Der „Rhein-Sieg-Kreis“ im Nationalsozialismus – Strukturen, Behörden und Parteiinstanzen

Thomas Roth (Köln/Bonn)

Abzeichen des HJ Gaus Siegkreis. (Archiv des Rhein-Sieg-Kreises)

1. Forschungslage

Be­trach­tet man die For­schungs­la­ge zum „Rhein-Sieg-Kreis“ im Na­tio­nal­so­zia­lis­mus, so sind zwei Strän­ge der Aus­ein­an­der­set­zung mit dem lo­ka­len NS-Re­gime be­son­ders deut­lich aus­ge­bil­det. Der ei­ne be­zieht sich auf die jahr­hun­der­te­lan­ge jü­di­sche Ge­schich­te im Kreis­ge­biet und ist von dem Ge­dan­ken ge­prägt, das fast nur noch auf Fried­hö­fen sicht­ba­re jü­di­sche Er­be in Er­in­ne­rung zu be­hal­ten. Aus­ge­hend von ers­ten Ar­bei­ten und In­itia­ti­ven Hel­mut Fi­schers, Hein­rich Linns oder Man­fred van Reys in den 1970er und 1980er Jah­ren sind bis in die letz­ten Jah­re hin­ein Pu­bli­ka­tio­nen er­schie­nen, die die Ge­schich­te der jü­di­schen Ge­mein­den re­kon­stru­ie­ren, die noch er­hal­te­nen Grab­stät­ten do­ku­men­tie­ren und die an­ti­se­mi­ti­sche Aus­gren­zung vor Ort nach­zeich­nen, kul­mi­nie­rend in der Schoah. Auf­grund der In­itia­ti­ve des Kreis­ar­chivs und des En­ga­ge­ments ge­schichts­in­ter­es­sier­ter Bür­ge­rin­nen und Bür­ger – bei­spiel­haft zu be­sich­ti­gen in der Ge­denk­stät­te „Land­ju­den“ an der Sieg – ist die­ses zen­tra­le Ka­pi­tel na­tio­nal­so­zia­lis­ti­scher Herr­schaft in­ten­siv er­forscht.

An­de­re An­sät­ze, die Kreis­ge­schich­te von den „Op­fern“ der Ver­fol­gung her zu schrei­ben, sind bis­her we­ni­ger aus­ge­prägt. Das 2019 ab­ge­schlos­se­ne For­schungs­pro­jekt zu den NS-Me­di­zin­ver­bre­chen im Kreis, des­sen Er­geb­nis­se 2020 pu­bli­ziert wor­den sind[1], mar­kiert hier ei­nen wich­ti­gen Schritt, in­dem die nach 1945 lan­ge aus dem Ge­den­ken aus­ge­schlos­se­nen psy­chisch Kran­ken, Men­schen mit geis­ti­gen oder kör­per­li­chen Be­hin­de­run­gen und so­zi­al Un­an­ge­pass­ten stär­ker ins Zen­trum der Er­in­ne­rung ge­rückt wer­den. Und das be­reits seit 2011 lau­fen­de LVR-Pro­jekt zum Wi­der­stand im Rhein­land 1933-1945[2] lie­fert wich­ti­ge An­sät­ze, um die Be­trof­fe­nen po­li­ti­scher Ver­fol­gung in den Blick zu neh­men, zu wür­di­gen und wei­te­re Un­ter­su­chun­gen an­zu­sto­ßen.

Ne­ben den Ar­bei­ten zum weit­ge­hend zer­stör­ten jü­di­schen Er­be an Sieg und Rhein hat auch die Orts­ge­schichts­schrei­bung ei­ni­ges zur Un­ter­su­chung der NS-Zeit im Kreis bei­ge­tra­gen. Als Pio­nier­stu­die kann hier Nor­bert Flör­kens Ar­beit über „Trois­dorf un­ter dem Ha­ken­kreu­z“ aus den 1980er Jah­ren gel­ten, die deut­lich ge­prägt ist vom ge­sell­schafts­kri­ti­schen Geist der Ge­schichts­werk­stät­ten und de­ren Mot­to „Gra­be, wo Du stehst“ mit ei­nem em­pha­ti­schen „Nie wie­der“ ver­bin­det. Deut­lich er­wei­tert hat sich die Lo­kal­ge­schichts­schrei­bung zur NS-Zeit seit der Jahr­tau­send­wen­de. Nach Trois­dorf gibt es nun auch ein­zel­ne Un­ter­su­chun­gen und Do­ku­men­ta­tio­nen zu Me­cken­heim, Loh­mar, Spich, Men­den, Nie­der- und Ober­kas­sel; für Rhein­bach lie­gen in­zwi­schen aus­führ­li­che Ar­bei­ten zu ver­schie­de­nen As­pek­ten der NS-Herr­schaft vor. Für Sieg­burg hat Mar­kus Bau­er vor ei­ni­gen Jah­ren mit sei­ner Stu­die über „Macht­er­grei­fung und Gleich­schal­tung in Sieg­bur­g“ wich­ti­ges Ter­rain er­schlos­sen. Schlie­ß­lich ist Ans­gar Kleins vo­lu­mi­nö­se Ar­beit zum Na­tio­nal­so­zia­lis­mus im Sie­ben­ge­bir­ge zu nen­nen. Sie the­ma­ti­siert nicht nur die Fa­cet­ten und Ent­wick­lungs­pha­sen des na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Macht­ap­pa­rats, son­dern nimmt auch die ver­schie­de­nen Ver­fol­gungs­kam­pa­gnen und Op­fer­grup­pen in den Blick und stellt, auch auf­grund ih­rer Ma­te­ri­al­dich­te, ge­wis­ser­ma­ßen ei­ne „Kreis­ge­schich­te“ im Klei­nen dar. 

Al­ler­dings gibt es noch et­li­ches un­er­schlos­se­nes Ge­biet in der Ge­schich­te des Rhein-Sieg-Krei­ses. So be­ste­hen et­wa, was die Ar­beits­wei­se der NS-Be­hör­den und die lo­ka­le „Tä­ter­for­schun­g“ an­geht, noch Lü­cken. Und ei­ne Zu­sam­men­füh­rung der ver­schie­de­nen Orts­ge­schich­ten, ein Ver­gleich der un­ter­schied­li­chen so­zia­len und po­li­ti­schen Kon­tex­te, in de­nen sich der Na­tio­nal­so­zia­lis­mus ent­fal­te­te, wä­re noch zu leis­ten. In­so­fern kön­nen auch die fol­gen­den Aus­füh­run­gen al­len­falls skiz­zen­haft sein. 

2. Ausgangslage

Was heu­te der Rhein-Sieg-Kreis ist, wa­ren da­mals zwei Land­krei­se, der Land­kreis Bonn mit 1933 rund 100.000 und der Sieg­kreis mit knapp 150.000 Ein­woh­nern. Die­se bei­den Land­krei­se wa­ren si­cher nicht das per­fek­te Ter­rain für die Ent­fal­tung des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus. Zwar gab es, an­ders als in Köln, kein aus­ge­präg­tes lin­kes Ar­bei­ter­mi­lieu, das ein Ge­gen­ge­wicht zur NS-Be­we­gung bil­den konn­te, sieht man ein­mal von In­dus­trie­stand­or­ten wie Trois­dorf oder der lo­ka­len „Hoch­bur­g“ (Ans­gar Klein) der Kom­mu­nis­ten in Hon­nef (heu­te Stadt Bad Hon­nef) ab.[3] KPD und SPD ver­buch­ten wäh­rend der Wei­ma­rer Re­pu­blik hier meist Wahl­er­geb­nis­se von um die oder un­ter 20 Pro­zent. Es gab je­doch an­de­re Fak­to­ren, die ei­ne früh­zei­ti­ge Aus­deh­nung der NS-Be­we­gung be­hin­der­ten. Der über­wie­gend agra­risch ge­präg­te Kreis mit sei­ner meist kon­ser­va­ti­ven Land­be­völ­ke­rung war ein Kern­ge­biet des ka­tho­li­schen Mi­lieus. Dies zeig­te sich nicht nur am dich­ten Ge­we­be von Pfarr­ge­mein­den, ka­tho­li­schen Ver­ei­nen und Ver­bän­den, das auch die Dör­fer und Klein­städ­te über­zog, son­dern an den po­li­ti­schen Wah­len. Die Zen­trums­par­tei er­ziel­te wäh­rend der Wei­ma­rer Re­pu­blik im Kreis­ge­biet durch­schnitt­lich Wahl­er­geb­nis­se von rund 60 Pro­zent, deut­lich mehr als im „hei­li­gen Köln“. Die NS­DAP blieb vor die­sem Hin­ter­grund bis An­fang der 1930er Jah­re ei­ne Mi­nia­tur­par­tei: 1929 hat­te sie im heu­ti­gen Kreis­ge­biet nur we­ni­ge hun­dert Mit­glie­der, im da­ma­li­gen Sieg­kreis 197, in Sieg­burg wa­ren es 58.[4] 

 

Seit Be­ginn der 1930er Jah­re er­ziel­te die NS­DAP aber auch an Sieg und Rhein im­mer grö­ße­re Mo­bi­li­sie­rungs­er­fol­ge, nicht zu­letzt in der Mit­tel­schicht. Ei­nen wich­ti­gen Hin­ter­grund bil­de­te die Welt­wirt­schafts­kri­se, die be­son­ders den oh­ne­hin mit wirt­schaft­li­chen Struk­tur­pro­ble­men kämp­fen­den Sieg­kreis schwer traf, mit über­durch­schnitt­li­cher Ar­beits­lo­sen­quo­te und star­ker kom­mu­na­ler Ver­schul­dung. In die­ser Zeit drang die Köl­ner Gau­lei­tung mit ih­ren Pro­pa­gan­da­ak­tio­nen zu­neh­mend in die länd­li­chen Ge­bie­te vor. Par­tei­red­ner und NS-Trupps aus Köln und dem Bon­ner Raum tra­ten in der Vor­ei­fel, in den Or­ten des Sie­ben­ge­bir­ges und des Sieg­tals auf; und in et­li­chen Ge­mein­den des Krei­ses bil­de­ten sich NS­DAP-Ab­le­ger, klei­ne Grup­pen von Ak­ti­vis­ten, „haus­ge­mach­te“ Na­tio­nal­so­zia­lis­ten. Sie soll­ten das po­li­ti­sche Kli­ma vor Ort bald prä­gen und nach der Macht­über­nah­me in wich­ti­ge Po­si­tio­nen rü­cken.

3. Die „Nazifizierung“ des Kreisgebietes

An­fang 1933 stand die NS-Be­we­gung im­mer noch schlech­ter da, als in den meis­ten an­de­ren Ge­gen­den des Deut­schen Rei­ches: Der Ap­pa­rat der NS­DAP dürf­te we­ni­ge tau­send Per­so­nen um­fasst ha­ben, bei den Wah­len vom 5.3.1933 er­ziel­te die NS­DAP im Land­kreis Bonn und im Sieg­kreis et­wa 30 Pro­zent, wäh­rend das Zen­trum im­mer noch bei knapp 45 Pro­zent stand (und KPD und SPD et­wa 18 Pro­zent der Stim­men er­hiel­ten). Die NS-Par­tei ver­füg­te aber über ge­nü­gend per­so­nel­le Res­sour­cen und Un­ter­stüt­zung in der lo­ka­len Ge­sell­schaft, um bis En­de des Jah­res die „Mach­t“ im Kreis­ge­biet fast völ­lig zu über­neh­men. Na­tür­lich war die­se Macht­über­nah­me ein we­sent­lich von oben ge­steu­er­ter Pro­zess, doch ist sie oh­ne lo­ka­le In­itia­ti­ve nicht denk­bar. Die von oben an­ge­ord­ne­ten Säu­be­rungs- und Un­ter­drü­ckungs­maß­nah­men wur­den durch ört­li­chen Ak­tio­nis­mus und den Ter­ror der Ba­sis er­gänzt. Im Rhein-Sieg-Kreis kam es zwar nicht zu Ge­wal­te­rup­tio­nen wie in Köln, wo im Lau­fe des Jah­res 1933 hun­der­te von Men­schen durch Trupps der NS­DAP, SA oder SS will­kür­lich ver­haf­tet, ge­de­mü­tigt, miss­han­delt, ge­fol­tert, ein­zel­ne er­mor­det wur­den. Doch auch hier eta­blier­te sich das NS-Re­gime mit Dro­hung und Ge­walt.

In Sieg­burg kam es be­reits im Fe­bru­ar 1933 zu ei­nem be­waff­ne­ten Über­fall der SS auf das „Volks­haus“, den Sitz von SPD und Ge­werk­schaf­ten. Im Sie­ben­ge­bir­ge gab es in den Wo­chen nach der Macht­über­nah­me pro­vo­zie­ren­de Auf­mär­sche von NS-Ver­bän­den, ver­ein­zelt Schie­ße­rei­en, will­kür­li­che Ver­haf­tun­gen und Miss­hand­lun­gen von An­ge­hö­ri­gen der po­li­ti­schen Lin­ken; in Rhein­bach be­droh­ten SA-Leu­te die im Ort be­kann­ten So­zi­al­de­mo­kra­ten.[5] Die Zer­stö­rung der Re­pu­blik wur­de durch das His­sen der Ha­ken­kreuz­fah­ne an öf­fent­li­chen Ge­bäu­den ge­fei­ert, die meist dem Zen­trum an­ge­hö­ren­den Bür­ger­meis­ter wur­den ab­ge­setzt und durch NS-Ak­ti­vis­ten er­setzt. In we­ni­gen Mo­na­ten wur­den 70 Pro­zent der Ge­mein­de­lei­ter im Sieg­kreis ent­las­sen, meist be­glei­tet von über­wie­gend sub­stanz­lo­sen Vor­wür­fen der Kor­rup­ti­on oder des Amts­miss­brauchs.[6] 

Wie die neue­re NS-For­schung im­mer wie­der be­tont hat, be­ruh­te der Er­folg des NS-Re­gimes nicht nur auf Ge­walt und Re­pres­si­on, son­dern auch auf so­zia­len und kul­tu­rel­len An­ge­bo­ten, der Mög­lich­keit der „Teil­ha­be“. Mö­gen et­li­che Ein­woh­ner des Sieg­krei­ses von dem ra­bia­ten Auf­tre­ten der NS-Ver­bän­de ein­ge­schüch­tert oder ab­ge­sto­ßen ge­we­sen sein, et­wa von den An­grif­fen der HJ auf ka­tho­li­sche Ju­gend­li­che, blas­phe­mi­schen Pa­ro­len und kir­chen­feind­li­chen Graf­fi­ti, oder von den Über­fäl­len auf jü­di­sche Kauf­leu­te und Ge­schäf­te, den Boy­kott- und Pran­ger­ak­tio­nen der SA und SS, wie sie auch in Sieg­burg und Rhein­bach or­ga­ni­siert wur­den. Die ver­brei­te­te Be­reit­schaft mit­zu­ma­chen, der Wunsch, nicht zu­rück­zu­ste­hen, trug der NS-Par­tei auch hier bald zahl­rei­che Mit­glie­der und Un­ter­stüt­zer ein. Ar­min Nol­zen hat ge­zeigt, dass das Rhein­land sei­nen an­fäng­li­chen Rück­stand in Sa­chen „Na­zi­fi­zie­run­g“ nach 1933 rasch auf­hol­te. Lag der NS­DAP-Gau Köln-Aa­chen bei der Zahl der Par­tei­mit­glie­der bis 1932/1933 noch im letz­ten Vier­tel der NS-Gaue, so stieg die Zahl der „Par­tei­ge­nos­sen“ in den fol­gen­den zwei Jah­ren um mehr als das Fünf­fa­che. „Der Zu­lauf so ge­nann­ter März­ge­fal­le­ner zur Par­tei war in der Rhein­pro­vinz so hoch wie nir­gend­wo an­ders.“[7] Auch im Kreis­ge­biet wuchs die Par­tei­or­ga­ni­sa­ti­on in den fol­gen­den Jah­ren kon­ti­nu­ier­lich in die Ge­sell­schaft hin­ein.

Die Geschäftsstelle der NSDAP in Köln am Hohenzollernring 81 mit einem antisemitischen Transparent 1928. (NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln/Sammlung Ewald (Bp 7796))

 

In den Or­ten des Sie­ben­ge­bir­ges ver­vier­fach­te sich die Zahl der Par­tei­mit­glie­der nach Ans­gar Kleins Schät­zun­gen zwi­schen 1932 und 1943 auf knapp 3.000 Per­so­nen. In Kö­nigs­win­ter wur­de 1933 ei­ne Lan­des­füh­rer­schu­le (ab 1935 Reichs­schu­lungs­burg) für die Schu­lung der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ka­der er­rich­tet, in Hon­nef 1934 ei­ne Gau­füh­rer­schu­le (be­zie­hungs­wei­se Gau­schu­lungs­burg) ein­ge­rich­tet. Hen­nef be­kam 1939 ei­ne Kreis­schu­lungs­burg der Par­tei und 1941/1942 wur­de ei­ne Adolf-Hit­ler-Schu­le in Schloss Dra­chen­burg sta­tio­niert. Un­ter den Fah­nen der in Bonn und Sieg­burg sta­tio­nier­ten SA-Stan­dar­ten 160 und 29 stan­den An­fang der 1930er Jah­re meh­re­re hun­dert Män­ner, meh­re­re Zehn­tau­send aus dem Kreis­ge­biet dürf­ten im Lau­fe des NS-Re­gimes in die Deut­sche Ar­beits­front und die Na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Volks­wohl­fahrt ein­ge­tre­ten sein. Und die Hit­ler-Ju­gend, die bis Mit­te der 1930er Jah­re mit den ka­tho­li­schen Ju­gend­or­ga­ni­sa­tio­nen um die Er­zie­hung der nach­kom­men­den Ge­ne­ra­tio­nen kon­kur­rier­te, bau­te ein im­mer dich­te­res Netz von Grup­pen, Stütz­punk­ten und HJ-Hei­men auf.[8] 

Die „Na­zi­fi­zie­run­g“ der lo­ka­len Ge­sell­schaft wur­de durch ei­ne Viel­zahl von Ver­samm­lun­gen und Ver­an­stal­tun­gen, Fei­er­stun­den, Schu­lun­gen und Sam­mel­ak­tio­nen ver­tieft und vor­an­ge­trie­ben. Hö­he­punk­te lo­ka­ler Mo­bi­li­sie­rung und na­tio­nal­so­zia­lis­ti­scher Selbst­dar­stel­lung wa­ren die NS­DAP-Kreis­par­tei­ta­ge, die sich wäh­rend der 1930er Jah­re be­son­ders in Bonn zu „pom­pö­sen Mas­sen­auf­mär­schen“ (Horst-Pier­re Bot­hi­en) ent­wi­ckel­ten. Doch auch in Sieg­burg de­mons­trier­te man durch „wei­he­vol­le“ Fei­ern, lan­ge Um­zü­ge der Uni­for­mier­ten und die Aus­schmü­ckung des Stadt­bil­des mit Ha­ken­kreuz­fah­nen die er­folg­rei­che Er­obe­rung der eins­ti­gen „Zen­trums­hoch­bur­g“.[9] 

4. Grenzen der Gleichschaltung

Das auf sol­chen Ver­an­stal­tun­gen ze­le­brier­te Bild ei­ner völ­lig im Gleich­schritt mar­schie­ren­den „Volks­ge­mein­schaf­t“ war al­ler­dings ein Kon­strukt. Zwar wur­den die Ver­bin­dun­gen der lin­ken Ar­bei­ter­be­we­gung nach der Macht­über­nah­me weit­ge­hend zer­schla­gen; zwar wur­den die ka­tho­li­schen Ver­ei­ne in den 1930er Jah­ren zu­neh­mend aus der Öf­fent­lich­keit ge­drängt und ver­lo­ren in der Be­völ­ke­rung an Un­ter­stüt­zung. Die Res­te der äl­te­ren so­zi­al­mo­ra­li­schen Mi­lieus blie­ben aber ein Nähr­bo­den für Un­zu­frie­den­heit, punk­tu­el­le Kri­tik, ver­ein­zel­tes Auf­be­geh­ren oder Pro­test. Im Sie­ben­ge­bir­ge, in Trois­dorf oder Rhein­bach arg­wöhn­te man noch 1934/1935, ein­zel­ne Kom­mu­nis­ten könn­ten nach den Mas­sen­ver­haf­tun­gen des Jah­res 1933 wie­der im „Ge­hei­men“ tä­tig wer­den und ih­re „Wühl­ar­beit“ fort­set­zen.[10] Zu­dem re­gis­trier­te man fort­lau­fen­de Kla­gen in der Ar­bei­ter­schaft über ge­rin­ge Löh­ne und man­geln­de Kauf­kraft.

Rei­bungs­punk­te gab es auch mit der ka­tho­li­schen Kir­che, die der staat­li­chen Herr­schaft zwar kei­nen nen­nens­wer­ten Wi­der­stand ent­ge­gen­setz­te, die an­ti­kirch­li­che Pro­pa­gan­da der NS-Be­we­gung je­doch zum Teil deut­lich zu­rück­wies und auf Pro­zes­sio­nen den Zu­sam­men­halt der „Glau­bens­ge­mein­schaf­t“ de­mons­trier­te. Ge­ra­de in den klei­ne­ren Ort­schaf­ten kam es mit­un­ter zu of­fe­nen Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen lo­ka­len „Par­tei­ak­ti­vis­ten“ und dem ört­li­chen Geist­li­chen, bei de­nen die Ver­tre­ter der NS-Be­we­gung an Gren­zen stie­ßen. Auf dem fla­chen Land, klag­te die Par­tei, sei der Ein­fluss der Geist­li­chen schwer zu bre­chen: „Was der Pas­tor sagt und tut, ist rich­tig.“ Die An­ge­hö­ri­gen der ka­tho­li­schen Ge­mein­de in Dat­ten­feld (Ge­mein­de Wind­eck) stärk­ten nicht nur dem ört­li­chen Vi­kar bei sei­nen Kon­flik­ten mit lo­ka­len NS-An­hän­gern den Rü­cken, son­dern in­iti­ier­ten mit ihm ei­ne Un­ter­schrif­ten­ak­ti­on ge­gen ei­nen ört­li­chen Leh­rer, der sich wei­ger­te, den Kin­dern ka­tho­li­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richt zu er­tei­len. In Sieg­lar (heu­te Stadt Trois­dorf) setz­te sich die Kir­chen­ge­mein­de mit öf­fent­li­chen Er­klä­run­gen und Vor­spra­chen bei den Be­hör­den für ih­ren Pfar­rer ein, der we­gen sei­nes an­dau­ern­den „Wet­tern­s“ und „Het­zen­s“ ge­gen die NS-Kir­chen­po­li­tik von der Po­li­zei des Re­gie­rungs­be­zirks ver­wie­sen wor­den war. In Nie­der­kas­sel und Mon­dorf (heu­te Stadt Nie­der­kas­sel) gab es 1937 of­fe­ne Pro­tes­te ka­tho­li­scher El­tern, als die Kru­zi­fi­xe in den Volks­schu­len durch Hit­ler­por­träts er­setzt wer­den soll­ten.[11] Auch bei den Bau­ern ta­del­ten die Ver­tre­ter der NS­DAP man­geln­de „Auf­ge­schlos­sen­heit“ für den „neu­en Staa­t“ und die Be­lan­ge der „Volks­ge­mein­schaf­t“, ei­ne weit­ver­brei­te­te „ma­te­ri­el­le Ein­stel­lun­g“ und ein über­mä­ßi­ges Fest­hal­ten an Be­währ­tem.[12] Die wirt­schaft­li­che und po­li­ti­sche Re­gu­lie­rung durch Reichs­nähr­stand und Erb­hof­ge­setz rief Un­mut und Ab­wehr her­vor.

'Machtergreifung' vor dem Königswinterer Rathaus, März 1933. (Archiv Heimatverein Siebengebirge)

 

5. NS-Partei und Politische Leiter

Die Her­stel­lung der „Volks­ge­mein­schaf­t“ war ein kon­ti­nu­ier­li­cher Pro­zess, bei de­nen die ört­li­chen Par­tei­in­stan­zen ei­ne we­sent­li­che Rol­le spiel­ten. Sie über­wach­ten die Nach­bar­schaf­ten, stan­den als An­sprech­part­ner für per­sön­li­che An­lie­gen und po­li­ti­sche De­nun­zia­tio­nen be­reit, or­ga­ni­sier­ten Par­tei­ver­samm­lun­gen und sorg­ten für die so­zia­le und ma­te­ri­el­le Un­ter­stüt­zung der an­pas­sungs­be­rei­ten und „wür­di­gen“ „Volks­ge­nos­sen“. Hier­zu tru­gen die NS-Be­rufs­ver­bän­de, die HJ, die NS-Frau­en­schaft, die Deut­sche Ar­beits­front, die NS-Volks­wohl­fahrt ent­schei­dend bei, vor al­lem aber die ei­gent­li­che Par­tei­or­ga­ni­sa­ti­on und ih­re „Fu­ß­trup­pen“, die Po­li­ti­schen Lei­ter, Zel­len-, Block- und Orts­grup­pen­lei­ter. 1939 gab es im da­ma­li­gen Par­tei­kreis Bonn 32, im Sieg-Kreis 25 Orts­grup­pen. Da­bei sind für je­de Orts­grup­pe meh­re­re Dut­zend Po­li­ti­sche Lei­ter so­wie min­des­tens das Dop­pel­te an Amts­wal­tern aus Ar­beits­front, Frau­en­schaft oder Volks­wohl­fahrt zu ver­an­schla­gen. Da­mit kä­me man be­reits für den Sieg­kreis auf ei­nen Stab von et­wa 4.000 Per­so­nen, nicht mit­ge­rech­net HJ, SA oder SS.[13] 

Die Orts­grup­pen­lei­ter ga­ben der lo­ka­len NS-Herr­schaft ein Ge­sicht und ent­wi­ckel­ten sich vor Ort nicht sel­ten zu prä­gen­den Fi­gu­ren. Tho­mas Hand­schuh­ma­cher hat das für Loh­mar nach­ge­zeich­net: Der dor­ti­ge Orts­grup­pen­lei­ter bil­de­te den Mit­tel­punkt der lo­ka­len Fest­kul­tur, or­ga­ni­sier­te Spen­den­ak­tio­nen und Samm­lun­gen, er­mahn­te und ta­del­te Dorf­be­woh­ner, die sei­nen Vor­stel­lun­gen von Orts­ent­wick­lung wi­der­spra­chen, be­lohn­te „ver­dien­te Volks­ge­nos­sen“ mit Aus­zeich­nun­gen und Rei­se­zu­schüs­sen, ver­mit­tel­te Ar­beit und Auf­trä­ge, und ging ge­gen je­ne vor, die nicht in die „lo­ka­le Volks­ge­mein­schaf­t“ pass­ten, sei es we­gen „ju­den­freund­li­chen Ver­hal­ten­s“, Ver­let­zung der „Mut­ter­pflich­ten“ oder an­geb­li­cher Erb­krank­hei­ten.[14] 

Ei­ne we­sent­li­che Rol­le spiel­ten schlie­ß­lich die Kreis­lei­ter. Sie re­prä­sen­tier­ten die Par­tei in al­len we­sent­li­chen Be­lan­gen und wa­ren als „ver­län­ger­ter Ar­m“ des Gau­lei­ters (Pe­ter Kle­fisch) von zen­tra­ler Be­deu­tung für die re­gio­na­le Aus­ge­stal­tung der NS-Herr­schaft, nicht zu­letzt durch die Be­auf­sich­ti­gung der Po­li­ti­schen Lei­ter ih­res Be­zirks, die Aus­wahl der Orts­grup­pen­lei­ter, die Über­wa­chung na­tio­nal­so­zia­lis­ti­scher „Men­schen­füh­run­g“ im Kreis und die Ko­or­di­nie­rung von Er­fas­sungs- und Hilfs­maß­nah­men der Par­tei, vor al­lem wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges.[15]  Zwar darf die Macht­po­si­ti­on der Kreis­lei­ter nicht über­schätzt wer­den. Ver­su­che von Par­tei­sei­te, die Pa­ro­le „Die Par­tei be­fiehlt dem Staa­t“ durch­zu­set­zen (al­so die staat­li­che Ver­wal­tung zu mar­gi­na­li­sie­ren), wa­ren nicht er­folg­reich. Doch be­ka­men die Kreis­lei­ter durch die neue Ge­mein­de­ver­ord­nung von 1935 er­heb­li­che Mit­spra­che­rech­te in der Kom­mu­nal­po­li­tik. Sie wur­den re­gel­mä­ßig ein­be­zo­gen, wenn es um die Durch­füh­rung po­li­ti­scher Ak­tio­nen, die Be­set­zung kom­mu­na­ler Stel­len oder die po­li­ti­sche „Be­ur­tei­lun­g“ (Be­gut­ach­tung) von Be­am­ten, sons­ti­gen „Volks­ge­nos­sen“ oder „Staats­fein­den“ ging.

NS-Kreis­lei­ter für Bonn-Land war ab 1932 der bald als Bon­ner Bür­ger­meis­ter tä­ti­ge Lud­wig Ri­ckert (1897-1963).[16] An sei­ne Stel­le trat ab 1935 der ehe­ma­li­ge Reichs­bahn­be­am­te Hans Weis­heit (1901-1954), 1936 ge­folgt von dem frü­he­ren Bank­an­ge­stell­ten und Mö­bel­ver­tre­ter Cu­no Eich­ler (1888-1979). Im Sieg­kreis hat­te Lo­renz Hof­stät­ter (1904-1987) bis 1934 die­ses Amt in­ne, ge­folgt von dem Elek­tri­ker Fritz Mar­ren­bach (1896-1967), ab 1940 von Hans Berg­mann (1909-?), ab 1944 von Her­mann Thiel (1912-1992).

Die Kreis­lei­ter wa­ren (bis auf Cu­no Eich­ler) noch re­la­tiv jung, zwi­schen 30 und 40 Jah­re al­te Män­ner, ent­stamm­ten dem Mit­tel­stand und hat­ten meist wäh­rend der Wei­ma­rer Re­pu­blik Kon­tak­te zu rechts­ex­tre­men Grup­pie­run­gen auf­ge­baut. Ab En­de der 1920er Jah­re kon­zen­trier­ten sie sich an­stel­le der meist nicht er­folg­reich ver­lau­fen­den be­ruf­li­chen Kar­rie­re auf das En­ga­ge­ment für die NS-Be­we­gung. Sie stamm­ten fast sämt­lich aus der Rhein­pro­vinz und kann­ten so­mit die po­li­ti­schen und kul­tu­rel­len Tra­di­tio­nen der Re­gi­on, stan­den aber auch in ei­ner ge­wis­sen Dis­tanz zur lo­ka­len Ho­no­ra­tio­ren­ge­sell­schaft. Das galt vor al­lem im Sieg­kreis: Fritz Mar­ren­bach kam aus de­m Ober­ber­gi­schen zur Kreis­lei­tung nach Sieg­burg, Hans Berg­mann war zu­vor in Berg­heim, Her­mann Thiel in Jü­lich tä­tig ge­we­sen. Der Auf­stieg zum Kreis­lei­ter brach­te nicht nur po­li­ti­schen Ein­fluss, Macht und so­zia­les An­se­hen, son­dern auch ma­te­ri­el­le Vor­tei­le. So pro­fi­tier­te der Bon­ner Kreis­lei­ter Cu­no Eich­ler von den Ver­sor­gungs­netz­wer­ken, über die sich die lo­ka­le NS-Eli­te wäh­rend des Krie­ges mit Man­gel­wa­ren ver­sorg­te und er­hielt 1943/1944 meh­re­re Schwarz­han­dels­lie­fe­run­gen ei­nes lo­ka­len Le­bens­mit­tel­händ­lers.[17]

Über die kon­kre­te Amts­füh­rung der Kreis­lei­ter in der Re­gi­on ist noch zu we­nig be­kannt. In den er­hal­te­nen Ak­ten tau­chen sie oft nur ge­le­gent­lich auf, ei­ner­seits als Füh­rer der „Be­we­gun­g“, die sich mit pa­tri­ar­cha­lem Ges­tus um „ih­re Leu­te“ küm­mer­ten, an­de­rer­seits als Grals­hü­ter na­tio­nal­so­zia­lis­ti­scher Welt­an­schau­ung, die im­mer wie­der Ein­zel­fäl­le zum An­lass nah­men, um auf ei­ne mög­lichst „rück­sichts­lo­se“ Po­li­tik ge­gen die po­li­ti­schen und „ras­si­schen“ „Geg­ner“ des Re­gimes zu drän­gen. Fritz Mar­ren­bach for­der­te 1936 en­er­gisch Ab­hil­fe, nach­dem ei­nem jü­di­schen Mann aus Rup­pich­te­roth im Reichs­sen­der Köln zum 91. Ge­burts­tag gra­tu­liert wor­den war. Die Bon­ner Kreis­lei­tung in­iti­ier­te 1940 ei­ne auf­se­hen­er­re­gen­de Pran­ger­ak­ti­on, um ei­ne jun­ge Frau zu äch­ten, die sich mit ei­nem pol­ni­schen Kriegs­ge­fan­ge­nen ein­ge­las­sen hat­te. Die Kreis­lei­tung in Sieg­burg, die seit Früh­jahr 1941 ver­tre­tungs­wei­se eben­falls von Cu­no Eich­ler über­nom­men wur­de, war trei­ben­de Kraft bei der Ghet­toi­sie­rung der jü­di­schen Be­völ­ke­rung in so­ge­nann­ten „Ju­den­häu­sern“, bei der In­ter­nie­rung von Frau­en, Män­nern und Kin­dern im „Ju­den­la­ger Much“ im Som­mer 1941 und der Ver­wer­tung der da­mit „frei­ge­wor­de­nen Ju­den­woh­nun­gen“.[18] Der ab 1944 in Sieg­burg am­tie­ren­de Her­mann Thiel zeig­te sich noch in den letz­ten Kriegs­wo­chen als ra­di­ka­ler Kämp­fer für die NS-Herr­schaft, in ei­ner Zeit, in der sich ein Teil der Funk­tio­nä­re be­reits ins Rechts­rhei­ni­sche ab­ge­setzt hat­te. Nach ei­ner Be­spre­chung mit dem Köl­ner Gau­lei­ter und Reichs­ver­tei­di­gungs­kom­mis­sar (so­wie ei­nem Ver­tre­ter der Köl­ner Ge­sta­po) for­der­te er im März 1945 of­fen­bar von der ört­li­chen Ge­fäng­nis­ver­wal­tung, die im Zucht­haus Sieg­burg ein­sit­zen­den als „ge­fähr­li­ch“ ein­ge­schätz­ten po­li­ti­schen Ge­fan­ge­nen nicht in die Hän­de „des Fein­des“ ge­lan­gen zu las­sen und zu exe­ku­tie­ren – ein Be­fehl, der al­ler­dings nicht mehr aus­ge­führt wur­de.[19] 

Abzeichen des HJ Gaus Siegkreis. (Archiv des Rhein-Sieg-Kreises)

 

6. Die Rolle der Bürgermeister

Trotz der un­be­streit­ba­ren Be­deu­tung der Kreis­lei­ter – ein gro­ßer Teil der Herr­schafts­aus­übung 1933-1945 war Auf­ga­be der klas­si­schen Ver­wal­tungs­be­hör­den, der Ar­beits-, Ge­sund­heits- und Fi­nanz­ver­wal­tung, und vor al­lem der Bür­ger­meis­ter und Stadt­ver­wal­tun­gen, der Land­rä­te und Kreis­ver­wal­tun­gen. Wie be­reits an­ge­deu­tet, wa­ren die kom­mu­na­len und staat­li­chen Be­hör­den zu­meist we­ni­ge Mo­na­te nach der Macht­über­nah­me auf Li­nie ge­bracht. An die Spit­ze rück­ten statt de­mo­kra­ti­scher Po­li­ti­ker und Ver­wal­tungs­ex­per­ten be­währ­te Na­tio­nal­so­zia­lis­ten, und von den Mit­ar­bei­tern wur­den mit Hil­fe des „Be­rufs­be­am­ten­ge­set­zes“ bald je­ne ge­schasst, die als po­li­tisch „un­zu­ver­läs­si­g“ gal­ten. Im Sie­ben­ge­bir­ge, in Rhein­bach oder Sieg­burg traf es je­weils ei­ni­ge Ver­wal­tungs­be­am­te und Ge­mein­de­po­li­zis­ten, de­nen man all­zu gro­ße Nä­he zur Zen­trums­par­tei oder zur So­zi­al­de­mo­kra­tie un­ter­stell­te, vor­warf, sie sei­en vor 1933 un­ver­hält­nis­mä­ßig ge­gen die NS-Be­we­gung vor­ge­gan­gen, oder vor­hielt, sie hät­ten sich nach der Macht­über­nah­me „nach­läs­si­g“ ge­gen­über den „Staats­fein­den“ auf der Lin­ken ge­zeigt.[20] Ins­ge­samt blieb die „Säu­be­run­g“ aber, wie im ge­sam­ten Reich, schon aus prag­ma­ti­schen Grün­den auf we­ni­ge be­schränkt. Denn oh­ne die zahl­rei­chen Be­am­ten und An­ge­stell­ten in Orts- und Kreis­be­hör­den wä­re der Par­tei­ap­pa­rat kaum durch­set­zungs­fä­hig ge­we­sen. Die Tu­gen­den der „Kampf­zeit“ reich­ten nicht mehr aus − schlie­ß­lich ging es nun um ei­ne plan­mä­ßi­ge Um­ge­stal­tung der Ge­sell­schaft, nicht nur um die Ter­ro­ri­sie­rung po­li­ti­scher Geg­ner, son­dern um Bau­pla­nung und Sied­lungs­we­sen, um Für­sor­ge und Ge­sund­heits­we­sen, Schul- und Ge­wer­be­auf­sicht, Grund­buch­ver­wal­tung und Mel­de­we­sen. Ent­spre­chend konn­te die Mehr­heit der Be­hör­den­mit­ar­bei­te­rin­nen und -mit­ar­bei­ter im Kreis wei­ter ar­bei­ten, mit­un­ter miss­mu­tig oder ein we­nig skep­tisch, über­wie­gend an­pas­sungs­be­reit und durch­aus ein­ver­stan­den mit zen­tra­len Ziel­set­zun­gen der NS-Be­we­gung. In den po­li­ti­schen La­ge­be­rich­ten aus dem Sieg­kreis der 1930er Jah­re ist zwar ver­ein­zelt von „Mur­ren“ oder „Zu­rück­hal­tun­g“ in­ner­halb der Be­am­ten­schaft die Re­de, grö­ße­re Kla­gen gab es je­doch nicht. Folgt man den Ein­schät­zun­gen des Sieg­bur­ger Land­ra­tes 1933/1934, so zeig­ten die Be­am­ten ei­ne po­si­ti­ve Hal­tung, stan­den fast „rest­los“ zur neu­en Re­gie­rung und be­müh­ten sich „wil­li­g“ um Ein­ord­nung auf na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Kurs. In der Kreis­ver­wal­tung scheint der An­teil der Par­tei­mit­glie­der schlie­ß­lich ge­gen 90 Pro­zent be­tra­gen zu ha­ben.[21] 

Machtübernahme in Köln und Besetzung des Rathauses am 13. März 1933, Foto: Helmut Koch). (NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln (Bp 7278))

 

7. Verhaltensstile und lokale Initiativen

Die Bür­ger­meis­ter und Lei­ter der Ge­mein­den ent­wi­ckel­ten sich ge­wis­ser­ma­ßen zu klei­nen „Füh­rern der Re­gi­on“. Ih­re Macht­po­si­ti­on wur­de durch die Um­ge­stal­tung des Kom­mu­nal­rechts deut­lich ge­stärkt, die bür­ger­schaft­li­che Kon­trol­le durch die Gleich- und Aus­schal­tung der Ge­mein­de­rä­te be­sei­tigt.[22] Hin­zu kam, dass vie­le Bür­ger­meis­ter in Per­so­nal­uni­on Orts­grup­pen­lei­ter wa­ren[23], ob in Loh­mar, Hen­nef, in den Or­ten des Sie­ben­ge­bir­ges oder der Vor­ei­fel. Sie hat­ten da­mit die Mit­tel der Ver­wal­tung und der Par­tei glei­cher­ma­ßen in den Hän­den. Ge­ra­de un­ter den „al­ten Kämp­fern“ gab es et­li­che, die die Ver­wal­tung, den Staat vor al­lem „Beu­te“ sa­hen, als „Selbst­be­die­nungs­la­den“ für die In­ter­es­sen und ma­te­ri­el­len Be­dürf­nis­se der „ei­ge­nen Leu­te“. Staat­li­che Ver­fah­ren wur­den miss­ach­tet, Äm­ter­pa­tro­na­ge und Kor­rup­ti­on wa­ren auch im Ge­biet des Rhein-Sieg-Krei­ses ei­ne häu­fi­ge Er­schei­nung.

Der Ober­kas­se­ler Amts­bür­ger­meis­ter Fried­rich Pott (1899-?) brach­te sich durch sei­nen „her­ri­sche[n] Füh­rungs­stil“ (Ans­gar Klein) und er­ra­ti­sche Ent­schei­dun­gen ei­nen Teil der ört­li­chen Be­völ­ke­rung ge­gen sich auf. Der Bür­ger­meis­ter und Orts­grup­pen­lei­ter von Hon­nef Hein­rich Behr (1895-?) fiel nicht durch „selbst­herr­li­ches“ Ge­ba­ren auf, son­dern durch will­kür­li­che Über­grif­fe auf „Volks­ge­nos­sen“, die sei­nem Wil­len nicht ent­spra­chen; 1934/1935 stand er we­gen Frei­heits­be­rau­bung, Kör­per­ver­let­zung, Nö­ti­gung und Ver­un­treu­ung städ­ti­scher Gel­der vor Ge­richt.[24] In Sieg­burg am­tier­te Wil­helm Ley (1893-?) et­was mehr als ein Jahr als „Stadt­ober­haupt“, be­vor er we­gen Kör­per­ver­let­zung, Fah­rer­flucht, An­stif­tung zur Straf­ver­ei­te­lung, Mein­eids, Ur­kun­den­ver­nich­tung und Un­ter­schla­gung in straf­recht­li­che Er­mitt­lun­gen ge­riet. In den fol­gen­den Jah­ren wur­den wei­te­re Ge­mein­de­lei­ter we­gen ver­gleich­ba­rer De­lik­te in Men­den (heu­te Stadt Sankt Au­gus­tin), Ober­pleis (heu­te Stadt Kö­nigs­win­ter) oder Trois­dorf ab­ge­setzt.[25] 

Das hei­ßt je­doch nicht, dass die Par­tei ih­ren 1933 ge­won­ne­nen Zu­griff auf die Kom­mu­nen wie­der ver­lor. Nach et­li­chen Per­so­nal­wech­seln rück­ten in den Kom­mu­nen je­doch zu­neh­mend „Par­tei­ge­nos­sen“ auf die Bür­ger­meis­ter­pos­ten, die we­ni­ger als Lob­by­is­ten der „Ge­mein­schaf­t“ „al­ter Kämp­fer“ auf­tra­ten, denn als Ver­tre­ter ei­ner po­li­ti­schen Ver­wal­tung, ei­ner na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Form von Staat­lich­keit. 

Der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Staat war zen­tra­lis­tisch or­ga­ni­siert, und so un­ter­lag auch die Pra­xis der Ge­mein­den ei­ner star­ken Re­gu­lie­rung: nicht nur durch Ver­ord­nun­gen und Ge­set­ze, son­dern durch kon­ti­nu­ier­lich ein­ge­hen­de Er­las­se und Ver­fü­gun­gen des In­nen­mi­nis­te­ri­ums, die über das Re­gie­rungs­prä­si­di­um in Köln an die Be­hör­den in den Krei­sen wei­ter­ge­ge­ben wur­den. Im Rah­men die­ser Vor­ga­ben gab es für die Bür­ger­meis­ter al­ler­dings die Mög­lich­keit, In­itia­ti­ven oder ein ei­ge­nes Pro­fil zu ent­wi­ckeln. NS-Herr­schaft ent­wi­ckel­te sich top-down, wur­de aber auch vor Ort aus­ge­stal­tet. 

Das muss für den Rhein-Sieg-Kreis noch ge­nau­er er­forscht wer­den, lässt sich aber an ein­zel­nen Bei­spie­len be­reits zei­gen. So wa­ren es im Ver­hält­nis zur ka­tho­li­schen Kir­che nicht zu­letzt die je­wei­li­gen Bür­ger­meis­ter und Orts­grup­pen­lei­ter, die den Ton setz­ten. In Sieg­lar (heu­te Stadt Trois­dorf) bei­spiels­wei­se führ­te Ja­kob Hörsch (1904-?) ei­nen re­gel­rech­ten Klein­krieg ge­gen die ört­li­chen Pfar­rer und Ka­p­lä­ne. In zahl­rei­chen Be­rich­ten wet­ter­te er ge­gen die „ver­kapp­te Zen­trums­ar­beit der Geist­li­chen“, die den Ein­druck er­weck­ten, der „heu­ti­ge Staa­t“ wür­de „je­de Re­li­gi­on ver­nich­ten“ und so den „Auf­bau der Volks­ge­mein­schaf­t“ ge­fähr­den. Wäh­rend sich Hörsch im­mer wie­der für ein schär­fe­res Vor­ge­hen ge­gen un­be­que­me Geist­li­che aus­sprach[26], sa­hen an­de­re Bür­ger­meis­ter we­ni­ger Rei­bungs­punk­te oder setz­ten in ih­rer Be­richt­er­stat­tung, wie et­wa in Trois­dorf oder Sieg­burg, an­de­re Schwer­punk­te.

Lo­ka­le In­itia­ti­ve zeig­te sich auch bei der Ver­fol­gung der Ju­den, wie Jan Tie­mann am Bei­spiel Sieg­burgs be­tont hat.[27] Ei­ni­ge Bür­ger­meis­ter schlu­gen in ih­ren Be­rich­ten an den Land­rat schar­fe an­ti­se­mi­ti­sche Tö­ne an. So gei­ßel­te der Be­richt­er­stat­ter aus Rup­pich­te­roth im Früh­jahr 1935 die im­mer noch be­ste­hen­den Be­zie­hun­gen von „Volks­ge­nos­sen“ zu „orts­an­säs­si­gen Ju­den“. In den Be­rich­ten aus Nie­der­kas­sel konn­te man vom „her­aus­for­dern­den Ver­hal­ten der Ju­den“ ge­nau­so le­sen, wie von den Be­mü­hun­gen des ört­li­chen Stan­des­be­am­ten, der An­fang 1935 trotz feh­len­der Ge­set­zes­grund­la­ge mit al­len Mit­teln ver­such­te, die ge­plan­te Ehe­schlie­ßung ei­nes orts­an­säs­si­gen jü­di­schen Man­nes mit ei­ner „Chris­tin“ zu ver­hin­dern.[28] 

Über lo­ka­le Be­mü­hun­gen, die Dis­kri­mi­nie­rung der jü­di­schen Min­der­heit auch oh­ne reichs­wei­te Vor­ga­ben vor­an­zu­trei­ben, un­ter­rich­te­te auch der Land­rat des Sieg­krei­ses im Au­gust 1935: In vie­len Or­ten des Be­zirks, hei­ßt es in sei­nem La­ge­be­richt an die Köl­ner Ge­sta­po, sei­en Zu­zugs­be­schrän­kun­gen und zahl­rei­che Ver­bo­te für Ju­den er­las­sen wor­den, et­wa, was den Er­werb von Grund­be­sitz oder die Be­nut­zung kom­mu­na­ler Ein­rich­tun­gen wie Bä­der oder Kur­gär­ten be­tref­fe. Die­se Be­schlüs­se sei­en zwar mit den Reichs­ge­set­zen be­tref­fend Frei­zü­gig­keit nicht in Ein­klang zu brin­gen, stell­ten je­doch ei­ne „not­wen­di­ge De­mons­tra­ti­on der […] Be­völ­ke­rung dar“.[29] 

Dass es ver­schie­de­ne Ver­hal­tens­sti­le un­ter den Ge­mein­de­lei­tern des Krei­ses gab, ver­mag der Blick auf ein­zel­ne Per­so­nen zu ver­deut­li­chen. So fin­det man un­ter den Bür­ger­meis­tern auch in den spä­te­ren 1930er Jah­ren Fi­gu­ren wie den in Hen­nef am­tie­ren­den Heinz Naas (1897-?).[30] Naas, ein alt­ge­dien­ter Na­tio­nal­so­zia­list, pro­fi­lier­te sich als all­ge­gen­wär­ti­ger „volks­tüm­li­cher“ Füh­rer „sei­ner“ Ge­mein­de, des­sen be­son­de­re Sor­ge der Orts­ent­wick­lung und der „Hei­mat­pfle­ge“ galt. Ge­gen­über den Au­ßen­sei­tern der „Volks­ge­mein­schaf­t“ blieb er je­doch dem Ak­ti­vis­mus der „Kampf­zeit“ treu: Im No­vem­ber 1938 war es der Bür­ger­meis­ter selbst, der die In­brand­set­zung der Syn­ago­ge im Orts­teil Geis­tin­gen ver­an­lass­te.[31] 

Auf der an­de­ren Sei­te trifft man in den Amts­stu­ben des Krei­ses auch auf ei­ne Rei­he eher zu­rück­hal­tend be­zie­hungs­wei­se sach­lich auf­tre­ten­der Bür­ger­meis­ter. Zu ih­nen ge­hör­te of­fen­bar Fritz Eick­hoff, seit 1926 Funk­tio­när und Pro­pa­gan­dist der Par­tei, seit 1933 Bei­ge­ord­ne­ter, seit 1936 Stadt­ober­haupt in Sieg­burg. Er galt als pro­blem­ori­en­tiert ar­bei­ten­der Ver­wal­tungs­mann, der nicht um je­den Preis Kon­fron­ta­tio­nen such­te, son­dern die Ver­tre­ter der äl­te­ren lo­ka­len Eli­ten aus Wirt­schaft, Kir­che und Ver­wal­tung in die NS-Po­li­tik ein­zu­bin­den ver­such­te. Dies ver­schaff­te ihm nach 1945 in sei­nem Ent­na­zi­fi­zie­rungs­ver­fah­ren zahl­rei­che po­si­ti­ve Leu­munds­zeug­nis­se und den zwei­fel­haf­ten Ruf ei­nes „ge­rech­ten“ und „to­le­ran­ten Na­tio­nal­so­zia­lis­ten“.[32]

8. Die Rolle der Landräte

Die Land­rä­te wa­ren die Schnitt­stel­le zwi­schen der staat­li­chen Mit­tel­in­stanz in Köln, dem Re­gie­rungs­prä­si­di­um, und den Bür­ger­meis­tern vor Ort. Der Land­rat hat­te in der NS-Zeit zwar nicht mehr je­nen um­fas­sen­den Ein­fluss, der ihn in der al­ten preu­ßi­schen Staats­ver­wal­tung zum „Kö­nig des Krei­ses“ hat­te wer­den las­sen. Er ver­lor et­li­che Kom­pe­ten­zen durch die im NS-Re­gime ein­ge­rich­te­ten Son­der­ver­wal­tun­gen, wur­de aber auch durch ver­schie­de­ne Ge­set­ze ge­stärkt. Er muss­te in po­li­ti­schen Fra­gen und bei Stel­len­be­set­zun­gen auf die Vor­schlä­ge und For­de­run­gen des Kreis­lei­ters und Gau­lei­ters ein­ge­hen, war aber kei­nes­wegs bloß Er­fül­lungs­ge­hil­fe der Par­tei. Die Land­rä­te sorg­ten für die Um­set­zung na­tio­nal­so­zia­lis­ti­scher Po­li­tik in der Flä­che, be­auf­sich­tig­ten die Kom­mu­nen in fi­nan­zi­el­ler und per­so­nel­ler Hin­sicht, bün­del­ten lo­ka­le In­itia­ti­ven und lie­fer­ten den vor­ge­setz­ten Be­hör­den wich­ti­gen In­put, et­wa durch ih­re po­li­ti­schen und wirt­schaft­li­chen La­ge­be­rich­te. Mit den Kreis­lei­tern ent­wi­ckel­te sich bei punk­tu­el­len Kon­flik­ten ei­ne doch meist rei­bungs­lo­se Zu­sam­men­ar­beit.[33] 

Vier Land­rä­te wa­ren wäh­rend der NS-Zeit auf dem Ge­biet des heu­ti­gen Rhein-Sieg-Krei­ses tä­tig. Im Land­kreis Bonn wa­ren dies von 1933-1936 Gus­tav Haar­mann (1876-1948) und von 1936-1945 Ro­bert von Bar­ton ge­nannt Sted­mann (1896-1968), im Sieg­kreis von 1933-1936 Lud­wig But­tlar (1891-1945), von 1936-1945 Hans Weis­heit. Wäh­rend Haar­mann und von Sted­mann aus­ge­bil­de­te Ver­wal­tungs­ju­ris­ten wa­ren und das kon­ser­va­ti­ve preu­ßi­sche Be­am­ten­tum ver­kör­per­ten, han­del­te es sich bei den Land­rä­ten an der Sieg um Sei­ten­ein­stei­ger. Lud­wig But­tlar kam aus ei­nem Un­ter­neh­mer­haus­halt und war in der Wei­ma­rer Re­pu­blik als Schrift­stel­ler und Sän­ger tä­tig ge­we­sen, be­vor er sich ab 1929 als Stadt­ver­ord­ne­ter und kom­mis­sa­ri­scher Bür­ger­meis­ter in Kö­nigs­win­ter für sein neu­es Amt „qua­li­fi­zier­te“. Der frü­he­re Reichs­bahn­be­am­te Hans Weis­heit war seit 1925 in der NS-Be­we­gung ak­tiv und über den Pos­ten des Kreis­lei­ters zum Land­rats­amt ge­kom­men.[34] 

In­wie­weit sich die un­ter­schied­li­che So­zia­li­sa­ti­on der Land­rä­te auf ih­re je­wei­li­ge Amts­füh­rung aus­ge­wirkt hat, ist ei­ne of­fe­ne Fra­ge, die viel­leicht auch auf­grund der schlech­ten Quel­len­la­ge nicht end­gül­tig be­ant­wor­tet wer­den kann. Bei Lud­wig But­tlar, des­sen Tä­tig­keit in den ers­ten Jah­ren des „Drit­ten Rei­ches“ in den Ak­ten recht gut do­ku­men­tiert ist, zeigt sich je­doch, wel­che Rol­le die Land­rä­te für die Ver­fol­gungs­po­li­tik des Re­gimes spiel­ten. But­tlar äu­ßer­te sich trotz sei­ner Par­tei­bin­dung eher kri­tisch zu Amts­an­ma­ßun­gen und Über­grif­fen ört­li­cher Na­tio­nal­so­zia­lis­ten. Er er­war­te­te von den ge­le­gent­lich ge­führ­ten Straf­ver­fah­ren ge­gen lo­ka­le NS-Ak­ti­vis­ten (wie dem ge­gen den frü­he­ren Sieg­bur­ger Bür­ger­meis­ter Wil­helm Ley) ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf die Be­völ­ke­rungs­stim­mung. Auf der an­de­ren Sei­te plä­dier­te But­tlar für ein mög­lichst lü­cken­lo­ses und ent­schie­de­nes Vor­ge­hen ge­gen die Geg­ner des „na­tio­na­len Auf­bau­s“ und der „Volks­ge­mein­schaf­t“. Ge­gen­über den Geist­li­chen, de­nen But­tlar ei­ne „feind­li­che Ab­leh­nung der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ide­e“ un­ter­stell­te und die er als Haupt­kon­tra­hen­ten der Par­tei sah, fa­vo­ri­sier­te er ei­nen eher har­ten Kurs. So un­ter­nahm er mehr­fach An­stren­gun­gen, die „un­trag­ba­ren“ „Re­li­gi­ons­die­ner“ durch Ver­set­zun­gen und Aus­wei­sun­gen von ih­rem „fröm­meln­den An­han­g“ zu iso­lie­ren und aus dem Kreis­ge­biet zu ent­fer­nen.[35] But­tlars „be­son­de­re Auf­merk­sam­keit“ galt der Ver­fol­gung und Aus­schal­tung der Kom­mu­nis­ten. Er ko­or­di­nier­te die 1933 im Kreis durch­ge­führ­ten Mas­sen­ver­haf­tun­gen, sprach sich ge­gen die früh­zei­ti­ge Ent­las­sung von Funk­tio­nä­ren aus der „Schutz­haf­t“ aus, er­mahn­te die Kom­mu­nen zu Wach­sam­keit ge­gen­über ei­nem „Wie­der­auf­le­ben“ der KPD und äu­ßer­te sich wie­der­holt kri­tisch über die „Nach­läs­sig­keit“ und „Ver­trau­ens­se­lig­keit“, mit der die Ge­mein­de­po­li­zei der kom­mu­nis­ti­schen Ge­fahr be­geg­ne. Noch 1935, als die kom­mu­nis­ti­schen Grup­pen im Sieg­kreis weit­ge­hend zer­schla­gen wa­ren, for­der­te er die Bür­ger­meis­ter zu „äu­ßers­ter Kon­se­quen­z“ ge­gen die „Staats­fein­de“ auf. Er glau­be im­mer noch, dass man „nicht mit der not­wen­di­gen Auf­ge­schlos­sen­heit, mit dem rück­sichts­lo­sen Ein­satz der Per­son – die das va­ter­län­di­sche In­ter­es­se er­for­dert – an die­se po­li­zei­li­chen Auf­ga­ben her­an­geht. Of­fe­nes Au­ge, kla­rer Kopf, un­er­müd­li­cher Dienst­ei­fer und der fa­na­ti­sche Wil­le zur rück­sichts­lo­sen Ver­fol­gung je­des Ver­rä­ters am deut­schen Volk, Va­ter­land und Füh­rer sind jetzt mehr denn je zur Er­fül­lung der Dienst­ver­pflich­tun­gen er­for­der­lich.“[36] 

9. Staatspolizei, lokale Polizeibehörden und NS-Justiz

Wer sich mit der Ver­fol­gungs­ge­schich­te im Rhein-Sieg-Kreis be­fasst, hat al­ler­dings nicht nur mit dem Land­rats­amt zu tun. Zwei wei­te­re In­sti­tu­tio­nen sind als zen­tra­le Ak­teu­re an­zu­spre­chen: zum ei­nen die Ge­hei­me Staats­po­li­zei, die nicht nur mit ei­ge­nen Mit­teln wie der Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger­haft ge­gen „Staats­fein­de“ vor­ging, son­dern auch der Staats­an­walt­schaft als Er­mitt­lungs­be­hör­de zu­ar­bei­te­te; zum an­de­ren die po­li­ti­sche Jus­tiz, die im Lau­fe der NS-Zeit reichs­weit zehn­tau­sen­de Ur­tei­le ge­gen po­li­ti­sche Ab­weich­ler, Re­gime­kri­ti­ker und Wi­der­ständ­ler sprach. 

Die letz­tent­schei­den­den In­stan­zen für die po­li­ti­sche Ver­fol­gung im Rhein-Sieg-Kreis wa­ren nicht im Kreis­ge­biet an­säs­sig. Die re­gio­na­le Zen­tra­le der Ge­sta­po ent­stand 1933 in Köln; 1938 bil­de­te man ei­ne klei­ne­re Au­ßen­stel­le am Kreuz­berg­weg in Bonn, und erst in den letz­ten Kriegs­mo­na­ten, als sich die Struk­tur der Ver­fol­gungs­be­hör­den zu­neh­mend de­zen­tra­li­sier­te, wur­de auch ein klei­ne­res Ge­sta­po­kom­man­do im Raum Sieg­burg auf­ge­stellt.[37] Zwar war die Köl­ner Staats­po­li­zei für die Be­treu­ung des ge­sam­ten Kreis­ge­biets ver­ant­wort­lich und die Bon­ner Au­ßen­stel­le soll­te Er­mitt­lun­gen im Land­kreis Bonn über­neh­men. Jen­seits der grö­ße­ren Städ­te war die Ge­sta­po aber sel­ten prä­sent. Die Bür­ger­meis­ter und Land­rä­te des Rhein-Sieg-Krei­ses for­der­ten zwar im­mer wie­der die Un­ter­stüt­zung der Staats­po­li­zei an, weil man auf kri­mi­na­lis­tisch ge­schul­te und er­fah­re­ne Er­mitt­lungs­be­am­te Wert leg­te und der fach­li­chen Qua­li­tät und Durch­set­zungs­fä­hig­keit ört­li­cher Po­li­zis­ten miss­trau­te. Ent­spre­chend rück­ten Köl­ner Ge­sta­po­be­am­te wäh­rend der 1930er Jah­re mehr­fach in Bonn, Beu­el und Trois­dorf an, um ge­gen Kom­mu­nis­ten vor­zu­ge­hen. Ein­zel­ne Ver­dachts­fäl­le von „Spio­na­ge“ und „Sa­bo­ta­ge“ oder die Schrif­ten­ver­tei­lung der Zeu­gen Je­ho­vas ver­an­lass­ten die Staats­po­li­zei eben­falls, ei­ge­ne Mit­ar­bei­ter zu ent­sen­den.[38] Auch bei be­son­de­ren Ak­tio­nen rück­ten Ge­sta­po­kom­man­dos aus Köln oder Bonn an, wie bei dem so­ge­nann­ten „Klos­ter­sturm“ 1941, bei dem Klös­ter und Or­dens­nie­der­las­sun­gen in St. Au­gus­tin, Geis­tin­gen (Hen­nef), Sieg­burg, Pütz­chen (Beu­el, heu­te Stadt Bonn) oder Wal­ber­berg (Born­heim) ent­eig­net wur­den.[39] In vie­le klei­ne­re Or­te auf dem Land dürf­te je­doch nie ein Staats­po­li­zei­be­am­ter ge­kom­men sein. Ähn­lich war es mit der Köl­ner Kri­mi­nal­po­li­zei, die die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche „Ver­bre­chens­be­kämp­fun­g“ in der Re­gi­on or­ga­ni­sier­te.

Auch die Ent­schei­dun­gen der po­li­ti­schen Jus­tiz wur­den zu gro­ßen Tei­len au­ßer­halb des Kreis­ge­bie­tes ge­trof­fen.[40] Un­ter den Ak­ten der po­li­ti­schen Ab­tei­lun­gen der Köl­ner Staats­an­walt­schaft fin­den sich über 1.000 Er­mitt­lungs­ver­fah­ren ge­gen Be­schul­dig­te aus den Land­krei­sen Bonn und Sieg, die „staats­feind­li­chen“ Ver­hal­tens ver­däch­tigt wur­den oder nor­ma­le Straf­ta­ten be­gan­gen hat­ten, die das Re­gime als ge­sell­schafts­po­li­tisch be­deut­sam ein­schätz­te. In et­wa 150 die­ser Ver­fah­ren fäll­te das Köl­ner Son­der­ge­richt ein Ur­teil.[41] Wei­te­re po­li­tisch re­le­van­te De­lik­te, die nicht un­be­dingt vor ein Son­der­ge­richt ge­hör­ten, wur­den vor dem Bon­ner Land­ge­richt ver­han­delt, et­wa kir­chen­po­li­ti­sche Pre­dig­ten von Geist­li­chen, Straf­ta­ten von jü­di­schen Bür­ge­rin­nen und Bür­gern (wie De­vi­sen­ver­ge­hen oder „Ras­sen­schan­de“) oder Ei­gen­tums- und Ge­walt­de­lik­te mit po­li­ti­schem Hin­ter­grund.

Das be­deu­te­te al­ler­dings nicht, dass die Amts­ge­rich­te kei­ne we­sent­li­che Be­deu­tung für die lo­ka­le NS-Herr­schaft ge­habt hät­ten. Das gilt nicht nur mit Blick auf das in Bonn sta­tio­nier­te Erb­ge­sund­heits­ge­richt.[42] Die Amts­ge­rich­te in Sieg­burg, Hen­nef, Ei­torf, Kö­nigs­win­ter, Bonn oder Rhein­bach wa­ren für ei­nen Gro­ß­teil der zi­vil­recht­li­chen Kon­flikt­re­gu­lie­rung zu­stän­dig und be­ar­bei­te­ten auch ge­ring­fü­gi­ge­re Straf­ta­ten mit po­li­ti­schem Ein­schlag, Ju­gend­de­lik­te, Ver­stö­ße ge­gen das Samm­lungs­ge­setz, den Kan­zel­pa­ra­gra­phen oder Ver­eins­ver­bo­te, klei­ne­re Kriegs­wirt­schafts­de­lik­te. Der Gro­ß­teil der jün­ge­ren, „li­ni­en­treu­en“ Ju­ris­ten wur­de zwar an den groß­städ­ti­schen Straf- und Son­der­ge­richts­kam­mern ein­ge­setzt, und am Amts­ge­richt in Ei­torf konn­te sich lan­ge Zeit ein ka­tho­li­scher Rich­ter hal­ten, der sei­ne Dis­tanz zum NS-Re­gime zeig­te. Doch leg­te die Jus­tiz­ver­wal­tung Wert dar­auf, dass zu­min­dest beim Amts­ge­richt Sieg­burg „zu­ver­läs­si­ge“ „Par­tei­ge­nos­sen“ Recht spra­chen.[43] 

Noch grö­ße­re Ver­ant­wor­tung als die Amts­rich­ter soll­ten die Po­li­zei­be­hör­den des Kreis­ge­bie­tes für die Ver­fol­gung der Jah­re 1933-1945 tra­gen. Die Köl­ner Staats­po­li­zei hat­te zu ih­ren Hoch­zei­ten nicht mehr als 120 Mit­ar­bei­ter, die Bon­ner Au­ßen­stel­le blieb bei ei­nem Stab von et­wa zehn bis zwölf, so dass man be­reits bei der Ob­ser­vie­rung des ei­ge­nen Stadt­ge­bie­tes auf die Un­ter­stüt­zung an­de­rer Si­cher­heits­kräf­te an­ge­wie­sen war. Die Lei­tung der Köl­ner Ge­sta­po mach­te be­reits in den ers­ten Jah­ren des NS-Re­gimes klar, dass die Staats­po­li­zei­stel­le mit Rück­sicht auf ih­ren „ge­rin­gen […] Be­am­ten­be­stand und die räum­li­che Grö­ße des Be­zirks“ nicht al­le ver­däch­ti­gen Per­so­nen selbst be­ob­ach­ten und „nicht […] al­le po­li­ti­schen Ver­feh­lun­gen“ durch ei­ge­ne Be­am­te be­ar­bei­ten las­sen kön­ne. Sie nahm des­halb die Be­am­ten der Orts- und Kreis­po­li­zei­be­hör­den, die Po­li­zis­ten in den Ge­mein­den und die dem Land­rat un­ter­stell­te Gen­dar­me­rie, in die Pflicht. Die­se wur­den zu per­ma­nen­ter „Wach­sam­keit“ in po­li­ti­schen Fra­gen er­mahnt, soll­ten die er­for­der­li­chen  Be­ob­ach­tun­gen, Über­wa­chun­gen, Er­mitt­lun­gen und Ver­haf­tun­gen über­neh­men und hat­ten re­gel­mä­ßig über staats­feind­li­che Be­stre­bun­gen in ih­rem Be­zirk zu in­for­mie­ren.[44] Sie wa­ren ge­wis­ser­ma­ßen der „aus­füh­ren­de Ar­m“ der Staats­po­li­zei auf dem „plat­ten Lan­d“.

10. Handlungsspielräume

Wie das kon­kret aus­sah, ver­mit­teln die er­hal­ten ge­blie­be­nen Ak­ten zur po­li­ti­schen Po­li­zei ganz gut. Sie ent­hal­ten hun­der­te von Rund­schrei­ben, in de­nen die Köl­ner Staats­po­li­zei Wo­che für Wo­che An­wei­sun­gen der Ber­li­ner Po­li­zei­füh­rung wei­ter­lei­te­te, Ver­eins­ver­bo­te und Fahn­dungs­auf­ru­fe zur Kennt­nis gab, Be­rich­te zu Geg­ner­grup­pen ein­for­der­te, Über­wa­chungs- und Ver­haf­tungs­ak­tio­nen an­ord­ne­te. Die An­wei­sun­gen, die je­weils über den Land­rat als Kreis­po­li­zei­be­hör­de an die Gen­dar­men und Ge­mein­de­po­li­zis­ten wei­ter­ge­ben wur­den, blie­ben häu­fig oh­ne Ant­wort. Ge­ra­de für die klei­ne­ren Land­ge­mein­den wa­ren vie­le Er­su­chen und An­wei­sun­gen nicht re­le­vant, so dass ih­nen nichts wei­ter zu tun blieb, als „Fehl­an­zei­ge“ zu er­stat­ten.[45] Bei den zen­tra­len Ver­fol­gungs­pro­jek­ten des Re­gimes wa­ren es je­doch die ört­li­chen Po­li­zis­ten, die ent­schei­den­de Ar­beit leis­te­ten: Sie be­nann­ten die et­wa 300 Kom­mu­nis­ten und So­zi­al­de­mo­kra­ten, die im Lau­fe des Jah­res 1933 im Kreis­ge­biet ver­haf­tet wur­den und über­wach­ten je­ne, die wie­der aus dem Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger ent­las­sen wor­den wa­ren; sie pro­to­kol­lier­ten die Pre­dig­ten ka­tho­li­scher Geist­li­cher und nah­men übers Land zie­hen­de Ju­gend­li­che fest, die sich dem HJ-Drill ver­wei­ger­ten; sie ver­hör­ten je­ne, die we­gen „heim­tü­cki­scher Äu­ße­run­gen“ ge­gen Staat und Par­tei an­ge­zeigt wur­den und ob­ser­vier­ten die auf dem Land ein­ge­setz­ten Zwangs­ar­bei­te­rin­nen und Zwangs­ar­bei­ter.[46] Und sie wa­ren es, die die jü­di­schen Ein­woh­ner ih­res Or­tes re­gis­trier­ten, re­gel­mä­ßig mel­de­ten, An­fang der 1940er Jah­re in die vor­ge­se­he­nen Sam­mel­la­ger in Much und Bonn über­führ­ten und zu den Sam­mel­punk­ten für die De­por­ta­tio­nen brach­ten.[47] 

Die Gen­dar­men und Ge­mein­de­be­am­ten ver­füg­ten über ei­ne nicht zu un­ter­schät­zen­de De­fi­ni­ti­ons­macht, denn die Po­li­zis­ten und Ju­ris­ten in Köln und Bonn konn­ten die lo­ka­le Pra­xis, die vor Ort ge­fäll­ten Ent­schei­dun­gen kaum lü­cken­los kon­trol­lie­ren. Und be­trach­tet man die Ver­hal­tens­wei­sen der ört­li­chen Po­li­zei­be­am­ten in den Ak­ten, so er­gibt sich ein brei­tes Spek­trum an Vor­ge­hens­wei­sen. Die Mehr­zahl scheint die An­ord­nun­gen der Köl­ner Ge­sta­po und die Er­mitt­lungs­er­su­chen der Köl­ner Staats­an­walt­schaft pflicht­be­wusst um­ge­setzt zu ha­ben – ver­mut­lich mit der Hal­tung, man be­fol­ge Be­feh­le und tue eben, was po­li­zei­li­che Auf­ga­be sei. Dass der kom­mu­nis­ti­sche Wi­der­stand im Sieg­kreis be­reits 1934 weit­ge­hend zer­schla­gen war, dass die Bür­ger­meis­ter 1942 mel­den konn­ten, in der Ge­mein­de be­fän­den sich „kei­ne Ju­den mehr“[48], zeigt, dass die „Nach­läs­sig­keit“ kaum so weit ver­brei­tet war, wie An­fang der 1930er Jah­re von Land­rat But­tlar be­fürch­tet. Zu­dem gab es Gen­dar­men und Ge­mein­de­be­am­te, die mit Über­zeu­gung und Ei­fer für die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche „Geg­ner­ver­fol­gun­g“ und Ge­sell­schafts­po­li­tik tä­tig wa­ren. So trifft man in den Un­ter­la­gen im­mer wie­der auf Ver­mer­ke und Be­rich­te, in de­nen die Orts­po­li­zei­be­hör­den „Schutz­haf­t“ ge­gen ört­li­che „Que­ru­lan­ten“ und „Ru­he­stö­rer“ vor­schlu­gen oder har­te Stra­fen ge­gen „Volks­schäd­lin­ge“ ein­for­der­ten.

Um­ge­kehrt gab es Über­tre­tun­gen und Norm­brü­che, die nicht an die Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den wei­ter­ge­lei­tet wur­den. Wie ei­ne jün­ge­re Un­ter­su­chung zu Loh­mar ge­zeigt hat, gab es Bür­ger­meis­ter und Orts­grup­pen­lei­ter, die es vor­zo­gen, die bei ih­nen ein­ge­hen­den Be­schwer­den und An­zei­gen erst ein­mal selbst zu be­ar­bei­ten. Ge­ra­de bei „Par­tei­ge­nos­sen“ oder bis­her nicht vor­be­las­te­ten „Volks­ge­nos­sen“ ver­such­ten es die Füh­rer der Ge­mein­den mit lo­ka­len Kon­flikt­lö­sun­gen, ver­mit­teln­den Ge­sprä­chen, Ver­war­nun­gen, Dro­hun­gen und er­zwun­ge­nen Spen­den an NS-Or­ga­ni­sa­tio­nen als Stra­fe.[49] Die Wei­ter­lei­tung ei­nes Fal­les an die Ge­sta­po kam erst dann in Be­tracht, wenn die ört­li­chen Mit­tel aus­ge­schöpft wa­ren oder es sich um Men­schen vom Ran­de der Ge­sell­schaft han­del­te, die man um­ge­hend aus dem lo­ka­len Um­feld zu „ent­fer­nen“ trach­te­te.

Dar­über hin­aus scheint es auch ein­zel­ne Po­li­zei­be­am­te ge­ge­ben zu ha­ben, die Maß­nah­men des NS-Staa­tes ab­zu­mil­dern ver­such­ten, ge­le­gent­lich An­zei­gen bei­sei­te­leg­ten oder Sach­ver­hal­te so dar­stell­ten, dass die ein­ge­lei­te­ten Straf­ver­fah­ren bald ein­ge­stellt wur­den. Sol­ches Ver­hal­ten muss­te nicht un­be­dingt mit ei­ner ab­leh­nen­den Hal­tung zum NS-Re­gime zu tun ha­ben. Es er­gab sich auch aus der so­zia­len Nä­he zu den Be­trof­fe­nen, lang­jäh­ri­gen Be­kann­ten, Ver­eins­kol­le­gen, Dorf­nach­barn, die man nicht der gan­zen Schär­fe der NS-Po­li­tik aus­set­zen woll­te.[50] Die dich­ten So­zi­al­be­zie­hun­gen auf dem Land, die für Au­ßen­sei­ter oft ver­schärf­te so­zia­le Kon­trol­le be­deu­te­ten, hat­ten für man­che „Alt­ein­ge­ses­se­ne“ auch po­si­ti­ve Ef­fek­te.

Ge­ra­de in den letz­ten Kriegs­jah­ren konn­te die Ent­schei­dung ei­nes Po­li­zis­ten, nicht nach der schärfs­ten Vor­schrift zu han­deln, ei­ne enor­me Trag­wei­te be­kom­men. Der „Volks­ge­nos­sin“, die nach ei­ner An­zei­ge we­gen Ab­hö­rens aus­län­di­scher Sen­der mit ei­ner Ver­war­nung wie­der ent­las­sen wur­de, blieb wo­mög­lich ei­ne mehr­jäh­ri­ge Ge­fäng­nis­stra­fe er­spart. Der „Zen­trums­man­n“, der 1944 bei der reichs­weit durch­ge­führ­ten „Ak­ti­on Ge­wit­ter“ aus ge­sund­heit­li­chen Grün­den aus­ge­klam­mert wur­de, ent­ging den er­bärm­li­chen Haft­be­din­gun­gen im Köl­ner Mes­sel­ager und ge­ge­be­nen­falls der De­por­ta­ti­on nach Bu­chen­wald. Und die bei­den Po­li­zei­be­am­ten aus Kö­nigs­win­ter und Ober­dol­len­dorf (heu­te Stadt Kö­nigs­win­ter), die im Herbst 1944 zwei jü­disch-nicht-jü­di­sche Fa­mi­li­en[51] vor der an­ste­hen­den De­por­ta­ti­on warn­ten, ga­ben den Be­trof­fe­nen ei­ne Chan­ce zum Un­ter­tau­chen und Über­le­ben.

11. NS-Herrschaft „in der Provinz“

Aus dem Ge­sag­ten er­gibt sich ab­schlie­ßend die Fra­ge nach der In­ten­si­tät und Aus­prä­gung der NS-Herr­schaft im Rhein-Sieg-Kreis. War der Kreis letzt­lich ei­ne „na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Pro­vin­z“? Ver­gleicht man den Be­hör­den- und Par­tei­ap­pa­rat mit dem in Köln, so kann man die­se Fra­ge si­cher be­ja­hen. Der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Kon­troll- und Über­wa­chungs­stab war hier we­sent­li­cher klei­ner di­men­sio­niert als in der Dom­stadt, wo sich et­wa 2.500 Po­li­zis­ten, 280 Rich­ter und Staats­an­wäl­te[52], ein meh­re­re tau­send Köp­fe star­ker Par­tei­ap­pa­rat, Wehr­macht­strei­fen, die Über­wa­chungs­diens­te von Post und Reichs­bahn usw. um die Kon­trol­le der Be­völ­ke­rung küm­mer­ten. Jen­seits der Groß­stadt fehl­ten Ver­fol­gungs­ex­per­ten und ra­di­ka­le „Welt­an­schau­ungs­kämp­fer“, wie man sie in der Cli­que um den Gau­lei­ter Jo­sef Grohé o­der in den Füh­rungs­po­si­tio­nen der Köl­ner Ge­sta­po fin­den konn­te. Die we­sent­li­chen Im­pul­se für die Ver­fol­gungs­po­li­tik in der Re­gi­on wur­den in Köln ge­setzt, dort fie­len die meis­ten Ur­tei­le ge­gen Re­gime­kri­ti­ker und Wi­der­ständ­ler, über Köln lie­fen die De­por­ta­tio­nen der Ju­den, Sin­ti und Ro­ma und an­de­rer Rand­grup­pen der „Volks­ge­mein­schaf­t“. Und be­trach­tet man die Zahl der po­li­ti­schen Straf­ver­fah­ren ge­gen Be­schul­dig­te aus Köln, so lag die­se mit weit über 10.000[53] deut­lich über dem Wert des Rhein-Sieg-Krei­ses, auch in Re­la­ti­on zur Be­völ­ke­rungs­zahl. Dass in den klei­ne­ren Städ­ten und Land­ge­mein­den der Ver­fol­gungs­druck nicht ganz so hoch war wie in der rhei­ni­schen Me­tro­po­le, er­schien auch man­chen Ver­folg­ten so. Zu den­ken ist hier nicht nur an Kon­rad Ade­nau­er, der in Rhön­dorf (Stadt Bad Hon­nef) Zu­flucht nahm, son­dern auch an ein­zel­ne An­ge­hö­ri­ge der po­li­ti­schen Lin­ken, die nach der Haft­ent­las­sung ins Um­land von Köln zo­gen. Die auf dem Land be­schäf­tig­ten Zwangs­ar­bei­ter schei­nen et­was grö­ße­re Spiel­räu­me als in den In­dus­trie­be­trie­ben und Aus­län­der­la­gern Kölns ge­habt zu ha­ben; und je­ne Män­ner, Frau­en und Kin­der aus jü­di­schen Misch­ehen, die ge­gen En­de des Krie­ges vor der dro­hen­den De­por­ta­ti­on flo­hen, ver­such­ten häu­fig jen­seits der Köl­ner Trüm­mer­land­schaft un­ter­zu­kom­men.

Doch wird die Re­de von der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Pro­vinz auch auf vie­ler­lei Wei­se de­men­tiert. Mit den Zucht­häu­sern in Rhein­bach und Sieg­burg stan­den zwei zen­tra­le Ein­rich­tun­gen der re­gio­na­len NS-Herr­schaft im Kreis­ge­biet. Hier wur­den tau­sen­de von Häft­lin­gen durch­ge­schleust und über Jah­re in­haf­tiert, nicht nur po­li­ti­sche Ge­fan­ge­ne aus der Re­gi­on, son­dern Wi­der­stands­kämp­fer aus West­eu­ro­pa, we­gen „Ras­sen­schan­de“ ver­folg­te Ju­den, „nor­ma­le“ Straf­tä­ter, „Kriegs­wirt­schafts“- und „Rund­funk­ver­bre­cher“. Hun­der­te von ih­nen wur­den ab 1942 im Rah­men der „Thier­ack-Ak­ti­on“ in die Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger de­por­tiert, et­wa 300 ka­men durch die ver­hee­ren­de Ty­phus-Epi­de­mie ums Le­ben, die En­de des Krie­ges im Sieg­bur­ger Ge­fäng­nis wü­te­te; drei Ge­fan­ge­ne aus Lu­xem­burg wur­den im Au­gust 1944 im Rah­men ei­ner „Süh­ne­maß­nah­me“ in der Nä­he des Zucht­hau­ses durch An­stalts­be­am­te er­schos­sen.[54] Und die Ge­fäng­nis­se wa­ren kei­ne ex­ter­ri­to­ria­len Ge­bie­te, son­dern eng mit ih­rer Um­ge­bung ver­bun­den. Das An­stalts­per­so­nal wohn­te meist vor Ort, die Häft­lin­ge wur­den in gro­ßen Zah­len wäh­rend des Krie­ges in re­gio­na­len Wirt­schafts­be­trie­ben ein­ge­setzt: bei der Zell­wol­le AG in Sieg­burg, Klöck­ner und Dy­na­mit No­bel in Trois­dorf, Lö­he, Ja­ko­bi und Meys in Hen­nef.[55] 

Ge­gen die Vor­stel­lung ei­ner vom NS-Ter­ror ab­ge­wand­ten Pro­vinz spricht auch der Blick auf be­stimm­te Ver­fol­gungs­kam­pa­gnen und Op­fer­grup­pen: In Sieg­burg und Rhein­bach wur­den wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges ost­eu­ro­päi­sche Zwangs­ar­bei­ter we­gen „Plün­dern­s“ er­mor­det; et­wa 200 Jü­din­nen und Ju­den aus den Ge­mein­den des Kreis­ge­bie­tes wur­den 1942 de­por­tiert[56], und auch die et­wa 2.400 Ste­ri­li­sa­ti­ons­ak­ten, die sich heu­te noch im Sieg­bur­ger Kreis­ar­chiv fin­den[57], spre­chen ei­ne deut­li­che Spra­che.

Der Gen­darm aus Rup­pich­te­roth, der 1938 ge­gen die Ver­wüs­tung der Syn­ago­ge ein­schritt[58], der Po­li­zei­be­am­te aus dem Sie­ben­ge­bir­ge, der sei­ne Nach­barn nicht der Ver­schlep­pung preis­ge­ben woll­te – das sind Fäl­le, die Hand­lungs­spiel­räu­me der ört­li­chen Ak­teu­re zei­gen. Sie sind aber wohl Aus­nah­men ge­blie­ben. Die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Er­obe­rung von Land­rats­äm­tern und Ge­mein­den, das Zu­sam­men­wir­ken von Par­tei­ak­ti­vis­ten und „Staats­die­nern“, die Ver­knüp­fung von Op­por­tu­nis­mus, Kar­rie­r­e­be­wusst­sein, po­li­ti­schen Am­bi­tio­nen und klas­si­schem Ver­wal­tungs­han­deln sorg­ten da­für, dass sich auch im Kreis­ge­biet die NS-Herr­schaft weit­ge­hend bruch­los ent­fal­ten konn­te.

In Köln wur­de nach 1945 über Jahr­zehn­te der My­thos ge­prägt, in der ka­tho­lisch ge­präg­ten, li­be­ra­len rhei­ni­schen Me­tro­po­le ha­be der Na­tio­nal­so­zia­lis­mus letzt­lich nie rich­tig Fuß fas­sen kön­nen. Ei­nen solch aus­ge­präg­ten My­thos hat es im Rhein-Sieg-Kreis wohl nicht ge­ge­ben. Doch auch hier herrsch­te nach 1945 die Nei­gung vor, lo­ka­le Mit­wir­kung und Tä­ter­schaft mög­lichst aus­zu­blen­den, zu ver­schwei­gen oder zu ba­ga­tel­li­sie­ren. Wäh­rend ei­ni­ge Orts­grup­pen­lei­ter und Kreis­lei­ter als Ex­po­nen­ten des Na­zis­mus vor­über­ge­hend in­ter­niert und (we­nigs­tens teil­wei­se) zur Re­chen­schaft ge­zo­gen wur­den[59], konn­ten die meis­ten Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter von Kom­mu­nen und staat­li­chen Be­hör­den oh­ne grö­ße­re Frik­tio­nen in die Nach­kriegs­ge­sell­schaft wech­seln.[60] In den Er­zäh­lun­gen und Dar­stel­lun­gen zum „Drit­ten Reich“ do­mi­nier­ten lan­ge Zeit das Nar­ra­tiv von der tap­fe­ren ka­tho­li­schen Be­völ­ke­rung, die sich von „den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten“ nicht ha­be ver­ein­nah­men las­sen oder der Hin­weis, Ter­ror und Ver­fol­gung sei­en von „aus­wär­ti­gen“ NS-Ak­ti­vis­ten ins Kreis­ge­biet „hin­ein­ge­tra­gen“ wor­den.

Auch die­se Ge­schich­te, die Nach­ge­schich­te des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus im Kreis, ver­dient noch wei­te­re Be­trach­tung.

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Lan­des­ar­chiv NRW Abt. Rhein­land (LAV NRW R)

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Ar­chiv des Rhein-Sieg-Krei­ses (ARSK)

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Gau Köln-Aachen (lila Umrandung), Ausschnitt aus der Karte 'Nationalsozialistische Gaue im Rheinland 1944', Bonn 2010. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

 
Anmerkungen
  • 1: Klein, Euthanasie.
  • 2: Vgl. https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Projekte/Widerstand-im-Rheinland-1933-1945.
  • 3: Vgl. Flörken, Troisdorf, S. 14-36, 50-54; Klein, Siebengebirge (inklusive Zitat); Klein, Aufstieg, S. 95-106.
  • 4: Zahlen nach Rey, Wahlen, S. 94; dort auch genauere Hinweise zu den Wahlergebnissen.
  • 5: Vgl. Bauer, Machtergreifung, S. 79-83; Klein, Siebengebirge; Klein, Aufstieg, S. 198-202; Mies, Kleinstadt, S. 107-110; Walterscheid, Volkshausprozess sowie die Hinweise in LAV NRW R BR 43 Nr. 221. Für Sieglar Schulte, Machtergreifung, S. 13-14.
  • 6: Vgl. beispielhaft Bauer, Machtergreifung, S. 50-53; Flörken, Troisdorf, S. 37-48; Klein, Aufstieg, S. 161-171; Henseler/Küper/Ossendorf, Kaiserreich, S. 67-74; Mies, Kleinstadt, S. 128-130; Schulte, Machtergreifung, S. 12-13. Die Zahl nach Klein, Aufstieg, S. 163.
  • 7: Zitat und Befunde nach Nolzen, NSDAP.
  • 8: Genauer zu den NS-Schulungseinrichtungen Klein, Aufstieg, S. 231-242; Balensiefen/Fischer, Zeitung, S. 340-342; Schröder, „Adolf-Hitler-Schule“, S. 170-174. Zu den SA-Standarten vgl. Bothien, Bonn, S. 97-99; Klein, Aufstieg, S. 244-248; zur HJ Klein, Aufstieg, S. 438-453. Die Zahlen der Mitglieder von NSV und DAF lassen sich nur grob schätzen aufgrund der Einwohnerzahl des Kreises und des Mitgliedschaftsanteils an der Gesamtbevölkerung von knapp 18 beziehungsweise 28 Prozent im Jahr 1939. Mehrfachmitgliedschaften waren häufig.
  • 9: Vgl. Bauer, Machtergreifung, S. 49, 51-52, 128-135, 139-141; Bothien, Bonn, S. 81-84, Zitat S. 83.
  • 10: Vgl. die Berichte der Bürgermeister aus dem Jahr 1935 in ARSK, LSK 3261 (Zitat „Wühlarbeit“ nach Bericht BM Siegburg, 15.7.1935); Klein, Aufstieg, S. 208-209, 216, 220.
  • 11: Vgl. Brodesser, Mondorf, S. 20-37; Buter/Pohlmann, Boehm, S. 36, 49-107; Floer, Widerstand, S. 141-146; Müller, Grimm. Das vorherige Zitat nach Bericht LR Siegkreis an Regierungspräsident Köln, 3.12.1933, ARSK, LSK 3262.
  • 12: Vgl. insbesondere die zusammenfassenden Lageberichte des Landrates Siegkreis vom 22.11.1934, 21.3.1935 (Zitat „materielle Einstellung“), 21.6.1935, 21.8.1935, ARSK, LSK 3262.
  • 13: Schätzung in Anlehnung an Klein, Aufstieg, S. 227. Die Zahl der Ortsgruppen nach Klefisch, Kreisleiter, S. 35, 53.
  • 14: Vgl. Handschuhmacher, „Volksgemeinschaft“.
  • 15: Vgl. Klefisch, Kreisleiter, S. 10-14 (Zitat S. 10).
  • 16: In Bonn-Stadt war seinerzeit Felix Hausmann Kreisleiter, 1935 wurden die Parteikreise zusammengelegt. Zu den Kreisleiter-Biographien vgl. Klefisch, Kreisleiter, S. 83-84, 108-110, 128-129, 134-135, 170-172, 199-200, 222-223, 231-232; Lilla, Statisten, S. 257, 399-400, 718 sowie Bargel, NSDAP, S. 82-84; Bothien, Bonn, S. 72-75; Klein, Aufstieg, S. 135-137, 341.
  • 17: Vgl. LAV NRW R Ger. Rep. 112 Nr. 14584-14587.
  • 18: Vgl. Reifenrath, Internierung, S. 33-37; Schröder, Juden, S. 93. Zur „Prangeraktion“ Bothien, Bonn, S. 88-89; zur Intervention Marrenbachs LAV NRW R BR 43 Nr. 538 Bl. 198; Schröder, Juden, S. 93.
  • 19: Vgl. LAV NRW R Ger. Rep. 195 Nr. 714-716; Keller, Volksgemeinschaft, S. 263-264; Neufeind, Gefängnis, S. 57.
  • 20: Vgl. Bauer, Machtergreifung, S. 50; Klein, Aufstieg, S. 171-173, 309; Bericht LR Siegkreis an Regierungspräsident Köln, 3.2.1934, ARSK, LSK 3262.
  • 21: So der Eindruck bei Paul, Wort, S. 101-102. Zum Vorhergehenden die Berichte in ARSK, LSK 3262 (Begrifflichkeit nach den Berichten vom 8.9.1933, 2.11.1933).
  • 22: Vgl. vor allem die entsprechenden Regelungen im Preußischen Gemeindeverfassungsgesetz vom 15.12.1933 und der Deutschen Gemeindeordnung vom 30.1.1935.
  • 23: Auch auf der Ebene der Kreisleiter und Landräte gab es gelegentlich diese Form der Personalunion; sie wurde aber 1937 weitgehend untersagt.
  • 24: Vgl. Klein, Aufstieg, S. 326-344 (Zitate S. 327, 334). Ein weiterer Fall der Amtsenthebung im Siebengebirge betraf den 1938 wegen Amtsmissbrauch, Betrug, Untreue etc. verurteilten Bürgermeister von Königswinter Heinrich Lorenz; Klein, Aufstieg, S. 344-346.
  • 25: Vgl. zu Ley genauer Bauer, Machtergreifung, S. 61-63. Des Weiteren: Bargel, NSDAP, S. 91-93; Flörken, Troisdorf, S. 48-49; Henseler/Küper/Ossendorf, Kaiserreich, S. 81-84; Klein, Aufstieg, S. 169-171. Tiemann, „Unbekannt verzogen“, S. 31-32.
  • 26: Vgl. die Berichte Hörschs in ARSK, LSK 3259 und 3261, Zitat nach Bericht vom 16.3.1935; des Weiteren die verschiedenen Hinweise in LAV NRW R RW 58 Nr. 9323; Buter/Pohlmann, Boehm.
  • 27: Tiemann, „Unbekannt verzogen“, S. 25-26, 28-29, 31, 33-36, 76-77. Vgl. auch Bauer, Machtergreifung, S. 99-102.
  • 28: Vgl. Lagebericht Landrat Siegkreis, 24.5.1934, ARSK, LSK 3262; Berichte BM Niederkassel, 2.1.1935 (Zitat), 10.6.1935, ARSK, LSK 3259; Bericht BM Niederkassel, 16.4.1935, ARSK, LSK 3261. Vgl. auch die antisemitischen Aktionen und Äußerungen des Bürgermeisters von Much 1941/1942; Reifenrath, Internierung, S. 44-45, 49, 51.
  • 29: Lagebericht, 21.8.1935, ARSK, LSK 3262.
  • 30: Ähnlich agierten Jakob Hörsch aus Sieglar und Josef Wiertz in Rheinbach. Zu Hörsch vgl. die Hinweise in Anm. 26 sowie ARSK, LSK 714, 3262 und Schulte, Machtergreifung. Zu Wiertz vgl. Mies, Kleinstadt, S. 96-97, 123-126, 130-136, 145-147; Mies, Anpassung, S. 53-55, 60, 62-64, 98-99; Mies, Nachbarn, S. 10, 47, 49-50, 61-62, 64-66.
  • 31: Vgl. Fischer, Geschichte; Fischer, Untergang; Fischer, Zerstörung. Die Art der Beteiligung von Naas am Niederbrennen der Synagoge wird in der Literatur unterschiedlich dargestellt. Zum Novemberpogrom im Kreisgebiet vgl. auch den Beitrag von Elfi Pracht-Jörns in Arndt, Unwiederbringlich vorbei, S. 41-44.
  • 32: Vgl. LAV NRW R NW 1023 Nr. 7289 (Zitate nach Leumundszeugnis Leister, 17.6.1950 und Protokoll Entnazifizierungs-Berufungsausschuss, 23.2.1951); Bauer, Machtergreifung, S. 64-66; Paul, Eickhoff, S. 81-84 sowie die Schilderungen bei Heppekausen, Jahre, S. 131, 134-135 („ehrenhaft“ und „anständig“), 139.
  • 33: Die in der Forschung zuweilen stärker betonten Differenzen zwischen Landräten und Kreisleitern ließen sich im Falle des Rhein-Sieg-Kreises bislang nicht belegen.
  • 34: Genauere Hinweise zu den Biografien der Landräte bei Arndt, „überall rechtschaffen“, S. 200, 207; Lilla, Statisten, S. 718; Romeyk, Verwaltungsbeamte, S. 344, 391, 490-491, 808-809.
  • 35: Zitate nach den Lageberichten vom 2.10.1933, 24.5.1934 und 28.4.1934, ARSK, LSK 3262. Vgl. auch die Hinweise in ARSK, LSK 714; LAV NRW R BR 43 Nr. 538.
  • 36: Zitat nach Rey, Wahlen, S. 111 beziehungsweise Bericht LR Siegkreis, 25.1.1935, LSK 526. Vgl. auch die weiteren Verfügungen Buttlars ebd., dessen Berichte in ARSK, LSK 3262 sowie die punktuellen Hinweise in LAV NRW R BR 43 Nr. 5, 251, 423, 538.
  • 37: Vgl. Roth, Gestapo; Bothien, Kreuzbergweg; Bothien, Bonn, S. 101-106. - Zu den kommunalen Polizeikräften vgl. Klein, Aufstieg, S. 307-309.
  • 38: Das zeigt eine Durchsicht von Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Köln mit staatspolizeilicher Beteiligung im Bestand LAV NRW R Ger. Rep.112.
  • 39: Vgl. Mertens, Klostersturm, S. 192--222; LAV NRW R RW 18 Nr. 17/2.
  • 40: Gegen Kriegsende siedelten die Dienststellen der Kölner Justiz im Zuge von Evakuierungsmaßnahmen in den Siegkreis über: In den letzten Kriegsmonaten kamen die Verwaltungsabteilungen der Kölner Generalstaatsanwaltschaft, des Oberlandesgerichts und des Landgerichts nach Eitorf, Hennef und Wiehl, Landgerichtspräsidium, Sondergericht, Jugendstraf- und Strafkammer(n) nahmen Sitz in Königswinter. Die Tätigkeit der Justiz war zu diesem Zeitpunkt aber bereits weitgehend zum Erliegen gekommen.
  • 41: Schätzung nach dem Findbuch zum Bestand der politischen Abteilungen der Staatsanwaltschaft Köln beziehungsweise des Sondergerichts Köln, LAV NRW R Ger. Rep. 112.
  • 42: Die Erbgesundheitsgerichte waren den Amtsgerichten zugeordnet, auch wenn sie i.d.R. eine auf den gesamten Landgerichtsbezirk bezogene Zuständigkeit hatten.
  • 43: Vgl. Bauer, Machtergreifung, S. 53; Manthe, Richter, S. 96.
  • 44: Zitat nach Schreiben Gestapo Köln, 19.1.1935, ARSK, LSK 526 beziehungsweise Rey, Wahlen, S. 110. Vgl. auch die Hinweise im Nachrichtenblatt der Gestapo Köln vom Oktober 1934, LAV NRW R RW 34 Nr. 1, Bl. 1-2; Schreiben Gestapo Köln, 13.6.1934, ARSK, LSK 714.
  • 45: Vgl. etwa die Hinweise in LAV NRW R RW 18 Nr. 13, 18, 20, 38; LAV NRW R BR 43 Nr. 221, 423, 538.
  • 46: Schätzung auf Basis anderer lokaler Befunde sowie der Verhaftungszahl in LR Siegkreis an Höherer Polizeiführer im Westen, 27.5.1933, LAV NRW R BR 43 Nr. 221.
  • 47: Vgl. die entsprechenden Hinweise in LAV NRW R Ger. Rep. 112; LAV NRW R RW 18 Nr. 13-18, 20; LAV NRW R BR 43, Nr. 44, 423, 538. Vgl. auch die kursorischen Hinweise bei Klein, Aufstieg, S. 553-589; Mies, Nachbarn; Reifenrath, Internierung; Rey, Leben; Tiemann, „Unbekannt verzogen“.
  • 48: Vgl. die Hinweise in LAV NRW R RW 18 Nr. 18; Pertz/Sönnert, Namen, S. 32; Thrams, Geschichte, S. 104.
  • 49: Vgl. Handschuhmacher, „Volksgemeinschaft“.
  • 50: Vgl. auch Roth, „Verbrechensbekämpfung“ und Verfolgung, S. 259-265, 287-289 sowie die Anmerkungen bei Manthe, Richter, S. 75-76 zu den Amtsrichtern.
  • 51: Vgl. Klein, Aufstieg, S. 532-533. Hintergrund waren die Aktionen des NS-Regimes zur Ghettoisierung und Verschleppung von „jüdischen Mischlingen“ und Angehörigen von „Mischehen“.
  • 52: Zahlen nach Buhlan, Organisation, S. 146; Handbuch der Justizverwaltung, bearb. im Büro des Reichsjustizministeriums, Berlin 1942, S. 162-164.
  • 53: Schätzung nach dem Findbuch zum Bestand der politischen Abteilungen der Staatsanwaltschaft Köln beziehungsweise des Sondergerichts Köln (LAV NRW R Ger. Rep. 112) sowie Informationen zu Strafverfahren des Oberlandesgerichts Hamm und des Berliner Volksgerichtshofes.
  • 54: Vgl. Eumann, Strafanstalt, S. 238, 255-257. Herbers, Organisationen, S. 165-172; Neufeind, Gefängnis, S. 56-57; Roth, „Verbrechensbekämpfung“, S. 268-269, 767-768; Schröder, Exekution. Häftlingsakten und -karteien der Vollzugsanstalten Rheinbach und Siegburg sind partiell erhalten in LAV NRW R Gerichte Rep. 173, 349 (Siegburg), 134, 171, 335 (Rheinbach).
  • 55: Vgl. Eumann, Gefängnis, S. 248-251; Herbers, Organisationen, S. 151-157; Neufeind, Gefängnis, S. 52; http://www.bundesarchiv.de/zwangsarbeit/haftstaetten/index.php?action=2.2&tab=7&id=100001104.
  • 56: Schätzung nach den Angaben in Arndt, Unwiederbringlich vorbei; Deportiert nach Endenich, S. 18; Mies, Nachbarn, S. 74-78; Reifenrath, Internierung, S. 39, 60-67; Rey, Vernichtung, S. 237-241; Tiemann, „Unbekannt verzogen“, S. 53-57, 63-66; Vogt, Bonn, S. 602. Die genaue Zahl der aus dem damaligen Landkreis Bonn und dem früheren Siegkreis deportierten Jüdinnen und Juden ist kaum zu ermitteln. - Zu den Morden an Zwangsarbeitern vgl. die Hinweise in LAV NRW R Ger. Rep. 195 Nr. 714; LAV NRW R NW 1023 Nr. 7289; Paul, Eickhoff, S. 84-87; Friedrich/Ziems, Mahnmal; http://www.hans-dieter-arntz.de/deutliches-bekennen-zum-ns-verbrechen.html.
  • 57: Genauer: Unterlagen zu Anzeigen nach dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom 14. Juli 1933. Die hierzu entstandene Untersuchung von Klein, Euthanasie ist nach Abfassung des vorliegenden Textes fertiggestellt worden.
  • 58: Vgl. Arndt, Unwiederbringlich vorbei, S. 185; Schröder, Juden, S. 94 sowie die Vorgänge in LAV NRW R RW 18 Nr. 14.
  • 59: Der Internierung folgte eine letztlich meist glimpflich verlaufende Entnazifizierung. Oftmals konnten die Betroffenen sich (als Vertreter, kaufmännischer Angestellter usw.) eine neue Existenz in der freien Wirtschaft aufbauen. Vgl. Bargel, NSDAP, S. 38-44; Klefisch, Kreisleiter, S. 22-27, 108-109, 134-135, 170-172, 199-200, 222-223, 231-232; Klein, Aufstieg, S. 638-639; Lilla, Statisten, S. 257, 400, 718; Romeyk, Verwaltungsbeamte, S. 344.
  • 60: Zur Kontinuität des Verwaltungspersonals vgl. etwa Hey, Oberkassel, S. 74; Klein, Aufstieg, S. 630-631; Paul, Wort, S. 100-105; Vogt, Bonn, S. 621-622.
Zitationshinweis

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Roth, Thomas, Der „Rhein-Sieg-Kreis“ im Nationalsozialismus – Strukturen, Behörden und Parteiinstanzen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/der-rhein-sieg-kreis-im-nationalsozialismus-%25E2%2580%2593-strukturen-behoerden-und-parteiinstanzen-/DE-2086/lido/617a4049827359.18046343 (abgerufen am 30.09.2023)