­seß von Wald­burg die Ab­sicht ver­kün­de­te, das lu­the­ri­sche Be­kennt­nis im Erz­stift „frei­zu­stel­len“, sei­ne Be­zie­hung zu ei­ner Ger­res­hei­mer Stifts­da­me durch Hei­rat zu le­ga­li­sie­ren und die Kon­fes­si­on zu wech­seln. Da Geb­hard sei­ne vom Kai­ser an­er­kann­te Ab­set­zung durch den Papst nicht hin­nahm, kam es zur mi­li­tä­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zung mit sei­nem im Mai 1583 ge­wähl­ten und von sei­nen süd­deut­schen Ver­wand­ten un­ter­stütz­ten Nach­fol­ger Ernst von Bay­ern, in der das Schick­sal der ka­tho­li­schen Kir­che am Nie­der­rhein auf dem Spiel stand. Dass der nun­mehr aus­bre­chen­de „Köl­ner Krie­g“ sich min­des­tens bis zur Über­sied­lung Geb­hards nach Straß­burg im Jah­re 1589 hin­zog, hängt nicht zu­letzt da­mit zu­sam­men, dass Truch­seß von Wil­helm von Ora­ni­en (1533-1583) un­ter­stützt wur­de und sein Kampf um das Erz­stift sich auf die­se Wei­se mit dem nie­der­län­di­schen Frei­heits­kampf ge­gen Spa­ni­en ver­quick­te, mit ka­ta­stro­pha­len Fol­gen für die Be­völ­ke­rung. So wur­de das von truch­ses­si­schen Trup­pen un­ter Adolf von Neue­nahr (um 1554-1589) be­setz­te Neuss 1586 bei der Rück­erobe­rung durch die Spa­ni­er un­ter Alex­an­der Far­ne­se (1545-1592) Op­fer ei­nes ver­hee­ren­den Bran­des. Spa­ni­sche und nie­der­län­di­sche Trup­pen, die von 1585 an um die Be­set­zung nie­der­rhei­ni­scher Städ­te und da­mit um die Kon­trol­le des Rheins kon­kur­rier­ten, hiel­ten sich dort oft über Jahr­zehn­te.

Der Nie­der­rhein wur­de so zum Ne­ben­kriegs­schau­platz des nie­der­län­disch-spa­ni­schen Kon­flikts. Dass die Stän­de des nie­der­rhei­nisch-west­fä­li­schen Krei­ses kei­ne ge­mein­sa­men Ver­tei­di­gungs­maß­nah­men zu­stan­de brach­ten, hing auch da­mit zu­sam­men, dass der be­deu­tends­te welt­li­che Herr­schafts­be­reich, die Ver­ei­nig­ten Her­zog­tü­mer, sich in ei­ner schwe­ren Kri­se be­fand. Denn nach dem Tod des al­ters­schwa­chen Her­zogs Wil­helm 1592 lag die Re­gie­rung wei­ter­hin in der Hand der un­ter­ein­an­der zer­strit­te­nen Rä­te, da der Nach­fol­ger Jo­hann Wil­helm (Re­gie­rungs­zeit 1592-1609) we­gen Geis­tes­krank­heit re­gie­rungs­un­fä­hig war. Sei­ne Ehen mit der 1597 ver­mut­lich er­mor­de­ten Ja­ko­be von Ba­den so­wie mit An­toi­net­te von Loth­rin­gen (1599) blie­ben kin­der­los, so­dass sich mit zu­neh­men­der Schär­fe die die eu­ro­päi­sche Po­li­tik über Jah­re be­schäf­ti­gen­de Erb­folg­fra­ge stell­te. Von ih­rer Ent­schei­dung hing der zu­künf­ti­ge kon­fes­sio­nel­le Sta­tus des bis da­hin re­li­gi­ös weit­ge­hend to­le­ran­ten ka­tho­li­schen Län­der­ver­bunds ab. Erb­an­sprü­che er­ho­ben ne­ben den Wet­ti­nern die Schwes­tern des Her­zogs be­zie­hungs­wei­se de­ren Nach­kom­men. Da die­se in lu­the­ri­sche Fürs­ten­häu­ser – Bran­den­burg-Preu­ßen, Pfalz-Neu­burg und Pfalz-Zwei­brü­cken – ein­ge­hei­ra­tet hat­ten, muss­ten der Kai­ser und Spa­ni­en die Nach­fol­ge ei­nes pro­tes­tan­ti­schen Prä­ten­den­ten zu ver­hin­dern su­chen. An­de­rer­seits konn­ten Frank­reich und die Ge­ne­ral­staa­ten es nicht zu­las­sen, dass Wien die Lan­de, an de­ren Un­teil­bar­keit die Re­gi­ments­rä­te und die Stän­de fest­hal­ten woll­ten, als er­le­dig­tes Le­hen ein­zog und dem habs­bur­gi­schen La­ger zu­führ­te. Als Jo­hann Wil­helm 1609 starb, war kei­ne Lö­sung des Erb­streits in Sicht. Er soll­te Fürs­ten und Di­plo­ma­ten bis weit ins 17. Jahr­hun­dert be­schäf­ti­gen.

2. Wirtschafts- und Sozialgeschichte

2.1 Bevölkerungsentwicklung

Seit der zwei­ten Hälf­te des 15. Jahr­hun­derts er­leb­te die eu­ro­päi­sche Be­völ­ke­rung ei­ne bis in das frü­he 17. Jahr­hun­dert an­hal­ten­de Wachs­tums­pha­se. Sie ist auch im Rhein­land nach­weis­bar. Zah­len­an­ga­ben lie­gen na­tur­ge­mäß nur für ein­zel­ne Ter­ri­to­ri­en und Städ­te vor. Die Aus­wer­tung der für das Her­zog­tum Jü­lich ver­füg­ba­ren Kom­mu­ni­kan­ten­lis­ten deu­tet auf ei­ne Be­völ­ke­rungs­zu­nah­me von et­wa 8 Pro­zent zwi­schen 1533 und 1560 hin. Sie ver­lief al­ler­dings nir­gend­wo ste­tig, wur­de oft durch Seu­chen und Krie­ge un­ter­bro­chen. So führ­te ein Pestein­bruch in We­sel 1586 da­zu, dass trotz er­heb­li­cher Zu­wan­de­rung aus den Nie­der­lan­den in der zwei­ten Hälf­te des 16. Jahr­hun­derts die Ein­woh­ner­zahl bis 1600 kaum stieg. In an­de­ren nie­der­rhei­ni­schen Städ­ten wie zum Bei­spiel in Köln lässt die Zu­nah­me der Häu­ser­zahl auf Be­völ­ke­rungs­wachs­tum schlie­ßen.

2.2 Die Landwirtschaft

Die wei­ter­hin in tra­di­tio­nel­ler Wei­se ar­bei­ten­den Land­wir­te pro­fi­tier­ten von den durch die wach­sen­de Be­völ­ke­rung an­ge­sto­ße­nen Preis­stei­ge­run­gen, so­fern sie in der La­ge wa­ren, für den Markt zu pro­du­zie­ren. We­gen der de­mo­gra­phi­schen Ent­wick­lung nahm in den Real­tei­lungs­ge­bie­ten die Be­sitz­zer­split­te­rung stark zu – in Bar­men (heu­te Stadt Wup­per­tal) zum Bei­spiel gab es 1466 68 Grund­be­sit­zer, 1591 mehr als 200 – , wäh­rend in den An­er­ben­re­gio­nen die un­ter­bäu­er­li­che Schicht wuchs. Da sie auf den Zu­kauf von Le­bens­mit­teln an­ge­wie­sen war, litt sie eben­so wie die städ­ti­sche Be­völ­ke­rung un­ter den stei­gen­den Le­bens­hal­tungs­kos­ten, mit de­nen die Löh­ne nicht Schritt hiel­ten. Ver­schärft wur­de die Si­tua­ti­on in der zwei­ten Jahr­hun­dert­hälf­te, als es, wohl her­vor­ge­ru­fen durch Kli­ma­ver­schlech­te­rung („klei­ne Eis­zeit“), zu­neh­mend zu Miss­ern­ten kam. In Teue­rungs­zei­ten ver­such­ten die Re­gie­run­gen die Ver­sor­gung der Be­völ­ke­rung durch Aus­fuhr­ver­bo­te und Preis­sub­ven­tio­nen si­cher zu stel­len.

2.3 Gewerbe und Handel

Dem Auf­schwung, den das Ge­wer­be in ei­ni­gen Re­gio­nen nahm, stan­den Sta­gna­ti­on oder Nie­der­gang in an­de­ren ge­gen­über. Da­bei spiel­te die un­ter­schied­li­che Of­fen­heit für tech­ni­sche In­no­va­tio­nen ei­ne wich­ti­ge Rol­le. Wo man die Um­stel­lung der Stahl­pro­duk­ti­on auf den Ein­satz von Was­ser­häm­mern ver­säum­te wie in Ra­de­vorm­wald, pro­fi­tier­ten da­von fort­schritt­li­che­re Or­te wie Rem­scheid und Lüttring­hau­sen (heu­te Stadt Rem­scheid). Man­geln­de An­pas­sung an den Markt, der ver­mehrt Lu­xus­gü­ter so­wie bil­li­ge Mo­de­stof­fe ver­lang­te, führ­te zum Nie­der­gang der Köl­ner Woll­we­be­rei. Un­ter In­no­va­ti­ons­druck ge­riet ge­gen En­de des 16. Jahr­hun­derts auch die Sei­den­we­be­rei in der Dom­stadt. Zu­wan­de­rer aus Ita­li­en und den Nie­der­lan­den brach­ten neue, ma­schi­nel­le Fer­ti­gungs­me­tho­den mit, die die Zünf­te ver­war­fen. Der zum Teil auch kon­fes­sio­nell be­ding­te Wi­der­stand ge­gen die Im­mi­gran­ten ver­an­lass­te die­se schlie­ß­lich, in to­le­ran­te­re Or­te ab­zu­wan­dern.

In Aa­chen führ­ten re­li­giö­se Aus­ein­an­der­set­zun­gen und zünf­ti­ge Be­schrän­kun­gen län­ger­fris­tig zur Ab­zug des Mes­sing­ge­wer­bes in die länd­li­che Um­ge­bung, na­ment­lich in die Jü­li­cher Un­ter­herr­schaft Stol­berg. Die Ver­la­ge­rung des Ge­wer­bes in das preis­güns­ti­ger pro­du­zie­ren­de Um­land der Städ­te ist auch im Her­zog­tum Berg zu be­ob­ach­ten. Hier­von pro­fi­tier­ten zum Bei­spiel Len­ne­per Tex­til­ver­le­ger, wäh­rend sich die Wip­per­für­ther Wol­len­we­ber­zunft er­folg­reich, aber auf die Dau­er zum Scha­den der Stadt ge­gen die­sen Trend zur Wehr setz­te. Als länd­li­ches Tex­til­ge­wer­be ent­stand im Wup­per­tal dank güns­ti­ger Stand­ort­be­din­gun­gen die Garn­blei­che­rei. Ihr Auf­schwung ver­dank­te sich nicht zu­letzt ei­nem den Garn- und Lei­nen­händ­lern und –blei­chern in El­ber­feld (heu­te Stadt Wup­per­tal) und Bar­men ver­lie­he­nen lan­des­herr­li­chen Pri­vi­leg, das die­sen ei­ne mo­no­pol­ar­ti­ge Stel­lung si­cher­te.

Die krie­ge­ri­schen Er­eig­nis­se des 16. Jahr­hun­derts, ins­be­son­de­re der Köl­ner Krieg, ha­ben dem Han­del zwar ge­scha­det, aber auch zu für ihn güns­ti­gen Ver­la­ge­run­gen ge­führt. So be­güns­tig­te der Nie­der­län­di­sche Auf­stand ge­gen Spa­ni­en Köln auf Kos­ten von Ant­wer­pen. Moch­te die Reichs­stadt im 16. Jahr­hun­dert als Pro­duk­ti­ons­stand­ort Ein­bu­ßen er­lei­den, ih­re do­mi­nie­ren­de Po­si­ti­on im Rhein­han­del und da­mit ih­ren Wohl­stand konn­te sie be­haup­ten, auch wenn um 1600 deut­lich wur­de, dass ihr ei­ni­ge fürst­li­che Ter­ri­to­ri­en des Rhein­lan­des dank ih­rer fle­xi­ble­ren Wirt­schafts­po­li­tik zu­neh­mend Kon­kur­renz mach­ten.

3. Kirchengeschichte: Reformation und katholische Reform

3.1 Die Anfänge der Reformation im Rheinland

Ei­ner ge­lehr­ten rhei­ni­schen Öf­fent­lich­keit wur­de Mar­tin Lu­ther (1483-1546) be­kannt, als die Köl­ner theo­lo­gi­sche Fa­kul­tät am 30.8.1519 die Ver­bren­nung der in Ba­sel er­schie­ne­nen Ge­samt­aus­ga­be sei­ner la­tei­ni­schen Schrif­ten ver­lang­te und ihr Ur­teil im März 1520 in Köln ver­öf­fent­lich­te. Am 12. No­vem­ber er­folg­te auf dem Dom­hof die Ver­bren­nung lu­the­ri­scher Bü­cher. Ei­ner brei­te­ren Öf­fent­lich­keit ver­mit­tel­ten Flug­blät­ter und Druck­schrif­ten, de­ren mas­sen­haf­te Ver­brei­tung das neue Me­di­um er­mög­lich­te, die Ide­en des Re­for­ma­tors.

In­iti­iert wur­de die früh­re­for­ma­to­ri­sche Be­we­gung im Rhein­land vor al­lem durch Au­gus­ti­ne­re­re­mi­ten, von de­nen man­che in Wit­ten­berg stu­diert hat­ten. Im Köl­ner Au­gus­ti­ner­kon­vent fand bis zu ih­rem Ver­bot 1525 lu­the­ri­sche Pre­digt statt. Wäh­rend dies trotz ver­ein­zel­ter Sym­pa­thi­san­ten der neu­en Leh­re auch in der Uni­ver­si­tät nicht zur Ge­mein­de­bil­dung führ­te, ging in We­sel die bis et­wa 1540 er­reich­te Durch­set­zung der Re­for­ma­ti­on vom Au­gus­ti­ner­klos­ter aus. Sie voll­zog sich nicht oh­ne sie be­dro­hen­de Kri­sen. 1525 er­ließ Jo­hann III. von Jü­lich-Kle­ve-Berg ein Re­li­gi­ons­man­dat, das dem Rat be­fahl, den Kon­rek­tor der Stadt­schu­le, Adolf Cla­ren­bach, der in ei­nen Kon­flikt mit ei­nem Dors­te­ner Fran­zis­ka­ner­mönch ge­ra­ten war, aus der Stadt zu ent­fer­nen. 1526 muss­te er das Her­zog­tum Kle­ve ver­las­sen. Als er sich 1528 in die Reichs­stadt Köln be­gab, wur­de er we­gen sek­tie­re­ri­scher Um­trie­be ge­fan­gen ge­nom­men und am 28.9.1529 nach lang­wie­ri­gen ge­richt­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen auf dem Gal­gen­berg in Me­la­ten zu­sam­men mit dem Stu­den­ten Pe­ter Flieste­den (Ge­burts­jahr un­be­kannt) ver­brannt. 1535 glaub­te man sich in We­sel von der Täu­fer­be­we­gung, die die Stadt Müns­ter in ih­re Ge­walt ge­bracht hat­te, be­droht. Zehn ih­rer An­hän­ger wur­den hin­ge­rich­tet, an­de­re blie­ben bis 1539 in Ge­wahr­sam.

Re­for­ma­to­ri­sche Re­gun­gen sind auch in Kur­trier bis zum ge­schei­ter­ten Re­for­ma­ti­ons­ver­such Dr. Cas­par Ole­vi­ans von 1569 so­wie im Her­zog­tum Jü­lich nach­weis­bar. Die im Raum Was­sen­berg wir­ken­den dem Täu­fer­tum na­he ste­hen­den Pre­di­ger konn­ten sich je­doch nur bis zur Kir­chen­vi­si­ta­ti­on von 1532/1533 hal­ten.

3.2 Fürsten und Reformation

Die im Bau­ern­krieg gip­feln­den re­li­giö­sen und so­zia­len Un­ru­hen ver­an­lass­ten meh­re­re rhei­ni­sche Ob­rig­kei­ten, kir­chen­re­for­ma­to­risch tä­tig zu wer­den. Vor al­lem klei­ne­re Ter­ri­to­ri­al­her­ren wie die Gra­fen von Man­der­scheid-Blan­ken­heim sym­pa­thi­sier­ten früh mit dem neu­en Glau­ben. Die Reichs­herr­schaft Hom­burg er­hielt 1563 ei­ne evan­ge­li­sche Kir­chen­ord­nung; in der Graf­schaft Mo­ers und in der Herr­lich­keit Kre­feld setz­te sich das Lu­ther­tum spä­tes­tens seit 1560 durch. Fuß fas­sen konn­te die neue Leh­re auch in meh­re­ren jü­lich-ber­gi­schen und kur­k­öl­ni­schen Un­ter­herr­schaf­ten.

Oh­ne Er­folg blie­ben zwei Re­for­ma­ti­ons­ver­su­che im Kur­fürs­ten­tum Köln. Erz­bi­schof Her­mann von Wied, der 1538, be­ra­ten von Jo­han­nes Grop­per, ein von ei­ner Pro­vin­zi­al­syn­ode be­schlos­se­nes Re­form­pro­gramm ver­öf­fent­lich­te, das je­doch nicht um­ge­setzt wur­de, er­ließ 1543 ei­ne „Ein­fäl­ti­ges Be­den­ken“ über­schrie­be­ne Kir­chen­ord­nung. Gro­ße Tei­le des Tex­tes stamm­ten von dem evan­ge­li­schen Theo­lo­gen Mar­tin Bu­cer; Phil­ipp Me­lan­chthon (1497-1560) hat­te ihn über­ar­bei­tet. Als der Kur­fürst sich wei­ger­te, die von ihm ein­ge­führ­ten Neue­run­gen ab­zu­stel­len, traf ihn am 16.4.1546 der Kir­chen­bann. Ein Jahr spä­ter ver­zich­te­te er auf sei­ne kirch­li­chen und po­li­ti­schen Rech­te. Der zwei­te ver­geb­li­che Ver­such, das Erz­stift dem Pro­tes­tan­tis­mus zu­zu­füh­ren, ver­bin­det sich mit dem Na­men des Erz­bi­schofs Geb­hard Truch­seß von Wald­burg. Er wech­sel­te 1582 aus per­sön­li­chen Grün­den die Kon­fes­si­on. Der Ver­kün­dung der frei­en Re­li­gi­ons­aus­übung in Kur­fürs­ten­tum folg­te je­doch kei­ne Um­ge­stal­tung des Kir­chen­we­sens auf der Grund­la­ge ei­ner evan­ge­li­schen Kir­chen­ord­nung.

Kirch­li­che Re­form­po­li­tik wur­de bis 1567 in Jü­lich-Kle­ve-Berg be­trie­ben. Ge­prägt wur­de sie von ei­nem am Kle­ver Hof wir­ken­den Hu­ma­nis­ten­kreis um Kon­rad Heres­bach, der en­ge Be­zie­hun­gen zu Eras­mus von Rot­ter­dam (1465/1469-1536) und Me­lan­chthon un­ter­hielt, und von Jo­hann von Vlat­ten. Die 1532 er­las­se­ne Kir­chen­ord­nung gilt als Zeug­nis des rhei­ni­schen „re­form­ka­tho­li­schen Son­der­weg­s“, in der un­ter Ver­mei­dung kon­tro­vers­theo­lo­gi­scher Front­stel­lun­gen pas­to­ra­le und dis­zi­pli­na­ri­sche Zie­le ver­folgt wur­den. Der in den Ver­ei­nig­ten Her­zog­tü­mern ein­ge­schla­ge­ne kir­chen­po­li­ti­sche Mit­tel­weg trug da­zu bei, dass die Ge­gen­re­for­ma­ti­on, sieht man von Köln ab, wo der Je­sui­ten­or­den 1544 Fuß fas­sen konn­te, am Nie­der­rhein erst spät wirk­sam wur­de. Dies gilt auch für die Tri­den­ti­ni­sche Re­form, de­ren dis­zi­pli­na­ri­sche Be­stim­mun­gen dort lan­ge auf Ab­leh­nung stie­ßen.

3.3 Konfessionalisierung

Kon­fes­sio­na­li­sie­rung und kon­fes­sio­nel­les Be­wusst­sein der Gläu­bi­gen ha­ben sich so im Rhein­land erst mit er­heb­li­cher Ver­spä­tung durch­ge­setzt. Zur schär­fe­ren Ab­gren­zung zwi­schen Ka­tho­li­ken und Neu­gläu­bi­gen trug seit den 1540er Jah­ren der in meh­re­ren Wel­len er­fol­gen­de Zu­strom nie­der­län­di­scher Glau­bens­flücht­lin­ge bei, die sich theo­lo­gisch an Jo­han­nes Cal­vin (1509-1564) ori­en­tier­ten und mehr als die Lu­the­ra­ner ih­ren Ge­gen­satz zur al­ten Kir­che be­ton­ten. Re­for­mier­te Ge­mein­den ent­stan­den zu­nächst in We­sel und Aa­chen. Ih­re pres­by­te­ri­al-syn­oda­le Kir­chen­or­ga­ni­sa­ti­on wur­de dann Vor­bild für die am Nie­der­rhein und im Her­zog­tum Berg ent­ste­hen­den Ge­mein­den, die man­cher­orts das Lu­ther­tum zu­rück­dräng­ten. Die qua­si­de­mo­kra­tisch ver­fass­ten Re­for­mier­ten ver­moch­ten sich als „Ge­mein­den un­ter dem Kreu­z“ auch dann zu be­haup­ten, als die Ob­rig­keit in Jü­lich-Kle­ve-Berg seit 1567 nicht zu­letzt un­ter dem Ein­druck des nie­der­län­di­schen Auf­stands ih­re auf Aus­gleich be­dach­te Kir­chen­po­li­tik all­mäh­lich be­en­de­te. Die­se hat je­doch ent­schei­dend da­zu bei­ge­tra­gen, dass sich hier „Kon­fes­sio­na­li­sie­rung von un­ten“ voll­zie­hen konn­te und in vie­len Or­ten die drei Kon­fes­sio­nen auf die Dau­er ne­ben­ein­an­der exis­tier­ten.

4. Bildungsgeschichte

Schon früh wur­de den all­mäh­lich ent­ste­hen­den Kon­fes­si­ons­kir­chen be­wusst, dass Bil­dung und Er­zie­hung der Gläu­bi­gen un­ent­behr­li­che Vor­aus­set­zung für ih­re Be­haup­tung in der Aus­ein­an­der­set­zung der mit­ein­an­der kon­kur­rie­ren­den Glau­bens­sys­te­me wa­ren. Wo sich evan­ge­li­sche Ge­mein­den bil­de­ten, sorg­ten sie im Sin­ne der von Lu­ther und Cal­vin er­ho­be­nen For­de­run­gen für die Ein­rich­tung von Schu­len, die zu­min­dest die Fä­hig­keit ver­mit­teln soll­ten, die Hei­li­ge Schrift und den Ka­te­chis­mus zu le­sen. So ver­kün­de­te Graf Her­mann von Neue­nahr 1573 die Ab­sicht, im Mo­er­ser Kar­me­li­ter­klos­ter „zur pflan­zung und er­hal­tung gott­li­chen worts ei­ne gu­te schol­len“ ein­zu­rich­ten. Als die Pro­tes­tan­ten 1581 das Aa­che­ner Stadt­re­gi­ment über­nah­men, grün­de­ten sie ei­ne lu­the­ri­sche und ei­ne cal­vi­nis­ti­sche (La­tein?)Schu­le so­wie 17 klei­ne­re An­stal­ten, in de­nen der Ka­te­chis­mus ge­lehrt wur­de. Auf lan­des­herr­li­che In­itia­ti­ve ging das 1545 ins Le­ben ge­ru­fe­ne Düs­sel­dor­fer Gym­na­si­um un­ter dem zu­nächst wohl re­form­ka­tho­lisch, spä­ter cal­vi­nis­tisch ori­en­tier­ten Rek­tor Jo­hann Mon­heim zu­rück.

Die Er­kennt­nis, dass von schlech­tem Schul­un­ter­richt dem Ge­mein­we­sen Scha­den dro­he, wie 1536 die Köl­ner Pro­vin­zi­al­syn­ode for­mu­lier­te, ver­an­lass­ten auch im ka­tho­li­schen Be­reich Re­for­men des über­kom­me­nen Bil­dungs­we­sens. Wie die köl­ni­sche Kir­chen­vi­si­ta­ti­on von 1569 zeigt, wid­me­te man den deut­schen und la­tei­ni­schen Schu­len ver­stärk­te Auf­merk­sam­keit, für de­ren Leh­rer das Kon­zil von Tri­ent den Eid auf das Glau­bens­be­kennt­nis vor­schrieb.

Um den Nach­wuchs von Geist­li­chen und Ver­wal­tungs­be­am­ten si­cher­zu­stel­len, ent­stan­den zahl­rei­che pro­tes­tan­ti­sche und ka­tho­li­sche Gym­na­si­en. In den alt­gläu­bi­gen Ter­ri­to­ri­en la­gen ih­re Grün­dung und Lei­tung in der Hand der Je­sui­ten, spä­ter auch der Bet­tel­or­den. Ih­re grö­ß­ten Er­fol­ge ver­zeich­ne­te die Ge­sell­schaft Je­su zu­nächst in Trier, wo sie 1561 den Uni­ver­si­täts-, dann auch den Gym­na­si­al­un­ter­richt über­nahm; 1582 rich­te­te sie in Ko­blenz ein Gym­na­si­um ein. In Köln wur­de dem Je­sui­ten Jo­hann Re­thi­us 1556 die Lei­tung der Drei­kro­nen­bur­se, des Tri­co­ro­na­tum, über­tra­gen, das der Or­den dann zu ei­nem Gym­na­si­um um­form­te. 1592 über­trug ihm das Em­me­ri­cher Stifts­ka­pi­tel das städ­ti­sche Schul­we­sen. Das ers­te der vom Kon­zil von Tri­ent vor­ge­schrie­be­nen Pries­ter­se­mi­na­re stif­te­te Erz­bi­schof Jo­hann VII. 1584 in Ko­blenz; sei­ne Lei­tung über­nah­men die Je­sui­ten.

Die Köl­ner Uni­ver­si­tät ver­stand sich seit dem 16. Jahr­hun­dert als Boll­werk des al­ten Glau­bens. Dies trug, zu­mal neu­gläu­bi­ge Stu­den­ten an die nie­der­län­di­schen Hoch­schu­len ab­wan­der­ten, zum zeit­wei­se er­heb­li­chen Rück­gang der Im­ma­tri­ku­la­tio­nen bei. Der 1555 in Rom vor­ge­leg­te Plan Her­zog Wil­helms V. von Jü­lich-Kle­ve-Berg für ei­ne Lan­des­uni­ver­si­tät in Duis­burg, an der wohl ei­ne zwi­schen den kon­fes­sio­nel­len La­gern ver­mit­teln­de Theo­lo­gie ver­tre­ten wer­den soll­te, wur­de trotz der 1564 er­teil­ten päpst­li­chen Ge­neh­mi­gung nicht ver­wirk­licht.

5. Kunstgeschichte

In der Ma­le­rei setz­te der ver­mut­lich aus We­sel stam­men­de und 1555 in Köln ver­stor­be­ne Bar­tho­lo­mä­us Bruyn der Äl­te­re spät­go­ti­sche Tra­di­tio­nen fort. Ne­ben Por­träts schuf er gro­ße Alt­ar­ta­feln für die Stifts­kir­chen in Es­sen und Xan­ten. Kal­kar war in der ers­ten Hälf­te des 16. Jahr­hun­derts das rhei­ni­sche Zen­trum der Schnitz­kunst. Zu nen­nen sind vor al­lem die Wer­ke des ver­mut­lich aus Dins­la­ken stam­men­den Hein­rich Dou­ver­mann. Ihm ver­dan­ken die Kalka­rer Kir­che St. Ni­ko­lai den Sie­ben-Schmer­zen-Al­tar, die Stifts­kir­chen in Kle­ve und Xan­ten ih­re Ma­ri­en­al­tä­re. Der aus Worms stam­men­de Zeich­ner und Buch­il­lus­tra­tor An­ton Wo­en­sam schuf un­ter an­de­rem die vom Köl­ner Rat in Auf­trag ge­ge­be­ne gro­ße Köl­ner Stadt­an­sicht von 1531.

Die Bau­kunst der Re­nais­sance hat das Rhein­land erst spät er­reicht. 1569-1573 ent­stand nach Plä­nen des aus Kal­kar stam­men­den Bau­meis­ters Wil­helm Ver­nu­kken (ge­stor­ben 1607) die Köl­ner Rat­haus­lau­be. Im Auf­trag Wil­helms V. er­rich­te­te der Bo­lo­gne­se Alex­an­der Pas­qua­li­ni das um 1570 voll­ende­te Jü­li­cher Re­si­denz­schloss. Zu­vor hat­te er das durch Brand weit­ge­hend zer­stör­te Düs­sel­dor­fer Schloss neu ge­stal­tet. Der jü­lich­sche Rat Ot­to von By­landt (um 1525-1591) be­trau­te ihn et­wa 1569/1570 mit dem Um­bau des spät­go­ti­schen Schlos­ses Rhe­ydt im Stil der ita­lie­ni­schen Re­nais­sance.

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Zitationshinweis

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Müller, Klaus, 1521 bis 1609 - Die Rheinlande bis zum Ausbruch des Jülich-klevischen Erbfolgestreits, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Epochen/1521-bis-1609---die-rheinlande-bis-zum-ausbruch-des-juelich-klevischen-erbfolgestreits/DE-2086/lido/57ab229daff226.90737114 (abgerufen am 13.12.2024)