Die Bergverwaltung in der Rheinprovinz
Zu den Kapiteln
1. Einleitung
Die staatliche Verwaltung des Berg-, Hütten- und Salinenwesens bildete in Preußen seit jeher einen eigenständigen Geschäftsbereich jenseits der allgemeinen und inneren Verwaltung, die bei den Regierungen gebündelt war. Die Rheinprovinz war angesichts ihrer bedeutenden Vorkommen an Bodenschätzen und deren Erschließung, namentlich im westlichen Ruhrgebiet, im Aachener Revier und im Saarrevier, einer der Schwerpunkte der preußischen Bergverwaltung. Das Berg-, Hütten- und Salinenwesens galt als Regal der Landeshoheit, also Eigentum- und Abbaurechte standen dem Staat als Regalinhaber zu; die Nutzung selbst konnte in der Regel gegen jährliche Konzessionsgelder an Private überlassen werden.
2. Die Bergbehörden
Zuständige Zentralbehörde für das Bergwesen in Preußen war zunächst das Finanzministerium, ab 1848 das Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, ab 1879 das Ministerium für Handel und Gewerbe (1932 Ministerium für Wirtschaft und Arbeit). 1934/1935 ging das Bergwesen auf das Reichs- und Preußische Wirtschaftsministerium über, blieb aber in dessen preußischem Geschäftsbereich. Der Leiter der für das Bergwesen zuständigen Ministerialabteilung führte die Amtsbezeichnung Oberberghauptmann. Die Bergbehörden in den seit 1935 dem Reich eingegliederten Gebieten, also des Saarlands, Österreichs und des Sudetenlandes, wurden bereits unmittelbar Reichsbergbehörden. Zum 1.4.1943 gingen auch die bisherigen Landesbergbehörden auf das Reich über. Nach 1945 wurde das Bergwesen wieder eine Angelegenheit der Länder.
Bergbehörden der Mittelinstanz, also vergleichbar den Regierungen, waren die Oberbergämter. Die Rheinprovinz gehörte seit 1816 durchgängig zu den Bezirken von zwei Oberbergämtern (die anfangs zunächst Oberbergamtskommissionen hießen), denen in Bonn und Dortmund. Vorstand des Oberbergamts war der Berghauptmann. Der Bezirk des Oberbergamts Bonn umfasste zunächst die Rheinprovinz mit Ausnahme der (Stand etwa 1910) Kreise Rees, Ruhrort, Mülheim a.d. Ruhr, Essen (Stadt und Landkreis), Duisburg und der nördlich der Düsseldorf-Schwelmer Staatsstraße gelegenen Teile der Kreise Düsseldorf (Stadt- und Landkreis), Mettmann, Elberfeld und Barmen, die zum Bezirk des Oberbergamts Dortmund gehörten. Zum Bezirk des Oberbergamts Bonn gehörten ferner der südliche (sauerländische) Teil der Provinz Westfalen, ab 1852 auch die Hohenzollernschen Lande und seit 1867 auch der westliche Teil der Provinz Hessen-Nassau einschließlich der Stadt Frankfurt am Main. Ende 1933 gingen die bisher zum Bezirk des Oberbergamts Bonn gehörenden linksrheinischen Kreise Kleve, Geldern, Moers, Kempen-Krefeld (teilweise) und die Stadt Krefeld-Uerdingen a.Rh. auf den Bezirk des Oberbergamts Dortmund über, wodurch auch der linksrheinische Steinkohlenbergbau organisatorisch mit dem eigentlichen Ruhrrevier unter eine einheitliche Leitung gestellt wurde. Ab 1943 kam noch das Land Hessen zum Bezirk des Oberbergamts Bonn, dessen Sitz gegen Kriegsende zeitweise nach Lüdenscheid verlegt wurde.
Untere Bergbehörden waren die Bergreviere. Vor dem Ersten Weltkrieg bestanden im Bezirk des Oberbergamts Bonn die im Laufe des 19. Jahrhunderts sukzessive errichteten Bergreviere Aachen, Daaden-Kirchen, Deutz-Ründeroth, Düren, Koblenz, Koblenz-Wiesbaden, Köln-Ost und Köln-West, Krefeld, Neunkirchen, Saarbrücken-Ost und Saarbrücken-West, Wetzlar und Wied. Rheinische Bergreviere im Bezirk des Oberbergamts Dortmund waren Duisburg, Essen-Ost, Essen-Süd, Essen-West, Oberhausen und Werden. Nach dem Ersten Weltkrieg schieden die drei für das Saargebiet zuständigen Bergreviere Neunkirchen, Saarbrücken-Ost und Saarbrücken-West, für die bereits zuvor eine eigene Bergwerksdirektion Saarbrücken bestanden hatte, aus dem Bezirk des Oberbergamts Bonn aus. Für die Bergwerksdirektion Saarbrücken wurde in Bad Kreuznach, später in Bonn, eine Abwicklungsstelle beziehungsweise Überleitungsstelle errichtet, die erst Ende 1939 ihren Betrieb einstellte. Im Zuge der Umorganisation Ende 1933 ging das Bergrevier Krefeld auf den Bezirk des Oberbergamts Dortmund über. 1939 gab es teilweise eine Neu- beziehungsweise Umorganisation der Bergreviere durch Aufhebung beziehungsweise Umbenennung. Die Bergreviere führten ab 1942 die Bezeichnung Bergämter.
3. Zuständigkeiten der Bergbehörden
Die Bergbehörden hatten die Aufsicht über die Bergwerke, Salinen, unterirdisch betriebene Gruben und Brüche, Aufbereitungsanstalten und Triebwerke, in den linksrheinischen Landesteilen auch über die Dachschieferbrüche, Trassbrüche und Basaltlavabrüche. Die Bergreviere (1942 Bergämter) bildeten für ihren Bezirk die erste Instanz in allen den Bergbehörden überwiesenen Aufgaben. Hierzu gehörte insbesondere auch die Wahrnehmung der Aufgaben der Bergpolizei im Hinblick auf die Gewährleistung der Betriebssicherheit in den Gruben. Die Oberbergämter waren Aufsichts- und Rekursinstanz für die Revierbeamten und führten die Aufsicht über die Markscheider, waren ferner zuständig unter anderem für die Ausbildung der Bergbeflissenen und Bergreferendare, für die Erteilung der amtlichen Schürfermächtigung, für die Genehmigung der Betriebsanlagen, für die Anerkennung von Fachschulen, für die Genehmigung der Satzungen der Gewerkschaften, in Entschädigungssachen. Die Oberbergämter konnten auch bergpolizeiliche Vorschriften und Anordnungen über die Arbeitszeit erlassen. Bei jedem Oberbergamt bestanden ein Bergausschuss und ein Gesundheitsbeirat. Der Bergausschuss entschied im Verwaltungsstreitverfahren bei Klagen, die ein Bergwerksbesitzer etwa im Einzelfall gegen Anordnungen in Arbeitszeitfragen erhob oder gegen Anordnung der Bergrevierbeamten. Gegen Entscheidungen des Bergausschusses war nur das Rechtsmittel der Revision beim preußischen Oberverwaltungsgericht zulässig. Für jede Provinz, für die das Oberbergamt zuständig war, bestand eine eigene Abteilung des Bergausschusses. Der zuständige Minister schließlich war Rekursinstanz für die Entscheidungen und Beschlüsse der Oberbergämter und Landeszentralbehörde oder oberste Verwaltungsbehörde für die der Bergverwaltung unterstellten Betriebe.
Nach 1945 wurde die Bergverwaltung wieder eine Angelegenheit der Länder, die Oberbergämter Bonn und Dortmund wurden Landesmittelbehörden unter dem für Wirtschaftsfragen zuständigen Landesminister in Nordrhein-Westfalen und nur noch innerhalb dieses Bundeslandes zuständig. Die Oberbergämter und die ihnen unterstehenden Bergämter waren Teil der staatlichen Wirtschaftsverwaltung und hatten im Wesentlichen die technischen Abläufe in den Bergwerken zu überwachen. Die zuvor bestehende Grenzlinie zwischen den Oberbergämtern Bonn und Dortmund blieb erhalten. Im Laufe der Jahre, bedingt durch die Änderung der wirtschaftlichen Gegebenheiten im Bergbau (Zechenstilllegungen), wurde die Zahl der Bergämter kontinuierlich reduziert.
Am 1.1.1970 wurden die Oberbergämter in Bonn und in Dortmund zum Landesoberbergamt Nordrhein-Westfalen mit Sitz in Dortmund zusammengelegt. Der weitere Rückgang im Bergbau sowie die Verwaltungsreform in Nordrhein-Westfalen führten zur Auflösung des Landesoberbergamts NRW als eigenständiger Landesoberbehörde zum 31.12.2000. Praktisch alle seine Aufgaben und Befugnisse wurden gemäß dem 2. NRW-Modernisierungsgesetz der Bezirksregierung Arnsberg und dort der neu geschaffenen Abteilung 8 „Bergbau und Energie in NRW“ übertragen. Zum 1.1.2008 wurde mit der Verwaltungsstrukturreform des Landes Nordrhein-Westfalen die Bergbehörde erneut umstrukturiert. Die erwähnte Abteilung 8 wurde in die neue Abteilung 6 „Bergbau und Energie in NRW“ der Bezirksregierung Arnsberg umgewandelt. Hierbei blieben die Aufgaben und Befugnisse der neuen Abteilung im Wesentlichen gleich.
Literatur
Bär, Max, Die Behördenverfassung der Rheinprovinz seit 1815, Bonn 1919, Nachdruck Düsseldorf 1998, bes. S. 447-452.
[Artikel] Bergbehörden, in: Bitter, [Rudolf von], Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung, 3., vollständig umgearbeitete Auflage, hg. v. Bill Drews u. Franz Hoffmann, Band 1, Berlin/Leipzig 1928, S. 231-233.
Romeyk, Horst, Kleine Verwaltungsgeschichte des Landes Nordrhein-Westfalen, Siegburg 1988.
Romeyk, Horst, Verwaltungs- und Behördengeschichte der Rheinprovinz 1914–1945, Düsseldorf 1985.
Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Lilla, Joachim, Die Bergverwaltung in der Rheinprovinz, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/die-bergverwaltung-in-der-rheinprovinz-/DE-2086/lido/605da781562178.58409437 (abgerufen am 10.10.2024)