Die Düsseldorfer Malerschule im 19. Jahrhundert

Denise Steger (Linz am Rhein)

Andreas Achenbach, Die alte Akademie in Düsseldorf, Gemälde, 1831, Original im Museum Kunstpalast Düsseldorf.

Der Be­griff „Düs­sel­dor­fer Ma­ler­schu­le“ ist ver­bun­den mit den in un­ter­schied­lichs­ten Spar­ten aus­ge­bil­de­ten Künst­lern der Kö­nig­lich Preu­ßi­schen Kunst­aka­de­mie in Düs­sel­dorf, die über Ge­ne­ra­tio­nen hin­weg Maß­stä­be in der Ent­wick­lung der Kunst in Deutsch­land setz­ten. Un­ter den rund 4.000 Stu­die­ren­den, die zwi­schen 1819 und 1918 die Aka­de­mie be­such­ten, fin­det sich ei­ne be­trächt­li­che An­zahl von Künst­lern, de­ren Wer­ke und Wir­ken Welt­ruhm er­lang­ten.

1. Voraussetzungen

Die Grün­dung der Düs­sel­dor­fer Kunst­aka­de­mie geht in die Zeit des Kur­fürs­ten Karl Theo­dor von Pfalz-Sulz­bach zu­rück. Der Ma­ler und Kunst­samm­ler Wil­helm Lam­bert Kra­he (1712-1790), In­spek­tor der kur­fürst­li­chen Ga­le­rie, be­müh­te sich seit 1769 um die öf­fent­li­che Ein­rich­tung ei­ner Kunst­schu­le. Die Ge­neh­mi­gungs­ur­kun­de zur Grün­dung der „Kur­fürst­lich-Pfäl­zi­schen Aca­de­mie der Ma­ler, Bild­hau­er- und Bau­kunst“ da­tiert vom 3.3.1773. Als Grund­stock für Lehr- und An­schau­ungs­ma­te­ri­al dien­te die von Kra­he haupt­säch­lich in Ita­li­en pri­vat er­wor­be­ne Samm­lung von rund 15.000 Hand­zeich­nun­gen, 22.000 Druck­gra­phi­ken und zahl­rei­chen Ge­mäl­den. 1782 stell­te der Kur­fürst das Hond­hei­mi­sche Pa­lais an der da­ma­li­gen Damm- und Kom­mi­sa­ri­ats­stra­ße in Düs­sel­dorf als Aka­de­mie­ge­bäu­de zur Ver­fü­gung.

Un­ter Kra­hes Nach­fol­ger Jo­hann Pe­ter Lan­ger (1756-1824) wur­de der Aus­bau des In­sti­tuts fort­ge­setzt, doch hat­te die Ein­rich­tung zur Zeit der Na­po­leo­ni­schen Krie­ge zu­neh­mend um ih­ren Er­halt zu kämp­fen. Die Neu­ord­nung der Län­der durch den Reichs­de­pu­ta­ti­ons­haupt­schluss 1803, die Sä­ku­la­ri­sie­rung der geist­li­chen Fürs­ten­tü­mer und die Zeit un­ter fran­zö­si­schem Pro­tek­to­rat und die dar­auf­fol­gen­de Be­set­zung durch die Ver­bün­de­ten 1813 gin­gen an Düs­sel­dorf nicht spur­los vor­bei, zu­mal 1805 die kur­fürst­li­che Ga­le­rie, die den Stu­den­ten wert­vol­les Stu­di­en­ma­te­ri­al ge­lie­fert hat­te, nach Mün­chen über­führt wur­de.

Durch die Be­schlüs­se des Wie­ner Kon­gres­ses fiel 1815 Düs­sel­dorf mit den als Rhein­pro­vinz (ab 1830 so be­zeich­net) zu­sam­men­ge­fass­ten rhei­ni­schen Ter­ri­to­ri­en an das Kö­nig­reich Preu­ßen. Un­ter Kö­nig Fried­rich Wil­helm III. (Re­gent­schaft 1797-1840) wur­de die Re­or­ga­ni­sa­ti­on der Aka­de­mie, die in das Ga­le­rie­ge­bäu­de des ehe­ma­li­gen Kur­fürst­li­chen Schlos­ses am Burg­platz in Düs­sel­dorf um­zog, vor­ge­nom­men.

2. Die Anfänge der Düsseldorfer Malerschule unter Peter Cornelius

Pe­ter Cor­ne­li­us (1783-1867), Sohn des Ma­lers und Aka­de­mie­in­spek­tors Chris­ti­an Aloys Cor­ne­li­us (1748-1800), wur­de 1819 zum Di­rek­tor der Düs­sel­dor­fer Kunst­aka­de­mie be­ru­fen. Noch kur­ze Zeit vor­her hat­te er in Rom ge­weilt, wo er sich 1812 dem Lu­kas­bund un­ter Fried­rich Over­beck (1789-1869) an­ge­schlos­sen hat­te und ge­mäß dem Stil der „Na­za­re­ner“ an der Aus­ma­lung des Pa­laz­zo Zuc­ca­ri mit Fres­ken aus der Jo­sephs­le­gen­de und auch an dem Fol­ge­auf­trag, der Aus­ma­lung der Vil­la des Mar­che­se Car­lo Mas­si­mi, be­tei­ligt war. Cor­ne­li­us‘ Ar­beit in Rom und sei­ne nach­drück­lich ge­äu­ßer­te Über­zeu­gung, dass die Wie­der­be­le­bung der Fres­ko-Ma­le­rei das un­fehl­ba­re Mit­tel sei „der deut­schen Kunst ein Fun­da­ment zu ei­ner neu­en, dem gro­ßen Zeit­al­ter und dem Geist der Na­ti­on an­ge­mes­se­ne Rich­tung zu ge­ben“ (Brief an Jo­seph Gör­res vom 3.11.1814), über­zeug­ten auch den Kron­prin­zen Lud­wig von Bay­ern (1786-1868, 1825-1848 Kö­nig Lud­wig I.), der Cor­ne­li­us mit der Aus­ma­lung der Münch­ner Glyp­to­thek be­auf­trag­te.

1821 nahm Cor­ne­li­us den Ruf als Düs­sel­dor­fer Aka­de­mie­di­rek­tor an und brach­te zahl­rei­che sei­ner Schü­ler mit. Am 3.11.1822 wur­de der Lehr­be­trieb auf­ge­nom­men. Cor­ne­li­us ver­folg­te je­doch gleich­zei­tig sei­ne Ar­beit in der Glyp­to­thek wei­ter, nahm al­so ei­ni­ge Jah­re ei­ne Dop­pel­tä­tig­keit in Düs­sel­dorf und Mün­chen wahr.

Dem Na­za­re­ni­schen Stil und dem Ide­al ei­nes mit­tel­al­ter­li­chen Werk­statt­be­triebs fol­gend, lag der Schwer­punkt von Cor­ne­li­us´ Leh­re auf der Wie­der­be­le­bung der Mo­nu­men­tal­ma­le­rei. Dem ent­spre­chend gin­gen An­fra­gen und Auf­trä­ge an die Düs­sel­dor­fer Aka­de­mie­lei­tung be­zie­hungs­wei­se die „jun­ge Düs­sel­dor­fer Schu­le“: Die Aus­ma­lung der Bon­ner Uni­ver­si­täts­au­la, ein Fres­ko für den As­si­sen­saal in Ko­blenz, Wand­bil­der für das Cap­pen­ber­ger Schloss (heu­te Stadt Selm) im Auf­trag des Frei­herrn vom Stein, des Ples­se­ner Schlos­ses in El­ler (Stadt Düs­sel­dorf) und des Schlos­ses von Graf Franz von Spee in Helt­dorf (Stadt Düs­sel­dorf). Al­le die­se Auf­trä­ge ge­rie­ten je­doch ins Sto­cken, als Cor­ne­li­us 1825 dem Ruf als Di­rek­tor der Münch­ner Aka­de­mie folg­te und sei­ne Schü­ler ihn bis auf we­ni­ge Aus­nah­men be­glei­te­ten.

 

3. Die Blüte der Düsseldorfer Malerschule unter Wilhelm Schadow

Wil­helm Scha­dow (1789-1862), Sohn des Bild­hau­ers und Ber­li­ner Aka­de­mie­di­rek­tors Jo­hann Gott­fried Scha­dow (1764-1850), Lei­ter ei­nes Meis­te­rate­liers für Ma­le­rei an der Ber­li­ner Kunst­aka­de­mie, wur­de 1826 mit der Düs­sel­dor­fer Aka­de­mie­di­rek­ti­on be­traut. Auch er, wie Cor­ne­li­us dem Lu­kas­bund in Rom an­ge­schlos­sen und dem Mal­stil der Na­za­re­ner fol­gend, brach­te zahl­rei­che sei­ner Meis­ter­schü­ler nach Düs­sel­dorf mit, un­ter ih­nen Ju­li­us Hüb­ner der Äl­te­re (1806-1882), Chris­ti­an Köh­ler (1809-1861), Carl Fer­di­nand Sohn (1805-1867), Theo­dor Hil­de­brandt (1804-1875), Hein­rich Mü­cke (1806-1891) und Carl Fried­rich Les­sing (1808-1880). Scha­dow re­or­ga­ni­sier­te den ver­nach­läs­sig­ten Lehr­be­trieb, eta­blier­te die hier­ar­chisch auf­ge­bau­ten Be­rei­che Ele­men­tar-, Vor­be­rei­tungs-, Meis­ter­klas­sen und selb­stän­di­ge Meis­te­rate­liers neu und be­setz­te nach und nach Stel­len mit Ge­folgs­leu­ten sei­ner Wahl. Scha­dow selbst üb­te die Leh­re für Bild­nis- und His­to­ri­en­ma­le­rei aus, die für vie­le Jah­re den Schwer­punkt der Aka­de­mie bil­den soll­te.

Der gro­ße Er­folg des Lehr­be­triebs, der die „Düs­sel­dor­fer Ma­ler­schu­le“ zu in­ter­na­tio­na­lem Ruhm führ­te, lag in der au­ra­ti­schen Per­sön­lich­keit Scha­dows, der es mit ho­hem or­ga­ni­sa­to­ri­schen Ta­lent ver­stand, ein en­ges und sehr per­sön­li­ches Netz­werk ei­ner­seits zwi­schen Stu­die­ren­den, Leh­ren­den und Ver­tre­tern der Li­te­ra­tur, Mu­sik und des Thea­ters zu knüp­fen und an­de­rer­seits auf ge­sell­schafts­po­li­ti­schem Par­kett al­le Mög­lich­kei­ten aus­zu­spie­len.

Das Schul­prin­zip Scha­dows be­stand in der Aus­füh­rung ei­ner „dich­te­ri­schen Ide­e“, was be­deu­te­te, dass sich die Mo­tiv­wahl auf die Wie­der­ga­be li­te­ra­ri­scher Vor­ga­ben (Bi­bel, mit­tel­al­ter­li­che Ge­schich­te, Dra­men, ro­man­ti­sche Dich­tung) be­schränk­te, wäh­rend der Stil dem zu­rück­hal­ten­den Ko­lo­rit und dem „keu­schen“, schön­li­ni­gen Ide­al der Na­za­re­ner ver­pflich­tet war.

Ka­me­rad­schaft­li­ches Schaf­fen in­ner­halb der Künst­ler­ge­mein­schaft und ein re­ger fach­li­cher so­wie per­sön­li­cher Aus­tausch un­ter­ein­an­der wirk­ten sich frucht­bar auf die Ent­wick­lung der Stu­die­ren­den aus. Le­gen­där sind die von Scha­dow ge­pfleg­ten Künst­ler­zir­kel, bei de­nen ein be­vor­zug­ter Kreis sei­ner Stu­den­ten, Leh­ren­de und Kunst­in­ter­es­sier­te sonn­tag­abends im schwar­zen Frack ge­klei­det, zu­sam­men­tra­fen um über äs­the­ti­sche Fra­gen zu dis­ku­tie­ren, oder auch die seit Herbst 1826 im Rah­men des „Fa­mi­li­en­ver­eins Düs­sel­dor­fer Künst­ler“ or­ga­ni­sier­ten wö­chent­li­chen Zu­sam­men­künf­te, bei de­nen Scha­dow und sei­ne Meis­ter­schü­ler die neu­es­ten Kom­po­si­tio­nen be­spra­chen.

Der eng mit Scha­dow be­freun­de­te Land­ge­richts­rat, Schrift­stel­ler, Dra­ma­ti­ker und von 1834-1837 Lei­ter des Düs­sel­dor­fer Stadt­thea­ters, Karl Im­mer­mann, avan­cier­te zum Men­tor, hielt un­ter an­de­rem sei­ne Le­se­pro­ben im Bei­sein aus­ge­wähl­ter Stu­den­ten in der Aka­de­mie ab und bot al­lein da­durch sei­nen Zu­hö­rern dra­ma­ti­schen Stoff für ih­re Wer­ke.

Scha­dow ver­stand es au­ßer­dem, die Aka­de­mie mit Hil­fe sei­ner Freun­de auch nach au­ßen glanz­voll zu re­prä­sen­tie­ren. So mach­ten un­ter an­de­rem der Staats­pro­ku­ra­tor und Kunst­his­to­ri­ker Karl Schnaa­se (1798-1875) mit den „Düs­sel­dor­fer Kunst­be­rich­ten“ im Ber­li­ner Kunst-Blatt und sei­ne dort 1831 pu­bli­zier­ten Re­de „Über die Rich­tung der Ma­le­rei un­se­rer Zeit“ Düs­sel­dor­fer Kunst land­läu­fig pu­blik.[1]  Auch Karl Im­mer­manns Kri­ti­ken ein­zel­ner Wer­ke in dem Ber­li­ner Kunst-Blatt und sei­ne „Mas­ken­ge­sprä­che“ tru­gen zum Be­kannt­heits­grad der Düs­sel­dor­fer Ma­ler­schu­le bei.[2]

Julius Hübner, Porträt von Wilhelm von Schadow, Kupferstich von Joseph von Keller, 1834, Original im Heimatmuseum Sinzig.

 

Der Land­ge­richts­rat und Schrift­stel­ler Fried­rich von Uech­tritz (1800-1875) und der preu­ßi­sche Ge­sand­te am nor­we­gi­schen Hof, Graf At­ana­zy Raćzyn­ski (1788-1874) so­wie Wolf­gang Mül­ler von Kö­nigs­win­ter und Pro­fes­sor, Aka­de­mie­se­kre­tär, Ve­du­ten­ma­ler und Kunst­schrift­stel­ler Ru­dolf Wieg­mann (1804-1865) ver­fass­ten um­fang­rei­che Pu­bli­ka­tio­nen.[3]  Rich­tung­wei­send war auch der Auf­satz von Scha­dow selbst „Mei­ne Ge­dan­ken über ei­ne fol­ge­rich­ti­ge Aus­bil­dung des Ma­ler­s“ im ers­ten Jahr­gang des Ber­li­ner Kunst-Blatts von 1828.[4]

Be­reits die ers­te Aus­stel­lung von Ma­lern der Düs­sel­dor­fer Aka­de­mie in Ber­lin am 21.9.1828 - jähr­lich soll­ten re­gel­mä­ßig wei­te­re fol­gen - wur­de hoch­ge­lobt.[5]  Und bald war all­seits zu hö­ren, dass für das Stu­di­um der Schö­nen Küns­te Düs­sel­dorf der bes­te Ort sei; so hieß es 1839 in der Han­no­ver­schen Zei­tung: „[…] dass Düs­sel­dorf als Kunst­schu­le den üb­ri­gen deut­schen Aka­de­mi­en bei wei­tem vor­an­steht und dass für ei­nen jun­gen Künst­ler die­se der rech­te Ort zu tüch­ti­ger und ge­die­ge­ner Aus­bil­dung sei. – Mit je­der neu­en Aus­stel­lung se­hen wir ein neu­es Ta­lent von dort auf­tau­chen.“[6]

4. Der „Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen“

Als wich­ti­ges In­stru­ment für die För­de­rung und Ver­brei­tung der Kunst in al­len Ge­sell­schafts­schich­ten so­wie für die fi­nan­zi­el­le Ab­si­che­rung der Künst­ler durch Auf­trä­ge und Ver­kauf, stand Scha­dow der am 1.1.1829 ge­grün­de­te „Kunst­ver­ein für die Rhein­lan­de und West­fa­len“ zur Ver­fü­gung.

Ei­ne trei­ben­de Kraft bei der Grün­dung des Ver­eins war der be­reits zu Cor­ne­li­us´ Zei­ten an der Aka­de­mie leh­ren­de Pro­fes­sor Carl Jo­seph Ignaz Mos­ler (1788-1860), sei­ner­zeit Kon­ser­va­tor der Aka­de­mie. Er setz­te sat­zungs­mä­ßig durch, dass ein gro­ßer Teil der Ver­eins­ein­nah­men für die öf­fent­li­che Kunst­pfle­ge und die För­de­rung der Mo­nu­men­tal­ma­le­rei ins­be­son­de­re in Kir­chen und öf­fent­li­chen Ge­bäu­den be­reit­ge­stellt wur­de. Da­ne­ben ge­hör­te es zu den we­sent­li­chen Auf­ga­ben des Ver­eins, jähr­lich Aus­stel­lun­gen zu or­ga­ni­sie­ren, bei de­nen Wer­ke an­ge­kauft, ver­lost und Prä­mi­en­blät­ter (Kup­fer­sti­che, Gra­phi­ken) aus­ge­ge­ben wur­den. Auch soll­te der Be­völ­ke­rung ein re­gel­mä­ßi­ger Über­blick über das Kunst­schaf­fen an der Aka­de­mie prä­sen­tiert wer­den. Die jähr­li­chen Aus­stel­lun­gen des Kunst­ver­eins fan­den bis zum Aka­de­mie­brand 1872 im Gro­ßen Saal der Aka­de­mie statt, dann im Ga­le­rie­saal der städ­ti­schen Ton­hal­le und spä­ter in den Räu­men der neu er­bau­ten städ­ti­schen Kunst­hal­le.

Die Mit­glie­der des Ver­eins setz­ten sich aus Staats­be­diens­te­ten, ver­mö­gen­den Kunst­för­de­rern, Kunst­händ­lern, auch Künst­lern zu­sam­men. Die en­ge Ver­bin­dung zur Aka­de­mie war durch Wil­helm Scha­dow ge­währ­leis­tet, der über Jahr­zehn­te dem Ver­wal­tungs­rat an­ge­hör­te. Der Ver­eins­be­richt für das Jahr 1900 führt 8.105 Mit­glie­der auf, für bis da­to 150 Kunst­wer­ke im öf­fent­li­chen Raum (zum Bei­spiel An­dre­as­kir­che Düs­sel­dorf, Frank­fur­ter Rö­mer, El­ber­fel­der Rat­haus­fries, Aa­che­ner Rat­haus, Kre­fel­der Rat­haus) wur­den 887.020 Mark aus­ge­ge­ben, für den An­kauf zur Ver­lo­sung 2.047.300 Mark, für die Ver­eins­blät­ter 1.263.614 Mark.[7]

5. Die Entwicklung der Düsseldorfer Malerschule in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

5.1 Neue Tendenzen

Noch be­vor Pe­ter Cor­ne­li­us sei­ne Di­rek­to­ren­stel­le in Düs­sel­dorf an­trat, be­such­te er 1820 den Ma­ler Cas­par Da­vid Fried­rich (1774-1840) in Dres­den und muss­te sich von ihm her­be Kri­tik ge­fal­len las­sen: „In­des, lie­ber Cor­ne­li­us, und bei al­ler An­er­ken­nung Ih­res Ta­lents und Ih­rer Ver­diens­te, soll­te denn das wohl der hoch­ge­prie­se­ne Kunst­sinn un­se­rer Zeit sein, sich in knech­ti­scher Nach­äf­fung ei­ner frü­he­ren, wenn­gleich schö­nen Kunst­zeit zu ge­fal­len? […] Die Skla­ven­see­len un­se­rer Ta­ge ver­ken­nen ih­re Zeit und ei­ni­ge auch sich selbst […]. Und, Ver­ehr­tes­ter, wa­chen Sie auf aus ih­rer ku­rio­sen se­die­ren­den Fröm­mig­keit, es ist, sie mö­gen sich win­den und wen­den wie sie wol­len, doch im­mer nur ei­ne Fröm­mig­keit aus zwei­ter Hand. Ihr habt von An­fang an nur Mönch ge­spielt, das Klos­ter war Ku­lis­se, die ihr nur lei­der mit eu­rer Wirk­lich­keit ver­wech­selt habt. Ei­ne Welt­flucht­fes­tung, wo ihr Zel­len­bil­der mal­tet: fein, fromm und fleisch­frei­rein – du lie­ber Gott! […] Das Be­ten mag von der Er­kennt­nis be­frei­en, aber es er­setzt sie nicht.“[8]

Dass aus­ge­rech­net Wil­helm Scha­dow und sei­ne ihm fol­gen­den Meis­ter­schü­ler mit ih­rer, der His­to­ri­en-Ma­le­rei und Re­li­giö­sen Kunst im Stil der Na­za­re­ner ver­pflich­te­ten Leh­re noch über drei Jahr­zehn­te den er­folg­rei­chen Kern der „Düs­sel­dor­fer Ma­ler­schu­le“ bil­de­ten, mag ein Ant­ago­nis­mus sein. Doch spä­tes­tens mit den un­ru­hi­gen po­li­ti­schen Ver­hält­nis­sen des Vor­märz rück­ten die rück­wärts ge­wand­ten Kunst­wel­ten Scha­dows ins Zen­trum der Kri­tik. Schon 1836 kam es zwi­schen dem eins­ti­gen Meis­ter­schü­ler Carl Fried­rich Les­sing und sei­nem Leh­rer Scha­dow we­gen des Bil­des „Hus­si­ten­pre­dig­t“ aus re­li­giö­sen Grün­den zum of­fe­nen Bruch. An­dre­as Achen­bach, auch Al­fred Re­thel und Jo­hann Wil­helm Schir­mer setz­ten sich deut­lich von der Lehr­mei­nung Scha­dows ab.

Julius Hübner, Porträt von Carl Friedrich Lessing, Carl Sohn und Theodor Hildebrandt, Gemälde, 1839, Original in der Alten Nationalgalerie Berlin.

 

Der Wunsch nach Un­ab­hän­gig­keit von der Scha­dow­schen Dok­trin mach­te sich in der Fol­ge­zeit im­mer mehr Luft, zu­mal sich Stu­den­ten aus dem rhei­ni­schen Um­feld ge­gen­über de­nen aus den üb­ri­gen preu­ßi­schen Län­dern zu­rück­ge­setzt fühl­ten, an­geb­lich we­gen der Raum­knapp­heit bei Ate­lier­plät­zen zu­rück­ge­stellt oder ab­ge­wie­sen wur­den. Die Kon­tra­hen­ten lie­ßen es sich nicht neh­men, die Pro­ble­me in öf­fent­li­chen Kam­pa­gnen En­de der 1830er Jah­re aus­zu­tra­gen.

Durch die stän­dig wach­sen­den Stu­den­ten­zah­len bil­de­ten sich zu­dem neue Krei­se, Künst­ler­ver­ei­ni­gun­gen und freie Ate­lier­ge­mein­schaf­ten. Scha­dows Werk­statt-Ide­al zer­split­ter­te zu­neh­mend und auch sei­ne Vor­stel­lun­gen von Kunst konn­te er bei Aus­stel­lungs-Ju­rie­run­gen nicht mehr durch­set­zen. 1859 trat Scha­dow von sei­nem Amt als Aka­de­mie­di­rek­tor re­si­gniert zu­rück. Als sei­nen Nach­fol­ger be­stimm­te er sei­nen in­zwi­schen in Dres­den leh­ren­den Schwa­ger Edu­ard Ben­de­mann (1811-1869), der das Amt in Düs­sel­dorf von 1859-1867 aus­üb­te.

Der Rea­li­tät kam nun als The­ma der Ma­le­rei die höchs­te Be­deu­tung zu: so­zia­le Le­bens­be­din­gun­gen, po­li­ti­sche Er­eig­nis­se ei­ner­seits und Er­for­schung und Schil­de­rung der Land­schaft an­de­rer­seits. Sie drück­te sich im Auf­stieg der Spät­ro­man­ti­schen Land­schafts- und Gen­re­ma­le­rei aus, als de­ren Ver­tre­ter Carl Fried­rich Les­sing und Jo­hann Wil­helm Schir­mer der Aka­de­mie mit vie­len ih­rer Schü­ler wei­ter­hin zu in­ter­na­tio­na­lem Ruhm ver­hal­fen. Doch auch His­to­ri­en und Mo­nu­men­tal­ma­le­rei be­hiel­ten, ins­be­son­de­re seit der Grün­dung des Deut­schen Reichs 1871, im Zei­chen na­tio­na­ler Iden­ti­tät ih­ren Stel­len­wert.

5.2 Kunst und Wirtschaft

Der „Kunst­ver­ein für die Rhein­lan­de und West­fa­len“ war durch An­käu­fe und Auf­trags­ver­ga­ben an der wirt­schaft­li­chen Stär­kung der Düs­sel­dor­fer Kunst ma­ß­geb­lich be­tei­ligt. Auch der in Düs­sel­dorf re­si­die­ren­de Prinz Fried­rich von Preu­ßen (1794-1863), ein Nef­fe Kö­nig Fried­rich Wil­helms III., un­ter­stüt­ze die Künst­ler durch sei­ne Er­wer­bun­gen nach­hal­tig. Au­ßer ihm be­saß der Ber­li­ner Ban­kier J. H. Wa­ge­ner (1782-1861) – sei­ne Samm­lung bil­de­te spä­ter den Grund­stock der Al­ten Na­tio­nal­ga­le­rie in Ber­lin – ein um­fang­rei­ches Kon­tin­gent der Düs­sel­dor­fer Ma­ler­schu­le, eben­falls Graf von Raćzyns­ky, des­sen Samm­lung 1843 in Ber­lin öf­fent­lich aus­ge­stellt wur­de; auch der Ber­li­ner Kunst­samm­ler Pier­re Louis Ra­venée (1793-1861), be­saß 124 Ge­mäl­de aus Düs­sel­dorf. Sei­ne Pri­vat­samm­lung wur­de 1850 in Ber­lin prä­sen­tiert.

Wilhelm von Schadow, Die heilige Barbara, Gemälde, 1844, Original im Clemens-Sels-Museum, Neuss.

 

Den­noch wur­de es durch den ho­hen An­stieg der Stu­den­ten­zah­len für die jun­gen Künst­ler im­mer schwe­rer, ih­re Wer­ke zu ver­kau­fen. Ne­ben dem „Kunst­ver­ein für die Rhein­lan­de und West­fa­len“ wur­de 1844 un­ter Fe­der­füh­rung von Scha­dow der „Ver­ein Düs­sel­dor­fer Künst­ler zur ge­gen­sei­ti­gen Un­ter­stüt­zung und Hül­fe“ ins Le­ben ge­ru­fen. Hilfs­be­dürf­ti­ge und kran­ke Mit­glie­der soll­ten un­ter­stützt wer­den, zu­sätz­lich wei­te­re Kunst­aus­stel­lun­gen in Düs­sel­dorf und dem um­lie­gen­den Rhein­land prä­sen­tiert, und die Er­rich­tung ei­ner Kunst­hal­le (dem Bau wur­de 1878 zu­ge­stimmt, 1881 wur­de er sei­ner Be­stim­mung über­ge­ben) vor­an­ge­trie­ben wer­den. Die Re­gie­run­gen in Ber­lin und Düs­sel­dorf un­ter­stütz­ten das Pro­jekt. Die Aus­stel­lun­gen wur­den in­ter­na­tio­nal aus­ge­dehnt. Auf al­len Welt­aus­stel­lun­gen in Eng­land, Frank­reich, Bel­gi­en und den USA wa­ren die Düs­sel­dor­fer Ma­ler zwi­schen 1855 und 1910 prä­sent. Ame­ri­ka wur­de zu ei­nem der be­deu­tends­ten Ab­satz­ge­bie­te Düs­sel­dor­fer Bil­der; so fan­den al­lein durch die Düs­sel­dorf Gal­le­ry des preu­ßi­schen Kon­suls John G. Bö­ker (Bo­ker) (ge­stor­ben 3. März 1860) in New York die Wer­ke der Ma­ler­schu­le ab 1849 gro­ße Be­ach­tung.

Durch den in­ter­na­tio­na­len Be­kannt­heits­grad der Düs­sel­dor­fer Kunst eta­blier­te sich zu­neh­mend ein flo­rie­ren­der Han­del zwi­schen Düs­sel­dorf, Brüs­sel, Pa­ris, Lon­don, St. Pe­ters­burg und New York. Zahl­rei­che Kunst­händ­ler zog es an den Rhein; es eta­blier­te sich das ers­te Ga­le­ri­en­vier­tel im Rhein­land, ne­ben den öf­fent­li­chen wur­den auch pri­va­te Aus­stel­lun­gen or­ga­ni­siert. Die Pro­fes­so­ren der Aka­de­mie wur­den mit in­ter­na­tio­na­len Prei­sen, Me­dail­len und Eh­ren­or­den be­dacht, und, wie zum Bei­spiel Wil­helm Scha­dow und Jo­seph Kel­ler, in den Adels­stand ge­ho­ben, was den Ruf und den Ruhm der Kunst­stadt Düs­sel­dorf wei­ter stärk­te.

5.3 Kulturelles Leben

Die vie­len in Düs­sel­dorf re­si­die­ren­den Stu­den­ten, die in­zwi­schen auch ver­stärkt aus dem Aus­land ka­men (Skan­di­na­vi­en, Ame­ri­ka, Russ­land, Bal­ti­kum), tru­gen mit ih­ren ge­sell­schaft­li­chen Ak­ti­vi­tä­ten im Zu­sam­men­spiel al­ler Küns­te, ins­be­son­de­re aber in ih­ren zahl­rei­chen Ver­ei­ni­gun­gen, zu ei­nem bun­ten städ­ti­schen Kul­tur­le­ben bei. So wur­de zum Bei­spiel 1847 die „Künst­ler­lie­der­ta­fel“ mit Lie­der- und Le­se­aben­den un­ter Edu­ard Ben­de­mann, An­dre­as Achen­bach, Jo­hann Wil­helm Schir­mer und Carl Fried­rich Les­sing ins Le­ben ge­ru­fen.

Nach dem Ein­heits­fest (Ger­ma­nia­fest) am 6.8.1848 wur­de un­ter an­de­rem von den Ma­lern Ema­nu­el Leut­ze (1816-1868), Carl Wil­helm Hüb­ner (1814-1879), Her­mann Be­cker (1817-1885) und Jo­hann Pe­ter Ha­sen­cle­ver der bis heu­te be­ste­hen­de „Ver­ein zu ge­sel­li­gem Künst­ler­le­ben“, der so ge­nann­te „Mal­kas­ten“ ge­grün­det. In ihm kam ei­ne be­son­de­re Ge­sel­lig­keits­kul­tur der Künst­ler, aber auch Nicht-Künst­lern un­ter­ein­an­der zum Aus­druck. Thea­ter­auf­füh­run­gen, Um­zü­ge, Früh­lings- und Win­ter­fes­te, Fei­er­lich­kei­ten zu Eh­ren be­rühm­ter Dich­ter und Ma­ler, all­ge­mei­ne Künst­ler­ver­samm­lun­gen, Fest­es­sen, Ju­bi­lä­ums­fei­ern, Kos­tüm­fes­te und „Le­ben­de Bil­der“ wur­den in jähr­li­chem Tur­nus durch­ge­führt. Hat­te zu Be­ginn der Grün­dung der Ver­ein ein wech­seln­des Som­mer- und Win­ter­do­mi­zil, so rich­te­te er sich 1852 in ei­nem gro­ßräu­mi­gen Lo­kal auf der Ra­tin­ger Stra­ße ein und ein Jahr­zehnt spä­ter, nach ho­hen fi­nan­zi­el­len Auf­wen­dun­gen, die un­ter an­de­rem durch die Ver­lo­sung ge­spen­de­ter Bil­der er­bracht wur­den, in ei­nem mehr­tei­li­gen Ge­bäu­de­kom­plex in­ner­halb ei­ner his­to­ri­schen Gar­ten­an­la­ge (Ja­ko­bi­g­ar­ten). Ma­ler aus dem Aus­land tru­gen zu­sätz­lich ih­re ei­ge­nen Fes­te aus, die­je­ni­gen aus der gro­ßen Nor­we­gi­schen „Ko­lo­nie“ wur­den zum Bei­spiel von Vin­cent Stol­ten­berg-Ler­che (1837-1892) hu­mor­voll in Zeich­nun­gen fest­ge­hal­ten.

Ernst Deger, Maria als Himmelskönigin mit dem Jesuskind, Altarbild, 1837, Original in der Düsseldorfer St. Andreaskirche.

 

All je­ne Ver­ei­ni­gun­gen brach­ten in Form von Pu­bli­ka­tio­nen, Ver­eins­bü­chern, Mo­nats­hef­ten, Ka­ri­ka­tur­se­ri­en und Zeich­nun­gen wei­te­re künst­le­ri­sche Aus­drucks­for­men her­vor, die gro­ße Ver­brei­tung fan­den. Ab 1847 er­schie­nen die „Düs­sel­dor­fer Mo­nats­hef­te“ mit ganz­sei­ti­gen Li­tho­gra­phi­en und Text­illus­tra­tio­nen als Holz­schnitt. Die Hef­te wa­ren als sa­ti­ri­scher Zeit­spie­gel ge­dacht und wur­den in 14 Jahr­gän­gen pu­bli­ziert. Ab 1851 er­schien das „Düs­sel­dor­fer Künst­ler­al­bum“, 1858 auch ei­ne Aus­ga­be in eng­li­scher Spra­che. Von 1867-1877 wur­de das Al­bum un­ter dem Ti­tel „Deut­sches Künst­ler­al­bum“ wei­ter ge­führt. Par­al­lel da­zu wur­den 1858 in zwei Jahr­gän­gen das „Neue Düs­sel­dor­fer Künst­ler­al­bum“ und 1856-1859 das „Düs­sel­dor­fer Ju­gend­al­bum“ pu­bli­ziert.

Da­ne­ben wa­ren zahl­rei­che il­lus­trier­te Ein­zel­ver­öf­fent­li­chun­gen auf dem Markt, an de­nen sich ver­schie­de­ne Künst­ler ge­mein­sam be­tei­lig­ten: „Düs­sel­dor­fer Lie­deral­bum“ (1851), „Lie­der der Hei­ma­th“ (1868), Aqua­rel­le Düs­sel­dor­fer Künst­ler: den kunst­sin­ni­gen Da­men ge­wid­met (1861, eng­li­sche Aus­ga­be 1862), Düs­sel­dor­fer Bil­der-Map­pe: Ori­gi­nal-Zeich­nun­gen (1866), Mär­chen und Sa­gen für Jung und alt (1857).

Zu den wert­volls­ten il­lus­trier­ten Bü­chern des 19. Jahr­hun­derts in Deutsch­land ge­hö­ren wohl die von dem Ma­ler, Dich­ter und Kom­po­nis­ten Ro­bert Rei­nick (1805-1852) bei dem Düs­sel­dor­fer Ver­le­ger Bud­de­us pu­bli­zier­ten „Lie­der ei­nes Ma­lers mit Rand­zeich­nun­gen sei­ner Freun­de“ (1838), ers­ter Band ei­ner drei­tei­li­gen Se­rie, von der der zwei­te 1842 und der drit­te 1845 un­ter dem Ti­tel „Deut­sche Dich­tun­gen mit Rand­zeich­nun­gen deut­scher Künst­ler“ er­schie­nen. Für die Se­rie lie­fer­ten zahl­rei­che Künst­ler der Düs­sel­dor­fer Ma­ler­schu­le, wie Wil­helm Scha­dow, Edu­ard Ben­de­mann, Carl Wil­helm Hüb­ner, Ernst De­ger (1809-1885) die Vor­la­gen, die un­ter an­de­rem von Jo­seph Kel­ler in Kup­fer ge­sto­chen wur­den.

6. Die unterschiedlichen Sparten der Schule und ihre Vertreter

6.1 Historienmalerei und Porträt

Die His­to­ri­en- und Por­trät­ma­le­rei nah­men an der Düs­sel­dor­fer Aka­de­mie in der ers­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts den höchs­ten Rang un­ter den Kunst­gat­tun­gen ein. Ge­pflegt wur­de die Öl­ma­le­rei (Staf­fe­lei­bild) im ro­man­ti­schen Stil, mit har­mo­ni­schem Bild­auf­bau, in feins­ter Schön­li­nig­keit und zu­rück­hal­ten­dem Ko­lo­rit. Die eins­ti­gen Ber­li­ner Meis­ter­schü­ler, die Wil­helm Scha­dow 1826/1827 nach Düs­sel­dorf ge­folgt wa­ren und spä­ter selbst als Lei­ter von Meis­te­rate­liers, Leh­ren­de und Pro­fes­so­ren tä­tig wa­ren, bil­de­ten in der ers­ten Ge­ne­ra­ti­on den en­gen Kern der „Düs­sel­dor­fer Ma­ler­schu­le“.

Ju­li­us Hüb­ner der Äl­te­re mach­te sich bei sei­nem Ma­ler­de­but 1828 in Düs­sel­dorf mit den Ge­mäl­den „Die Fi­scher“ nach der Bal­la­de Jo­hann Wolf­gang von Goe­thes /1749-1832) und „Ro­land be­freit die Prin­zes­sin Isa­bel­la aus der Räu­ber­höh­le“, nach dem Vers­epos „Or­lan­do fu­rio­so“ (1516) von Ariost (1474-1533) schon früh ei­nen Na­men. Nach län­ge­rem Ita­li­en­auf­ent­halt kehr­te er 1834 nach Düs­sel­dorf zu­rück, wur­de 1839 an die Kunst­aka­de­mie Dres­den be­ru­fen, war ab 1841 dort Pro­fes­sor und ab 1871 Di­rek­tor der Dresd­ner kö­nig­li­chen. Ge­mäl­de­ga­le­rie. Er war ver­hei­ra­tet mit Pau­li­ne Ben­de­mann (1809-1895), Schwes­ter des Ma­lers Edu­ard Ben­de­mann.

Carl Friedrich Lessing, Die Hussitenpredigt, Gemälde, 1833, Original in der Alten Nationalgalerie Berlin.

 

Edu­ard Ben­de­mann mal­te im Stil ele­gi­scher „See­len­ma­le­rei“ be­vor­zugt Sze­nen aus der Bi­bel, zum Bei­spiel schuf er meh­re­re Bil­der über die Ju­den in ba­by­lo­ni­scher Ge­fan­gen­schaft; sein Ge­mäl­de „Je­re­mi­as auf den Trüm­mern von Je­ru­sa­le­m“ wur­de an­läss­lich der Pa­ri­ser Sa­lon-Aus­stel­lung nicht nur mit dem Or­den Pour le Mé­ri­te preis­ge­krönt, son­dern auch von Kö­nig Fried­rich Wil­helm III. er­wor­ben. Auch er be­glei­te­te, wie sein Schwa­ger Ju­li­us Hüb­ner, Scha­dow 1829-1831 auf des­sen Stu­di­en­rei­sen durch Ita­li­en. 1838 wur­de Ben­de­mann als Do­zent an die Kunst­aka­de­mie in Dres­den be­ru­fen, von 1859-1867 fun­gier­te er auf Vor­schlag Scha­dows als des­sen Nach­fol­ger als Di­rek­tor der Düs­sel­dor­fer Kunst­aka­de­mie. Ben­de­mann war mit Li­da Scha­dow (1821-1859), der Schwes­ter Wil­helm Scha­dows ver­hei­ra­tet.

Chris­ti­an Köh­ler war von 1851-1855 Pro­fes­sor der Zei­chen­klas­se in Düs­sel­dorf, lei­te­te ein Meis­te­rate­lier und ab 1858 die Klas­se für Ma­le­rei. Die The­men sei­ner Wer­ke ent­sprin­gen der Bi­bel, Sa­gen­krei­sen und der Li­te­ra­tur, zum Bei­spiel „Ha­gar und Is­ma­el“, 1844.

Theo­dor Hil­de­brandt be­kam nach Ab­schluss sei­nes Stu­di­ums an der Kunst­aka­de­mie  1831 ei­nen Lehr­auf­trag und wur­de 1836 zum Pro­fes­sor er­nannt. Sei­ne wich­tigs­ten Wer­ke, die sich im Ge­gen­satz zur ro­man­ti­schen Ma­le­rei sei­ner Kol­le­gen sehr viel stär­ker am Rea­lis­mus ori­en­tier­ten, wa­ren: „Der Krie­ger und sein Kin­d“, 1832 (ver­viel­fäl­tigt durch ei­nen Kup­fer­stich von Edu­ard Man­del, 1810-1882), „Die Söh­ne Edu­ard­s“, 1835 (in drei Ver­sio­nen, ver­viel­fäl­tigt durch ei­nen Kup­fer­stich von Fried­rich Knol­le), so­wie zahl­rei­che Bil­der nach Dra­men von Wil­liam Shake­speare (1564-1616), Fried­rich Schil­ler (1759-1805) und Goe­the, zum Bei­spiel: Kö­nig Lear, um Kor­de­lia trau­ernd, 1826, Ro­meo und Ju­lia, 1827 Ot­hel­lo, 1847, Die Räu­ber 1829, Gret­chen im Ker­ker, 1825).

Eduard Bendemann, Die trauernden Juden im Exil, Gemälde, 1832, Original im Wallraf-Richartz-Museum Köln.

 

Carl Fer­di­nand Sohn lehr­te von 1832-1855 und 1859-1863 Ma­le­rei, wur­de 1838 zum Pro­fes­sor er­nannt. Sohn wur­de ein gro­ßes päd­ago­gi­sches Ta­lent zu­ge­spro­chen, zu sei­nen nam­haf­ten Schü­lern ge­hör­te An­selm Feu­er­bach (1829-1880). Sohn be­vor­zug­te in sei­nen Öl­ge­mäl­den The­men aus der An­ti­ke und der Li­te­ra­tur (Goe­the), weit be­kannt wur­de er für sei­ne tau­send­fach re­pro­du­zier­te „Lo­re­ley“.

Hein­rich Mü­cke er­hielt 1844 ei­nen Lehr­auf­trag an der Düs­sel­dor­fer Aka­de­mie und nahm von 1848-1867 ei­ne Pro­fes­so­ren­stel­le ein. Er war spe­zia­li­siert auf das re­li­giö­se His­to­ri­en­bild, noch ver­stärkt durch ein 1833 vom preu­ßi­schen Staat ge­währ­tes Ar­beits­sti­pen­di­um in Ita­li­en. In­ter­na­tio­nal be­kannt wur­de er durch sein Ge­mäl­de „Die hl. Ka­tha­ri­na wird nach ih­rem Mär­ty­rer­tod zu Alex­an­dri­en von En­geln nach Si­nai ge­tra­gen“ aus dem Jahr 1836, das auf­grund ei­ner ge­lun­ge­ne Ver­bin­dung von Land­schafts­ma­le­rei und Per­so­nen­dar­stel­lung ge­rühmt wur­de und für die Kai­se­rin Alex­an­dra Fjo­do­row­na von Russ­land (1798-1860), für Wil­hel­mi­ne von Bi­ron, Prin­zes­sin von Kur­land (1781-1839) und den Kunst­händ­ler Adol­phe Gou­pil (1806-1893) in Pa­ris noch­mals aus­ge­führt und 1845 als Kup­fer­stich wei­ter ver­brei­tet wur­de. Mü­ckes Bil­der wur­den von in­ter­na­tio­na­len Samm­lern an­ge­kauft und er er­hielt zahl­rei­che Auf­trä­ge, wie 1854-1862 ein Zy­klus von Öl­ge­mäl­den zur Ge­schich­te des hei­li­gen Mein­rad (Saal­bau in Sig­ma­rin­gen). Von sei­nem Spät­werk wä­ren noch zu nen­nen die 45 Fe­der­zeich­nun­gen zur „Ver­herr­li­chung des Rhein­stroms von sei­nen Quel­len bis zum Meer in Bil­dern der be­deu­tends­ten My­then, Sa­gen, Le­gen­den und wich­tigs­ten his­to­ri­schen und cul­tur­his­to­ri­schen Er­eig­nis­sen al­ler Zei­ten“.

Carl Fried­rich Les­sing hat so­wohl als Land­schafts- als auch als His­to­ri­en­ma­ler be­deu­ten­des ge­leis­tet und wur­de mit vie­len Eh­run­gen be­dacht. Sei­nen ers­ten Er­folg konn­te er noch wäh­rend sei­nes Stu­di­ums bei Scha­dow an der Ber­li­ner Aka­de­mie mit dem Ge­mäl­de „Kirch­hof mit Lei­chen­stei­nen und Rui­nen im Schnee (1825), er­zie­len. In die Pha­se sei­ner his­to­ri­schen Ma­le­rei von 1836-1867 fie­len die Bil­der „Hus­si­ten­pre­dig­t“ (1836), „Jan Hus vor dem Con­cil zu Kon­stan­z“ (1858), so­wie „Lu­ther, der die Bann­bul­le ver­brenn­t“ (1853). Die Bil­der führ­ten zum nach­hal­ti­gen Zer­würf­nis mit sei­nem lang­jäh­ri­gen Freund und Leh­rer Scha­dow, der sich in sei­nem ka­tho­li­schen Glau­ben be­lei­digt fühl­te. 1858 folg­te Les­sing dem Ruf als Di­rek­tor der Kunst­ga­le­rie in Karls­ru­he und blieb dort bis zu sei­nem Le­bens­en­de.

Al­le Künst­ler wa­ren auch her­vor­ra­gen­de Bild­nis­ma­ler. Das Fach, von Scha­dow ge­lehrt, stand an der Kunst­aka­de­mie hoch im Rang. Por­trät­auf­trä­ge wa­ren zu ei­ner Zeit, als die Fo­to­gra­fie noch nicht zum All­tag ge­hör­te, ei­ne wich­ti­ge Ein­nah­me­quel­le: Theo­dor Hil­de­brandt bei­spiels­wei­se mal­te zahl­rei­che Prin­zen­por­träts, C. F. Sohn war be­rühmt für sei­ne Frau­en­por­träts; sei­ne vie­len Auf­trag­ge­ber reich­ten bis in die USA. Edu­ard Ben­de­mann hielt Hein­rich Brock­haus (1804-1874), den Ma­ler Wil­helm Cam­phau­sen (1818-1886), den His­to­ri­ker Jo­hann Gus­tav Droy­sen (1808-1884), die Mu­si­ker Jo­seph Joa­chim (1831-1907) und Fe­lix Men­dels­sohn Ba­thol­dy (1809-1847) so­wie Fürst Karl An­ton von Ho­hen­zol­lern (1811-1885) in Bil­dern fest.Al­le Künst­ler wa­ren auch her­vor­ra­gen­de Bild­nis­ma­ler. Das Fach, von Scha­dow ge­lehrt, stand an der Kunst­aka­de­mie hoch im Rang. Por­trät­auf­trä­ge wa­ren zu ei­ner Zeit, als die Fo­to­gra­fie noch nicht zum All­tag ge­hör­te, ei­ne wich­ti­ge Ein­nah­me­quel­le: Theo­dor Hil­de­brandt bei­spiels­wei­se mal­te zahl­rei­che Prin­zen­por­träts, C. F. Sohn war be­rühmt für sei­ne Frau­en­por­träts; sei­ne vie­len Auf­trag­ge­ber reich­ten bis in die USA. Edu­ard Ben­de­mann hielt Hein­rich Brock­haus (1804-1874), den Ma­ler Wil­helm Cam­phau­sen (1818-1886), den His­to­ri­ker Jo­hann Gus­tav Droy­sen (1808-1884), die Mu­si­ker Jo­seph Joa­chim (1831-1907) und Fe­lix Men­dels­sohn Ba­thol­dy (1809-1847) so­wie Fürst Karl An­ton von Ho­hen­zol­lern (1811-1885) in Bil­dern fest.

Be­son­ders ge­pflegt wur­de an der Aka­de­mie das Künst­ler- und Freund­schafts­bild, stellt es doch die au­ßer­ge­wöhn­lich fa­mi­liä­re Nä­he des Scha­dow­krei­ses und der Düs­sel­dor­fer Ma­ler­schu­le un­ter Be­weis. Man por­trä­tier­te sich ge­gen­sei­tig: Ben­de­mann mal­te Scha­dow; C. F. Sohn mal­te Ben­de­mann, C. F. Les­sing und C. Köh­ler; Scha­dow hielt Karl Im­mer­mann 1828 als Freund­schafts­ga­be in ei­nem Ton­do fest. Le­gen­där sind Ju­li­us Hüb­ners Grup­pen­bild „Jung Düs­sel­dor­f“ mit den Ma­lern C. F. Les­sing, C. F. Sohn und Theo­dor Hil­de­brandt aus dem Jahr 1839 und das in ge­mein­sa­mer Ar­beit ent­stan­de­ne Fa­mi­li­en­bild „Der Scha­dow-Kreis“ aus dem Jahr 1830/1831.

Theodor Hildebrandt, Der Krieger und sein Kind, Gemälde, 1832, Original in der Alten Nationalgalerie Berlin.

 

6.2 Religiöse Malerei

Die kir­chen­po­li­ti­sche Si­tua­ti­on im Rhein­land war von Rich­tungs­kämp­fen zwi­schen Ver­tre­tern fort­schrei­ten­der Sä­ku­la­ri­sie­rung und Re-Chris­tia­ni­sie­rung ei­ner­seits, und Kon­flik­ten zwi­schen den Kon­fes­sio­nen an­de­rer­seits ge­prägt. Strei­tig­kei­ten zwi­schen der ka­tho­li­schen Kir­che und der preu­ßi­schen Re­gie­rung we­gen der Misch­ehen­fra­ge wa­ren nach der Wahl von Cle­mens von Dros­te zu Viche­ring zum Erz­bi­schof von Köln 1835 aufs hef­tigs­te ent­brannt und gip­fel­ten in der Ver­haf­tung des Erz­bi­schofs und sei­ner In­ter­nie­rung in Min­den.

Das höchs­te Ziel des zum Ka­tho­li­zis­mus kon­ver­tier­ten Scha­dow war es, dem na­za­re­ni­schen Ide­al zu fol­gen, das hei­ßt re­li­giö­se Kunst in al­len Ge­sell­schafts­schich­ten zu ver­brei­ten und zur re­li­giö­sen Er­zie­hung bei­zu­tra­gen, was sich in der gro­ßen An­zahl bib­li­scher His­to­ri­en, die er und sein en­ge­rer Kreis schu­fen, äu­ßer­te. Da­ne­ben eta­blier­te sich, nach­drück­lich durch die För­de­rung des Kunst­ver­eins für die Rhein­lan­de und West­fa­len, die ka­tho­lisch-kirch­li­che Ma­le­rei; ne­ben Fres­ken wur­den zahl­rei­che Al­t­ar­blät­ter nicht nur für die rhei­ni­schen Kir­chen, son­dern in ganz Deutsch­land in Auf­trag ge­ge­ben. Haupt­ver­tre­ter wa­ren Ernst De­ger (1809-1885), 1861 zum Pro­fes­sor für kirch­li­che Ma­le­rei an die Düs­sel­dor­fer Aka­de­mie be­ru­fen, Carl Mül­ler (1818-1893), ab 1857 Pro­fes­sor für His­to­ri­en­ma­le­rei, so­wie der „Ma­don­nen­ma­ler“ Franz It­ten­bach, der un­ter an­de­rem 1837 den Köl­ner Erz­bi­schof in sei­ner Ge­fan­gen­schaft mal­te.

In spe­zi­el­len Zeit­schrif­ten, wie in dem von Fried­rich Baudri 1851-1864 in Köln her­aus­ge­ge­be­nen „Or­gan für Christ­li­che Kunst“ wur­den die neu­es­ten kirch­li­chen Wer­ke vor­ge­stellt und be­spro­chen. Ei­ne wich­ti­ge Rol­le spiel­te der 1842 in Düs­sel­dorf ge­grün­de­te „Ver­ein zur För­de­rung re­li­giö­ser Bil­der“ mit dem Zweck, „re­li­giö­se Bil­der von be­währ­ten äl­te­ren und neue­ren Künst­lern durch den Stahl­stich in al­len Klas­sen des Pu­bli­kums zu ver­brei­ten“.

Die Kup­fer­stich­klas­se von Jo­seph Kel­ler und sei­ne zahl­rei­chen Schü­ler ar­bei­te­ten zu die­sem Zweck mit den Ma­lern Hand in Hand. In­ner­halb von 25 Jah­ren wur­den acht Mil­lio­nen An­dachts­bil­der in­ter­na­tio­nal in Um­lauf ge­bracht. So gin­gen bei­spiels­wei­se ei­ni­ge von Carl Mül­lers Bil­dern wie „Die hl. Fa­mi­lie bei der Ar­beit“, „Die hl. Fa­mi­lie auf der Ras­t“ und „Im­ma­cu­la­ta con­cep­ti­o“ in Re­pro­duk­tio­nen um die gan­ze Welt.

Hein­rich Lau­en­stein, (1835-1910), Schü­ler von Edu­ard Ben­de­mann und Ernst De­ger, 1864 Hilfs­leh­rer der Ele­ment­ar­klas­se, seit 1881 de­ren Lei­ter und seit 1897 In­ha­ber des Lehr­stuhls für re­li­giö­se His­to­ri­en­ma­le­rei, führ­te das von den Na­za­re­nern ge­präg­te Leit­bild in der zwei­ten Ge­ne­ra­ti­on fort.

Ihm ent­ge­gen stand Edu­ard von Geb­hard (1838-1925) mit der Be­ru­fung an die Düs­sel­dor­fer Aka­de­mie 1874. Sein lu­the­risch ge­präg­tes Welt­bild be­deu­te­te die Ab­kehr von ei­ner idea­li­sie­ren­den Dar­stel­lung re­li­giö­ser The­men hin zu ei­ner rea­lis­ti­schen. Zu­sam­men mit Pe­ter Jans­sen (1844-1908) trug er zur Neu­auf­fas­sung re­li­giö­ser His­to­ri­en­ma­le­rei ma­ß­geb­lich bei. Als Bei­spie­le kön­nen Geb­hards „Auf­er­we­ckung des La­za­rus“, 1896, die sich be­wusst an Cor­ne­li­us‘ Ge­mäl­de der „Klu­gen und tö­rich­ten Jung­frau­en“ ori­en­tiert, und Pe­ter Jans­sens „Sie al­le fol­gen dem Stern (Weg des Le­bens)“, 1902, ge­nannt wer­den.

Die ver­schie­de­nen Strö­mun­gen wur­den 1909 pro­gram­ma­tisch in der Düs­sel­dor­fer „Aus­stel­lung für christ­li­che Kunst“ zu­sam­men­ge­führt.

6.3 Kupferstich

Be­reits an der kur­fürst­li­chen Aka­de­mie wur­de die Kup­fer­ste­che­rei durch ein Pri­vi­leg aus dem Jahr 1780 mit 10.000 Gul­den ge­för­dert, um Re­pro­duk­tio­nen von Ge­mäl­den ver­kau­fen und ver­brei­ten zu kön­nen. Als Leh­rer für Kup­fer­stich fun­gier­te Ernst Carl The­lott (1760-1739), der dienst­äl­tes­te Pro­fes­sor der Düs­sel­dor­fer Kunst­aka­de­mie über­haupt, dem erst nach sei­nem Tod der von Scha­dow schon lan­ge fa­vo­ri­sier­te Jo­seph Kel­ler als Leh­rer fol­gen konn­te.

Eduard Bendemann, Theodor Hildebrandt, Julius Hübner, Wilhelm von Schadow, Carl Ferdinand Sohn, Der Schadow-Kreis, Gemälde nach einer Bildidee von Julius Hübner, 1830/31, Original im Kunstmuseum Krefeld.

 

Jo­seph Kel­ler, der sechs Jah­re in die Leh­re der in Bonn an­säs­si­gen Schul­gen-Bet­ten­dorff­schen Kup­fer­dru­cke­rei ge­gan­gen war, knüpf­te schon wäh­rend sei­ner Bon­ner Zeit Kon­tak­te zur Düs­sel­dor­fer Aka­de­mie, na­ment­lich zu dem Cor­ne­li­us-Schü­ler Ja­kob Goet­zen­ber­ger (1802-1866), durch den er den Auf­trag er­hielt, die Fres­ken der Bon­ner Uni­ver­si­täts­au­la, an de­ren Aus­füh­rung Göt­zen­ber­ger mit der Dar­stel­lung der „Theo­lo­gie“ und „Phi­lo­so­phie“ be­tei­ligt war, in Sti­chen fest­zu­hal­ten. Der in „Punkt­ma­nier“ aus­ge­bil­de­te Kel­ler ent­wi­ckel­te bis zur Voll­endung der Plat­ten 1833 kon­se­quent die Me­tho­de des „Li­ni­en­stichs“, mit der Ge­mäl­de in al­len Schat­tie­run­gen wie­der­ge­ge­ben wer­den konn­ten. Die von Kel­ler in gro­ßer Auf­la­ge re­pro­du­zier­ten Por­träts von Wil­helm Scha­dow (nach ei­ner Zeich­nung von Ju­li­us Hüb­ner) aus dem Jah­re 1834 und von Pe­ter Cor­ne­li­us (nach ei­ner Zeich­nung von Wil­helm Kaul­bach) von 1836 so­wie der Stich zu Ju­li­us Hüb­ners His­to­ri­en­bild „Der ra­sen­de Ro­lan­d“ (1834-1837) mach­ten Kel­ler an der Aka­de­mie be­rühmt.

Julius Hübner, Der rasende Roland, Kupferstich von Joseph von Keller, 1834-1837, Original im Stadtarchiv Linz am Rhein.

 

Eu­ro­pa­wei­ten Ruhm und zahl­rei­che na­tio­na­le und in­ter­na­tio­na­le Eh­run­gen er­lang­te Kel­ler durch den Stich der „Dis­pu­ta“ nach dem Wand­bild Raf­fa­els (1483-1520) in den Stan­zen des Va­ti­kans, für den er, nach drei­jäh­ri­ger Vor­be­rei­tungs­zeit in Rom, zwölf Jah­re - von 1846-1857 - bis zur Voll­endung brauch­te. Er schuf da­mit, im Auf­trag des Kunst­ver­eins für die Rhein­lan­de und West­fa­len, den grö­ß­ten Kup­fer­stich al­ler Zei­ten – von dem, nach Ver­stäh­lung der Plat­te, cir­ca 3.000 Ex­em­pla­re ge­druckt wer­den konn­ten. Mit der Re­pro­duk­ti­on der Six­ti­ni­schen Ma­don­na ge­lang ihm von 1862 ein wei­te­res, viel ge­rühm­tes Haupt­werk nach Raf­fa­el.

1846 wur­de Kel­ler zum Pro­fes­sor der Kup­fer­ste­cher­klas­se er­nannt; in­zwi­schen wur­de auf sein Be­trei­ben die Schul­gen-Bet­ten­dorff­sche Kup­fer­dru­cke­rei nach Düs­sel­dorf ge­legt, um der wach­sen­den Nach­fra­ge an Bild­re­pro­duk­tio­nen, vor al­lem durch den Kunst­ver­ein für die Rhein­lan­de und West­fa­len und durch den Ver­ein zur Ver­brei­tung re­li­giö­ser Bil­der, nach­zu­kom­men. Kel­ler ge­lang es, an der Düs­sel­dor­fer Aka­de­mie die be­deu­tends­te Kup­fer­ste­cher­schu­le zu eta­blie­ren und ei­ne gro­ße An­zahl von Schü­lern her­an­zu­zie­hen, dar­un­ter auch sei­nen As­sis­tent Xa­ver Steif­fen­sand (1809-1876) und Carl Ernst For­berg (1844-1915), der nach Kel­lers Tod von 1879-1911 die Pro­fes­sur für die Kup­fer­ste­cher­kunst über­nahm.

6.4 Monumentalmalerei

Das Wie­der­auf­le­ben der Fres­ko- und Mo­nu­men­tal­ma­le­rei in Deutsch­land, obers­tes Ziel von Pe­ter Cor­ne­li­us, wur­de auch von Scha­dow und dem Kunst­ver­ein für die Rhein­lan­de und West­fa­len wei­ter ver­folgt. Im Kai­ser­reich er­fuhr sie im Zu­ge er­star­ken­den Na­tio­nal­stol­zes ei­ne wei­te­re Blü­te. Hier kön­nen nur ei­ni­ge Bei­spie­le aus der Fül­le von Auf­trä­gen für öf­fent­li­che Bau­ten, Schlös­ser, Kir­chen und Pri­vat­häu­ser ge­nannt wer­den:

Joseph von Keller, Die Disputa, Kupferstich, 1846-1857, Original im Stadtarchiv Linz am Rhein.

 

Schloss Helt­dorf (Stadt Düs­sel­dorf)

Der Plan des Gra­fen Franz An­ton von Spee (1781-1839), das Gar­ten­haus sei­nes neu er­bau­ten Was­ser­schlos­ses in Hel­torf mit ei­nem Fres­ken­zy­klus zur Ge­schich­te Kai­ser Fried­rich Bar­ba­ros­sas (Re­gie­rungs­zeit 1152-1190) zu schmü­cken, geht noch in die Zeit von Pe­ter Cor­ne­li­us zu­rück und wur­de von Scha­dow wie­der an­ge­sto­ßen. Für die Aus­füh­rung wur­den Hein­rich Mü­cke, Carl Stür­mer, C. F. Les­sing und als sein Er­satz Hein­rich Plüd­de­mann (1809-1868) be­auf­tragt; Hein­rich Ru­dolph Wieg­mann (1804-1865), Pro­fes­sor für Ar­chi­tek­tur an der Kunst­aka­de­mie wur­de für die De­ko­ra­ti­on der De­cke her­an­ge­zo­gen. Die Ar­bei­ten dau­er­ten von 1825 bis 1843. Die er­hal­te­nen Fres­ken und die zahl­rei­chen Ent­wür­fe ge­ben ei­nen wert­vol­len Ein­blick in die Mo­nu­men­tal-Ar­beit der Düs­sel­dor­fer Ma­ler­schu­le.

Schloss Stol­zen­fels bei Ko­blenz

Die mit­tel­al­ter­li­che Rui­ne, von der Stadt Ko­blenz dem Kron­prin­zen Fried­rich Wil­helm, dem spä­te­ren Kö­nig Fried­rich Wil­helm IV. (Re­gent­schaft 1840-1858/1861), zum Ge­schenk ge­macht, wur­de bis 1842 nach Ent­wür­fen von Karl Fried­rich Schin­kel (1781-1841) wie­der auf­ge­baut. Der Rit­ter­saal wur­de zwi­schen 1842 und 1846 mit Fres­ken von dem Cor­ne­li­us-Schü­ler Her­mann Stil­ke (1803-1860), die sechs Rit­ter­tu­gen­den in his­to­ri­schen Mo­ti­ven (Treue, Tap­fer­keit, Be­harr­lich­keit, Ge­rech­tig­keit, Ge­sang und Min­ne) dar­stel­lend, aus­ge­malt, die Ka­pel­le 1853-1857 von Ernst De­ger mit zwölf Bil­dern zur Ge­schich­te des Men­schen­ge­schlechts vom Pa­ra­dies bis zum Jüngs­ten Ge­richt auf Gold­grund.

Apol­li­na­ris­kir­che in Re­ma­gen
 
Nach­dem die bau­fäl­li­gen Kir­che un­ter dem Köl­ner Dom­bau­meis­ter Ernst Zwir­ner 1843 neu er­rich­tet wor­den war, be­gan­nen drei Schü­ler Scha­dows: Ernst De­ger, die Ge­brü­der Carl und An­dre­as Mül­ler (1811-1890) so­wie Franz It­ten­bach nach sorg­fäl­ti­gen Vor­be­rei­tung und Stu­di­en in Rom und Mün­chen, die Kir­che im Auf­trag des Frei­herrn Franz Egon von Fürs­ten­berg-Stamm­heim (1797-1859) mit der Ver­herr­li­chung des thro­nen­den Chris­tus und Sze­nen aus der Ge­schich­te Je­su, Ma­ri­as und des hei­li­gen Apol­li­na­ris aus­zu­ma­len. Die Ar­bei­ten dau­er­ten bis 1857, das Er­geb­nis, ein Pa­ra­de­bei­spiel für die Kunst der Na­za­re­ner, rief als „Ge­samt­kunst­wer­k“ all­ge­mei­ne Be­wun­de­rung her­vor.

Kai­ser­zy­klus für das Aa­che­ner Rat­haus

Die Aus­schrei­bung für die Aus­ma­lung des Aa­che­ner Rat­hau­ses, die vom Kunst­ver­ein für die Rhein­lan­de und West­fa­len mit 50 Pro­zent der Kos­ten be­zu­schusst wur­de, ge­wann der Düs­sel­dor­fer Ma­ler Al­fred Re­thel. Der de­fi­ni­ti­ve Auf­trag für acht Fres­ken aus dem Le­ben Karls des Gro­ßen (Re­gie­rungs­zeit 768-814), er­ging erst nach vie­len Jah­ren der Ver­zö­ge­rung 1846 an Re­thel. Von den spitz­bo­gi­gen Wand­fel­dern konn­te der Ma­ler aus ge­sund­heit­li­chen Grün­den nur noch vier Bil­der selbst aus­füh­ren. Die Ar­beit setz­te Jo­seph Keh­ren (1817-1880) nach den Kar­tons von Re­thel fort.

Joseph von Keller, Porträt von Peter von Cornelius, Kupferstich, 1836, Original im Heimatmuseum Sinzig.

 

Land­ge­richt Düs­sel­dorf

Als Scha­dows Ver­mächt­nis kann das mo­nu­men­ta­le Tri­pty­chon zu Dan­tes Gött­li­cher Ko­mö­die, das der Aka­de­mie­di­rek­tor zu­sam­men mit sei­nen Schü­lern 1848-1852 aus­führ­te, an­ge­se­hen wer­den. Die drei cir­ca 240 mal 300 Zen­ti­me­ter gro­ßen Ta­fel­bil­der mes­sen zu­sam­men mit den fünf Pre­del­len ei­ne Hö­he von vier Me­tern und ei­ne Län­ge von zehn Me­tern. Das Bild­ensem­ble, 1855 von Fried­rich Wil­helm IV. er­wor­ben, ging durch Schen­kung an die Stadt Düs­sel­dorf über, wo es in den wech­seln­den Düs­sel­dor­fer Land­ge­richts­ge­bäu­den bis 2010 auf­ge­hängt war und jetzt als Dau­er­leih­ga­be im Mu­se­um Kunst­pa­last aus­ge­stellt ist.

Im Wil­hel­mi­ni­schen Kai­ser­reich ent­wi­ckel­te sich un­ter der Aka­de­mie-Di­rek­ti­on von Her­mann Wis­li­ce­nus (1825-1899) die Mo­nu­men­tal­ma­le­rei im gro­ßen Stil. 1868 er­hielt der in Wei­mar tä­ti­ge und ehe­ma­li­ge Ben­de­mann-Schü­ler den Ruf als Nach­fol­ger sei­nes zu­vor zu­rück­ge­tre­te­nen Leh­rers nach Düs­sel­dorf und über­nahm die Pro­fes­sur für His­to­ri­en­ma­le­rei. Das mehr­köp­fi­ge Di­rek­to­ri­um der Aka­de­mie be­stand bis 1880 ne­ben Wis­li­ce­nus aus Ernst De­ger (Pro­fes­sor für kirch­li­che Ma­le­rei, 1861) Ernst Gie­se (1832-1903, Pro­fes­sor für Ar­chi­tek­tur 1866-1872) und Wil­helm Lotz (1829-1879, Pro­fes­sor für Ar­chi­tek­tur 1872-1879). 1876-1908 nahm Pe­ter Jans­sen den Lehr­stuhl für His­to­ri­en­ma­le­rei ein und lös­te Wis­li­ce­nus 1880 im Di­rek­to­ri­um ab.

1877 ge­wann Wis­li­ce­nus die Aus­schrei­bung zur Aus­ma­lung des Kai­ser­saals in der Pfalz zu Gos­lar. Die mo­nu­men­ta­len Ge­mäl­de aus der deut­schen Kai­ser­ge­schich­te, ge­paart mit Mär­chen- und Sa­gen­mo­ti­ven, ei­ne in kom­ple­xer Iko­no­gra­fie an­ge­leg­te Apo­theo­se des Kai­ser­tums, wur­den 1890 voll­endet.

Da­ne­ben wa­ren es in der Zeit von 1870-1910 vor­ran­gig Düs­sel­dor­fer Künst­ler, die gro­ße Staats­auf­trä­ge er­hiel­ten, zum Bei­spiel die Aus­ge­stal­tung der Ruh­mes­hal­le des Ber­li­ner Zeug­hau­ses, die von Pe­ter Jans­sen, Fried­rich Ge­sel­schap (1835-1898) und an­de­ren 1884-1890 aus­ge­stat­tet wur­de.

Der Land­schafts­ma­ler und Dü­cker-Schü­ler Gus­tav Wend­ling (1862-1932) schuf, nach­dem er von sei­ner Ar­beit für die „Wil­liam Weh­ner´s Ame­ri­can Pan­ora­ma Com­pa­ny in Mil­wau­kee" von 1886 bis 1887 nach Düs­sel­dorf zu­rück­ge­kehrt war, zu­sam­men mit sei­nem As­sis­ten­ten Max Cla­ren­bach (1880-1952) und mit dem Jans­sen-Schü­ler Hu­go Un­ge­wit­ter (1869-um 1944) von 1898-1902 das 15 mal 120 Me­ter gro­ße Ge­mäl­de „Blü­chers Rhein­über­que­rung bei Caub am 1. Ja­nu­ar 1814“. Es war wohl das grö­ß­te Pan­ora­ma­for­mat der Düs­sel­dor­fer Ma­ler­schu­le und wur­de auf der Düs­sel­dor­fer In­dus­trie- und Ge­wer­be­aus­stel­lung 1902 und in Ber­lin 1913 als Sen­sa­ti­on ge­fei­ert.

6.5 Genre

In Ab­kehr von den idea­li­sie­ren­den und le­bens­fer­nen His­to­ri­en des Scha­dow-Krei­ses, ent­wi­ckel­te sich im Zei­chen des Vor­märz ei­ne star­ke Ten­denz zur rea­lis­ti­schen, dem All­tag zu­ge­wen­de­ten Ma­le­rei; doch erst nach der Ab­dan­kung Scha­dows 1859 konn­te un­ter der Lei­tung von Wil­helm Sohn (1830-1899), dem Nef­fen C. F. Sohns, das Fach „Gen­re“ ein­ge­rich­tet wer­den. 1874 wur­de Wil­helm Sohn, der sich durch sein Bild „ Die Kon­sul­ta­ti­on beim Rechts­an­wal­t“ (1866) ei­nen Na­men mach­te, zum ers­ten Pro­fes­sor für Gen­re­ma­le­rei an der Düs­sel­dor­fer Aka­de­mie be­nannt. Der Schwei­zer Ma­ler und Il­lus­tra­tor Ben­ja­min Vau­tier der Äl­te­re (1829-1898) und Lud­wig Knaus (1829-1910) avan­cier­ten ne­ben ihm schnell zu wich­ti­gen Gen­re­ma­lern mit ei­ner in­ter­na­tio­na­len Schü­ler­schar. In­ner­halb des weit ge­fä­cher­ten Fachs „Gen­re“ las­sen sich ver­schie­de­ne Rich­tun­gen un­ter­schei­den:

Im so­zi­al­kri­ti­schen Gen­re­bild wird die so­zia­le Not und Ver­elen­dung der Be­völ­ke­rung The­ma der Ma­le­rei. Vor al­lem Carl Wil­helm Hüb­ner, der mit sei­nem Werk nicht nur die ak­tu­el­le Si­tua­ti­on schil­dern, son­dern auch Ein­fluss neh­men woll­te, mach­te 1844 mit sei­nem in drei Fas­sun­gen ge­schaf­fe­nen Ge­mäl­de „Die schle­si­schen We­ber“ in­ter­na­tio­nal auf sich auf­merk­sam. Es wur­de un­ter an­de­rem als Pro­pa­gan­da­mit­tel der so­zia­lis­ti­schen Par­tei in Eng­land und den USA ge­nutzt. So­wohl „Die We­ber“ als auch das „Das Jagd­rech­t“, in dem ver­al­te­te Pri­vi­le­gi­en des Adels ge­gen­über den Bau­ern an­ge­pran­gert wer­den, wur­de 1849 in New York an­läss­lich der Grün­dung der Düs­sel­dorf Gal­le­ry aus­ge­stellt und konn­te sich des re­gen In­ter­es­ses des Pu­bli­kums si­cher sein.

Weg­wei­sen­den Ein­fluss hat­te auch Jo­hann Pe­ter Ha­sen­cle­ver, des­sen Ge­mäl­de „Ar­bei­ter vor dem Ma­gis­tra­t“ aus den Jah­ren 1849/1850 auf An­re­gung von Fried­rich En­gels 1851 in Lon­don, 1852 in Man­ches­ter, 1853 in New York aus­ge­stellt, und von Karl Marx in der New York Dai­ly Tri­bu­ne vom 12.8.1853 aus­drück­lich ge­lobt wur­de.

Kon­tro­vers dis­ku­tiert und in­ter­na­tio­nal aus­ge­zeich­net wur­de auch das mit 285 mal 362 Zen­ti­me­ter in be­son­ders gro­ßem For­mat von dem sei­ner­zeit erst 22-jäh­ri­gen Ar­thur Kampf (1864-1950) ge­mal­te Werk „Die letz­te Aus­sa­ge“. In Le­bens­grö­ße schil­dert es den To­des­kampf ei­nes Ver­wun­de­ten in ei­nem ärm­li­chen Man­sar­den­zim­mer, der in sei­ner To­des­stun­de noch von der Po­li­zei be­fragt wird.

Das so­zi­al­kri­ti­sche Gen­re­bild wur­de in der Düs­sel­dor­fer Ma­ler­schu­le bis ins spä­te 19. Jahr­hun­dert ge­pflegt, all­seits be­lieb­ten The­men, zum Bei­spiel „Beim Pfand­lei­her“ oder „Die Pfän­dun­g“ wur­den auch von Chris­ti­an Lud­wig Bokel­mann (1844-1894) mit sei­nem 1876 ent­stan­de­nen Ge­mäl­de „Im Leih­haus, kurz vor der Er­öff­nun­g“ auf­ge­grif­fen.

Hans Fredrik Gude, Norwegisches Gebirge bei Sonnenaufgang, Gemälde, 1854, Original im Nasjonalmuseet for kunst, arkitektur og design, Oslo.

 

„Wein, Weib und Ge­san­g“ – un­ter die­sem Mot­to könn­te die gro­ße Grup­pe von Gen­re­bil­dern ein­ge­ord­net wer­den, die das fröh­li­che Bei­sam­men­sein, ins­be­son­de­re das „Rhei­ni­sche Le­ben“ schil­dern. Adolph Schro­ed­ter (1805-1875) ver­an­schau­lich­te mit sei­nen Bil­dern „Rhei­ni­sches Wirts­haus“ und „Rhein­wein­pro­be“ schon in den 1830er Jah­ren Idyl­len im rhei­ni­schen Mi­lieu. Mit sei­nem sie­ben­tei­li­gen, in Gold­grund auf Zink­blech ge­mal­ten Ara­bes­ken­fries „Bau­ern­kir­mes“(1846/1847), ging er im Rah­men der Preis­auf­ga­ben des Kunst­ver­eins als Sie­ger her­vor. Die Ge­mäl­de von Chris­ti­an Edu­ard Bött­cher (1818-1889), die auch durch Kup­fer­sti­che wei­te Ver­brei­tung fan­den, wie zum Bei­spiel: „Abend am Rhein“ „Rhei­ni­sche Ern­te“, „Aus­zug zur Wein­le­se“, „Am Markt­brun­nen ei­ner rhei­ni­schen Stadt“, „Sonn­tag am Rhein“, „Som­mer­nacht am Rhein“, zäh­len zu den Haupt­wer­ken der Rhein­ro­man­tik.

Als ge­ra­de­zu pro­gram­ma­tisch kann das Bild „Wein Weib und Ge­sang (Über­fahrt)“ aus dem Jahr 1854 ge­nannt wer­den, das in ge­mein­sa­mer Ar­beit der Ma­ler An­dre­as Achen­bach und Ema­nu­el Leut­ze (1816-1868) an­läss­lich des Düs­sel­dor­fer Sän­ger­wett­streits im Jahr 1852 als „Preis“ für den Sie­ger vom Kunst­ver­ein Mal­kas­ten in Auf­trag ge­ge­ben wur­de. Es zeigt die Sie­ger, Mit­glie­der des Neus­ser Ge­sang­ver­eins, die, alt­deutsch kos­tü­miert, in aus­ge­las­se­ner Stim­mung in ei­ner präch­ti­gen Gon­del den Rhein über­que­ren.

Da­ne­ben neh­men All­tag und Be­rufs­le­ben als Mo­ti­ve die grö­ß­te Grup­pe der Gen­re­bil­der ein. Ja­kob Be­cker (1810-1872) wid­me­te sich in den 1840er Jah­ren mit Bil­dern wie, „Wild­schüt­zen auf der Fluch­t“, „Vom Blitz er­schla­ge­ner Hir­t“ und „Land­leu­te, vom Blitz­ein­schlag in ih­rem Dorf er­schreck­t“, dem Bau­ern­le­ben. Ru­dolf Jor­dan (1810-1887) schil­dert in zahl­rei­chen Ge­mäl­den das Fi­scher­le­ben an der Nord­see; be­kannt wur­de er durch das Bild „Der Hei­rats­an­trag auf Hel­go­lan­d“ aus dem Jahr 1834. Auch Adolph Schro­ed­ter (1805-1875) wid­me­te sich seit Mit­te der 1830er Jah­re ver­gleich­ba­ren The­men: „Fi­scher­hüt­te auf Hel­go­lan­d“, „Jagd­ge­sell­schaft des Prin­zen Fried­rich von Preu­ßen“, „Ucker­mär­ki­sche Bau­ern“, „Die Jä­ger in der Som­mer­hit­ze“, „Der lus­ti­ge Fuhr­man­n“.

Adolph Schroedter, Das rheinische Wirtshaus, Gemälde, 1833, Original im LVR-LandesMuseum Bonn.

 

Ein­blick in das Le­ben der Kin­der ge­wäh­ren Chris­ti­an Boett­cher (1818-1889) mit „Heim­kehr vom Schul­fest (Mai­tag)“ oder auch Ben­ja­min Vau­tier der Äl­te­re mit der „Näh­schu­le“. Auch die rea­lis­ti­sche Schil­de­rung kran­ker Men­schen fand Ein­gang in die Mo­tiv­pa­let­te, so das Ge­mäl­de „Der ver­wun­de­te Sol­da­t“ von der spä­ter in Dä­ne­mark tä­ti­gen Künst­le­rin Eli­sa­beth Je­ri­chau-Bau­mann (1819-1881). Tier- und Jagd­sze­nen wur­den von dem un­ter Schir­mer an der Karls­ru­her Aka­de­mie aus­ge­bil­de­te Carl Fried­rich Dei­ker (1836-1892), der sich 1864 in Düs­sel­dorf nie­der­ließ, in groß­for­ma­ti­gen, an His­to­ri­en­bil­der er­in­nern­den Ge­mäl­den meis­er­haft er­fasst, zum Bei­spiel in meh­re­ren Va­ri­an­ten der „Sau­hat­z“ (1876).

Dass die Gen­re­ma­le­rei in­ter­na­tio­na­le Ver­brei­tung hat­te und bei den ein­zel­nen Ma­lern auch das na­tio­na­le Ko­lo­rit ei­ne be­son­de­re Rol­le spiel­te, lässt un­ter an­de­rem der nor­we­gi­sche Ma­ler Adolph Ti­de­mand (1814-1876), der über vie­le Jah­re die „nor­we­gi­sche Ma­ler­ko­lo­nie“ an der Düs­sel­dor­fer Aka­de­mie an­führ­te, er­ken­nen. Den re­li­gi­ös-eth­no­gra­phi­schen Cha­rak­ter sei­ner Kunst be­zeich­nen Bil­der wie die „Ka­te­chi­sa­ti­on“, „Got­tes­dienst in ei­ner Bau­ern­kir­che“, „Weih­nachts­be­sche­run­g“, „Aus­tei­lung des Abend­mals in ei­ner Bau­ern­hüt­te“, „Die Fa­na­ti­ker“, „Die Hau­gia­ner“ (ei­ne nor­we­gi­sche Sek­te mit ei­ge­ner Bi­bel­aus­le­gung und,Got­tes­diens­ten in Pri­vat­häu­sern).

Ema­nu­el Leut­ze (1816-1868) stell­te Sze­nen aus der ame­ri­ka­ni­schen Ge­schich­te in den Vor­der­grund sei­ner Ar­beit. Sein zwei­fach aus­ge­führ­tes Ge­mäl­de „Wa­shing­ton über­quert den De­la­ware“ 1850/1851, bei dem ihm als Vor­bild die Rhein­land­schaft bei Düs­sel­dorf-Kai­sers­werth dien­te, hat­te qua­si Kult­sta­tus und wur­de als Bot­schaf­ter zwi­schen ame­ri­ka­ni­schem und deut­schem Frei­heits­kampf sti­li­siert.

Sa­ti­ri­sche Schil­de­run­gen des Zeit­ge­sche­hens, des Mensch­li­chen, aber auch die kri­ti­sche Be­trach­tung des Lehr­be­triebs an der Düs­sel­dor­fer Aka­de­mie selbst wa­ren ein all­seits ge­pfleg­tes Su­jet un­ter den Düs­sel­dor­fer Gen­re-Ma­ler. Ei­nen brei­ten Raum neh­men die vie­len gra­phi­schen Blät­ter und Pu­bli­ka­tio­nen ein, un­ter an­de­rem auch die von dem His­to­ri­en­ma­ler und Pu­bli­zis­ten Lo­renz Cla­sen (1812-1899) in den Jah­ren 1847-1849 her­aus­ge­ge­be­nen „Düs­sel­dor­fer Mo­nats­hef­te, die zum Haupt­or­gan der po­li­ti­schen Ka­ri­ka­tur wur­den.

Christian Boettcher, Heimkehr vom Schulfest, Gemälde, 1852, Original im LVR-LandesMuseum Bonn.

 

Jo­hann Pe­ter Ha­sen­cle­vers Öl­ge­mäl­de „Ate­lier­sze­ne“ von 1836 kann als pro­gram­ma­tisch für den kri­tisch-sa­ti­ri­schen Blick auf den Aka­de­mie­be­trieb an­ge­se­hen wer­den, der bis zum En­de des 19. Jahr­hun­derts von der Kon­fron­ta­ti­on zwi­schen Idea­lis­ti­scher His­to­rie und rea­lis­ti­schem Gen­re be­stimmt ist. Mit tief­grün­di­gem Hu­mor stellt er sich und fünf sei­ner Kol­le­gen (die das Bild eben­falls si­gniert ha­ben) selbst­be­wusst in den Mit­tel­punkt ei­nes Künst­ler­ate­liers, des­sen Re­qui­si­ten mit zahl­rei­chen An­spie­lun­gen auf den „ehr­wür­di­gen“ Lehr­be­trieb ge­spickt sind.

Ha­sen­cle­vers wei­te­res Meis­ter­stück im Bruch mit der Tra­di­ti­on ist die 1838-1842 ent­stan­de­ne Bild­se­rie zu Carl Ar­nold Kort­ums (1745-1824) „Ge­schich­ten des Hie­rony­mus Job­s“ oder kurz „Job­sia­de“ ge­nannt, dar­un­ter er­lang­te das mehr­fach wie­der­hol­te Bild „Jobs im Ex­amen“ Welt­ruhm, wur­de un­ter an­de­rem in ei­ner Fas­sung nach Ame­ri­ka ex­por­tiert und durch Sti­che schnell po­pu­lär ge­macht.

6.6 Landschaft

Der gro­ße Er­folg, den die bei­den Scha­dow-Schü­ler Jo­hann Wil­helm Schir­mer und Carl Fried­rich Les­sing mit ih­ren groß­for­ma­ti­gen Land­schafts­ge­mäl­den „Ei­ne Wald­ge­gend: Land­schaft nach ei­ge­ner Er­fin­dung (Deut­scher Ur­wald)“ und „Das Fel­sen­schloss (Rit­ter­burg, Schot­ti­sche Land­schaft, Berg­schloss)“ bei der ers­ten Prä­sen­ta­ti­on Düs­sel­dor­fer Ma­ler in der Ber­li­ner Aka­de­mie­aus­stel­lung 1828 hat­ten, ist der Be­ginn der Er­folgs­ge­schich­te Düs­sel­dor­fer Land­schafts­ma­le­rei. Be­reits ein Jahr zu­vor hat­ten Schir­mer und Les­sing den „land­schaft­li­chen Kom­po­nier­ver­ein“ ge­grün­det, des­sen Mit­glie­der sich ver­stärkt der Plei­n­air­ma­le­rei wid­me­ten.

Schir­mer, seit 1825 Schü­ler der Aka­de­mie, 1831 Hilfs­leh­rer der neu ge­grün­de­ten Land­schafts­klas­se, ein Jahr spä­ter Leh­rer und 1839 zum ers­ten Pro­fes­sor für Land­schafts­ma­le­rei er­nannt, hat­te es zur Me­tho­de ge­macht, mit sei­nen zahl­rei­chen Schü­lern Mal-Ex­kur­sio­nen in die Um­ge­bung von Düs­sel­dorf, in die Ei­fel, an Rhein, Ahr und Mo­sel durch­zu­füh­ren, um hier in Öl­skiz­zen und Zeich­nun­gen den Blick für die Na­tur bis ins kleins­te De­tail zu schu­len. Die Skiz­zen bil­de­ten die Grund­la­ge der im Ate­lier „kom­po­nier­ten“ Wer­ke. Schir­mer folg­te in sei­ner Leh­re dem Leit­bild Goe­thes, dass der Land­schafts­ma­ler sich als Dich­ter über die Wirk­lich­keit er­he­ben müs­se, um in ide­al­ty­pi­schen Kom­po­si­tio­nen der Na­tur poe­ti­schen Ge­halt zu ver­lei­hen – ei­ne Kunst­auf­fas­sung, die für die ers­te Ge­ne­ra­ti­on der Düs­sel­dor­fer Land­schafts­ma­ler prä­gend war.

Die künst­le­ri­schen Ide­al­land­schaf­ten sind dem ent­spre­chend von kom­bi­nier­ten Na­tur­stu­di­en und dem Zu­satz von Staf­fa­gen in­ner­halb ei­nes viel­schich­ti­gen Auf­baus von Vor­der-, Mit­tel- und Hin­ter­grund so­wie kunst­vol­len Licht­ef­fek­ten ge­prägt. Ein­drucks­vol­les Bei­spiel ist Schir­mers Ge­birgs­epos „Das Wet­ter­horn“, das nach sei­ner zwei­ten Rei­se in die Schweiz 1838 ent­stand.

Ber­ge und Se­en, Bur­gen, pit­to­res­ke Ar­chi­tek­tur, Wald- und Fluss­land­schaf­ten mit Hüt­ten und Müh­len, Fel­sen und mar­kan­te geo­lo­gi­sche For­ma­tio­nen stan­den als all­seits be­lieb­te Mo­ti­ve den Ma­lern so­wohl in der nä­he­ren Um­ge­bung als auch auf ih­ren aus­ge­dehn­ten Rei­sen zur Ver­fü­gung.

Carl Fried­rich Les­sing war be­son­ders mit sei­nen „his­to­ri­schen Land­schaf­ten“, wie „Land­schaft aus dem Drei­ßig­jäh­ri­gen Krieg (Ver­tei­di­gung ei­nes Kirch­hofs)“, 1854, und „Die Be­la­ge­rung (Ver­tei­di­gung ei­nes Kirch­hofs im Drei­ßig­jäh­ri­gen Krieg)“, 1848, in de­nen ge­nau­es Na­tur­stu­di­um und his­to­ri­sche Staf­fa­ge auf ge­konn­te Wei­se kom­bi­niert wur­den, stil­bil­dend.

Johann Peter Hasenclever, Atelierszene, Gemälde, 1836, Original im Museum Kunstpalast Düsseldorf.

 

1854 über­nahm der Nor­we­ger Hans Fre­drik Gu­de (1825-1903) in der Nach­fol­ge Schir­mers die Pro­fes­sur für Land­schafts­ma­le­rei. Sein Bild „Lei­chen­fahrt auf dem So­gnef­jor­d“ (1866) stellt trotz des Sym­bol­ge­halts der Kahn­fahrt als Le­bens­rei­se ge­gen­über sei­nem frü­he­ren Werk: „Braut­fahrt auf dem Hard­ang­erf­jor­d“ (1848), die Na­tur selbst, den wei­ten Him­mel, Licht­phä­no­me­ne und Spie­ge­lun­gen im Was­ser, ge­gen­über der Staf­fa­ge in den Vor­der­grund.

An­dre­as Achen­bach, ei­ner der füh­ren­den Land­schafts­ma­ler der Düs­sel­dor­fer Schu­le, ent­deck­te die raue Ge­birgs­welt Nor­we­gens nach ei­nem Be­such des Lan­des 1839, auch er, der be­reits als 12-Jäh­ri­ger in die Aka­de­mie ein­trat, schuf in sei­nen Nor­we­gen­bil­dern ide­al­ty­pi­sche, aber am Rea­lis­mus ori­en­tier­te Land­schaf­ten. Mit sei­nem Werk „Der Un­ter­gang der Pre­si­den­t“, das er 1842 im Auf­trag des Gro­ßher­zogs von Ba­den schuf, ge­lang ihm in ei­nem Groß­for­mat von 180 mal 255 Zen­ti­me­tern ei­ne dra­ma­ti­sche Schil­de­rung des von Eis­ber­gen um­ge­be­nen Eng­li­schen Rad­damp­fers „Pre­si­den­t“ und er­lang­te in­ter­na­tio­na­len Ruhm. In ei­nem sei­ner Haupt­wer­ke „Erft­müh­le“ (1866) las­sen sich die Vor­bil­der aus der hol­län­di­schen Ma­le­rei des 17. Jahr­hun­derts und ei­ne star­ke Hin­wen­dung zum Rea­lis­mus er­ken­nen.

Cas­par Scheu­ren (1810-1887) avan­cier­te nach sei­nem 4-jäh­ri­gen Stu­di­um bei Schir­mer zu dem wohl be­rühm­tes­ten Ver­tre­ter der spä­ten „Rhein­ro­man­ti­k“. In sei­nen Ge­mäl­den, ins­be­son­de­re aber in sei­nen Aqua­rell­fol­gen und fein ge­zeich­ne­ten Ve­du­ten stand der Rhein mit sei­nen mit­tel­al­ter­li­chen Städ­ten, Bur­gen, Kir­chen, ver­knüpft mit al­ten Sa­gen und li­te­ra­ri­schen Ge­schich­ten, im Mit­tel­punkt.

1837 un­ter­wies Scheu­ren Prin­zes­sin Wil­hel­mi­ne Loui­se von Preu­ßen (1799-1882) und ih­re Hof­da­men im Ma­len auf den Schlös­sern Jä­ger­hof, Ben­rath und El­ler und bil­det mit sei­nem Kol­le­gen Fried­rich Heu­nert (1808-1876) den Ben­ra­ther Ma­l­er­zir­kel. Ab 1853 war er Zei­chen­leh­rer von Au­gus­ta von Sach­sen-Wei­mar-Ei­se­nach (1811-1890), der spä­te­ren Ehe­frau Kai­ser Wil­helms I. (Re­gent­schaft als Prinz­re­gent ab 1858, als Kö­nig ab 1861, als deut­scher Kai­ser 1871-1888), und wur­de 1855 zum Pro­fes­sor er­nannt.

Scheu­rens „Düs­sel­dorf-Al­bum“, 1842 der Grä­fin Schu­len­burg ge­wid­met, gilt als Hö­he­punkt der Aqua­rell­kunst. Sei­ne Aqua­rell­se­rie „Land­schaft, Sa­ge, Ge­schich­te und Mo­nu­men­ta­les der Rhein­pro­vin­z“ (1862) fand als Farbli­tho­gra­fie wei­te Ver­brei­tung.

Hans Fredrik Gude und Adolph Tidemand, Brautfahrt in Hardanger, Gemälde, 1848, Original im Nasjonalmuseet for kunst, arkitektur og design, Oslo.

 

Als „Ita­li­en­ma­ler“ per se war Os­wald Achen­bach (1827-1905), der jün­ge­re Bru­der von An­dre­as Achen­bach, aus­ge­spro­chen po­pu­lär. Be­reits mit 23 Jah­ren hat­te er ei­nen Kreis von Pri­vat­schü­lern und über­nahm 1863-1872 als Nach­fol­ger Gu­des die Land­schafts­klas­se an der Aka­de­mie. Rei­sen führ­ten ihn durch ganz Eu­ro­pa. Der ers­ten Ita­li­en­rei­se 1850 soll­ten sechs wei­te­re fol­gen. Die süd­li­chen Land­schaf­ten in all ih­ren Stim­mun­gen und Licht­ef­fek­ten, vor al­lem ihr rei­ches Ko­lo­rit ver­stand Os­wald Achen­bach im­mer wie­der in Sze­ne zu set­zen, zum Bei­spiel in sei­nem Ge­mäl­de „Cam­pa­gna – Land­schaft bei auf­kom­men­dem Ge­wit­ter“ (um 1853), oder „Im Park der Vil­la Bor­ghe­se“ (1889). In sei­nem Spät­werk „Piaz­za del po­pu­lo“ (1895) deu­tet sich ei­ne Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Im­pres­sio­nis­mus an.

In der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts fand mehr und mehr ei­ne Ab­kehr von der idea­len Land­schaft ei­ne Hin­wen­dung zur rea­lis­ti­schen Land­schafts­schil­de­rung statt.

Eu­gè­ne Dü­cker (1841-1916), der die Nach­fol­ge Achen­bachs als Pro­fes­sor für Land­schafts­ma­le­rei 1872 an­trat, kann als Über­win­der der ro­man­ti­schen Land­schafts­ma­le­rei an­ge­se­hen wer­den. Sei­ne Öl­skiz­zen, zum Bei­spiel „Gro­ße Wald­stu­die“ und „Stu­die ei­nes gro­ßen Ei­chen­stamms am We­ges­ran­d“ wa­ren nicht mehr nur Stu­di­en­ma­te­ri­al, son­dern au­to­no­mes Land­schafts­bild. Die Mo­ti­ve sei­ner mit lo­cke­rem Pin­sel­strich ge­mal­ten Ge­mäl­de krei­sen um wei­te Strand-, Moor- und Fluss­land­schaf­ten, wie „Mee­res­stran­d“, „Rü­gen“ (1885), „Torf­moor“ (1902).

Max Cla­ren­bach (1880-1952), Meis­ter­schü­ler Dückers und sein Nach­fol­ger als Aka­de­mie­pro­fes­sor, folg­te mit sei­nem groß­for­ma­ti­gen, preis­ge­krön­ten Bild „Stil­ler Ta­g“ (1902), das den Erft­ka­nal im Win­ter zeigt, der kla­ren, ru­hi­gen, rea­lis­ti­schen Li­nie sei­nes Leh­rers.

Im wei­te­ren Sin­ne präg­te die Aus­ein­an­der­set­zung Düs­sel­dor­fer Künst­ler mit nie­der­län­di­schen und fran­zö­si­schen Ten­den­zen (Haa­ger Schu­le/ Schu­le von Bar­bi­zon), die Spät­zeit der Düs­sel­dor­fer Ma­ler­schu­le. Zum Bei­spiel hat­ten die von Jean François Mil­let (1814-1875) über Max Lie­ber­mann (1847-1935) ver­mit­tel­ten Stu­di­en zur ar­bei­ten­den Land­be­völ­ke­rung auch in Düs­sel­dorf nach­hal­ti­ge Fol­gen, so wur­de das The­ma „Die Kar­tof­fel­ern­te“ so­wohl von Lud­vig Mun­the (1841-1896), Eu­gen Kampf (1861-1933) und Hu­go Müh­lig (1854-1929) auf­ge­grif­fen. Da­ge­gen steht der Meis­ter­schü­ler Dückers, Gus­tav Wend­ling (1862-1932) mit dem Ge­mäl­de „Kir­chen­in­ne­res (Kir­che in Sche­ve­nin­gen)“ (1898), und Gre­gor von Boch­mann der Äl­te­re (1850-1930) mit „Al­ter Fisch­markt in Re­val“ (1886) der hol­län­di­schen Ma­le­rei nä­her.

1909 grün­de­ten ei­ni­ge Ma­ler der Land­schafts­klas­se un­ter dem Vor­sitz des Mä­zens Karl Ernst Ost­haus (1874-1921) den „Son­der­bun­d“. Der über die Ver­ei­ni­gung ge­knüpf­te Kon­takt mit Ver­tre­tern des fran­zö­si­schen Im­pres­sio­nis­mus gip­fel­te 1909 und 1912 in zwei Aus­stel­lun­gen, in de­nen Ma­ler wie Vin­cent van Gogh (1853-1890), Paul Gau­gu­in (1848-1903) und Pa­blo Pi­cas­so (1881-1973) zum ers­ten Mal in Deutsch­land ei­ner brei­ten Öf­fent­lich­keit vor­ge­stellt wer­den konn­ten.

7. Schluss

Der Rück­blick auf ei­ne knapp 100-jäh­ri­ge Epo­che der Düs­sel­dor­fer Ma­ler­schu­le lässt die wei­te Ver­brei­tung er­ken­nen, die die Leh­re von Düs­sel­dorf aus ge­nom­men hat, J. Hüb­ner, E. Ben­de­mann und an­de­re folg­ten ei­nem Ruf nach Dres­den, C. F. Les­sing, J. W. Schir­mer und A. Schro­ed­ter nach Karls­ru­he, wei­te­re an der Aka­de­mie aus­ge­bil­de­te Ma­ler an Kunst­in­sti­tu­te nach Kas­sel, Frank­furt, Wei­mar und Lüt­tich. Die vie­len aus­län­di­schen Stu­den­ten tru­gen ih­re Kennt­nis­se in ih­re Hei­mat­län­der und ge­lang­ten dort zu ho­hem An­se­hen, Eu­gè­ne de Gué­r­ard (1811-1901), Schü­ler Schir­mers, schaff­te es bis nach Aus­tra­li­en und wur­de dort zum Be­grün­der der na­tio­na­len Land­schafts­schu­le. Doch brach der ur­sprüng­lich en­ge Zu­sam­men­halt durch per­ma­nen­te Rich­tungs­kämp­fe in­ner­halb der Aka­de­mie, durch das gro­ße An­wach­sen der Düs­sel­dor­fer Be­völ­ke­rung, in der die Kunst-Aka­de­mie längst nicht mehr Mit­tel­punkt war und durch die re­ak­tio­nä­ren Ten­den­zen nach der Reichs­grün­dung aus­ein­an­der. Pa­ris war längst Mit­tel­punkt neu­er künst­le­ri­scher Be­we­gun­gen ge­wor­den. Mit dem Ers­ten Welt­krieg fand die Ära „Düs­sel­dor­fer Ma­ler­schu­le“ ein En­de.

Literatur

Baum­gär­tel, Bet­ti­na (Hg.), Die Düs­sel­dor­fer Ma­ler­schu­le und ih­re in­ter­na­tio­na­le Aus­strah­lung 1819-1918. Aus­stel­lungs­ka­ta­log Mu­se­um Kunst­pa­last Düs­sel­dorf, 2 Bän­de, Pe­ters­berg 2011.
Le­xi­kon der Düs­sel­dor­fer Ma­ler­schu­le 1819-1918, 3 Bän­de, Mün­chen 1997-1998.
Schaar­schmidt, Fried­rich, Zur Ge­schich­te der Düs­sel­dor­fer Kunst, ins­be­son­de­re im 19. Jh., Kunst­ver­ein für die Rhein­lan­de und West­fa­len, Düs­sel­dorf 1902.

Online

Do­ku­­men­­ta­­ti­on "Düs­­sel­dor­­fer Ma­­ler­­schu­­le" der Stif­­tung Mu­­se­um Kunst­­pa­last. [On­line]

Oswald Achenbach, Blick auf Florenz, Gemälde, 1898, Original im Museum Kunstpalast Düsseldorf.

 
Anmerkungen
Zitationshinweis

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Steger, Denise, Die Düsseldorfer Malerschule im 19. Jahrhundert, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/die-duesseldorfer-malerschule-im-19.-jahrhundert/DE-2086/lido/57d1295fefdcc4.18641232 (abgerufen am 06.10.2024)