Die Eisenbahn am unteren linken Niederrhein

Joachim Lilla (Krefeld)

Ausschnitt der Eisenbahn-Strecken am Niederrhein, aus der Bahnkarte-Deutschland von 1849. (Karten- und Luftbildstelle der DB Mainz)

1. Einleitung

Das Ei­sen­bahn­netz am un­te­ren lin­ken Nie­der­rhein ent­stand in sei­ner Grund­struk­tur in der recht kur­zen Zeit­span­ne von 15 Jah­ren zwi­schen 1863 und 1878 mit ei­ni­gen klei­ne­ren tat­säch­li­chen und ge­plan­ten Er­wei­te­run­gen in den ers­ten Jahr­zehn­ten des 20. Jahr­hun­derts. Die zu­vor in Trä­ger­schaft der Rhei­ni­schen Ei­sen­bahn be­find­li­chen Stre­cken 
– Kre­feld-Gel­dern-Goch-Kle­ve-El­ten-Ze­venaar und Kle­ve-Kra­nen­burg-Ni­jm­we­gen 1863–1865, ur­sprüng­lich Rhei­ni­sche Ei­sen­bahn un­d 
– (Ven­lo-)Gren­ze-Kal­den­kir­chen-Kem­pen (1868, ur­sprüng­lich Rhei­ni­sche Ei­sen­bahn)
gin­gen zum 1.1.1880 auf die preu­ßi­schen Staats­ei­sen­bah­nen über.

2. Krefeld-Geldern-Goch-Kleve-Elten-Zevenaar und Kleve-Kranenburg-Nijmwegen

Wartesaal des Bahnhofs Kranenburg um 1900. (Gemeinde Kranenburg)

 

2.1 Die Strecke

Die Stre­cke ab Kre­feld Rich­tung Nor­den wur­de nach mehr­jäh­ri­gen Pla­nun­gen, bei de­nen es un­ter an­de­rem dar­um ging, ob die Stre­cke über Kem­pen oder über Hüls (heu­te Stadt Kre­feld) ge­lei­tet wer­den soll­te, in den Jah­ren nach 1860 (in Ver­län­ge­rung der 1856 er­öff­ne­ten Stre­cke Köln-Neuss-Kre­feld) durch die Rhei­ni­sche Ei­sen­bahn-Ge­sell­schaft er­baut und nach po­li­zei­li­cher Ab­nah­me der Stre­cke am 3.3.1863 am 5. März zwi­schen Kre­feld und Kle­ve in Be­trieb ge­nom­men. Die Län­ge der Stre­cke be­trug 64,8 Ki­lo­me­ter. Ei­ne be­trieb­li­che Be­son­der­heit wa­ren die 1870/1871 an­ge­leg­ten ni­ve­auglei­chen Kreu­zun­gen der Stre­cke mit der Crefeld-Kreis Kem­pe­ner In­dus­trie-Ei­sen­bahn­ge­sell­schaft be­zie­hungs­wei­se ab 1880 der Kre­fel­der Ei­sen­bahn (Gu­ten­berg­stra­ße, bis 1907) und in Kem­pen (süd­lich des Bahn­hofs, bis cir­ca 1951). Die­se Stre­cke ver­lief in Kre­feld zu­nächst (öst­lich) par­al­lel zur Rhei­ni­schen Stre­cke/Staats­bahn. Ab et­wa der Hö­he Roß­stra­ße ver­lief die Rhei­ni­sche Stre­cke dann in ge­ra­der Li­nie Rich­tung Kem­pen, wäh­rend die Kre­fel­der Ei­sen­bahn in ei­ner längs des heu­ti­gen Rings ver­lau­fen­den Tras­se ab­zweig­te.

Trajektponte der Rheinischen Eisenbahn mit Lokomotive und 2 Zwischenwagen, 1867. (Hartwich, E. Eisenbahn-Trajekt über den Rhein bei Rheinhausen. In: Zeitschrift für Bauwesen, Jg. 1867)

 

Die von An­fang an ge­plan­te Wei­ter­füh­rung der Stre­cke von Kle­ve in die Nie­der­lan­de er­folg­te 1865. Die Haupt­stre­cke führ­te von Kle­ve über Griet­hau­sen bis Spyck, von dort gab es ei­ne Tra­jekt­ver­bin­dung nach Wel­le, und wei­ter über El­ten und von dort auf ei­nem Gleis par­al­lel zur Stre­cke der Köln-Min­de­ner Bahn nach Ze­venaar mit An­schluss an das nie­der­län­di­sche Ei­sen­bahn­netz. Hier­mit woll­te sich die Rhei­ni­sche ei­nen An­teil am wirt­schaft­lich in­ter­es­san­ten Per­so­nen- und Gü­ter­ver­kehr mit den Nie­der­lan­den si­chern, der bis­her nur rechts­rhei­nisch von der kon­kur­rie­ren­den Köln-Min­de­ner-Ei­sen­bahn von Ober­hau­sen über We­sel und Em­me­rich be­trie­ben wur­de. Für die Rhein­über­que­rung wur­den zwei Tra­jekt­schif­fe an­ge­schafft, zur Über­brü­ckung von Ge­wäs­sern war der Bau zwei­er Brü­cken er­for­der­lich, über die Wild bei El­ten und über den Alt­rhein bei Griet­hau­sen; letz­te­re wur­de im Zwei­ten Welt­krieg zer­stört und ist heu­te noch als be­acht­li­ches Bau­denk­mal er­hal­ten. Der nie­der­län­di­sche Stre­cken­ab­schnitt konn­te be­reits am 6.2.1864 fer­tig­ge­stellt und über­ge­ben und am 9.3.1864 bahn­sei­tig ab­ge­nom­men wer­den. Der deut­sche Stre­cken­ab­schnitt be­nö­tig­te we­gen der bei­den Brü­cken­bau­ten und ei­ner hoch­was­ser­si­che­ren Hö­her­le­gung ei­ne Bau­zeit von fast zwei Jah­ren. Die ge­sam­te Stre­cke Kle­ve-Ze­venaar (Län­ge 18,8 Ki­lo­me­ter) wur­de am 9.3.1865 ab­ge­nom­men und am 19. April für den Gü­ter­ver­kehr und zwei Ta­ge spä­ter auch für den Per­so­nen­ver­kehr er­öff­net. Die Stre­cke nahm in der Fol­ge­zeit ei­ne für die Rhei­ni­sche Ei­sen­bahn-Ge­sell­schaft sehr er­freu­li­che Ent­wick­lung im Per­so­nen- und Gü­ter­ver­kehr.

Trajektponte zwischen Spyck und Welle, 1913. (Nederlandse Spoorwegen, Catalogusnr. 160458 Datering 01/01/1913 - 31/12/1913)

 

Das Kurs­buch von 1880 weist vier Per­so­nen­zug­paa­re Köln-Hol­land aus, dar­un­ter ei­nen Schnell­zug, fer­ner ein wei­te­res Zug­paar Kle­ve-Hol­land. Der An­schluss Ni­jm­we­gens an das nie­der­län­di­sche Ei­sen­bahn­netz 1879 wirk­te sich noch nicht ein­schnei­dend auf die Stre­cke aus. Der Nie­der­gang der Stre­cke set­ze 1887 ein, als die preu­ßi­schen Staats­ei­sen­bah­nen den Ei­sen­bahn­per­so­nen- und -gü­ter­ver­kehr schnel­ler über die rechts­rhei­ni­sche Stre­cke ab­wi­ckel­ten. Die durch­ge­hen­den Per­so­nen­zü­ge Köln-Hol­land wur­den ge­stri­chen, es ver­blie­ben täg­lich vier Zug­paa­re Kle­ve-Ze­venaar, ab 1888 fie­len auch die durch­ge­hen­den Gü­ter­zü­ge weg. Den­noch fir­mier­te die­se Stre­cke bis 1912 in den Kurs­bü­chern wei­ter­hin als Haupt­bahn „Ze­venaar-Cle­ve-Köln“ (so et­wa 1905). 1895 wur­den die bei­den par­al­lel ver­lau­fen­den ein­glei­si­gen Stre­cken El­ten-Ze­venaar in ei­ne zwei­glei­si­ge Stre­cke um­ge­wan­delt. En­de 1912 wur­de der Tra­jekt­ver­kehr ein­ge­stellt, der Rhein durch ein Mo­tor­boot ge­quert. Die­ses An­ge­bot be­stand bis zum 31.8.1926, ei­nen Tag spä­ter wur­de der Stre­cken­ab­schnitt El­ten-Wel­le still­ge­legt. Zwi­schen Kle­ve und Spyck ver­kehr­ten Zü­ge noch bis 1981, seit 1960 nur noch Gü­ter­zü­ge für die Öl­müh­le in Spyck. Er­wäh­nens­wert ist noch die Nut­zung der Stre­cke 1945/1946 zwi­schen Kle­ve und Spyck mit ei­ner an­schlie­ßen­den Be­helfs­brü­cke über den Rhein (und wei­ter Rich­tung Em­me­rich-We­sel) im Zu­ge der „Haw­kins Li­ne“.

Brücke über den Altrhein bei Griethausen, 1970. (Hans Schlieper, CC-BY-SA 3.0)

 

Ab 9.9.1865 wur­de als wei­te­re Ver­bin­dung in die Nie­der­lan­de die 27,2 Ki­lo­me­ter lan­ge Stre­cke von Kle­ve nach Ni­jm­we­gen in Be­trieb ge­nom­men. Den deut­schen Stre­cken­ab­schnitt bau­te und plan­te die Rhei­ni­sche Ei­sen­bahn, den nie­der­län­di­schen Ab­schnitt die Ni­jm­we­ger Ei­sen­bahn­ge­sell­schaft. Da Ni­jm­we­gen noch nicht an das nie­der­län­di­sche Ei­sen­bahn­netz an­ge­schlos­sen war, ver­kehr­ten zu­nächst nur ei­ni­ge Zug­paa­re im rei­nen Zwi­schen­ort­ver­kehr, mit An­schlüs­sen nach und von Köln.

An das nie­der­län­di­sche Bahn­netz wur­de Ni­jm­we­gen erst am 15.6.1879 mit der Stre­cke nach Arn­hem an­ge­schlos­sen. Hier­durch ver­bes­ser­ten sich die Ver­kehrs­mög­lich­kei­ten vom Nie­der­rhein in die Nie­der­lan­de er­heb­lich, und mit dem En­de des durch­ge­hen­den Ver­kehrs Köln-Kle­ve-Ze­venaar 1887/1888 wur­den die durch­ge­hen­den Zü­ge in die Nie­der­lan­de nun­mehr über Kra­nen­burg ge­lei­tet. Die Stre­cke fir­mier­te fort­an als Haupt­bahn. Der ers­te durch­ge­hen­de Schnell­zug soll ab et­wa 1889 ver­kehrt ha­ben. Das Kurs­buch von 1905 weist zwei Zug­paa­re Köln-Ni­jm­we­gen (221/244, 227/228) mit durch­lau­fen­den Wa­gen nach Ams­ter­dam und den Haag aus, fer­ner ein Schnell­zug­paar (D 163/164 Ba­sel-Straß­burg-Ho­ek van Hol­land und zu­rück). Die Zü­ge nach Ams­ter­dam/Den Haag lie­fen wei­ter über Kes­te­ren-Amers­fo­ort, die nach Ho­ek van Hol­land über Gel­der­mal­sen-Dor­drecht). Die Be­triebs­füh­rung auf der ge­sam­ten Stre­cke Kle­ve-Ni­jm­we­gen lag zwi­schen ab dem 1.6.1886 und 1906 bei der Hol­land­sche IJze­ren Spo­or­weg-Maats­ch­ap­pij; am 1.7.1906 über­nah­men die preu­ßi­schen Staats­ei­sen­bah­nen wie­der den Ab­schnitt Kle­ve-Reichs­gren­ze, wo­bei die preu­ßi­schen Lo­ko­mo­ti­ven in der Re­gel bis Ni­jm­we­gen durch­lie­fen, wo bei wei­ter fah­ren­den Zü­gen der Lo­ko­mo­tiv­wech­sel statt­fand. Die­ses blieb dann bis 1989 im Grund­satz un­ver­än­dert.

Die Flutbrücken der Altrheinbrücke in Kleve-Griethausen. (Markus Schweiß, CC-BY-SA 3.0)

 

Nach der Ver­staat­li­chung un­ter an­de­rem der Rhei­ni­schen Ei­sen­bahn durch die preu­ßi­schen Staats­ei­sen­bah­nen 1880 wur­den 1881 zur Ver­wal­tung der in den Be­sitz des Staats über­ge­gan­ge­nen Bah­nen Ei­sen­bahn-Be­trieb­s­äm­ter er­rich­tet. Am Nie­der­rhein gab es zwei Be­trieb­s­äm­ter, in Aa­chen und Kre­feld, das Kre­fel­der Amt war un­ter an­de­rem zu­stän­dig für die Stre­cken nach Kle­ve und wei­ter nach Hol­land über El­ten oder Kra­nen­burg und die Stre­cke Kem­pen-Kal­den­kir­chen-Ven­lo. Die­se Be­trieb­s­äm­ter wur­den 1895 bei der Neu­ord­nung der Ver­wal­tung auf­ge­löst, an ih­re Stel­le tra­ten die Ei­sen­bahn- Be­triebs­in­spek­tio­nen. Die­se er­hiel­ten 1911 die Be­zeich­nung Ei­sen­bahn­be­trieb­s­äm­ter und wa­ren die den Ei­sen­bahn­di­rek­tio­nen un­ter­stell­ten ört­li­chen Auf­sichts­stel­len; für den Nie­der­rhein wa­ren die Be­trieb­s­äm­ter Kre­feld und Kle­ve zu­stän­dig, das Be­trieb­s­amt Kle­ve für die Stre­cken nörd­lich der Li­nie Kem­pen-Rhein­kamp, das Be­trieb­s­amt Kre­feld für die süd­lich ge­le­ge­nen Stre­cken.

Im ers­ten Jahr­zehnt des 20. Jahr­hun­derts er­folg­ten um­fang­rei­che­re bau­li­che Maß­nah­men an der Stre­cke Kre­feld-Kle­ve-Ni­j­me­gen, die vor al­lem der Ver­bes­se­rung der Ver­kehrs­si­tua­ti­on die­nen soll­ten. Im Be­reich der Stadt Kre­feld wur­den zwi­schen 1905 und 1908 die Ei­sen­bahn­glei­se hoch­ge­legt, was für die Stre­cke nach Kle­ve ei­ne Ver­le­gung der Tras­se in­ner­halb des  Stadt­ge­biets er­for­der­lich mach­te. Gleich­zei­tig konn­te der neue Kre­fel­der Haupt­bahn­hof in Be­trieb ge­nom­men wer­den. Et­wa zeit­gleich wur­de auch die zwi­schen Kem­pen und Kra­nen­burg ein­glei­si­ge Stre­cke in meh­re­ren Ab­schnit­ten zwei­glei­sig aus­ge­baut. Da­ten der In­be­trieb­nah­me: Kem­pen-Gel­dern [1907], Gel­dern-Keve­la­er 24.4.1907, Keve­la­er-Kle­ve 1.10.1908, Kle­ve-Kra­nen­burg-Groes­beek 1913). Der Ab­schnitt zwi­schen Groes­beek und Ni­j­me­gen scheint ein­glei­sig ge­blie­ben zu sein. 

Postkartenmotiv mit dem Bahnhof in Kleve - 'Grüße aus Bad Cleve - Bahnhof'.

 

An der Stre­cken­aus­la­ge hat sich bis An­fang 1945 dann nichts mehr ge­än­dert. An be­deu­ten­de­ren Pri­vat­gleis­an­schlüs­se be­stan­den an der Stre­cke im Lau­fe der Zeit:
– Über­ga­be­bahn­hof der Kre­fel­der Ei­sen­bahn in Kem­pen
– Elek­tro­che­mi­sche Fa­brik in Kem­pen
– Mi­li­tär­ver­la­dung in Gel­dern (in den 1990er Jah­ren noch neue Ram­pe)
– Mar­ga­ri­ne­wer­ke Jur­gens & Prin­zen (spä­ter Mar­ga­ri­ne-Uni­on be­zie­hungs­wei­se Uni­le­ver) in Goch (bis 1945)
– Mil­tär­ver­la­dung im Bahn­hof Goch
– „Nähr-En­gel“- Kar­tof­fel­ver­ar­bei­tung in Goch nach 1945
– Pro­vin­zi­al-Heil- und Pfle­ge­an­stalt in Bed­burg-Hau
– XOX-Keks­fa­brik in Kle­ve
– Bens­dorp-Ka­kao-Fa­brik in Kle­ve
– Mar­ga­ri­ne­fa­brik van den Bergh in Kle­ve, spä­ter Mar­ga­ri­ne-Uni­on be­zie­hungs­wei­se Uni­le­ver (mit ei­ge­ner Dampf­spei­cher­lok bis in die 1980er Jah­re, mehr­mals täg­lich bis cir­ca 1990 Ab­fuhr von Mar­ga­ri­ne in Trans­ther­mos-Kühl­wa­gen-Ganz­zü­gen)
– Ha­fen­bahn Kle­ve
– Blu­men­ver­la­dung am Bahn­hof Kra­nen­burg
– Öl­wer­ke Spyck mit eig­ner Werklok. 

Bahnhof Kranenburg mit Belegschaft um 1900. (Gemeinde Kranenburg)

 

Der Zug­ver­kehr kam durch die mi­li­tä­ri­schen Er­eig­nis­se im Fe­bru­ar 1945 zum Er­lie­gen, nach­dem be­reits im Sep­tem­ber 1944 durch die Luft­lan­de­ope­ra­ti­on „Mar­ket Gar­den“ der Raum Ni­jm­we­gen in al­li­ier­te Hän­de fiel, wo­durch der grenz­über­schrei­ten­de Zug­ver­kehr zwi­schen Kle­ve-Kra­nen­burg-Ni­jm­we­gen ein­ge­stellt wor­den sein dürf­te. Zu­dem lag das Ge­biet west­lich Kle­ves im Ein­zugs­be­reich der deut­schen und der al­li­ier­ten Ar­til­le­rie. Der Zug­ver­kehr Kle­ve und Kre­feld wur­de im Fe­bru­ar 1945 suk­zes­si­ve, je nach dem Vor­drin­gen der al­li­ier­ten Trup­pen, ein­ge­stellt, in den Räu­men Kle­ve und Goch fak­tisch nach den Luft­an­grif­fen am 7.2.1945, of­fi­zi­ell aber erst am 20. Fe­bru­ar. Im Be­zirk des Be­trieb­s­amts Kre­feld wa­ren bis zur Ein­stel­lung des Zug­ver­kehrs am 1.3.1945 noch al­le Stre­cken be­fahr­bar, in den letz­ten Fe­bru­ar­ta­gen ver­kehr­ten noch Per­so­nen- und Gü­ter­zü­ge auch bis Gel­dern, al­ler­dings nur noch wäh­rend der Dun­kel­heit.

In den fol­gen­den Mo­na­ten wur­de die Stre­cke nur durch die Be­sat­zungs­streit­kräf­te ge­nutzt, be­son­ders zu er­wäh­nen ist das Teil­stück Goch-Kle­ve im Zu­sam­men­hang mit der Haw­kins-Li­nie. Am 5.7.1945 wur­de der öf­fent­li­che Rei­se­ver­kehrs zwi­schen Kre­feld und Gel­dern wie­der­auf­ge­nom­men, ei­nen Mo­nat spä­ter, am 7. Au­gust, auch der zwi­schen Gel­dern und Kle­ve-Kra­nen­burg, al­ler­dings zwi­schen Gel­dern und Kle­ve nur noch ein­glei­sig, weil die al­li­ier­ten Trup­pen das zwei­te Gleis de­mon­tiert hat­ten. Zwi­schen Gel­dern und Goch so­wie zwi­schen Bed­burg-Hau und Kle­ve wur­de das je­weils öst­lich ge­le­ge­ne Gleis be­fah­ren, zwi­schen Goch und Bed­burg-Hau das west­lich ge­le­ge­ne Gleis. Bei dem ein­glei­si­gen Be­trieb zwi­schen Gel­dern und Kle­ve ist es bis heu­te ge­blie­ben. Am 16.9.1956 er­folg­te auch auf dem Stre­cken­ab­schnitt Kle­ve-Kra­nen­burg der dau­ern­de Über­gang von zwei­glei­si­gen auf den ein­glei­si­gen Be­trieb; ein Aus­weich­gleis be­stand in Nüt­ter­den (mit den Stell­wer­ken „NO“ und „NF“). Hier­nach gab es nur noch zwi­schen Kra­nen­burg und Groes­beek ei­nen zwei­glei­si­gen Be­trieb, der am 28.9.1978 be­en­det wur­de. Die zwei­ten Glei­se wur­den je­weils in der Fol­ge­zeit ab­ge­baut.

Festungsbahnhof der Festung Minden, Endpunkt der Stammstrecke der Köln-Mindener Eisenbahn, 2004. (Markus Schweiß, CC-BY-SA 3.0)

 

In der ers­ten Hälf­te der 1960er Jah­re wur­de der Zug­be­trieb auf der Stre­cke zu­neh­mend von Dampf- auf Die­sel­be­trieb um­ge­stellt, wes­we­gen 1963 im Be­triebs­werk Kle­ve ei­ne Be­die­se­lungs­sta­ti­on ein­ge­rich­tet wur­de.

Am 2.6.1991 wur­de der Rei­se­zug­be­trieb auf der Stre­cke Kle­ve-Kra­nen­burg-Ni­j­me­gen ein­ge­stellt, das Stre­cken­ab­schnitt Kle­ve-Kra­nen­burg-Bun­des­gren­ze am 23.5.1993 in ei­ne Ne­ben­bahn um­ge­wan­delt. Schlie­ß­lich wur­de am 26.2.1999 auf die­ser Ne­ben­bahn der Be­trieb der Ei­sen­bahn­in­fra­struk­tur dau­er­haft ein­ge­stellt. Nach dem Ab­riss der Stra­ßen­brü­cke nörd­lich des Kle­ver Bahn­hofs und der ni­ve­auglei­chen Stra­ßen­füh­rung wur­de die Tras­se für ei­ni­ge hun­dert Me­ter un­ter­bro­chen, so dass heu­te kein durch­ge­hen­des Gleis mehr zwi­schen dem Bahn­hof Kle­ve und dem hin­ter der Brü­cke über den Spoy­ka­nal wei­ter­lau­fen­den Stre­cke Rich­tung Kra­nen­burg exis­tiert. Süd­lich des Bahn­hofs Ni­j­me­gen ist das ur­sprüng­li­che Gleis der Stre­cke nach Kle­ve im Jahr 2005 ab­ge­baut wor­den. Seit dem 27.4.2008 wird die Stre­cke zwi­schen Kle­ve (Spoy­ka­nal), Kra­nen­burg und Groes­beek in den Som­mer­mo­na­ten für ei­nen Frei­zeit­ver­kehr mit Drai­si­nen ge­nutzt. Ei­ne Re­ak­ti­vie­rung des Rei­se­zug­be­triebs zwi­schen Kle­ve und Ni­jm­we­gen ist in ver­schie­de­nen Va­ri­an­ten im­mer wie­der im Ge­spräch.

Bahnhof Kranenburg, 1910. (Gemeinde kranenburg)

 

2.2 Bahnhöfe

Von den 1863 er­rich­te­ten Bahn­hö­fen be­ste­hen heu­te noch: Kre­feld Hbf. (bis 1927 Crefeld), Kem­pen (Nie­der­rhein) (ur­sprüng­lich Kem­pen, [1914] Kem­pen (Rhein), [1936] Kem­pen (Nd­rhein), [1944] die heu­ti­ge Be­zeich­nung), Al­de­kerk, Nieu­kerk, Gel­dern (bis 1927 Gel­dern Rh), Keve­la­er, Weeze, Goch, Kle­ve (bis 1927 Cle­ve); der Bahn­hof Bed­burg- Hau wur­de 1911 als Bahn­hof Hau er­rich­tet und hieß so bis 1913.

In den Jah­ren ab 1865 gab es noch fol­gen­de, in­zwi­schen nicht mehr exis­tie­ren­de  Bahn­hö­fe be­zie­hungs­wei­se Hal­te­punk­te zwi­schen Kre­feld und Kra­nen­burg und Kle­ve und Spyck: 
Ben­rad-St. Tö­nis (bis 1917 Ben­rad (St. Tö­nis); 1888–1996)
St. Hu­bert-Voesch (bis [1923] Broich (Kr. Kem­pen), [1911]–[1978])
Wet­ten (1909–1968)
Pfalz­dorf ([1880]–[1997])
Berg und Thal bei Cle­ve (vor­über­ge­hen­der Hal­te­punkt für Aus­flüg­ler (1892, 1895 er­wähnt)
Thier­gar­ten (1871), Cle­ve-Tier­gar­ten ([1905]–[nach 1918])
Dons­brüg­gen (1900–1960)
Nüt­ter­den (1870–1978)
Fras­selt (1952–1978)
Kra­nen­burg (1865–1991)
Kel­len (1952–1960)
Griet­hau­sen (1865–1960)
Spyck (1865–1960/1982). 

Dampflokzeit in Kranenburg. (Gemeinde Kranenburg)

 

2.3 Entwicklung des Reisezugverkehrs

Die Stre­cke dien­te von An­be­ginn an ne­ben dem Ver­kehr nach Hol­land auch dem Zwi­schen­ort­ver­kehr zwi­schen Köln be­zie­hungs­wei­se Kre­feld und Kle­ve. Die Per­so­nen­zü­ge hiel­ten na­he­zu an al­len Bahn­hö­fen, ein be­schleu­nig­ter Ver­kehr (die spä­te­ren Eil­zü­ge) be­dien­te die grö­ße­ren Or­te (in der Re­gel Kem­pen, Gel­dern, Keve­la­er und Goch), ei­ni­ge die­ser Zü­ge fuh­ren bis Ni­jm­we­gen durch. Die­ses Grund­mus­ter, das sich vor 1914 her­aus­ge­bil­det hat­te, blieb bis in die 1980er Jah­re na­he­zu un­ver­än­dert (von ge­wis­sen Ein­schrän­kun­gen in Kriegs- und Nach­kriegs­zei­ten ab­ge­se­hen). Erst da­nach än­der­te sich das An­ge­bot grund­le­gend. Die Eil­zü­ge fie­len fort, zu­gleich ori­en­tier­te sich der Ver­kehr von Kle­ve im­mer mehr Rich­tun­g Düs­sel­dorf, das zu­vor nur durch Um­stei­gen in Kre­feld oder Neuss be­zie­hungs­wei­se ver­ein­zel­te Kurs­wa­gen­ver­bin­dun­gen oder di­rek­te Zü­ge zu er­rei­chen war. Schlie­ß­lich fie­len die Zü­ge von und nach Köln ganz weg, seit den 1990er Jah­ren gibt es nur noch ei­nen un­ter der Wo­che halb­stün­di­gen Takt­ver­kehr zwi­schen Kle­ve und Düs­sel­dorf.

CIWL-Schlafwagen 1764A, 1908 von MAN gebaut, Werksaufnahme, 1908. (Albert Mühl: Schlafwagen in Deutschland, EK-Verlag 1996)

 

An­ders sah es mit den in­ter­na­tio­na­len Ver­bin­dun­gen auf die­ser Stre­cke aus. Seit dem ers­ten durch­ge­hen­den in­ter­na­tio­na­len Zug 1889 nach Ni­j­me­gen und wei­ter wur­den die­se Ver­bin­dun­gen ste­tig aus­ge­baut und fan­den ih­ren Hö­he­punkt, der seit­her nie mehr auch nur an­satz­wei­se er­reicht wur­de, im Som­mer­fahr­plan 1914. Da­mals ver­kehr­ten die fol­gen­den in­ter­na­tio­na­len Zü­ge auf der Stre­cke:
– Zug 225 Bar­men-Rit­ters­hau­sen (5.29)-Njm­we­gen (7.49), Kurs­wa­gen 1.2.3. Bar­men-Rit­ters­hau­sen-Ams­ter­dam und –Lei­den
– D 172 Vlis­sin­gen (4.18)Goch-Kre­feld-Karls­ru­he (15.35), nur 1.2. Kl., Kurs­wa­gen 1.2. Vlis­sin­gen-Ba­sel, Vlis­sin­gen-Bar­men-Rit­ters­hau­sen, Vlis­sin­gen-Aschaf­fen­burg, Vlis­sin­gen-Tri­est, Vlis­sin­gen-Ulm, WR Vlis­sin­gen-Ba­sel)
– Zug 217 Köln (7.05)-Ams­ter­dam( 11.07), Kurs­wa­gen 1.2.3. Köln-Zand­vo­ort (bis 15.9), Köln-Kle­ve-Kes­te­ren-Rot­ter­dam-Haag-Lei­den
– D 164 Ho­ek van Hol­land (5.25)-Ba­sel (20.20), nur 1.2. Kl., Kurs­wa­gen 1.2. Ho­ek van Hol­land-Karls­ru­he-Ba­sel , Ho­ek van Hol­land-Mün­chen, Ho­ek van Hol­land-Kre­feld-Düs­sel­dorf, (bis 13.9. Zand­vo­ort -)Haar­lem-Frank­furt und -Karls­ru­he, Ho­ek van Hol­land-Nau­heim (nur im Som­mer); WR Ho­ek van Hol­land-Ba­sel
– Zug 292 Ni­jm­we­gen (10.27)-Köln Hbf. (14.02), Kurs­wa­gen 1.2.3. Haag-Köln, (bis 4.9 Zand­vo­ort-)Ams­ter­dam-Köln
– Zug 228 Ni­j­me­gen (13.07)-Köln Hbf. (17.14) [hielt 15.8.–14.9. nicht in Keve­la­er], Kurs­wa­gen 1.2.3. (bis 15.9. Zand­vo­ort-)Haar­lem-Ams­ter­dam-Köln, (Lei­den-)Haag-Rot­ter­dam-Kes­te­ren-Köln
– Zug 227 Köln (14.23)-Ni­jm­we­gen (16.34), Kurs­wa­gen 1.2.3. Köln-Kle­ve-Kes­te­ren-Rot­ter­dam-Haag-Lei­den, Köln-Kle­ve-Kes­te­ren-Ams­ter­dam-Haar­lem(-Zand­vo­ort, bis 15.9.)
– Zug 291 Köln (16.54)-Ni­jm­we­gen (18.54), Kurs­wa­gen 1.2.3. Köln-Zand­vo­ort und Köln-Haag(-Sche­ve­nin­gen, bis 4.9.)
– D 163 Ba­sel (10.14)-Kle­ve (21.12)-Ho­ek van Hol­land (23.35), nur 1.2. Kl., Kurs­wa­gen 1.2. Ba­sel-Karls­ru­he-Ho­ek van Hol­land, Düs­sel­dorf-Ho­ek van Hol­land, Salz­burg-Ho­ek van Hol­land, Ha­nau-Ost-Haar­lem(-Zand­vo­ort, im Som­mer), Karls­ru­he-Zand­vo­ort; WR Ba­sel-Ho­ek van Hol­land
– D 171 Ha­nau Ost (14.23)-Kre­feld-Goch-Vlis­sin­gen (23.52), nur 1.2. Kl., Kurs­wa­gen 1.2. Tri­est-Vlis­sin­gen, Ba­sel-Vlis­sin­gen, Fried­richs­ha­fen-Vlis­sin­gen; WR Ba­sel-Vlis­sin­gen
– Zug 216 Ams­ter­dam (17.20)-Köln Hbf. (23.35), Kurs­wa­gen 1.2.3. Zand­vo­ort-Köln (bis 4.9.)
– Zug 226 Ni­jm­we­gen (21.12)-Bar­men-Rit­ters­hau­sen (1.29), Kurs­wa­gen 1.2.3. Haag-und Ams­ter­dam-Bar­men-Rit­ters­hau­sen.

Abteil eines Schlafwagens der CIWL, wie er vom Riviera-Napoli-Express genutzt wurde, 2006. (Ignis, CC-BY-SA 3.0)

 

Die­ses dich­te und durch die Kurs­wa­gen­ver­bin­dun­gen weit­rei­chen­de Ver­kehrs­an­ge­bot fand durch den Ers­ten Welt­krieg ein ab­rup­tes En­de und wur­de in den Jah­ren nach dem Krieg auch nicht an­nä­hernd wie­der­her­ge­stellt. Im Ge­gen­satz zum Ver­kehr in der Zeit bis 1914 wur­den Schlaf- und Spei­se­wa­gen im Ver­kehr Deutsch­land-Hol­land und Deutsch­land-Schweiz) nun­mehr von der Mit­tel­eu­ro­päi­schen Schlaf- und Spei­se­wa­gen AG (MITRO­PA) ge­stellt; le­dig­lich der Schlaf­wa­gen Ams­ter­dam-Bu­ka­rest war von der In­ter­na­tio­na­len Schlaf­wa­gen-Ge­sell­schaft. Im Kurs­buch vom Ju­ni 1922 fin­den sich noch zwei in­ter­na­tio­na­le Ver­bin­dun­gen:
– D 255 Köln Hbf. (5.43)-Haag (14.17), Kurs­wa­gen 1.2. Bu­da­pest-Ams­ter­dam, 1.2. Mai­land-Ams­ter­dam, 1.2. Chur-Haag, 1.2. Pas­sau-Haag, WLAB (Mitro­pa) Würz­burg-Haag, Ba­sel-Ams­ter­dam, WLAB (CIWL) Bu­ka­rest-Ams­ter­dam (mitt­wochs, frei­tags und sonn­tags), WR (Mitro­pa) Köln-Haag
– D 164 Ho­ek van Hol­land (7.10)-Ba­sel Bad. Bf. (23.18), nur 1.2. Kl., Kurs­wa­gen 1.2. Ams­ter­dam-Ba­den-Ba­den, 1.2. Ams­ter­dam-Ge­nua, 1.2. Genf-Haag, 1.2. Haag-Ba­sel, 1.2. Ho­ek van Hol­land-Frank­furt a.M., WR (Mitro­pa) Ho­ek van Hol­land-Ba­sel
– D 163 Ba­sel Bad Bf. (7.20)-Ho­ek van Hol­land (23.29), Kurs­wa­gen 1.2. Frank­furt a.M.-Ho­ek van Hol­land, 1.2. Genf-Haag, 1.2. Ge­nua-Ams­ter­dam, 1.2. Ba­den-Ba­den-Ams­ter­dam, 1.2. Ba­sel-Haag, WR (Mitro­pa) Ba­sel-Ho­ek van Hol­land
– D 254 Haag (18.20)-Köln Hbf. (0.59), nur 1.2. Kl., Kurs­wa­gen 1.2. Haag-Pas­sau, 1.2. Haag-Chur, 1.2. Ams­ter­dam-Bu­da­pest, 1.2. Ams­ter­dam-Mai­land, WLAB (Mitro­pa) Haag-Würz­burg und Ams­ter­dam-Ba­sel, WLAB (CIWL) Ams­ter­dam-Bu­ka­rest (diens­tags, don­ners­tags, sams­tags), WR (Mitro­pa) Haag-Köln. 

Hofzug Kaiser Wilhelms II bei der Eröffnung der Kaiserbrücke zwischen Mainz und Wiesbaden am 1. Mai 1904, vor seiner Nutzung als L 191 „München-Holland-London-Express“ München und als L 198 „London-Holland-München-Express“ Hoek van Holland.

 

Fast ein Ku­rio­sum ist das fol­gen­de Zug­paar, das in den Kurs­bü­chern nicht auf­ge­führt ist. Der Zug be­stand aus zwei Reichs­bahn-Ge­päck­wa­gen, ei­nem Mitro­pa-Spei­se­wa­gen und drei Mitro­pa-Sa­lon­wa­gen, die aus Hof­ge­fol­ge­wa­gen des ehe­ma­li­gen kai­ser­li­chen Hof­zu­ges um­ge­baut wor­den wa­ren und der nur an we­ni­gen Ta­gen im Som­mer 1922 ver­kehr­te, weil die Nach­fra­ge nach ei­nem erst­klas­si­gen Zug in den Kri­sen­zei­ten kaum vor­han­den war:
– L 198 „Lon­don-Hol­land-Mün­chen-Ex­pres­s“ Ho­ek van Hol­land (6.15)-Kra­nen­burg (10.05)-Köln-Frank­furt a.M.-Stutt­gart-Mün­chen (23.08), nur 1. Kl., frei­tags vom 30.6. bis 1.9.1922
– L 191 „Mün­chen-Hol­land-Lon­don-Ex­pres­s“ Mün­chen (7.42)-Stutt­gart-Frank­furt a.M.-Köln-Kra­nen­burg (20.28)-Ho­ek van Hol­land (0.10), nur 1. Kl., mon­tags vom 4.7. bis 5.9.1922.

Im Zu­sam­men­hang mit der Neu­ord­nung der bis 1923 auf der Box­te­ler Bahn ge­führ­ten in­ter­na­tio­na­len Zü­ge (statt über Gen­nep-Goch-We­sel nun­mehr über Eind­ho­ven-Ven­lo-M.Glad­bach und Arn­heim-Zu­t­phen-Ol­den­zaal-Bent­heim) gab es ab 1925 auch An­pas­sun­gen auf der Stre­cke Ni­jm­we­gen-Köln. So wur­de das bis­he­ri­ge Schnell­zug­paar D 163/164 als FD (Fern­schnell­zug) ge­führt und hielt am Nie­der­rhein nur noch in Kra­nen­burg (we­gen der Pass-und Zoll­kon­trol­le) und in Kre­feld (we­gen des dort über­ge­hen­den Kurs­wa­gens Ho­ek van Hol­land-Bar­men). Das zu­vor über Ni­jm­we­gen-Kre­feld ge­führ­te Zug­paar D 254/255 fuhr nun­mehr über Ze­venaar-Duis­burg, es be­stand aber ei­ne An­schluss­ver­bin­dung mit dem lin­ken Nie­der­rhein durch ein neu­es Zug­paar 254/355 Arn­heim-Kle­ve-Köln und zu­rück. FD 163/164 ver­kehr­ten ab 1928 wie­der als D-Zü­ge, nach­dem der hoch­wer­ti­ge Ver­kehr Hol­land-Ba­sel durch den FFD Rhein­gold (über Em­me­rich) wahr­ge­nom­men wur­de.

Bild einer S 10 Dampflok, 1952, wurde in den 20er und 30er häufig genutzt, auch durch den Riviera-Napoli-Express. (Horst Sturm / Bundesarchiv, Bild 183-14607-0001 / CC-BY-SA)

 

An den ge­zeig­ten in­ter­na­tio­na­len Ver­bin­dun­gen hat sich im Grund­satz bis 1939 nicht viel ge­än­dert. Ei­ne Be­son­der­heit, ein wei­te­res Ver­kehrs­high­light am lin­ken Nie­der­rhein, sei kurz er­wähnt: der nur in den Win­ter­mo­na­ten 1931 und 1932 ver­keh­ren­de Ams­ter­da­mer Flü­gel­zug des Ri­vie­ra-Na­po­li-Ex­press. Die­ser Zug fuhr nur je­weils an drei Wo­chen­ta­gen zwi­schen An­fang Ja­nu­ar und En­de April (1932 An­fang Mai). Er be­för­der­te die Kurs­wa­gen von und nach Ams­ter­dam für den von Ber­lin (An­hal­ter Bahn­hof) aus­ge­hen­den Haupt­zug des Ri­vie­ra-Na­po­li-Ex­press mit Schlaf­wa­gen nach Nea­pel und Ven­ti­miglia. In süd­li­cher Rich­tung ver­kehr­te der Flü­gel­zug (L 120/220) über Ze­venaar-Düs­sel­dorf-Köln bis Mann­heim, in der Ge­gen­rich­tung (L 119/219) von Darm­stadt über Köln, Kre­feld und Kle­ve. Der Flü­gel­zug be­stand in bei­den Rich­tun­gen aus je ei­nem Schlaf­wa­gen 1.2. Kl. Ams­ter­dam-Ven­ti­miglia be­zie­hungs­wei­se Ams­ter­dam-Nea­pel (bei­de vom Typ S mit 16 Bett­plät­zen: acht Ein­bett­ab­tei­le und vier Zwei­bett­ab­tei­le) so­wie ei­nem Pack­wa­gen und ei­nem Spei­se­wa­gen Ams­ter­dam-Mann­heim be­zie­hungs­wei­se Darm­stadt-Ams­ter­dam; das Wa­gen­ma­te­ri­al wur­de von In­ter­na­tio­na­len Schlaf­wa­gen­ge­sell­schaft (CIWL) ge­stellt. Die Zü­ge wur­den in der Re­gel ab Ze­venaar be­zie­hungs­wei­se bis Ni­jm­we­gen von ei­ner S 10 (Bau­rei­he 17) des Be­triebs­werks Deut­zer­feld be­för­dert. Die man­geln­de In­an­spruch­nah­me, auch vor dem Hin­ter­grund der Welt­wirt­schafts­kri­se, führ­te 1932 zur Ein­stel­lung des Ams­ter­da­mer Zug­teils. Der Haupt­zug ab Ber­lin ver­kehr­te bis Som­mer 1939.

Plakat für den Riviera-Express, 1903. (Mühl, Luxuszüge, Freiburg 1991)

 

Wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges kam der grenz­über­schrei­ten­de Ver­kehr weit­ge­hend zum Er­lie­gen, ab­ge­se­hen von ver­ein­zel­ten Eil­zü­gen nach Ni­j­me­gen. Nach dem Krieg konn­te, wie ge­schil­dert, der Ver­kehr erst suk­zes­si­ve wie­der auf­ge­nom­men wer­den. Ein durch­ge­hen­der in­ter­na­tio­na­ler Ver­kehr wur­de nicht vor 1949 auf­ge­nom­men. Das Kurs­buch Som­mer 1953 weist ein Zug­paar D 307/308 (Mün­chen-Kre­feld) aus, das von An­fang Ju­li bis En­de Au­gust über Kre­feld hin­aus nach Den Haag ver­kehr­te mit Kurs­wa­gen aus Inns­bruck und ei­nem Schlaf­wa­gen Mün­chen-Kra­nen­burg. 1958 fin­det sich das Zug­paar ganz­jäh­rig mit dem End­punkt Ams­ter­dam, mit Kurs­wa­gen aus Tri­est und Inns­bruck und Schlaf­wa­gen Mün­chen-Ams­ter­dam und Mün­chen-Kle­ve. Im Kurs­buch 1964 fin­det sich die­ses Zug­paar noch ganz­jäh­rig, aber ab­ge­se­hen von den Mo­na­ten Ju­li und Au­gust auf Ni­j­me­gen als Ziel­bahn­hof be­schränkt mit Kurs­wa­gen aus An­co­na, Inns­bruck, Graz und Kla­gen­furt, letz­te­re ein Hin­weis dar­auf, dass die­ser Zug mitt­ler­wei­le mit dem Aus­tria-Ex­press (Kla­gen­furt-Ho­ek van Hol­land) kom­bi­niert war. Der Schlaf­wa­gen lief nur noch bis Kre­feld. Zu­gleich gab es mit D 365/366 ein wei­te­res Ta­ges­zug­paar Kre­feld-Mün­chen, das im Som­mer­fahr­plan bis Ni­jm­we­gen ver­kehr­te. Ab En­de der 1960er Jah­re en­de­ten die Zü­ge durch­gän­gig in Ni­jm­we­gen (nur im Fahr­plan 1970/1971 lie­fen die mit dem Aus­tria-Ex­press kom­bi­nier­ten D 212/213 bis Arn­heim durch), an­sons­ten än­der­te sich, ab­ge­se­hen von neu­en Zug­num­mern und mo­di­fi­zier­ten Kurs­wa­gen­läu­fen, an die­sem Zug­an­ge­bot bis 1977 nichts.

Mit Be­ginn des Som­mer­fahr­plans 1977 kam noch ein­mal ein in­ter­na­tio­na­ler Rei­se­zug auf die Stre­cke zu­rück: der Aus­tria-Ex­press (216/217) lief fort­an von Ams­ter­dam über Ni­jm­we­gen-Kra­nen­burg-Kle­ve-Kre­feld wei­ter nach Süd­deutsch­land und Ös­ter­reich. Er be­stand aus kli­ma­ti­sier­ten Sitz­wa­gen und Lie­ge­wa­gen so­wie ei­nem Pack­wa­gen der Ös­ter­rei­chi­schen Bun­des­bah­nen so­wie ei­nem Schlaf­wa­gen, der von den Nie­der­län­di­schen Staats­bah­nen ge­stellt und von Be­diens­te­ten der In­ter­na­tio­na­len Schlaf­wa­gen-Ge­sell­schaft be­treut wur­de. Die­ses hoch­wer­ti­ge An­ge­bot währ­te zehn Jah­re, dann wur­de der Aus­tria-Ex­press bis auf wei­te­res über Em­me­rich-Duis­burg ge­lei­tet. In sei­ner bis­he­ri­gen Fahr­plan­la­ge ver­kehr­te noch für ein Jahr ein Schnell­zug Köln-Ams­ter­dam, auch die Nach­mit­tags­ver­bin­dung Köln-Ni­jm­we­gen wur­de bis Ams­ter­dam wei­ter­ge­führt. Mit Be­ginn des Som­mer­fahr­plans 1988 wur­de der Ei­sen­bahn­ver­kehr ab Kle­ve ge­bro­chen, es ver­kehr­ten nur mehr ei­ni­ge Pen­del­zü­ge Kle­ve-Ni­j­me­gen, bis am 1.6.1991 der Zug­ver­kehr west­lich von Kle­ve auf Dau­er ein­ge­stellt wur­de.

S 10 am schlesischen Bahnhof in Berlin, 1928. (Bundesarchiv, Bild 102-01341A / CC-BY-SA)

 

3. Kempen-Kaldenkirchen-Venlo

Die In­be­trieb­nah­me der ein­glei­si­gen Stre­cke er­folg­te am 1.1.1868. Bei durch­ge­hen­den Zü­gen von/nach  K­re­feld muss­te in Kem­pen Kopf ge­macht wer­den, der ört­li­che Zug­ver­kehr Kem­pen-Kal­den­kir­chen star­te­te be­zie­hungs­wei­se en­de­te an ei­nem Stumpf­gleis am Haus­bahn­steig. Durch­lau­fen­de Per­so­nen­zü­ge aus Rich­tung Gel­dern nach Kal­den­kir­chen sind nicht be­kannt. Die Rhei­ni­sche Ei­sen­bahn hat­te das Be­triebs­recht bis in den Bahn­hof Ven­lo, ge­nau wie die Ber­gisch-Mär­ki­sche Ei­sen­bahn aus Rich­tung Vier­sen (die Trak­ti­on der Zü­ge durch deut­sche Lo­ko­mo­ti­ven bis Ven­lo ist bis in die Ge­gen­wart ge­blie­ben). Ei­nen über­ört­lich be­deut­sa­mer Zug­ver­kehr auf der Stre­cke gab es nur zwi­schen 1881 und 1891, als die in­ter­na­tio­na­len Zü­ge aus Vlis­sin­gen (we­gen der In­ter­es­sen der nie­der­län­di­schen Staats­spoor) an­statt über Box­tel-Goch über Ven­lo-Kem­pen-Kre­feld ge­lei­tet wur­den. In der Fol­ge­zeit gab es ei­ni­ge Zü­ge von Ven­lo nach Kre­feld und zu­rück. Das Gros des Ver­kehrs blieb aber auf den ört­li­chen Ver­kehr zwi­schen Kem­pen und Kal­den­kir­chen be­schränkt. Die Stre­cke wur­de, wie die üb­ri­gen Stre­cken im Be­reich des Be­trieb­s­amts Kre­feld, am 1.3.1945 ein­ge­stellt, die Wie­der­auf­nah­me des Be­trie­bes er­folg­te am 1.11.1945. Seit den 1950er Jah­ren ver­kehr­ten über­wie­gend Schie­nen­bus­se auf der Stre­cke, lok­be­spann­te Zü­ge wur­den die Aus­nah­me. In den 1970er Jah­ren fuhr noch nach­mit­tags ein lok­be­spann­ter (BR 215) Zug von Düs­sel­dorf nach Kal­den­kir­chen. In den letz­ten Jah­ren bis zur Ein­stel­lung des Be­triebs am 21.5.1982 fuh­ren ETA-Trieb­wa­gen mit An­hän­ger, dar­un­ter zu­letzt ein be­mer­kens­wer­ter Um­lauf (Ober­hau­sen-Mo­ers-Kre­feld-Mön­chen­glad­bach-Neu­werk-Kre­feld-Kem­pen-Kal­den­kir­chen-Kem­pen-Kre­feld-Mo­ers-Ober­hau­sen) in den frü­hen Mor­gen­stun­den. Die Stre­cke bis Gre­frath wur­de dann völ­lig zu­rück­ge­baut und dient heu­te als Fahr­rad­weg. Zwi­schen Gre­frath und Kal­den­kir­chen fand in den 1990er Jah­ren noch ein spo­ra­di­scher Gü­ter­ver­kehr statt, zwi­schen 2000 und 2005 wur­den auch die Glei­se ab­ge­baut, die Tras­se soll eben­falls in ei­nen Fahr­rad­weg um­ge­wan­delt wer­den.

Literatur (Auswahl)

Bart­hels, Tho­mas/Möl­ler, Ar­min/Bart­hels, Klaus, Bah­nen am Nie­der­rhein. Ei­ne Be­stands­auf­nah­me der Ei­sen­bah­nen am Nie­der­rhein zwi­schen Arn­hem und Rom­mers­kir­chen, Ven­lo und Ober­hau­sen, Mön­chen­glad­bach 2007.
Bart­hels, Tho­mas (Hg.), Bahn­hö­fe im Rhein­land zur Reichs­bahn­zeit, Mön­chen­glad­bach 2008.
Becks, Jür­gen/Ro­elen, Mar­tin (Hg.), Ei­sen­bah­nen am Nie­der­rhein, We­sel 2005.
Reichs­bahn­rat [Ernst] Boetz­kes: Zur ge­schicht­li­chen Ent­wick­lung der Ei­sen­bah­nen am lin­ken Nie­der­rhein, in: Die Hei­mat 5 (1926), S. 227–234 [Ab­druck aus: Der lin­ke Nie­der­rhein, sein Ver­kehr und sei­ne In­dus­trie. Son­der­aus­ga­be der Ver­kehrs­tech­ni­schen Wo­che 1926; neu­er­dings (mit ver­schrie­be­nem Ver­fas­ser­na­men Bo­eßkes) wie­der ab­ge­druckt in: Bart­hels, Tho­mas (Hg.), Bahn­hö­fe im Rhein­land zur Reichs­bahn­zeit, Mön­chen­glad­bach 2008, S. 6–9].
Fre­ri­ks, Vin­cent/Schlie­per, Hans, De No­ord-Bra­bantsch-Du­it­sche Spo­or­weg-Maats­ch­ap­pij, de Vlis­sin­ger Post­rou­te. De ge­schie­de­nis van de spo­or­weg (Lon­den-Vlis­sin­gen)-Box­tel-Gen­nep-We­sel-(Ber­lin) en van de ver­bin­ding (Pa­ri­js)-Ven­lo-We­sel-Hal­tern-(Ham­burg) (NVBS-Bo­ekreeks 27), [s’Her­to­gen­bosch] 2008.
Hant­sche, Irm­gard, Die Ent­wick­lung des Ei­sen­bahn­net­zes am lin­ken un­te­ren Nie­der­rhein bis zum Ers­ten Welt­krieg, in: Becks, Jür­gen/Ro­elen, Mar­tin (Hg.), Ei­sen­bah­nen am Nie­der­rhein, We­sel 2005, S. 21–53.
Hüb­schen, Chris­ti­an/Ket­ter­mann, Hel­ga Kreft, Ent­wick­lung des Ei­sen­bahn­net­zes bis 1935/39 (Ge­schicht­li­cher At­las der Rhein­lan­de, Bei­heft VII/5), Köln 1996.
Leh­mann, Mi­cha­el/Ver­führt, Wer­ner, Für Berg­bau und Land­wirt­schaft – Die Ei­sen­bahn­li­nie Duis­burg-Kle­ve, in: Becks, Jür­gen/Ro­elen, Mar­tin (Hg.), Ei­sen­bah­nen am Nie­der­rhein, We­sel 2005, S. 291–319.
Lil­la, Joa­chim, Der Per­so­nen­zug­ver­kehr auf den nie­der­rhei­ni­schen Haupt­bah­nen zwi­schen Som­mer 1914 und Som­mer 1925 (Som­mer 1939) un­ter be­son­de­rer Be­rück­sich­ti­gung des Bahn­hofs Goch, in: Der Nie­der­rhein 77 (2010), S. 141–158.
Lil­la, Joa­chim, Das Pro­jekt ei­ner Ei­sen­bahn­stre­cke [Men­ze­len (Ost)-]Al­pen-Os­terath (1913 bis 1922), in: Die Hei­mat(Kre­feld) 82 (2011).
Reichs­bahn-Hand­buch 1927, be­arb. in der Haupt­ver­wal­tung der Deut­schen Reichs­bahn-Ge­sell­schaft, Ber­lin [1927].
Swo­bo­da, Rolf, Ven­lo­er Bahn Hal­tern–We­sel–Ven­lo, Ber­lin 2010.

DB Akkumulatorentriebwagen Baureihe ETA 150, Nr. 515 541 in Oberhausen Hbf am 18.März 1984. (Sammlung Klaus Wedde, CC-BY-SA 3.0)

 
Zitationshinweis

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Lilla, Joachim, Die Eisenbahn am unteren linken Niederrhein, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/die-eisenbahn-am-unteren-linken-niederrhein/DE-2086/lido/5b8cf688d28be7.04720132 (abgerufen am 07.10.2024)