Burgen an der Mosel
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1. Einleitung
Die unter dem Sammelbegriff „Mosel“ zusammengefasste Burgenlandschaft umfasst die Gesamtheit von mittelalterlichen Wehranlagen unmittelbar an und in Nähe des Flusses Mosel vom deutsch-französisch-luxemburgischen Dreiländereck bei Perl bis zur Mündung in den Rhein in Koblenz. Betrachtet werden sämtliche Objekte unterschiedlicher Eigenschaft (Reichsburgen, Burgen der Erz- und Hochstifte sowie Adelsburgen) und Bauform (Höhen-, Niederungs- und Stadtburgen), wobei fließende Übergänge zu hier nicht relevanten Burghäusern und befestigten Höfen vorkommen. Insgesamt lässt sich eine Burgenbautätigkeit vom 11. bis zum 14. Jahrhundert feststellen, während das 15. Jahrhundert nicht eine einzige gesicherte Neugründung hervorgebracht hat.
Ungeachtet einer mehr als 150-jährigen Rezeption der mittelalterlichen Befestigungsanlagen an der Mosel durch die einheimische Bevölkerung wie auch durch die Touristen offenbart sich der bisherige Stand ihrer Erforschung als vergleichsweise schlecht: Im Wesentlichen muss auf die größtenteils vor dem Zweiten Weltkrieg erschienenen Kunstdenkmälerinventare zurückgegriffen werden, die nicht flächendeckend vorliegen. Monographien zu einzelnen Anlagen sind nur in verschwindend geringem Maß vorhanden, wobei die schon 1878 erschienene Arbeit von Leopold von Eltester (1822-1879) über Burg Cochem und das zweibändige Werk von Friedrich Wilhelm Emil Roth (1853-1924) über die Geschichte der Herren und Grafen von Eltz aus den Jahren 1889/1890 beeindruckende Ausnahmen sind. Hinzu kommt, dass deutsche Arbeiten über die Burgen an der Mosel gemeinhin nur das Gebiet von Trier bis Koblenz behandeln, nicht aber den ‒ geographisch unkorrekt als „Obermosel“ bezeichneten ‒ Bereich von Perl bis Trier, der dementsprechend unzureichend erforscht ist. Wichtig für die Einordnung der Problemstellung ist ebenfalls die Tatsache, dass wegen eines häufig eklatanten Schriftquellenmangels eine eindeutige Zuordnung einer Anlage zu einem Gründer oder Eigentümer nur mit großen Vorbehalten, überhaupt nicht oder für lange Zeit nicht möglich ist (Oberburg Gondorf, Klüsserath, Wildburg). Zudem nicht selten weder an Hand der keineswegs eindeutigen zeitgenössischen Terminologie noch mittels des Baubestands entschieden werden, ob es sich um eine Burg handelte, um ein Burghaus oder einen Hof mit nur minderer Befestigung (Lehmerhof). Schließlich lässt sich bei zahlreichen Objekten das Erbauungsdatum nicht genau feststellen, sondern nur der Zeitpunkt der ersten Erwähnung, der natürlich keinerlei Auskunft darüber gibt, wie lange zuvor die jeweilige Burg schon bestanden hat.
2. Burgenbau an der Mosel im 11. Jahrhundert
Vollständig gesicherte Nachweise über nicht selten schon für das 11. Jahrhundert angenommene Wehranlagen lassen sich bei näherer Überprüfung weder aus archäologischen noch aus schriftlichen Quellen verifizieren. Lediglich für Bernkastel dürfte feststehen, dass hier schon um das Jahr 1000 eine Vorläuferanlage der heutigen Burg existierte, während in Trier die alte Palastaula eher unfreiwillig militärischen Zwecken diente. Besonderes Interesse verdient die Tatsache, dass sowohl in Bernkastel als auch in Trier auf vor Ort vorhandene römische Bausubstanz zurückgegriffen wurde, die in unterschiedlichem Ausmaß eine Überbauung oder Umnutzung erfuhr.
Eine erste Burg Bernkastel (der heutige Name „Landshut“ ist nicht vor 1505 belegt) wird für die Zeit Erzbischof Ludolfs von Trier (994-1008) erwähnt, die im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen sowohl um die Nachfolge Ludolfs als auch des danach zum Episkopat gelangten Megingaud (1008-1015) im Jahr 1016 von Erzbischof Poppo zerstört worden ist. Auch eine zweite, von den Grafen von Blieskastel errichtete Anlage erlitt auf Veranlassung Erzbischof Johanns I. (1190-1212) zu Beginn des 13. Jahrhunderts das gleiche Schicksal. Ungeachtet einer Unterlassungserklärung ließ Erzbischof Heinrich II. (1260-1286) im Jahr 1277 eine neue Burg „von Grund auf“ errichten, kaufte den Baugrund jedoch erst 1280 von den Grafen von Salm. Die in der Folgezeit öfters als Aufenthaltsort genutzte und nochmals unter Erzbischof Johann II. renovierte Anlage wurde in den Kriegen des 17. Jahrhunderts mehrfach belagert, besetzt und brannte 1692 ab. Die Burg, von deren Ursprungsanlage aus dem 11. Jahrhundert sich keinerlei Reste erhalten haben, zeigt einen trapezähnlichen Grundriss mit einer rondellartigen Rundung an der Schmalseite. Wie neueste Untersuchungen erwiesen haben, wurden die mittelalterlichen Gebäude in das Terrain einer wesentlich größeren römischen Befestigung hineingebaut. Ehemals wie heute dominierendes Bauwerk der Anlage ist der noch über 30 Meter hohe runde Bergfried mit seinem hoch gelegenen Zugang und lediglich zwei kuppelgewölbten Geschossen im Inneren. Auf der Wehrplattform hat sich der alte Zinnenkranz größtenteils erhalten.
Einen bemerkenswerten Sonderfall stellt Trier dar, wo sich geringe Reste einer mittelalterlichen Befestigungsanlage in der heute sinnwidrig als „Basilika“ bezeichneten ehemaligen römischen Palastaula aus dem frühen 4. Jahrhundert befinden. Bereits 1008 widerstanden die Mauern des römischen Palastes einer Belagerung durch König Heinrich II. (1002-1024). Unter Erzbischof Arnold II. wurde das Innere des nun als Pfalz bezeichneten römischen Palastes umfangreich ausgebessert. Spätestens zu Beginn des 17. Jahrhunderts war nach Ausweis von historischen Ansichten der Bereich der früheren Apsis als Wohnturm („Heidenturm“) umgestaltet. In der Neuzeit ließ Erzbischof Lothar (1599-1623) für einen 1615 begonnenen Neubau die Ost- und Südwand niederlegen und begann mit dem Bau einer großzügigen zweiteiligen Schlossanlage mit jeweils vier Gebäudeflügeln, die unter Erzbischof Karl Kaspar abgeschlossen und unter Erzbischof Johann Philipp mit dem heute noch vorhandenen Rokokobau anstelle des alten Südflügels versehen wurde. Nach Plünderung 1794 als Lazarett und Kaserne umgenutzt, wurde die Palastaula 1844-1856 zur evangelischen Kirche umgestaltet und dabei die mittelalterliche Bausubstanz inklusive einer Hälfte des zur Apsis rückgebauten „Heidenturms“ fast völlig getilgt. Von der mittelalterlichen Residenz der Trierer Erzbischöfe ist somit nur wenig erhalten geblieben. Die mächtige Außenmauer der Palastaula, deren Stärke an der Mauerkrone 3,40 Meter beträgt, diente zu dieser Zeit als hoch aufragende Ringmauer und besaß an den Ecken schlanke Türmchen. In der Südostecke liegt unter dem heutigen Fußboden ein etwa 25 Meter langer, tonnengewölbter Keller aus der Zeit um 1200, dessen Haupttreppe in den früheren Burghof führte.
3. Burgenbau an der Mosel im 12. Jahrhundert
Ganz ähnlich wie in den benachbarten Regionen verstärkt sich die Burgenbautätigkeit an der Mosel im 12. Jahrhundert. Lassen sich bis dahin mit Sicherheit lediglich die Grafen von Luxemburg und das Erzstift Trier als Bauherren und Eigentümer von gerade einmal zwei Anlagen nachweisen, so treten nun auch die rheinischen Pfalzgrafen und die römisch-deutschen Könige in Erscheinung. Insgesamt bleibt die Anzahl der zu dieser Zeit vorhandenen Wehranlagen jedoch noch sehr überschaubar.
Dabei profilierten sich in dieser Zeit insbesondere die rheinischen Pfalzgrafen, die auf ihrer unfreiwilligen Südwanderung mit ihren Besitzungen an der Mosel angekommen waren, als Bauherren: Zu den pfalzgräflichen Gründungen gehören nach letztem Forschungsstand neben der schon spätestens am Beginn des Jahrhunderts entstandenen Anlage in Cochem auch Treis (vor 1148) und Thurandt (nach 1198). Davon gingen allerdings schon in der Mitte des Jahrhunderts Treis (1148) und Cochem (1151) nach gewaltsamen Eroberungen an das Reich beziehungsweise an das Erzstift Trier verloren. Die wohl von den edelfreien Herren von Ehrenberg errichtete Ehrenburg erhielten die Pfalzgrafen 1161 als trierisches Lehen.
Herausragendes Beispiel für die Bestrebungen der Pfalzgrafen, sich an der Mosel territorial konsolidieren zu wollen, ist Burg Cochem. Erstmals historiographisch um 1105 und urkundlich gesichert für das Jahr 1130 nachgewiesen ‒ alle kursierenden angeblichen älteren Erwähnungen sind unzutreffend ‒, wurde die auf hohem Berggipfel über der Mosel errichtete Burg 1151 von König Konrad III. (1138-1152) belagert und erobert. Seit dieser Zeit Reichsburg und von Reichsministerialen verwaltet, verpfändete sie 1294 König Adolf (1292-1298) zusammen mit Klotten an Erzbischof Boemund I. von Trier (1286-1299), wodurch sich ihre Reichszugehörigkeit faktisch erledigte. Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts nahm neben trierischen Burgmannen auch der kurtrierische Amtmann von Cochem seinen Sitz auf der Burg. 1689 von französischen Truppen zerstört, wurde die Ruine von 1874-1877 als neugotisches Schloss im Inneren, nach außen aber in deutlicher Anlehnung an eine historische Abbildung aus dem späten 16. Jahrhundert wieder aufgebaut. Die fast vollständig neu errichteten Gebäude lassen im Grundriss die Konzeption der pfalzgräflichen Ursprungsanlage lediglich noch erahnen: Um den in seiner ungewöhnlichen Grundform im Wesentlichen wohl bereits um 1100 errichteten Bergfried dürften sich die übrigen Gebäude in dichter Folge gruppiert haben, die zudem vielleicht schon damals von einer ovalen Ringmauer geschützt wurden.
Ähnlich verhält es sich bei der nach Cochem ältesten pfalzgräflichen Burg bei Treis, die ‒ nach Eroberung einer durch Graf Otto von Rheineck (Pfalzgraf bei Rhein 1126-1140/50) errichteten Vorgängeranlage durch Erzbischof Bruno von Trier (1102-1124) im Jahr 1121 ‒ von Pfalzgraf Hermann von Stahleck (1142/43-1156) im Jahr 1148 wieder aufgebaut worden war. Aus der Mitte des 12. Jahrhunderts stammt hier noch der Bergfried mit fünf innenliegenden Geschossen und dem alten Hocheingang. Auf der im Ehrbachtal unweit von Brodenbach und der Mosel gelegenen Ehrenburg befindet sich der älteste Baubestand im oberen Teil der Burg, wo westlich des Doppelbergfrieds ein im Kern noch erhaltener rechteckiger Wohnturm liegt. Dieses Gebäude, das noch Reste der originalen, später überbauten Zinnen mit ihrem alten Putz aufweist, stammt jedenfalls aus dem 12. Jahrhundert, wobei unklar bleibt, ob es auf die Pfalzgrafen oder die Herren von Ehrenberg und somit noch auf die Zeit vor 1161 zurückgeht. Das bisher wenig erforschte, erst nach 1198 durch Pfalzgraf Heinrich (1195-1212) errichtete Thurandt zeigt wenig erkennbare Bausubstanz aus der Gründungszeit. Nach neuesten Erkenntnissen bildete möglicherweise ein massiver viereckiger Wohnturm mit runden Ecktürmchen den Kern der Ursprungsanlage. Die beiden markanten runden Bergfriede, welche gegenwärtig die Ansicht der Burg beherrschen, dürften dagegen erst nach der Mitte des 13. Jahrhunderts gebaut worden sein.
Neben Wehranlagen der Pfalzgrafen lassen sich im 12. Jahrhundert erstmals auch Reichsburgen nachweisen, die dem jeweiligen römisch-deutschen König gleichsam durch sein Amt zur Verfügung standen. Neben Eltz waren dies das 1161 eroberte, bis dahin pfalzgräfliche Cochem und möglicherweise ganz oder teilweise auch Arras, das 1137 von Erzbischof Albero von Trier eingenommen wurde. Weder Arras noch Cochem zeigen jedoch noch (Bau-)Reste, die eindeutig dem 12. Jahrhundert und einer Bautätigkeit unter den römisch-deutschen Königen zuzuordnen wären.
Obwohl nicht direkt am Fluss, sondern 1,5 km landeinwärts am Unterlauf des Elzbachs in der Eifel gelegen, gilt Burg Eltz inzwischen als klassische Mosel- und Adelsburg. Tatsächlich aber war die Anlage seit ihrer Ersterwähnung in zwei Urkunden von nach 1129 und 1157 über fast 200 Jahre eine Reichsburg und dementsprechend mit unfreien Reichsministerialen amtsweise besetzt, die den Namen „Eltz“ nach dem Ort ihrer Tätigkeit, nicht aber als Familienname im heutigen Sinn trugen. So lässt sich ein ‒ wohlgemerkt nichtadliges ‒ Reichsministerialengeschlecht von Eltz auch erst seit dem Jahr 1268 nachweisen, welches das Reichslehen Eltz von den römisch-deutschen Königen seit dieser Zeit als erbliches Lehen erhalten zu haben scheint. Konflikte mit dem Trierer Erzbischof Balduin führten 1331 zur bekannten „Eltzer Fehde“, in deren Verlauf Balduin auf einem hohen Bergsporn mit Balden-Eltz (später Neu-Eltz) eine Belagerungsburg errichten ließ. Nach längerer Belagerung und Beschießung mit Bliden (Steinschleudern) schloss Johann von Eltz im Dezember 1337 Frieden mit Balduin. Mit der Belehnung des Trierer Erzbischofs durch König Karl IV. (1346/49-1378) im Jahr 1354 und der Entbindung der Eltzer von ihren Treueeiden gegenüber König und Reich war Burg Eltz von da an keine Reichsburg mehr, sondern faktisch an Trier übergegangen. Eltz bildete in der Folgezeit trotz der stets gegenwärtigen Lehnsherrschaft des Erzstifts Trier den Mittelpunkt einer kleinen Herrschaft, deren Inhaber sich in verschiedenen Linien aufspalteten und 1733 in der Linie zum goldenen Löwen zu Reichsgrafen aufstiegen. Während des Pfälzischen Erbfolgekrieges gelang es Hans Anton von Eltz, der in der französischen Armee als Offizier diente, seine Stammburg vor einer Zerstörung zu bewahren. Durch einen verheerenden Brand, von dem nur das Rübenacher Haus vollständig verschont blieb, wurde 1920 alles Dach- und Fachwerk nebst einem Teil der Einrichtung ruiniert.
Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges vollständig wiederhergestellt, befindet sich die beeindruckende Anlage bis heute im Besitz der Familie von Eltz. Die malerische Burg weist nach jahrhundertelanger Bautätigkeit Gebäude aus der Zeit vom Hochmittelalter bis zum Jahr 1651 auf, womit sie keineswegs, wie noch Georg Dehio glaubte, die „Burg schlechthin“ ist, sondern vielmehr in einem geschlossen anmutenden Komplex sehr eindrucksvoll die bauliche Weiterentwicklung von einer mittelalterlichen Wehranlage zum neuzeitlichen Schloss veranschaulicht (zuletzt: „Kempenicher Häuser“, 1550/1639). Noch aus dem Hochmittelalter und damit aus der Reichsburgzeit dürfte allein das im Nordwesten gelegene Haus Platt-Eltz stammen, das als etwa quadratischer, verputzter Wohnturm mit (erneuerten) romanischen Fenstern auf der Hofseite nahezu vollständig frei steht und nur über einen Treppenturm mit dem Nachbarbau verbunden ist.
Gegenüber den Versuchen der Pfalzgrafschaft, sich an der Mosel zu etablieren, wie auch gegenüber dem Königtum gelang es dem Erzstift Trier im 12. Jahrhundert, seine Positionen nicht nur zu behaupten, sondern deutlich auszubauen. Mit Bezug auf die stiftseigenen Wehrbauten bedeutete dies, dass mit Ausnahme von Pfalzel (nach 1135) dem bischöflichen „Stammsitz“ in Trier zwar keine Neugründungen hinzugefügt wurden, sondern vor allem militärisch auf Anlagen von möglichen Konkurrenten im Kampf um Gebiet und Rechte reagiert wurde. Dies betraf die Burgen Arras und Treis, die 1137 beziehungsweise 1148 erobert und nachfolgend vollständig bzw. wenigstens teilweise dem Erzstift einverleibt wurden. Ob die heute nur noch in wenigen Mauerresten erkennbare sponheimische Starkenburg durch die gleichnamige Grafenfamilie tatsächlich schon im letzten Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts den Trierer Erzbischöfen zu Lehen aufgetragen worden ist, bleibt fraglich.
Als einzige trierische Neugründung des 12. Jahrhunderts verdient somit Pfalzel besondere Erwähnung. Der Name des heutigen Trierer Stadtteils Pfalzel geht auf eine römische Palastanlage wohl aus der Mitte des 4. Jahrhunderts zurück, die zumindest seit dem Mittelalter offenbar im Gegensatz zur größeren Pfalz in Trier als palatiolum (kleine Pfalz) bezeichnet wurde. Der ansehnliche Gebäudekomplex wurde in nachrömischer Zeit zu verschiedenen Zwecken genutzt und mehrfach grundlegend umgebaut. Erzbischof Albero von Trier (1131-1152) ließ „… die kleine Pfalz …, die zu jener Zeit durch Lage und Alter baufällig und unbewohnbar geworden war, unter großen Aufwendungen wiederherstellen“. In der Folgezeit diente Pfalzel den Erzbischöfen von Trier oftmals als Aufenthaltsort und gewann im 15. Jahrhundert die Bedeutung einer Nebenresidenz, deren Erscheinungsbild durch Ausbauten im 15./16. Jahrhundert dem einer spätmittelalterlichen Burg glich.
Der bis 1539 umfassend neu befestigte Ort und damit auch die Burg wurden 1552 von Markgraf Albrecht II. Alkibiades von Brandenburg (1541-1554) und endgültig 1673/1674 von französischen Truppen zerstört. Von der mittelalterlichen Anlage mit hoch aufragendem Bergfried, Wohnbauten, Ringmauer und umlaufendem Wassergraben haben sich in der Ortsbebauung lediglich noch Reste erhalten, die jedoch sämtlich späterer Zeit und vor allem dem 15./16. Jahrhundert entstammen. Dazu gehört insbesondere ein in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts errichteter Torturm mit Torhalle und drei darüber liegenden Geschossen.
Außer den genannten Burgen existierte im 12. Jahrhundert mit Veldenz nur noch eine weitere Anlage in unmittelbarer Nähe zur Mosel, die einem anderen Eigentümer gehörte. Das erstmals 1156 erwähnte Veldenz ‒ ältere in der Forschung noch immer kolportierte Nennungen sind nicht stichhaltig ‒ war Fernbesitz der Bischöfe von Verdun, welche die Anlage an die gleichnamigen, schon seit dem Ende des 11. Jahrhunderts nachweisbaren Grafen als Lehen ausgaben. 1680 von französischen Truppen zerstört, zeigen die wenigen Reste der einst umfangreichen Burg heute keinerlei dem 12. Jahrhundert eindeutig zuweisbare Bausubstanz mehr. Der älteste Teil dürfte sich auf dem vollständig abgeräumten nördlichen Bereich des innerhalb des Burggeländes am höchsten aufragenden schmalen Felsgrates befunden haben.
4. Burgenbau an der Mosel im 13. Jahrhundert
Wie ganz ähnlich am Mittelrhein zu beobachten, lässt sich der Höhepunkt der Burgenbautätigkeit an der Mosel zweifellos für das 13. und in ähnlichem Umfang auch für das 14. Jahrhundert konstatieren. In Folge der vor allem zu Zeiten des Interregnums unsicheren politischen Verhältnisse erfolgten zahlreiche Neubauten, die wiederum selbst die bis weit in das 14. Jahrhundert festzustellende Zersplitterung der Eigentums- und Besitzrechte im Moselraum fundamentieren sollten. Auffällig sind dabei die schon zu dieser Zeit deutlich erkennbaren Versuche des Erzstifts Trier, seine konkurrierenden Nachbarn gewaltsam oder mit rechtlichen Mitteln zurückzudrängen. Demgegenüber verzeichneten das römisch-deutsche Königtum und vor allem die Pfalzgrafen starke Einbußen an Burgen und Besitzungen. Erstmals nachweisen lassen sich zu dieser Zeit die Ambitionen des Erzstifts Köln, das mit Beilstein und Zeltingen wenigstens zwei Neubauten zur Sicherung seiner Interessen errichten ließ. Nur kurze Zeit konnten sich die Grafen von Blieskastel zu den Burgherren zählen, deren vielleicht noch am Ende des 12. Jahrhunderts errichtete Anlage in Bernkastel zu Beginn des 13. Jahrhunderts von Erzbischof Johann I. von Trier zerstört wurde.
Für das römisch-deutsche Königtum bedeutete das 13. Jahrhundert einen erheblichen Rückschlag in seinen Bemühungen um die Konsolidierung seiner Besitzungen. So gingen Cochem und Klotten 1294 durch Verpfändung an Trier verloren. Ähnlich verhielt es sich faktisch bei Arras und bei Ober- und Niederburg in Kobern, wo nicht klar erkennbare oder umstrittene Eigentumsrechte eine eindeutige Zuordnung zu dieser Zeit stark erschweren. Allein die Reichsburg Eltz verblieb noch in unmittelbarer Verfügungsgewalt des Königs.
Ein anschauliches Beispiel für eine Reichsburg an der Mosel im 13. Jahrhundert bietet Burg Klotten (der heutige Name „Coraidelstein“ ist eine ungeklärte Benennung seit dem 19. Jahrhundert), deren Gründung bisher fast durchgängig für die Mitte des 11. oder gar das Ende des 10. Jahrhunderts angenommen worden ist. Tatsächlich aber sind angesichts fehlender oder gefälschter Belege sämtliche Datierungen vor dem Ende des 13. Jahrhunderts unzutreffend. Als erster gesicherter Hinweis auf eine Burg in Klotten verbleibt eine Urkunde König Adolfs aus dem Jahr 1294, in der dieser dem Trierer Erzbischof Boemund I. die beiden Reichsburgen Cochem und Klotten verpfändete. 1346 durch König Karl IV. endgültig aus dem Reichsgut gelöst und an Trier überschrieben, setzten die Erzbischöfe eigene Burggrafen und Burgmannen ein. In den folgenden Jahrhunderten ging Klotten an zahlreiche verschiedene Lehnsträger, bevor sie vom 17. Jahrhundert bis 1918 an die Ritter und späteren Freiherren und Reichsgrafen von Kesselstatt kam. Auf einem kegelförmigen Berg gelegen, zeigt Klotten eine ovale Grundform mit einem dominierenden viereckigen Hauptturm in der Mitte. Die ursprüngliche Burg nahm in etwa die Westhälfte ein, die spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Erweiterungen fanden vornehmlich in der Osthälfte statt. Mittelalterliche Bausubstanz besitzt nach derzeitigem Kenntnisstand vor allem der in seiner Nordmauer fast in voller Höhe erhaltene fünfgeschossige Bergfried mit Hocheingang, in dessen Sockel- und Erdgeschoss der 6 auf 6 Meter messende Stumpf eines Vorgängerbaus steckt, der nach Zerstörung oder Abriss möglicherweise im 13. oder 14. Jahrhundert mit dem heutigen stärkeren Turm umbaut wurde.
Zweifellos die größten Fortschritte im Bemühen um die Ausweitung und Sicherung seiner Besitzungen durch Bau von Burgen machte im 13. Jahrhundert das Erzstift Trier. Zu den vollständig oder zumindest teilweise eigenen Anlagen Trier, Pfalzel, Treis, Starkenburg und Arras, die sämtlich gehalten werden konnten, kamen durch Pfanderwerb vom Reich 1294 Cochem und Klotten. Das pfalzgräfliche Thurandt wurde nach mehr als einjähriger Belagerung erobert und mit den Erzbischöfen von Köln zu gleichen Teilen übernommen. Zudem konnten durch die drei Neubauten Bischofstein (zwischen 1242 und 1259), Koblenz (gravierender Aus- und Umbau, ab 1277) und Neumagen („Untere Burg“, zwischen 1286 und 1299) weitere wichtige trierische Besitzungen gesichert werden. Als Neuerrichtung muss auch Bernkastel bewertet werden, dessen Vorgängeranlage kurz vor 1200/1201 zerstört und zunächst durch eine Nichtwiederaufbauvereinbarung mit den Grafen von Blieskastel neutralisiert, 1277 jedoch ungeachtet dessen von Erzbischof Heinrich II. wiedererrichtet worden war.
Die trierischen Ambitionen und Vorgehensweise vermittelt die heute „Alte Burg“ genannte Anlage in Koblenz nachdrücklich. 1277 begann Erzbischof Heinrich II. mit dem Bau einer Burganlage, wofür er den Wohnsitz der Koblenzer Ministerialenfamilie von der Arken ankaufte. Zunächst gemeinschaftlich mit der Stadt Koblenz, nach 1278 auf sich selbst gestellt, sorgte Heinrich trotz zwischenzeitlichen schweren Auseinandersetzungen mit den Bürgern für den Fortgang der Arbeiten. Verwaltet von einem trierischen Amtmann, der gleichzeitig als Burggraf fungierte, wurde die Burg in den folgenden Jahrhunderten mehrfach aus- und umgebaut und diente den Erzbischöfen oftmals als Aufenthaltsort. Nach späteren Nutzungen als Blechwarenfabrik und Sparkasse beherbergen die Gebäude heute das Koblenzer Stadtarchiv. Der auf den ersten Blick einheitlich scheinende Baukörper mit seinen beiden markanten Rundtürmen und dem hohen Dach ist das Ergebnis von mehreren Bauphasen, die vom 13. bis in das 17. Jahrhundert reichen. Ältester Teil ist das zwischen beide Türme eingefügte trapezförmige Hauptgebäude, welches im Kern das romanische Burghaus der Familie von Arken aus der Zeit um 1200 darstellt. Dieses erste, ursprünglich zweigeschossige Gebäude wurde unter Erzbischof Heinrich II. nach 1277 um ein Geschoss erhöht und bildete gemeinsam mit dem stattlichen Ostturm den Kern der Burg. Dieser Ostturm selbst stammt in seiner Ursprungsform ebenfalls aus der Zeit nach 1277, wurde aber um 1425 auf Höhe des zweiten Obergeschosses abgebrochen und mit einem achteckigen Aufbau mit vier hohen spitzbogigen Maßwerkfenstern, in dem ein gewölbter Kapellenraum seinen Platz fand, versehen.
Erstmals an der Mosel als Burgengründer und -eigentümer nachweisen lässt sich im 13. Jahrhundert das Erzstift Köln. Mit den neu errichteten Anlagen in Beilstein (vor 1268) und Zeltingen (vor 1288) waren die Erzbischöfe vor allem an der Mittelmosel aktiv, wobei Zeltingen allerdings von 1288 bis 1338 von den Grafen von Veldenz gewaltsam besetzt wurde. Zusammen mit Trier gelang 1248 die Einnahme des pfalzgräflichen Thurandt, das anschließend zwischen beiden Erzstiften aufgeteilt und gemeinschaftlich verwaltet wurde.
Die 1268 erstmals erwähnte Burg in Beilstein (seit dem 17. Jahrhundert „Metternich“ genannt) war seit Beginn ihrer Nachweisbarkeit Eigentum der Kölner Erzbischöfe, die sie an die seit 1098 belegten Herren von Braunshorn als Lehen ausgegeben hatten. Nach deren Aussterben kam die Anlage 1362 über weibliche Lehnsfolge an Kuno und Gerlach von Winneburg, die eine Hälfte von Burg und Herrschaft schon 1363/1365 für 6.000 Gulden an Erzbischof Kuno II. von Trier (1362-1388) verkauften und damit für langwierige Konflikte sorgten. Ein 1488 abgeschlossener Hilfsvertrag zwischen Kuno III. von Winneburg-Beilstein und Kurfürst Philipp von der Pfalz (1476-1508) führte 1488 zum so genannten „Beilsteiner Krieg“, an dessen Ende es Erzbischof Johann II. von Trier gelang, seine Ansprüche auf eine Hälfte von Beilstein mehrheitlich erfolgreich zu verteidigen.
Im Dreißigjährigen Krieg von spanischen und französischen Truppen besetzt, zog Erzbischof Johann III. von Trier nach dem Aussterben der Winneburger 1637 Beilstein als erledigtes Lehen ein und vergab es eineinhalb Jahrzehnte später an die Freiherren von Metternich. 1689 von französischen Soldaten zerstört, kamen die Gebäude nach 1794 in Privatbesitz. Markantes Merkmal der Burg ist der mehr als 20 Meter hohe, fünfeckige Bergfried mit Spitze zur Hauptangriffsseite und Hocheingang auf der Ostseite, der als ältester Bauteil noch aus dem mittleren 13. Jahrhundert stammt. Seine vier Geschosse nehmen Treppen in der Mauerstärke, einen Kamin sowie vereinzelt Schlitzscharten in sich auf. Eine Reihe von Kragsteinen verdeutlicht, dass der Turm zunächst eng umbaut war. Alle weiteren Gebäude, darunter der eindrucksvolle, vor die Ringmauer vorspringende Südwestturm, die Wohnbauten wie auch die weitläufigen Zwingeranlagen auf der der Mosel abgewandten Bergseite, wurden vom 14. bis zum 16. Jahrhundert hinzugefügt.
Vergleichsweise geringe Bedeutung kommt im 13. Jahrhundert den wenigen restlichen Wehranlagen aus anderer Provenienz zu. Die ein Jahrhundert zuvor noch so bedeutenden Pfalzgrafen verloren mit Thurandt 1248 auch ihre letzte Schlüsselposition an der Mosel an Trier und Köln und konnten sich nur noch auf die von ihnen lehnsabhängigen Herren von Ehrenberg mit ihrer gleichnamigen Burg stützen. Als einzige Neugründung, die nicht auf Trier, Köln oder das Reich zurückgeht, darf die Winneburg gelten, die vor 1287 von einem gleichnamigen Geschlecht errichtet worden ist, aber schon wenige Jahre später von Trier ‒ zunächst noch erfolglos ‒ beansprucht wurde. Bestand hatte die Eigentums-/Besitzkonstellation im Fall von Veldenz, das die gleichnamigen Grafen weiterhin als Lehen der Bischöfe von Verdun trugen.
5. Burgenbau an der Mosel im 14. Jahrhundert
Im 14. Jahrhundert setzt sich die Burgenbautätigkeit an der Mosel in unverminderter Intensität fort. Bemerkenswert ist dabei, dass von acht Neubauten nur drei auf Initiative der Trierer Erzbischöfe zurückgingen, drei weitere aber durch Lehnsauftragung dem Erzstift eingegliedert werden konnten. Nochmals verminderte sich der Einfluss der Pfalzgrafen und des römisch-deutschen Königtums, die beide vollständig bzw. fast komplett aus dem Kreis der Burgherren ausschieden, während das Kölner Erzstift seine Positionen auf vergleichsweise geringem Niveau zu stabilisieren vermochte. Den Grafen von Sponheim, die an der Mosel bis dahin lediglich die Starkenburg jeweils zur Hälfte von der Abtei Corvey und vom Erzstift Trier zu Lehen getragen hatten, gelang es, mit der Grevenburg hoch über Traben-Trarbach (vor 1357) mitten in trierischem Territorium einen Neubau zu errichten.
Für das römisch-deutsche Königtum setzte sich die bereits ein Jahrhundert zuvor ablesbare Entwicklung fort: Von den beiden allein noch verfügbaren Reichsburgen Eltz und Arras fiel erstere nach der indirekt verlorenen Eltzer Fehde (1331-1336/37) im Jahr 1354 an Trier. Arras verblieb bei aus den Schriftquellen derzeit kaum erkennbarer Lage der Eigentumsrechte wohl immerhin noch nominell zur Hälfte beim Reich, wobei vor Ort das Erzstift Trier allerdings den deutlich stärkeren Zugriff auf die Burgbesatzung hatte.
Wie schon im Jahrhundert zuvor war es eben dieses Erzstift Trier, das insbesondere unter dem energischen Erzbischof Balduin (1307-1354) eindeutige Zugewinne verzeichnen konnte. Während erneut alle bisher trierischen Burgen (Bernkastel, Bischofstein, Cochem, Klotten, Koblenz, Neumagen, Pfalzel, Treis, Trier sowie anteilig Thurandt und Arras) als ungestörtes Eigentum verblieben, konnten die Winneburg (1304), zur Leyen (oberster Turm, 1333) die Ehrenburg (1340), Klüsserath (vor 1343/47), Bübingen (1346), die Reichsburgen Oberburg und Niederburg in Kobern (1354) und Eltz (1354) sowie die von der Abtei Corvey zu Lehen gehende zweite Hälfte der Starkenburg (1359) und eine Hälfte von Beilstein (1363/1365) großteils auf friedlichem Weg durch Lehnsauftragung, nicht selten aber auch nach militärischen Auseinandersetzungen in das entstehende trierische Territorium eingegliedert werden. Neubauten entstanden aus durchaus unterschiedlichen Gründen mit Ramstein (begonnen zwischen 1300 und 1307) und Balden-Eltz (heute „Trutz-Eltz“, zwischen 1331 und 1336/37) sowie wahrscheinlich auch mit Wincheringen (vor 1341).
Die kleine, auf einem über dem Elzbachtal hoch aufragenden Bergsporn errichtete Burg Balden-Eltz oder Neu-Eltz (heute fälschlich als „Trutz-Eltz“ bezeichnet) wurde im Verlauf der Eltzer Fehde (1331-1336/37) von Erzbischof Balduin von Trier als Belagerungsburg errichtet und nach ihm als „Balden-Eltz“ bezeichnet. Im Verlauf der Auseinandersetzungen soll Burg Eltz von hier aus mit mindestens einer Blide beschossen worden sein. Nach seinem Friedensschluss mit Balduin wurde Johann V. von Eltz 1337 als trierischer Burggraf eingesetzt, wofür er im Gegenzug auf alle Ansprüche auf den Berg und die Umgebung der neuen Anlage verzichtete. Die sehr restriktiven Regelungen hinsichtlich des Burggrafenamtes verdeutlichen die Absicht des Trierer Erzbischofs, die Eltzer Reichsministerialen als trierische Dienstmannen und damit weiterhin als Unfreie zu behandeln. Wie spätere Urkunden zeigen, hat sich die Familie von Eltz nicht an die ebenfalls 1337 vereinbarte Verpflichtung zum baulichen Unterhalt gehalten, so dass die Burg schon 1453 unbewohnt war und wüst lag. Wohl weiterhin verfallen, verblieb die seit dem 15. Jahrhundert als „Neu-Eltz“ bezeichnete Anlage bis in das 18. Jahrhundert im Besitz der Familie von Eltz. Heute zeigt die bemerkenswerte Burgruine noch größtenteils originalen Baubestand, zu dem ein quadratischer Wohnturm samt schräg verlaufender Schildmauer sowie einer Ringmauer gehört. Der nahezu in voller Höhe erhaltene Turm aus Bruchsteinmauerwerk verfügt bei teilweiser Unterkellerung über zwei Vollgeschosse mit Resten eines breiten Kamins, Fenstern und Wandschränken sowie einer Treppe in der Mauerstärke.
Nur geringe Einbußen erlitt im 14. Jahrhundert das Erzstift Köln. In der Zeit um 1365 ging zwar offensichtlich eine Hälfte von Beilstein an Trier verloren, so dass sich dort ganz ähnlich wie im Fall von Thurandt eine Doppeleigentümerschaft Trier ‒ Köln ergab, doch gelang mit der Errichtung von Lösnich vor 1343 noch ein weiterer Neu-bau einer Wehranlage. Im ungestörten Eigentum verblieb zudem Zeltingen, das zusammen mit dem gleichnamigen kölnischen Amt 1345 für mehrere Jahrzehnte an Konrad von Lösnich verpfändet wurde.
Gegenüber den sehr erfolgreichen Expansionsbestrebungen der Trierer Erzbischöfe schaffte es mit den Grafen von Sponheim lediglich ein Grafengeschlecht für knapp 100 Jahre, sich an der Mosel im Gebiet um Traben-Trarbach zu etablieren. Mit dem Neubau der hoch über dem Flusstal aufragenden, erstmals 1357 genannten und wohl kurz zuvor errichteten Grevenburg (= „Grafenburg“) schuf sich die Familie einen wichtigen Stützpunkt für ihre Besitzungen im Moselgebiet, der rasch die nahe gelegene, nach 1359 vollständig von Trier zu Lehen gehende Starkenburg als Residenz der Hinteren Grafschaft Sponheim abgelöst haben dürfte. 1421 fiel die Anlage zusammen mit einer großen Zahl von anderen Burgen und Orten unter die Verpfändungsmasse, die Graf Johann V. von Sponheim (-Starkenburg) (1414/17-1437) dem Markgrafen Bernhard von Baden (1372-1431) für 200.000 Gulden überschrieb. Nach dem Aussterben der Grafen von Sponheim 1414/1437 kam sie zusammen mit der Hinteren Grafschaft an Markgraf Jakob I. von Baden (1431-1453) und Graf Friedrich III. von Veldenz (1396-1444).
Im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges 1620 und 1632 belagert und erobert, wurde die Anlage 1687 im Zusammenhang mit dem Bau der Festung Montroyal durch den französischen Festungsbaumeister Sébastien Le Prestre de Vauban (1633-1707) grundlegend modernisiert und erweitert. 1702-1704 heftig umkämpft und nochmals bis 1734 in Stand gesetzt, sprengten französische Truppen 1735 die beeindruckende, zur Festung überformte Burg. Die wenigen sichtbaren Trümmer der einst imposanten Anlage ermöglichen keine fundierte Bauanalyse, nur der Zustand des 17. und 18. Jahrhunderts lässt sich an Hand von mehreren historischen Abbildungen, Grundrissen und Schriftquellen einigermaßen rekonstruieren. Der Kernbereich der spätmittelalterlichen Burg aus der Zeit um 1350 lässt sich mit dem heutigen Hof mit der Burgschänke gleichsetzen, wo sich ehemals ein mächtiger rechteckiger Wohnturm von etwa 23 auf 17 Metern Ausdehnung mit vier Geschossen und vier runden Ecktürmen erhob. Fragmentarisch blieb seine Ostseite erhalten, deren Ecktürme noch mehrere Meter aufragen. An den nordöstlichen Turmstumpf lehnt sich heute die Burgschänke an. Die gegenwärtig die Burg- und Festungsruine dominierende Gebäudewand ‒ ein Überrest der so genannten Kommandantenwohnung ‒ datiert dagegen erst in das späte 17. Jahrhundert.
Die wenigen übrigen Wehrbauten anderer Provenienz bedürfen im 14. Jahrhundert kaum noch der Erwähnung, da sie zudem fast vollständig in trierische Hände kamen Die rheinischen Pfalzgrafen büßten mit der Anerkennung der trierischen Eigentümerschaft im Jahr 1340 auch noch die Ehrenburg als letzte ihrer Burgen in unmittelbarer Nähe zur Mosel ein, und auch die Herren von Winneburg mussten 1304 ihre Stammburg zu Lehen auftragen. Einzig und allein Burg Veldenz blieb als Lehen der Bischöfe von Verdun in Händen der Grafen von Veldenz. Aus den Reihen der Edelfreien unternahmen im 14. Jahrhundert immerhin zwei Geschlechter Versuche, ihre Besitzungen durch den Bau von Burgen zu sichern ‒ nämlich die Herren von Bübingen (Bübingen, vor 1346) und von der Leyen (oberster Turm von der Leyen b. Ürzig, vor 1333), deren Neubauten allerdings schon kurze Zeit später durch Lehnsauftragung an das Erzstift Trier fielen (oberster Turm von der Leyen b. Ürzig 1333, Bübingen 1346 ‒ letzteres allerdings 1352 und im 16. Jahrhundert auch als Lehen der Grafen von Luxemburg nachgewiesen). Wann und von wem die Burg der Herren von Daun in Klüsserath errichtet worden ist, bleibt ungewiss; 1338/47 jedenfalls wird sie bei ihrer Ersterwähnung ebenso als trierisches Lehen bezeichnet.
6. Burgenbau an der Mosel im 15. Jahrhundert
Das 15. Jahrhundert bedeutet für den Burgenbau an der Mosel eine markante Zäsur. Rasante Fortschritte in Baukunst und Technik sorgten dafür, dass immerhin einige wenige der bereits vorhandenen Anlagen um- und ausgebaut wurden, um den sich rasch fortentwickelnden Feuerwaffen standhalten zu können, so etwa Beilstein (äußerer Zwinger). Nach bisherigem Forschungsstand lässt sich jedoch kein einziger Neubau einer Wehranlage für diesen Zeitraum gesichert belegen ‒ die damals ersterwähnte Wildburg (1406) und die auch „von der Leyen“ genannte Oberburg in Gondorf (1439) dürften älter und sicherlich spätestens im 14. Jahrhundert entstanden sein. Einzelne Baubefunde scheinen darauf hinzudeuten, dass die sicher 1510, vielleicht aber indirekt auch schon 1485 genannte, im Besitz der Herren von Bübingen befindliche Burg Thorn schon im 15. Jahrhundert bestanden hat; ob die im 16. Jahrhundert grundlegend umgestaltete Anlage nicht noch älter ist, muss angesichts fehlender archäologischer und schriftlicher Quellen gleichfalls offen bleiben.
Seine Begründung findet dieser relative Stillstand im Burgenbau allerdings nicht nur in den genannten Veränderungen in Baukunst und Technik. Verantwortlich dafür war auch die merkliche Stabilisierung der territorialen Verhältnisse ohne gravierende Veränderungen gegenüber dem 14. Jahrhundert. Für den Großteil der Burgen an der Mosel bedeutete dies, dass die bisherigen Eigentumsverhältnisse Bestand hatten. Allein die Grevenburg fiel nach dem Aussterben der Grafen von Sponheim im Jahr 1437 zusammen mit der Hinteren Grafschaft Sponheim an eine Erbengemeinschaft (Markgraf Jakob von Baden und Graf Friedrich III. von Veldenz), und Veldenz kam 1444 an Herzog Stephan von Pfalz-Simmern-Zweibrücken (1410-1453) und dessen Familie. Dominierende Territorial- und Burgherren zwischen Perl und Koblenz blieben die Erzbischöfe von Trier.
7. Zerstörungen und Nachleben
Ganz ähnlich wie bei den Burgen am Mittelrhein geben auch hinsichtlich der Anlagen an der Mosel zahlreiche Schriftquellen seit dem frühen 11. Jahrhundert Zeugnis von erfolgreichen oder missglückten Belagerungsversuchen. Wichtig ist zu betonen, dass eine erfolgreiche Belagerung wohl mit einer Eroberung, nicht aber zwangsweise mit einer nachfolgenden Zerstörung einhergehen musste. Deutlich voneinander zu trennen sind dabei konfliktbedingte Militäraktionen zur eigentlichen Kernzeit der Burgen, sprich im Hoch- und Spätmittelalter, von nachmittelalterlichen Zerstörungswellen zu einer Zeit, in der die mittelalterlichen Wehranlagen, so sie denn nicht zur Festung ausgebaut worden waren, als veraltete Fortifikationen längst ausgedient hatten.
Als ältestes Ereignis dieser Art darf die Eroberung und Zerstörung der ersten Burg in Bernkastel im Jahr 1016 durch Erzbischof Poppo von Trier gelten, wenn man denn nicht die letztlich erfolgreiche Belagerung des ursprünglich römischen und im Mittelalter weiter genutzten „Palastes“ in Trier acht Jahre zuvor durch König Heinrich II. dafür in Erwägung ziehen möchte. Belegt sind ‒ in chronologischer Reihenfolge ‒ Auseinandersetzungen um Treis (1121 Belagerung und Eroberung durch Kaiser Heinrich V., 1148 Belagerung und Eroberung durch Erzbischof Albero von Trier), Arras (1137 Belagerung und Eroberung durch Erzbischof Albero von Trier), Pfalzel (1142 Belagerung durch Graf Heinrich I. von Namur), Cochem (1151 Belagerung und Eroberung durch König Konrad III., 1282 durch König Rudolf), Bernkastel (vor 1200/1201 Belagerung und Zerstörung durch Erzbischof Johann I. von Trier), Thurandt (1247-1248 Belagerung und Eroberung durch die Erzbischöfe Arnold II. von Trier und Konrad von Köln), Eltz (1331-1337 Belagerung durch Erzbischof Balduin von Trier), Ehrenburg (1394 Belagerung durch ein Aufgebot der Stadt Koblenz), Beilstein und Winneburg (1488 jeweils Belagerung durch Erzbischof Johann II. von Trier). Üblicherweise wurden eroberte und zerstörte Anlagen später wieder aufgebaut, auch wenn dies wie im Fall des zweimal zerstörten Bernkastel (1016, vor 1200/1201) aus unterschiedlichen Gründen jeweils mehrere Jahrzehnte lang dauern konnte.
Mit dem Anbruch der Neuzeit im frühen 16. Jahrhundert beginnt auch der Niedergang der Burgen an der Mosel. Nur wenige Anlagen wurden den zeitgemäßen fortifikatorischen Erfordernissen angepasst und zur Festung ausgebaut (Grevenburg) oder wenigstens mit Festungselementen ausgestattet (Ehrenburg). Dagegen finden sich nicht selten Um- oder Ausbaumaßnahmen, die den Wohncharakter stärker betonten und für den Übergang von der Burg zum Schloss sorgten (Eltz, Oberburg Gondorf, Koblenz, Thorn, Wincheringen). Vielfach ist nicht bekannt, ob am Ende eine gewaltsame Zerstörung oder aber schlicht Verfall durch Offenlassung die Ur-sache für den Untergang der Moselburgen war (Arras, Klotten, Nieder- und Ober-burg Kobern, Treis, Wildburg). Im Verlauf des Dreißigjährigen Kriegs erlitten Bernkastel (mehrfach belagert und erobert), die Grevenburg (1620, 1632), Veldenz (1630/1631), die Ehrenburg (1640) und die Winneburg (1637) Schäden unterschiedlichen Ausmaßes. Die nahezu für jede Moselburg behauptete Annahme einer Zerstörung durch französische Truppen im Verlauf des Pfälzischen Erbfolgekriegs (1688-1697, hier vor allem 1688/1689), wie sie für Beilstein, Cochem, die Ehrenburg und die Winneburg tatsächlich zutreffen dürfte, bedarf in zahlreichen an-deren Fällen noch des Nachweises. Erst in noch späterer Zeit wurden die Grevenburg (1735 durch französische Truppen), die Oberburg in Gondorf (1876 durch Eisenbahn-, 1971 durch Straßenbau), Eltz (1920 durch Brand), Trier (1944) sowie Bübingen und Thorn (1945) vollständig oder teilweise zur Ruine. Unzerstört im Sinne eines vollständig erhaltenen mittelalterlichen Baubestands blieb keine einzige der Moselburgen.
Im 19. Jahrhundert erlebte die Mosel eine bescheidene eigene Epoche der Romantik, der es allerdings mit Blick auf den Wiederaufbau von Burgruinen im Vergleich zum Mittelrhein an potenten Geldgebern und damit an Dynamik deutlich ermangelte. Ein vereinzeltes zeitgenössisches und geradezu grandioses Beispiel stellt Cochem dar, das von 1874-1877 durch den Berliner Unternehmer Jakob Louis Ravené (1823-1879) gemäß einer historischen Abbildung nach außen hin im Bau-zustand des späten 16. Jahrhunderts, im Inneren aber hochmodern ausgebaut wurde. Als späte Nachzügler dürfen Arras (1909-1910), Thurandt (1915-1916), Bischofstein (nach 1930-1938) und die Wildburg (nach 1956) gelten, die in mehr oder minder gelungener Weise verbliebene mittelalterliche und neuzeitliche Bausubstanz mit romantischen Einflüssen sowie mit Elementen des Heimatstils in Einklang zu bringen versuchten.
Archive
Die relevanten Archivalien zu den Burgen an der Mosel befinden sich aufgrund der zahlreichen (mittelalterlichen) Eigentümer und Besitzer und der generell vielfältigen rheinischen Archivgeschichte in zahlreichen deutschen Archiven. Zu nennen sind dabei vor allem das Landeshauptarchiv in Koblenz, das Luxemburger Nationalarchiv (Archives nationales de Luxembourg), das Bayerische Hauptstaatsarchiv in München, das Bistumsarchiv in Trier, die Stadtarchive in Koblenz und Trier sowie private Adelsarchive.
Gedruckte Schriftquellen
Eine spezielle Quellenedition zu den Burgen an der Mosel fehlt bisher. Neben den in besitzgeschichtlicher Hinsicht relevanten Quelleneditionen zu den Erzbischöfen von Köln (Regesten, 1901-2001), den Erzbischöfen von Trier (Regesten, 1861) ˗˗ darunter besonders bedeutend die Urkunden Erzbischof Balduins von Trier (Regesten, 1980) ˗˗ , den Pfalzgrafen bei Rhein (Regesten, 1894-1939), den Grafen von Luxemburg (Regesten, 1861-1870) und den Grafen von Sponheim (Regesten, 1987-1991) sind zu berücksichtigen:
Günther, Wilhelm, Codex diplomaticus Rheno Mosellanus. Urkunden Sammlung zur Geschichte der Rhein und Mosellande, der Nahe und Ahrgegend, und des Hundsrückens, des Meinfeldes und der Eifel, 5 Teile, Coblenz 1822 26.
Mittelrheinische Regesten oder chronologische Zusammenstellung des Quellen Materials für die Geschichte der Territorien der beiden Regierungsbezirke Coblenz und Trier in kurzen Auszügen, 4 Teile, bearb. u. hrsg. v. Ad[am] Goerz, Coblenz 1876 86.
Urkundenbuch zur Geschichte der, jetzt die Preussischen Regierungsbezirke Coblenz und Trier bildenden mittelrheinischen Territorien, hrsg. u. bearb. v. Heinrich Beyer, Leopold Eltester u. Adam Goerz, 3 Bände, Coblenz 1860 74. – Band 4: Hardt, Albert, Urkundenbuch zur Geschichte der mittelrheinischen Territorien, Band 4: Zeitraum 1260 bis 1272 (2.4.) – Zeit des Interregnums, Wiesbaden 2007. – Band 5: ders., Urkundenbuch zur Geschichte der mittelrheinischen Territorien, Band 5: Zeitraum 1272 (2.4.) bis 1280 – Zeit der Herrschaft des Königs Rudolf von Habsburg, Wiesbaden 2007.
Wampach, Cam[illus/ille], Urkunden- und Quellenbuch zur Geschichte der altluxemburgischen Territorien bis zur burgundischen Zeit, 10 Bände, Luxemburg 1935-55. ‒ Band 11: Die Urkunden Graf Johanns des Blinden (1296-1346) (Publications du CLUDEM, t. 11 u. 22), hrsg. v. Aloyse Estgen, Michel Pauly u.a., 2 Bde., Luxembourg 1997/2009.
Literatur
Eine verlässliche wissenschaftliche Veröffentlichung, die sämtliche mittelalterliche Burgen an der Mosel zum Untersuchungsgegenstand macht, liegt bisher nicht vor. Zusammenfassender Überblick von 30 ausgewählten Anlagen:
Thon, Alexander u. Stefan Ulrich, „Von den Schauern der Vorwelt umweht …“. Burgen und Schlösser an der Mosel, Regensburg 2007.
Außer der dort angeführten Literatur sind seitdem erschienen:
Die Burgen an der Mosel. Akten der 2. internationalen wissenschaftlichen Tagung in Oberfell an der Mosel, hrsg. v. Olaf Wagener, Koblenz 2007, S. 62-82 (Tagungsband mit verschiedenen Aufsätzen unterschiedlicher thematischer Ausrichtung und Qualität).
Ulrich, Stefan, Arras, Beilstein, Bernkastel, Cochem und Thurandt. Beobachtungen an einigen Moselburgen, in: Burgen und Schlösser 49, 2008, S. 154-160.
Thon, Alexander/Liessem, Udo, Niederburg und Oberburg Kobern mit Matthiaskapelle (Edition Burgen, Schlösser, Altertümer Rheinland-Pfalz, Führungsheft 26), Regensburg 2008.
Romantik und Historismus an der Mosel. Verklärtes Mittelalter oder geprägte Moderne?, hrsg. v. Jens Friedhoff u. Olaf Wagener, Petersberg 2009.
Thon, Alexander, Die Ersterwähnung der Ehrenburg im Jahr 1161, in: Festschrift 850 Jahre Ehrenburg, hrsg. v. Freundeskreis der Ehrenburg e.V., Ehrenburg 2011, S. 8-13.
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Thon, Alexander, Burgen an der Mosel, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/burgen-an-der-mosel/DE-2086/lido/5b432ce779a218.22316967 (abgerufen am 07.10.2024)