Die NSDAP in der Rheinprovinz nach 1933
Zu den Kapiteln
Schlagworte
1. Einleitung
Als die amerikanischen Truppen Anfang September 1944 südlich von Aachen die deutsche Reichsgrenze überschritten, befand sich in ihren rückwärtigen Stäben auch ein Offizier, der fließendes Deutsch sprach. Es handelte sich um Saul K. Padover (1905-1982), einen in Wien geborenen Juden. Padovers Vater besaß die amerikanische Staatsbürgerschaft und war bereits 1920 mit seiner Familie in die USA ausgewandert. Padover, ein promovierter Historiker und profunder Kenner des habsburgischen und des französischen Absolutismus, agierte seit 1944 als Vernehmungsoffizier der Psychological Warfare Division in der U.S. Army. Er sollte möglichst viele deutsche Zivilisten in den vom Nationalsozialismus befreiten Gebieten befragen, um ihre Stimmungslage zu erkunden. Dazu bereisten Padover und seine Mitarbeiter seit September 1944 das Rheinland. Sie interviewten Hunderte von Frauen, Männern und Jugendlichen. Eine einzelne Befragung dauerte oft mehrere Stunden. Die Vernehmungsoffiziere begannen in Kornelimünster (Stadt Aachen), sie fuhren nach Roetgen, Aachen, Würselen, Jülich, Düren, Grevenbroich, Mönchengladbach, Krefeld, Neuss, Düsseldorf, Hamborn (Stadt Duisburg), Münster und Paderborn, von dort an die Weser und wieder zurück nach Luxemburg, an der Mosel entlang über Bingen nach Mitteldeutschland. Ihr Weg endete beim ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald. Regelmäßig berichteten sie ihren Vorgesetzten über ihre Befragungen. Ihre resümierenden Memoranden wurden an höchste militärische Stellen weitergeleitet und flossen in deren besatzungspolitische Entscheidungen ein. 1946 veröffentlichte Padover schließlich einen Erlebnisbericht über seine Tätigkeiten. Dieser war mit vielen persönlichen Anmerkungen angereichert und wurde erst 1999 ins Deutsche übersetzt. Der Titel dieses Buches lautet: „Lügendetektor. Vernehmungen im besiegten Deutschland 1944/45“.
Der Begriff „Lügendetektor“ bringt eine irritierende Erfahrung Padovers zum Ausdruck, die sich wie ein roter Faden durch seine Berichte zog. Auf der einen Seite hatten ihm viele Rheinländer glaubhaft machen wollen, gegen das NS-Regime opponiert zu haben. Sie führten dafür entweder ihre Zugehörigkeit zur katholischen Kirche oder das Argument an, sie seien immer überzeugte Sozialdemokraten gewesen. Auf der anderen Seite sah der amerikanische Vernehmungsoffizier im Rheinland allerorten Anzeichen von schierem Opportunismus. Er vermochte keine religiös oder gar politisch motivierte Widerstandsbewegung gegen das NS-Regime zu erkennen. Deshalb bezichtigte er die meisten der von ihm Befragten der Lüge. Seine Begründung ist aufschlussreich und bezog sich auf die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP), deren permanente Wahlerfolge Adolf Hitler (1889-1945) am 30.1.1933 den Weg zur Reichskanzlerschaft geebnet hatten. Beispielsweise seien in Würselen, so bemerkte Padover, gleich im Frühjahr 1933 unverhältnismäßig viele Bewohner in die Partei eingetreten. Aus welchen Bevölkerungsschichten, so fragte sich Padover, kamen diese neuen Nazis? Wie fast überall waren es ehemalige Zentrumswähler […]. Zentrumsanhänger, hauptsächlich kleine Kaufleute, Gewerbetreibende und Angestellte, liefen nach 1933 in Scharen zu den Nazis über, und zwar aus einem ganz simplen Motiv: Die Angestellten wollten ihre Arbeitsplätze behalten, und die Geschäftsleute hofften, sich ihrer ärgsten Konkurrenz, der Genossenschaften, entledigen zu können.[1] Selbst die sich als antifaschistisch verstehenden Arbeiter, in Würselen größtenteils Bergleute, hätten während des Kriegs weiter Kohle gefördert. Obwohl sie wußten, so Padover, daß ihr Produkt von großer Bedeutung für einen Krieg war, der nicht der ihre war, und für ein System, das sie ablehnten, haben sie weiterhin ihre Arbeit getan […].
Im Mittelpunkt von Padovers Beispielen für das Mitläufertum der rheinischen Bevölkerung stand der Sachverhalt, dass sich nach dem 30.1.1933 viele freiwillig in die Reihen der NSDAP eingeordnet hatten. Die neuere NS-Forschung hat diese Einschätzung im Großen und Ganzen bestätigt. Der „Fall Würselen“ scheint verallgemeinerbar zu sein, und zwar nicht nur im Hinblick auf das Rheinland, sondern auf das ganze Deutsche Reich. Michael H. Kater, Jürgen W. Falter und Torsten Kupfer haben gezeigt, dass sich nach 1933 viele Männer aus dem Bürgertum der NSDAP anschlossen. Auch in den als resistent geltenden katholischen und sozialistischen Milieus gelangen ihr nach 1933 beachtliche Mobilisierungserfolge. Ein empirischer Nachweis für die Rheinprovinz steht noch aus. Er ist besonders schwierig, weil deren Gebiet insgesamt vier NSDAP-Gaue umfasste: Essen, Düsseldorf, Koblenz-Trier, das im Januar 1941 in „Moselland“ umbenannt wurde, und Köln-Aachen. Das Saarland als Teil der alten preußischen Rheinprovinz besaß zwischen 1920 und 1935 eine Sonderstellung. Deshalb wird die Saar-NSDAP hier nicht näher analysiert.[2]
Nach dem 30.1.1933 differenzierte sich die NSDAP schnell in eine Vielzahl von Apparaten aus. Diese besaßen teils mehrere Millionen Mitglieder und waren weitgehend voneinander unabhängig. Im Verlauf dieser Entwicklung entstanden drei größere Komplexe: erstens die Partei oder Politische Organisation (P. O.), zweitens die Gliederungen und drittens die angeschlossenen Verbände.[3] Die Geschichte der NSDAP in der Rheinprovinz nach 1933 ist bis dato kaum erforscht. Weder gibt es eine zusammenfassende Analyse der P. O. noch einer ihrer Gliederungen noch eines ihrer angeschlossenen Verbände. Und dies gilt für alle vier rheinischen Gaue.
Im Folgenden geht es darum, die Strukturen und Funktionen der P. O., der Gliederungen und der angeschlossenen Verbände in der Rheinprovinz kursorisch vorzustellen. Zuerst wird die Entwicklung der Mitgliedschaft und des Funktionärskorps in der P. O. nach dem 30.1.1933 (Kapitel 2) geschildert. Danach werden die wichtigsten Gliederungen der NSDAP in den vier Gauen und ihre Gewaltpraktiken vorgestellt (Kapitel 3). Daraufhin werden die Funktionen der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) analysiert, die auf Reichsebene der zweitgrößte angeschlossene Verband der NSDAP war (Kapitel 4). Schließlich wird der Reichsnährstand behandelt, der in vielerlei Hinsicht einen Sonderfall darstellt (Kapitel 5). Den Abschluss bildet eine Zusammenfassung der Ergebnisse (Kapitel 6).
2. Die Mitgliederentwicklung in der P. O. und deren Funktionäre
Die Sozialstruktur in den vier rheinischen Gauen der NSDAP war sehr heterogen, wie ein Blick auf die Ergebnisse der „Volkszählung“ vom 16.6.1933 zeigt.[4] Der Gau Essen (der identisch mit dem Reichstagswahlkreis Düsseldorf-Ost war) unterschied sich in nahezu allen Indikatoren von den übrigen drei Gauen: Er war der einzige Gau, in dem mehr Protestanten als Katholiken lebten (49 zu 43 Prozent), er besaß den höchsten Urbanisierungsgrad (85 Prozent lebten in Städten über 50.000 Einwohner), dort waren 63 Prozent aller Erwerbstätigen in Industrie und Handwerk tätig, und 28 Prozent aller Erwerbspersonen waren arbeitslos. Im Gau Köln-Aachen hingegen gab es 83 Prozent Katholiken, die Urbanisierung lag mit 44 Prozent etwas über dem Reichsdurchschnitt, 47 Prozent waren in Industrie und Handwerk tätig, und die Arbeitslosenquote betrug 22 Prozent. Im Gau Düsseldorf lebten 67 Prozent Katholiken beziehungsweise 30 Prozent Protestanten, der Urbanisierungsgrad lag bei 57 Prozent. Hier waren 58 Prozent aller Erwerbstätigen in Industrie und Handwerk tätig und 25 Prozent aller Erwerbspersonen arbeitslos. Die Bevölkerung im Gau Koblenz-Trier war zu 76 Prozent katholisch und zu 23 Prozent evangelisch. 75 Prozent aller Einwohner lebten in Gemeinden unter 5.000 Personen, der Urbanisierungsgrad war gering und lag bei nur elf Prozent. Die Wirtschaftsstruktur war demzufolge stark agrarisch geprägt, und die Arbeitslosenquote betrug 13 Prozent.
Bei den Reichstagswahlergebnissen für die NSDAP bildete der Gau Köln-Aachen seit dem 14.9.1930 das Schlusslicht im Reich. Am 6.11.1932 hatten dort nur 17,4 Prozent aller Wahlberechtigten die NSDAP gewählt.[5] Im Reichsdurchschnitt waren es 33,1 Prozent. Auch in den übrigen drei Gauen der Rheinprovinz war sie bei allen Reichstagswahlen stets unter ihrem Ergebnis auf Reichsebene geblieben. Nur in Oberbayern, den beiden westfälischen Wahlkreisen und in Berlin hatte die NSDAP noch schlechter abgeschnitten. Die Rheinprovinz erwies sich für sie vor 1933 als schwieriges Pflaster, und dies lag an den starken sozialistischen und katholischen Milieus.
Der Aufstieg der NSDAP in den vier Gauen der Rheinprovinz vor 1933 ist bislang kaum erforscht. Angaben über ihre personelle und institutionelle Entwicklung lassen sich nur der „Parteistatistik“ entnehmen, die Reichsorganisationsleiter Robert Ley zum 1.1.1935 erhob. Danach lag die Mitgliederzahl der Partei in den vier Gauen der Rheinprovinz bis 1932/1933 unter dem Reichsdurchschnitt. Bei den „Parteigenossen“ (Pgs.) befanden sich Düsseldorf, Essen, Koblenz-Trier und Köln-Aachen innerhalb des letzten Viertels aller NSDAP-Gaue.[6] Umso erstaunlicher waren die Zuwachsraten nach dem 30.1.1933. Nach dem Gau Mainfranken, der beim Mitgliederwachstum die führende Position einnahm, kamen gleich die beiden Gaue Köln-Aachen und Koblenz-Trier. Dort waren immerhin 82,1 beziehungsweise 81,7 Prozent der Parteimitglieder nach dem 30.1.1933 eingetreten. Die Zahl der „Parteigenossen“ hatte sich also binnen zweier Jahre mehr als verfünffacht. Nur knapp dahinter folgten die Gaue Essen und Düsseldorf mit 74,4 beziehungsweise 74 Prozent, aber auch sie übertrafen den Reichsdurchschnitt von 66,0 Prozent deutlich.
Eine ähnliche Entwicklung lässt sich für die Politischen Leiter (PL) zeigen, wie die Funktionäre der Partei hießen. Allerdings gibt die „Parteistatistik“ keine Gesamtzahlen für die Zeit vor dem 30.1.1933 an, so dass sich die Zuwächse im Korps der Politischen Leiter nur indirekt erschließen lassen. Ein Großteil dieser Funktionäre war der NSDAP erst nach ihrer „Machtergreifung“ beigetreten. Im Gau Koblenz-Trier traf dies auf immerhin 79,4 Prozent der Politischen Leiter zu. Dieser Wert wurde nur noch im Gau Mainfranken übertroffen. Aber auch die Gaue Köln-Aachen, Düsseldorf und Essen lagen mit 68,2 und 62,9 beziehungsweise 59,7 Prozent über dem Reichsdurchschnitt.[7] Die P. O. schloss in der Rheinprovinz nach dem 30.1.1933 in personeller Hinsicht umgehend zu den übrigen Gauen auf. Die Mitgliederentwicklung verlief in Düsseldorf, Essen, Koblenz-Trier und Köln-Aachen, die ja schlechtere Ausgangsbedingungen als alle anderen NSDAP-Gaue besaßen, ungleich dynamischer. Der Zulauf so genannter Märzgefallener zur Partei war in der Rheinprovinz so hoch wie nirgendwo anders. Der ironische Begriff „Märzgefallene“ verweist auf den Vorwurf des Opportunismus, der gemeinhin gegenüber Mitgliedern erhoben wurde, die erst nach dem 30.1.1933 die Aufnahme in die Partei beantragt hatten.[8]
Das immense Wachstum der NSDAP in den vier rheinischen Gauen lässt sich auch der Tabelle rechts entnehmen. Sie schlüsselt das Verhältnis zwischen Einwohnern, „Parteigenossen“ und Politischen Leitern in den vier Gauen zum 1.1.1935 auf. Demzufolge kam in den Gauen Koblenz-Trier und Köln-Aachen auf jeden 25. Einwohner ein „Parteigenosse“ (Reichsdurchschnitt = 26,5). In Düsseldorf (28,8) und Essen (27,6) waren die Verhältniszahlen zwar schlechter, lagen aber immer noch im oberen Drittel aller Gaue der NSDAP. Eine etwas breitere Varianz zeigt sich im Verhältnis zwischen „Parteigenossen“ und Politischen Leitern. Auf der Reichsebene war zu diesem Zeitpunkt jeder fünfte „Parteigenosse“ zugleich auch ein Funktionär (5,0). Im Gau Koblenz-Trier lag diese Quote bei 3,6; dem geringsten Wert im Reich. Dies bedeutet, dass wir es dort mit einem besonders aktiven Parteiapparat zu tun haben. In den Gauen Düsseldorf (7,5), Essen (8,9) und Köln-Aachen (6,7), lag das Verhältnis zwischen „Parteigenossen“ und Politischen Leitern hingegen unter dem Reichsdurchschnitt. Dort waren offenbar viele Parteimitglieder reine Beitragszahler.
Das Mitgliederwachstum in der Partei wurde durch eine allgemeine Mitgliedersperre zum 1.5.1933 vorübergehend gebremst. Dennoch hatten sich sowohl Strukturen als auch Funktionen der NSDAP mittlerweile grundlegend verändert. Die P. O. musste jetzt dafür Sorge tragen, die neuen Mitglieder auch zu integrieren. Deshalb baute sie einen eigenen bürokratischen Apparat auf. Zunächst schufen die Gauleiter eine Vielzahl neuer Ämter, um die alltägliche Parteiarbeit zu koordinieren. Aus diesem Prozess, der 1935/1936 größtenteils abgeschlossen war, gingen die NSDAP-Gauleitungen hervor. Sie bildeten eigenständige Verwaltungsapparate und waren im Rheinland in den großen Städten Düsseldorf, Essen, Koblenz und Köln ansässig. Eine Gauleitung umfasste die so genannten Verwaltungsämter, zu denen das Gauschatzamt, das Gaugericht und die Gaugeschäftsführung zählten. Des Weiteren gehörten zu ihr die Führungsämter, also der Gauleiter und sein Stellvertreter, das Gauschulungsamt, das Gaupersonalamt, das Gauorganisationsamt und das Gaupropagandaamt. Hinzu kamen spezielle Gauämter wie die Gauwirtschaftsberater, das Gauamt für Kommunalpolitik oder das Gauamt für Bevölkerungspolitik und Rassenfragen. Die Gliederungen der NSDAP waren nur mit Sonderbeauftragten im Gaustab vertreten und nicht institutionell an diesen gebunden. Ähnliches galt für die angeschlossenen Verbände der NSDAP. Ihre Gauwaltungen waren nur lose in die Gauleitung integriert und in eigenen Verwaltungsgebäuden untergebracht. In Düsseldorf arbeiteten am 1.1.1935 insgesamt 121, in Essen 99, in Koblenz-Trier 153 und in Köln-Aachen 189 Politische Leiter in den Gauleitungen.[9]
Eine ähnlich differenzierte horizontale Ämterstruktur wie in den Gauen bildete sich auch in den nachgeordneten Kreisleitungen aus. Im Gau Düsseldorf gab es am 1.1.1935 insgesamt neun Kreise mit 190 Kreisamts- beziehungsweise 222 Hauptstellen- und Stellenleitern.[10] Im Gau Essen entfielen auf ebenfalls neun Kreise lediglich 156 Kreisamts- und 113 Hauptstellen- beziehungsweise Stellenleiter. Damit lagen beide Gaue auf den letzten Plätzen im gesamten Deutschen Reich. In Koblenz-Trier gab es 22 Kreise mit 402 Kreisamts- beziehungsweise 645 Hauptstellen- und Stellenleitern. In Köln-Aachen schließlich existierten 17 Kreise mit 344 Kreisamts- beziehungsweise 328 Hauptstellen- und Stellenleitern. Der Gau lag damit im mittleren Drittel, wohingegen Koblenz-Trier zu einem der auf Kreisebene am besten durchorganisierten Gaue der NSDAP zählte. Auffällig ist also, dass die NSDAP in den Stadtgauen Düsseldorf und Essen vergleichsweise schlecht, in den eher ländlichen Gauen wie Köln-Aachen und Koblenz-Trier hingegen vergleichsweise gut organisiert war.
Das Zentrum der Parteiarbeit lag in den Ortsgruppen und den nachgeordneten Zellen und Blocks.[11] Der Gau Düsseldorf besaß am 1.1.1935 exakt 193 Ortsgruppen-, 1.270 Zellen- und 4.802 Blockleiter und lag vom Organisationsgrad her im letzten Drittel der NSDAP-Gaue im Reich.[12] Im Gau Essen gab es zum gleichen Zeitpunkt insgesamt 149 Ortsruppen-, 1.345 Zellen- und 3.933 Blockleiter, der dortige Organisationsgrad lag ebenfalls im letzten Drittel aller Gaue. Im Gau Koblenz-Trier waren 774 Ortsgruppen-, 1.296 Zellen- und 5.184 Blockleiter tätig. Das bedeutete einen Platz im mittleren Drittel. Dasselbe traf für den Gau-Köln-Aachen zu (285 Ortsgruppen-, 1.931 Zellen- und 6.290 Blockleiter). Generell gilt, dass der Parteiapparat in den vier rheinischen Gauen einen horizontalen Überhang besaß. Verglichen mit den übrigen NSDAP-Gauen arbeiteten hier weniger „Hoheitsträger“, also Ortsgruppen-, Zellen- und Blockleiter. Dagegen besaßen die Stäbe der Gau-, Kreis- und Ortsgruppenleitungen weit mehr Politische Leiter. Generell waren nur die wichtigsten Gau- und Kreisamtsleitungen hauptamtlich besetzt. Die P. O. arbeitete zu mehr als 95 Prozent ehrenamtlich.
Seit dem Frühjahr 1933 betrieb die P. O. nur noch in Ausnahmefällen Propaganda für Wahlkämpfe, was vorher ihr Hauptaktionsfeld gewesen war. Stattdessen widmete sie sich jetzt einer Vielzahl von Tätigkeiten, die allesamt darauf abzielten, die Neumitglieder zu integrieren. Die P. O. führte im Rahmen ihrer Mitgliederverwaltung aufwändige Karteien und musste durch die Parteigerichtsbarkeit unzählige innerparteiliche Konflikte entschärfen.[13] Sie hielt Versammlungen für die neuen „Parteigenossen“ ab, die sie ideologischen und fachlichen „Schulungen“ unterzog. Sie organisierte Geld-, Sach- und Spendensammlungen sowie viele Feierlichkeiten, mit denen sie ihre Angehörigen den Nationalsozialismus erleben lassen wollte. Hauptkennzeichen dieser innerparteilichen Praktiken war es, die Mitglieder in ein Netz an Aktivitäten einzuspannen und sie allen konkurrierenden Angeboten, insbesondere der beiden großen christlichen Kirchen, zu entfremden. Zwischen dem Mitgliederwachstum und dem Ausbau immer neuer Ämter in der P. O. bestand insofern ein integraler Zusammenhang. Es kam zu einer fortgesetzten Institutionalisierung. Dabei trugen die neuen „Parteigenossen“ oftmals hochfliegende Erwartungen an die P. O. heran. Die P. O. musste diese ernst nehmen, um ihre Klientel bei der Stange zu halten. Umgekehrt erwartete sie von ihren Mitgliedern spezifische Verhaltensweisen, denen sie durch Sanktionsdrohungen Nachdruck verlieh. Die P. O. forderte Beitragszahlungen, die Teilnahme an Veranstaltungen sowie die Bereitschaft zur Übernahme eines Parteiamts. Es bestand eine Wechselwirkung zwischen dem Wachstum der P. O. und dem Bedürfnis der Bevölkerung, dieser anzugehören.
3. Die Gliederungen als Gewaltorganisationen
Bekanntlich war die NSDAP mit Hitlers „Machtergreifung“ am 30.1.1933 noch lange nicht im Besitz der alleinigen politischen Macht. Daher versuchte sie nach der Reichstagswahl vom 5.3.1933, durch permanente Übergriffe in die innere Verwaltung ihre Machtbastionen weiter auszubauen. Martin Broszat hat dieses Vorgehen als „Parteirevolution von unten“ bezeichnet.[14] Dabei nötigten die Aktivisten von P. O., Schutzstaffeln (SS) und Sturmabteilung (SA) die Inhaber öffentlicher Ämter dazu, diese aufzugeben, damit sich ihre eigene Klientel der freigewordenen Posten bemächtigen konnte. Das Hauptmittel dieser Transformation war die Androhung und Ausübung körperlicher Gewalt. Diese wurde gezielt eingesetzt, um die innere Verwaltung, sei es auf regionaler, kommunaler oder lokaler Ebene, auf die Linie der NSDAP zu bringen. Im zeitgenössischen Jargon wurde dieser Prozess auch als „Gleichschaltung“ bezeichnet. Wie dies im Rheinland vonstattenging, ist mittlerweile oftmals beschrieben worden.[15]
Der Druck, den die NSDAP nach dem 30.1.1933 auf die bestehenden Vereine, Organisationen und Verbände im Rheinland ausübte, ist hingegen nicht gut erforscht. Ihr Vorgehen basierte hier nur in zwei Fällen auf ähnlichen Gewaltmaßnahmen, wie sie sie gegenüber der inneren Verwaltung praktiziert hatte. Zuerst zu nennen ist die Aktion vom 2.5.1933, bei der die Aktivisten von Nationalsozialistischer Betriebszellenorganisation (NSBO), SA und SS die Gewerkschaftshäuser besetzten, sich der Immobilien und des Vermögens der Arbeitnehmervertretungen bemächtigten und diese zerschlugen. Eine ähnliche Entwicklung vollzog sich im Bereich der Hitler-Jugend (HJ). Diese war bis zum 30.1.1933 ein relativ unbedeutender Bestandteil der NSDAP mit reichsweit nur 100.000 Mitgliedern gewesen. Im Frühjahr 1933 gingen ihre Aktivisten sogleich daran, die kommunistischen, sozialdemokratischen und konservativen Jugendorganisationen „gleichzuschalten“. Den Startschuss bildete ein Überfall auf die Berliner Geschäftsstelle des Reichsausschusses der Deutschen Jugendverbände am 5.4.1933. Weiter ging es mit der Einverleibung der im Großdeutschen Bund zusammengeschlossenen Bündischen Jugend im Herbst 1933. Im Winter 1933/1934 löste die Hitler-Jugend dann die evangelischen Jugendverbände auf. Im Zuge dieser „Gleichschaltung“, die teils auf Gewalt, teils auf Freiwilligkeit basierte, wuchs die Mitgliederzahl der Hitler-Jugend bis Ende 1933 auf fast 2,3 Millionen Jugendliche an.[16] Sie verteilten sich auf das Deutsche Jungvolk (DJV) und den Jungmädel-Bund (JM), in denen die 10-14jährigen Jungen und Mädchen erfasst wurden, und auf die HJ und den Bund Deutscher Mädel (BDM), denen, getrennt nach Geschlechtern, Jugendliche im Alter von 14-18 Jahren angehörten.
Die Gliederungen der NSDAP waren vor dem 30.1.1933 im Rheinland personell schwach geblieben. Das galt insbesondere für das Nationalsozialistische Kraftfahrkorps (NSKK) und die Nationalsozialistische Frauenschaft (NSF). Bis zum 1.1.1935 nahm die Mitgliederzahl der wichtigsten Gliederungen der NSDAP allerdings einen veritablen Aufschwung, wie sich der nebenstehenden Tabelle entnehmen lässt.
Dennoch lagen die Werte der Gliederungen in den vier Gauen der Rheinprovinz zu diesem Zeitpunkt unter dem Reichsdurchschnitt. Am deutlichsten war das bei der SA, deren Mitgliederzahl im Deutschen Reich bei 5,4 Prozent der Gesamtbevölkerung lag. Die Gaue Düsseldorf (3,2 Prozent), Essen (4,3 Prozent), Koblenz-Trier (5,1 Prozent) und Köln-Aachen (3,3 Prozent) blieben allesamt dahinter zurück. Die SA besaß ihren Schwerpunkt in protestantischen Gebieten wie Ostpreußen, Schleswig-Holstein und der Kurmark. Bei einer Interpretation dieser Zahlen ist jedoch die verhältnismäßig geringe Mitgliederzahl der SA im Rheinland vor 1933 zu berücksichtigen. Daran gemessen, war das Mitgliederwachstum in den vier rheinischen Gauen zufriedenstellend. Die einzige Gliederung, deren Mitgliedschaft sich im Rheinland über dem Reichsdurchschnitt von zwei Prozent der Gesamtbevölkerung bewegte, war die NSF. Im Gau Köln-Aachen betrug diese Zahl 4,3 Prozent. Der Organisationsgrad von Frauen überstieg dort also die anderen drei rheinischen Gaue um das Doppelte.
Die Bevölkerung des Rheinlands war gegen eine Mitgliedschaft in den Gliederungen der NSDAP mithin nicht resistent, sondern deren Wachstum vollzog sich nur langsamer als in anderen Gauen. Wichtig an diesen Organisationen ist zweierlei: Sie waren, wenn man die NSF und den BDM ausnimmt, männlich, und sie boten ihren Mitgliedern eine streng paramilitärische Sozialisation. Diese reichte von „Wehrsport“ und Geländeübungen bis zum Fahr- und Flugunterricht. Darüber hinaus wurden ihre Mitglieder im Rahmen polizeiähnlicher Aktionen gegen die so genannten objektiven Gegner des NS-Regimes eingesetzt. Zu diesem Zwecke durchliefen sie eine grundlegende „weltanschauliche Schulung“, deren Mittelpunkt Antikommunismus, Antisemitismus und Antiklerikalismus bildeten. NSF und BDM wiederum legten ihr Hauptaugenmerk darauf, ihre Angehörigen zu „deutschen Hausfrauen und Müttern“ zu erziehen. Die Geschlechterdifferenz, die den NS-Staat generell kennzeichnete, war insofern auch in der NSDAP institutionalisiert.
Die soziale Praxis der Gliederungen bestand größtenteils in der gezielten Ausübung von Gewalt. Dies zeigte sich vor allen Dingen anhand einer spezifischen Gruppe von „Gegnern“: den Juden. Die Wellen der antijüdischen Repressionspolitik, wie sie sich auch im Rheinland entwickelte, sind größtenteils bekannt: Der reichsweite Boykott vom 1.4.1933, die Pogrome vom Sommer 1935, die in die „Nürnberger Gesetze“ mündeten, die „Arisierungen“ von 1937/1938 und die so genannte Reichskristallnacht vom 9./10.11.1938. Im Grunde genommen war die Gewalt gegen Juden im Rheinland seit der „Machtergreifung“ ein konstantes Phänomen gewesen. Sie wurde in erster Linie von örtlichen Parteifunktionären sowie den Aktivisten von SA, SS, NSKK und HJ getragen. NSF und BDM fungierten als Zuträger, etwa durch Denunziationen von angeblichem „Umgang mit Juden“. Ihre weiblichen Mitglieder wurden aber auch selbst gewalttätig, wie sich anhand der öffentlichen Anprangerungen nachweisen lässt. Dabei trieben sie gemeinsam mit anderen Parteiaktivisten so genannte Rasseschänder mit einem Schild um den Hals durch die Straßen, bespuckten und verhöhnten sie.
Eine phänomenologische Aufschlüsselung ergibt vier Formen der antijüdischen Gewalt: körperliche Misshandlungen, die bis zum Mord gingen, die mutwillige Zerstörung jüdischen Besitzes, der Boykott jüdischer Geschäfte und die Aneignung jüdischen Vermögens. Einige Beispiele aus dem Rheinland: Im Landkreis Schleiden hielten Parteimitglieder im Sommer 1934 die Bevölkerung gewaltsam davon ab, in jüdischen Geschäften einzukaufen. Im Regierungsbezirk Aachen zogen „Parteigenossen“ in der Vorweihnachtszeit 1934 nachts durch die Straßen und beschmierten Geschäfte von Juden mit antisemitischen Parolen. In Zeltingen im Regierungsbezirk Trier warfen drei NSKK-Angehörige Fensterscheiben jüdischer Geschäfte und Privatwohnungen ein.[17] Bislang sind solche Gewaltaktionen als Einzeltaten fanatisierter Parteikader abgetan worden, denen jedwede Systematik gefehlt habe. Michael Wildt hat jedoch gezeigt, dass sie vorsätzlich durchgeführt wurden, um den deutschen Juden das Leben immer weiter zu erschweren.[18] Auch kamen die Täter in der Regel aus dem direkten Umfeld der Opfer und waren keineswegs Ortsfremde.
Den traurigen Höhepunkt fand die antijüdische Gewalt am 9. und 10.11.1938, und deren Intensität war im Rheinland nicht viel geringer als andernorts.[19] Die NSDAP-Aktivisten zündeten die Synagogen an, zerstörten jüdische Kultusgegenstände, plünderten Geschäfte und Wohnungen, verschleppten männliche Juden in Konzentrationslager und misshandelten sie. Eine exakte Bilanz der jüdischen Opfer und der Zerstörungen existiert bislang nicht. Die neuesten Schätzungen gehen von mindestens 91 Ermordeten, 1.400 verbrannten Synagogen und mehr als 30.000 verschleppten Männern aus. Einige Beispiele aus dem Rheinland, die aus den Erinnerungsberichten der Opfer stammen[20]: In Düsseldorf misshandelten SA- und SS-Angehörige einen 20-jährigen Juden schwer. In Essen wurde der Laden eines Geflügelhändlers geplündert und dem Geschäftsinhaber in den Hals gestochen. Ebenfalls in Essen schleiften die NS-Aktivisten eine schwerkranke 60-jährige Frau aus dem Bett in den Garten, wo sie sie während der Kälte einfach liegen ließen. In Aachen brachen Unbekannte in der Nacht auf den 10.11.1938 in das Haus eines Ehepaares ein und misshandelten es. In Düsseldorf überfiel ein SA-Trupp ein Café, zertrümmerte es und schoss den jüdischen Besitzer an. Wenig später starb er.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs führten deutsche Gerichte unzählige Verfahren gegen die Pogromtäter durch, die von der Forschung bislang kaum einmal systematisch ausgewertet worden sind. Auffällig ist, dass die Mehrzahl der männlichen NS-Täter sich aus Personen rekrutierten, die den NS-Organisationen erst nach dem 30.1.1933 beigetreten waren.[21] In der SA waren also nicht die Aktivisten unter den Pogromtätern zu finden, die vor 1933 gegen Kommunisten oder Sozialdemokraten Gewalt angewandt hatten. Vielmehr trugen jetzt neue Kader, die sich in den NS-Organisationen erst einmal bewähren mussten, die antijüdische Gewalt.
4. Die angeschlossenen Verbände: Das Beispiel der NSV
Auch die angeschlossenen Verbände der NSDAP entwickelten sich spätestens nach der Reichstagswahl vom 5.3.1933 zu Instrumentarien der „Gleichschaltung“ der deutschen Gesellschaft. Sie waren in der „Kampfzeit“ gegründet worden, um spezifische Berufsgruppen wie Ärzte, Beamte, Arbeiter, Lehrer und Kriegsopfer als Wähler für die NSDAP zu gewinnen. Im Frühjahr 1933 gingen die angeschlossenen Verbände dazu über, diese Klientel möglichst vollständig für sich zu vereinnahmen. In aller Regel vollzog sich die „Gleichschaltung“ der Vereine, Organisationen und Verbände ohne größere Gewaltaktionen. Sie basierte auf Initiativen örtlicher Honoratioren, die dem Nationalsozialismus bisher eher ferngestanden hatten. Nach dem 30.1.1933 hatten sie nichts Eiligeres zu tun, als ihre Vereine und Verbände bereitwillig an die Imperative der NSDAP anzupassen. Dies geschah, indem sie NS-Parteigänger in die Vorstände holten und das „Führerprinzip“ und den „Arierparagraphen“ in den Satzungen festschrieben. Juden waren die ersten, die aus den „gleichgeschalteten“ Vereinen, Organisationen und Verbänden ausscheiden mussten.
Von diesen Maßnahmen war der Weg zur vollständigen institutionellen Einverleibung der bestehenden Vereine in die NSDAP nicht weit. Die angeschlossenen Verbände avancierten bald zu Einheitsorganisationen der jeweiligen Berufsgruppen. Wo dieser institutionelle Prozess, wie etwa bei den Karnevalsvereinen, unterblieb, kam es im Laufe der Zeit zu ideologischen Anpassungen. Generelles Muster dieser „Gleichschaltung“ der Vereine, Organisationen und Verbände war aber auch im Rheinland die Freiwilligkeit. Offensichtlich hatte Hitlers Ernennung zum Reichskanzler bis zum Sommer 1933 eine Sogwirkung entfacht, der sich die Vereinsvorstände weder entziehen konnten noch wollten. Begeistert reihten sie sich in die Phalanx des Nationalsozialismus ein.
Das Mitgliederwachstum in den angeschlossenen Verbänden der NSDAP war enorm und vollzog sich atemberaubend schnell. Die nebenstehende Tabelle zum 1.1.1935 lässt diese Entwicklung erahnen. Organisationen wie die NSV, das Deutsche Frauenwerk (DFW), die Nationalsozialistische Kriegsopferversorgung (NSKOV) und der Reichsbund der Deutschen Beamten (RDB) waren vor 1933 entweder noch nicht existent gewesen oder hatten reichsweit nur wenige Tausend Mitglieder besessen. Lediglich die Deutsche Arbeitsfront (DAF), die Mitte Mai 1933 gegründet worden war, konnte auf die aus etwa hunderttausend Mitgliedern bestehende NSBO zurückgreifen. Die DAF wurde bald zum größten angeschlossenen Verband der NSDAP mit mehr als 22 Millionen Mitgliedern zu Beginn des Zweiten Weltkriegs.[22]
Am interessantesten ist in diesem Zusammenhang die Geschichte der NSV, die vor 1933 nur in wenigen Großstädten wie Berlin existiert hatte. Am 3.5.1933 erkannte Hitler die NSV als einzige parteiamtliche Fürsorgeorganisation an. Wenige Wochen später erteilte die Parteiführung dem NSV-Vorsitzenden Erich Hilgenfeldt (1897-1945) den Auftrag, für die Auflösung aller privaten Wohlfahrtseinrichtungen Sorge zu tragen und die Führung des Caritasverbandes und der Inneren Mission in die Hand zu nehmen.[23] Die NSV sollte also die freie Wohlfahrtspflege „gleichschalten“, die im Wesentlichen von den beiden christlichen Konfessionen und Organisationen der Arbeiterbewegung getragen wurde. Dabei profitierte sie vom polizeilichen Verbot der Arbeiterwohlfahrt und der Roten Hilfe, deren Einrichtungen sie übernahm. Um die anderen drei Spitzenorganisationen Innere Mission, Caritas und Deutsches Rotes Kreuz (DRK) kontrollieren zu können, schloss die NSV Arbeitsabkommen mit ihnen.[24] In den folgenden Jahren entwickelte sich im NS-Staat ein Wohlfahrtskorporatismus, der auf diesen vier institutionellen Standbeinen beruhte.[25]
Nimmt man die obige Tabelle als Referenz, so lag der Anteil der NSV-Mitglieder an der Gesamtbevölkerung im Deutschen Reich am 1.1.1935 bei 5,8 Prozent. Die Gaue Düsseldorf und Köln-Aachen übertrafen diesen Wert mit 7,3 und 6,9 Prozent, die Gaue Essen und Koblenz-Trier blieben mit 4,8 und 5,3 Prozent dahinter zurück. Interessant sind nun die Steigerungsraten bei den NSV-Mitgliedern. Im Gau Düsseldorf gehörten ihr am 1.1.1938 exakt 425.746 Personen an, was einer Verdreifachung binnen dreier Jahre gleichkam.[26] Für die drei anderen rheinischen Gaue liegen keine genauen Zahlen vor. Es ist davon allerdings auszugehen, dass die Steigerungsraten ähnlich ausfielen. Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang, dass diese Mitgliederzahlen auf einer relativ aggressiven Rekrutierungsstrategie basierten. Ein Bericht der Exil-SPD vom Oktober 1936 beschreibt diese wie folgt: Rheinland-Westfalen: Die Werbung für die NSV gleicht einer Erpressung. Man versucht alle Einwohner in die NSV hinein zu bekommen, und verweist ungeniert darauf, daß, wer nicht Mitglied sei und etwas gebe, auch nichts erhalten könne. Die Hilfsbedürftigen müssen also zuerst zahlen, wenn sie etwas erhalten wollen. Im Kreis Aachen-Land wurde die Werbung für die NSV besonders stark betrieben. Die Ankündigung, daß, wer nicht beitrete, nicht mehr als zur Volksgemeinschaft gehörig betrachtet werde […], bewirkte[n] ein zum Teil dreifaches Anschwellen der Mitgliederzahlen. Es ist immer dasselbe: wer nicht mitmacht, wird entsprechend behandelt.[27] Durch solche Methoden entwickelte sich die NSV zum zweitgrößten angeschlossenen Verband der NSDAP. Zu Kriegsbeginn gehörten ihr mehr als 14 Millionen Mitglieder an.
Die wichtigste Aufgabe der NSV war das „Winterhilfswerk“ (WHW), das im Herbst 1933 ins Leben gerufen wurde.[28] Dazu zählten die jährlich im Deutschen Reich abgehaltene Sach- und Geldsammlung, und die „Betreuung“ Hilfsbedürftiger, die am 1. Oktober eines jeden Jahres einsetzte und am 31. März des darauffolgenden Jahres endete. Spenden wurden bei allen „Volksgenossen“ und „jüdischen Mischlingen“ gesammelt, nicht aber bei Juden.[29] Die Sammlungen verliefen teils sehr aggressiv. Die Mitarbeiter des WHW, bedrängten Personen, die ihrer Ansicht nach zu wenig gegeben hatten, veröffentlichten Listen mit unwilligen Spendern, die sie als „Volksschädlinge“ diffamierten, und schrieben säumige Spender an. Während des WHW fanden einmal monatlich „Eintopfsonntage“ statt, bei denen Gaststätten dazu verpflichtet wurden, ausschließlich Eintopf anzubieten. Vom Ertrag musste ein Viertel bis die Hälfte als Spende für das WHW abgeführt werden. Die „Betreuung“ im Rahmen des WHW folgte dem Grundsatz, mit der Hilfeleistung erzieherische Maßnahmen zu verbinden.[30] Leistungsempfänger wählte man nach „politischen“ Gesichtspunkten aus. Selbst Ausländer wurden ohne Rücksicht auf Rasse und Nationalität [unterstützt], wenn sie sich durch ihre Haltung und Einstellung gegenüber dem Deutschen Reiche einer Unterstützung [als] würdig erwiesen. Juden besaßen allerdings kein Anrecht auf WHW-Leistungen.
Rassenpolitische Selektion und politisches Wohlverhalten waren die beiden zentralen Kriterien, nach denen die NSV ihre Leistungen vergab. Sie war also kein unpolitischer Fürsorgeapparat, sondern ein Instrument des „völkischen Wohlfahrtsstaates“. Dies lässt sich aus der Tätigkeit des Amtes für Familienhilfe und Wohnungsfürsorge ersehen. Es war eines der größten im Hauptamt für Volkswohlfahrt, also der zentralen Dienststelle der NSV auf Reichsebene. In den Gauen unterstand dieses Amt den Gauamtsleitern für Volkswohlfahrt. Es bearbeitete alle Angelegenheiten des „Hilfswerks Mutter und Kind“, dem Vorzeigeprojekt der NSV. Das „Hilfswerk Mutter und Kind“ gewährte kinderreichen Familien und allein erziehenden Müttern Arbeitsplatz- und Wohnungshilfe, medizinische Unterstützung und bot Kinderbetreuung an. Die Hilfsmaßnahmen konnten auf Antrag von (werdenden) Müttern, Behörden und Einzelpersonen gewährt werden. Sie setzten eine amtsärztliche Untersuchung der Mutter sowie eine Prüfung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse voraus. Leistungen waren also an einen positiven „Rassewert“ gebunden. Die Zahl betreuter Mütter stieg im Deutschen Reich von 175.000 im Jahre 1935 auf mehr als 500.000 im Jahre 1941 an. Im gleichen Zeitraum verdreifachte sich der Besuch der Hilfsstellen auf 10,3 Millionen Personen. 1941 gab es fast 30.000 „Hilfsstellen Mutter und Kind“ mit mehr als 8.000 Ärzten. Darin zeigt sich die hohe Bedeutung, die die NSV der „familienpolitischen“ Arbeit zumaß. Diese Tätigkeiten waren eindeutig ideologisch ausgerichtet. Leistungen kamen nur „rassisch wertvollen“ Müttern und Kindern zu Gute.
Zur Hauptaufgabe der NSV im Krieg entwickelte sich die Unterstützung der Personen, die aus spezifischen Gründen aus ihren Heimatorten evakuiert wurden. Die NSV führte die Transporte durch, sorgte für die Verpflegung der Evakuierten und stellte materielle Güter und Unterkünfte bereit. Sie kümmerte sich also um alle Bedürfnisse des täglichen Lebens der Evakuierten und deren Angehöriger. Dies begann mit den „Freimachungen“ an der westlichen Reichsgrenze im September 1939. In deren Verlauf wurden mehr als 900.000 Personen aus den Gauen Saarpfalz, Koblenz-Trier, Baden, Köln-Aachen, Essen und Düsseldorf ins Reichsinnere transportiert.[31] Das NS-Regime erwartete jetzt einen Angriff der französischen Armee und wollte seine militärische Bewegungsfreiheit an der „Westfront“ erhöhen. Mit der Eskalation des alliierten Bombenkriegs seit Herbst 1940 kam die Erweiterte Kinderlandverschickung als neue Evakuierungsmaßnahme dazu. Dabei brachte die NSV die 6-10jährigen Kinder aus den luftkriegsgefährdeten Gebieten bei Verwandten unter.[32]
In den folgenden Jahren wurden die „Evakuierung“ ein immer wichtigeres Tätigkeitsfeld der NSV. Eine Aufstellung aus dem Hauptamt für Volkswohlfahrt aus dem Januar 1945 ergibt für die vier rheinischen Gaue folgendes Bild: Aus dem Gau Düsseldorf befanden sich 300.000 Personen in anderen Gauen, hauptsächlich in Thüringen.[33] Aus dem Gau Essen waren 200.000 Personen evakuiert, der Großteil davon nach Magdeburg-Anhalt. Der Gau Köln-Aachen war einer der größten Aufnahme- und gleichzeitig Entsendegaue im Deutschen Reich. 800.000 Personen waren von dort evakuiert und zugleich mehr als 200.000 Personen aus anderen Gauen aufgenommen worden. Und der Gau Moselland hatte 170.000 Evakuierte aus anderen luftkriegsgefährdeten Gebieten untergebracht. Zu diesem Zeitpunkt waren fast neun Millionen Menschen unter Federführung der NSV evakuiert worden. Die Akzeptanz dieser NS-Organisation im Rheinland scheint relativ groß gewesen zu sein.
5. Sonderfall Reichsnährstand
Das zentrale Agitationsinstrument der NSDAP vor 1933 war der Agrarpolitische Apparat unter Richard Walther Darré (1895-1953) gewesen. Ohne dessen Landpropaganda, vor allem in überwiegend protestantischen Gebieten, wäre die NSDAP niemals zur stärksten Reichstagsfraktion geworden.[34] Ihre Agitation sicherte ihr bald das Vertrauen dörflicher Meinungsführer wie Pfarrer, Dorfschullehrer und agrarischer Honoratioren. Dies schlug sich in permanenten Stimmengewinnen bei vielen Reichs- und Landtagswahlen nieder. Schnell avancierte die NSDAP auf dem Land zu einer Art protestantischer Milieupartei. Auch in den Körperschaften der agrarischen Selbstverwaltung gewann sie immer mehr politisches Terrain. Im Dezember 1931 wurde etwa in den elf Preußischen Provinzen die Hälfte der Sitze in den Landwirtschaftskammern neu bestimmt. Wahlberechtigt waren allerdings nur Hofbesitzer, nicht Jungbauern. Dennoch erzielte die NSDAP beträchtliche Erfolge, die ihr zwischen einem und zwei Drittel der neu vergebenen Sitze bescherten. In der Rheinprovinz fiel das Ergebnis jedoch etwas magerer aus, denn dort gewann der Agrarpolitische Apparat der NSDAP nur zehn von 40 Sitzen.[35] Bei der Machtübernahme am 30.1.1933 zählte Darrés Organisation etwa 10.000 Mitglieder.
In den nachfolgenden Wochen ging der Agrarpolitische Apparat der NSDAP dazu über, die landwirtschaftlichen Interessenverbände „gleichzuschalten“. Als Keimzelle fungierte der Reichslandbund, den die NSDAP schon vor 1933 unterwandert hatte.[36] Im Mai 1933 veröffentlichte Darré einen „Grundplan“, um das landwirtschaftliche Organisationswesen neu zu strukturieren. Nachdem er am 29.6.1933 zum Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft ernannt worden war, waren dieser „Gleichschaltung“ keine Grenzen mehr gesetzt. Reichsbauernführer Darré, so sein parteioffiziöser Titel, konnte sich jetzt staatlicher Machtmittel bedienen. Es folgte ein Bündel an Gesetzen zur Neuordnung der Landwirtschaft. Am 13.9.1933 wurde schließlich der Reichsnährstand aus der Taufe gehoben. Dieser war eine Selbstverwaltungskörperschaft öffentlichen Rechts. Die Mitgliedschaft war eine gesetzliche und erfolgte nicht, wie bei der DAF, durch freiwilligen Beitritt. Alle in der Landwirtschaft tätigen Menschen, Vereine und Verbände, die dem Reichsnährstand angegliedert waren, landwirtschaftliche Genossenschaften, Personen, die im Landhandel tätig waren, und sämtliche Körperschaften öffentlichen Rechts, die zur Durchführung der Marktordnung gebildet worden waren, mussten korporativ dieser Zwangsorganisation angehören.[37] Sie war das einzige Projekt, das von den Planungen der NSDAP zu einem „ständischen Aufbau“ übriggeblieben war.
Das staatsrechtliche Verhältnis zwischen P. O. und Reichsnährstand blieb lange Zeit in der Schwebe. Eine genauere Klärung erfuhr es mit der „Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat“ vom 29.3.1935. Dem folgten Vereinbarungen zwischen Reichsbauernführer Darré und anderen Parteiführern zur Abgrenzung der jeweiligen Kompetenzen. Ein juristischer Kommentar beschrieb die Stellung des Reichsnährstands im Jahre 1936 wie folgt: Der Reichsnährstand ist als eine der Reichsaufsicht unterstellte Selbstverwaltungskörperschaft öffentlichen Rechts keine Gliederung der Partei; er gehört auch nicht zu den der Partei angeschlossenen Verbänden. Die NSDAP. ist aber die Trägerin der politischen Willensbildung auch auf dem Gebiet der gesamten Agrarpolitik […]. Dadurch, daß der Reichsbauernführer zugleich Leiter des Amtes für Agrarpolitik und die meisten Orts-, Kreis- und Landesbauernführer zugleich Amtsleiter dieses Amtes sind, hat die Partei in fachlicher und personeller Hinsicht einen unmittelbaren und dauernd wirksamen Einfluß auf die Tätigkeit des Reichsnährstandes.[38] P. O. und Reichsnährstand waren also nur durch die Personalunionen in den leitenden Agrarämtern der Gau-, Kreis- und Ortsgruppenstäbe miteinander verbunden.
Seit 1935/1936 differenzierte sich der Reichsnährstand kontinuierlich aus der P. O. aus und wurde zu einer von ihr unabhängigen Organisation. Institutionell kam dies darin zum Ausdruck, dass die Mitgliederzahl des Reichsnährstands durch die Erhebung zu einer Zwangsorganisation explodierte. Von knapp drei Millionen am 1.1.1935 schwoll sie bis 1937/1938 auf mehr als 17 Millionen Personen an. Außerdem stimmten weder die Landes- noch die Kreis- und Ortsbauernschaften territorial mit den Gauen, Kreisen und Ortsgruppen der NSDAP überein. 1936 gab es im Deutschen Reich 19 Landes-, über 500 Kreis- und mehr als 55.000 Ortsbauernschaften.[39] Zum selben Zeitpunkt existierten 32 Gaue der NSDAP mit etwa 850 Kreisen und etwas über 20.000 Ortsgruppen. Auch bei den Funktionären ergab sich eine größere quantitative Diskrepanz zwischen P. O. und Reichsnährstand. Am 1.1.1935 waren in letzterem 101.852 „Führende“ tätig.[40] Davon amtierten lediglich 13.915 als Politische Leiter in den Gau-, Kreis- und Ortsgruppenämtern für Agrarpolitik. In den vier Gauen der Rheinprovinz gestalteten sich die Zahlen wie folgt: In Düsseldorf waren es 718, in Essen 828, in Koblenz-Trier 4.065 und in Köln-Aachen 1.944 „Führende“. Alle vier Gaue zählten zur Landesbauernschaft Rheinland unter Landesbauernführer Kuno Heinrich Franziskus Maria Hubertus Freiherr zu Eltz-Rübenach (1904-1945).[41] Dieser war vom 21.7.1933 bis zu seinem Tode am 10.1.1945 im Amt; sein Dienstsitz lag in Bonn. Zugleich leitete Eltz-Rübenach das Gauamt für Agrarpolitik Köln-Aachen.
Wie arbeitete die Landesbauernschaft Rheinland und was waren ihre hauptsächlichen Tätigkeitsfelder? Generell sollte der Reichsnährstand die agrarische Produktion lenken, den Vertrieb der Erzeugnisse sicherstellen, die Preise festlegen und seine Mitglieder im Sinne der „Blut-und-Boden“-Ideologie indoktrinieren. Zu diesem Zwecke richtete Darré auf allen Ebenen seiner Organisation drei Hauptabteilungen ein. Die Hauptabteilung I („Der Mensch“) war für die Erziehung und Kontrolle der Mitglieder und ihrer Angehörigen zuständig.[42] Dazu zählten „Sippenpflege und Sippenforschung“, die Herstellung und Sicherung der bäuerlichen „Betriebsgemeinschaft“, die „Schulung“ der Landjugend und der Landfrauen, die Rechtsberatung und die „berufsständische Leibeserziehung“. Diese Aufgaben entsprachen der „Menschenführung“ der NSDAP.[43] Die Hauptabteilung II („Der Hof“) kümmerte sich um alle Fragen, die mit der landwirtschaftlichen Erzeugung zu tun hatten. Der Hauptabteilung III („Der Markt“) oblag die Regelung der ordnenden Tätigkeit der Marktverbände. Alles in allem war der Reichsnährstand eine Organisation, die tendenziell das bäuerliche Leben von der Wiege bis zur Bahre zu regeln versuchte. Daraus entstanden auch im Rheinland immer wieder Konflikte mit den Bauern.[44] Ob es um die Gestaltung der Milchpreise, die Abgabequoten, den Viehbestand oder den Landhandel ging: immer trafen bürokratische Regelungsbedürfnisse auf die Resistenz der Betroffenen. Eine genauere Analyse des Reichsnährstands in der Rheinprovinz ist allerdings noch ein Forschungsdesiderat.
6. Schlussbetrachtung
Der Mitgliederzustrom zur Partei, ihren Gliederungen und angeschlossenen Verbänden im Rheinland, war am 1.1.1935 – dem Stichtag der „Parteistatistik“ – noch lange nicht erschöpft. Die NSDAP nahm bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs kontinuierlich weiter Mitglieder auf. Im Frühjahr 1943 gab es in der Rheinprovinz mehr als 550.000 „Parteigenossen“; auf Reichsebene mehr als 6,5 Millionen. Auch die Mitgliedsraten in SS und HJ sowie in DAF und NSV nahmen im Rheinland permanent zu, wenngleich hier noch Forschungsbedarf besteht. Keine dieser Organisationen ist bislang untersucht, und zwar in keinem der vier rheinischen Gaue. Dennoch ist das öffentliche Bild, das heute über die NSDAP besteht, ein verfestigtes und meinungsstarkes. Seit langem glauben wir zu wissen, welches die Funktionen der NSDAP nach 1933 waren und wie sie im Alltag agierte. Bisher ist die personelle Entwicklung ihrer Organisationen stets unter dem Paradigma der „Erfassung“ abgehandelt worden. Das Wort suggeriert, die Partei, ihre Gliederungen und angeschlossenen Verbände hätten ihre Angehörigen in jedem Fall durch schieren Zwang rekrutiert. Dies trifft am ehesten auf die Pflichtorganisationen zu, also in erster Linie auf DAF, Hitler-Jugend und den Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB). Mit dem Begriff der „Erfassung“ geht die Ansicht einher, die hauptsächliche Funktion der NSDAP habe in der sozialen Disziplinierung ihrer Mitglieder gelegen.
Das Mitgliederwachstum wäre aber ohne die Bereitschaft der rheinischen Bevölkerung, in die Partei, ihre Gliederungen und angeschlossenen Verbände einzutreten, nicht in diesem Ausmaß erfolgt. Und diese Bereitschaft erklärt sich aus den vielfältigen sozialen, materiellen und kulturellen Vorteilen, die sich aus der Zugehörigkeit zur NSDAP ergeben konnten. Sie bot ihren Mitgliedern nämlich viele Möglichkeiten.[45] Ihren hauptberuflichen Arbeitskräften ermöglichte sie ein regelmäßiges Einkommen und einen bunten Strauß an Fürsorge- und Versorgungsleistungen. Ehrenamtlichen Funktionären ermöglichte sie alltägliche Machtausübung und vielfältige soziale Anerkennung.[46] Einfachen Mitgliedern ermöglichte die NSDAP fachliche Aus- und Weiterbildung, etwa in Studium und Beruf, sowie die Absicherung ihres eigenen Gewerbes durch öffentliche Aufträge. Die NSDAP gab ihren Mitgliedern Sicherheit; und das war für die rheinische Bevölkerung wichtig. Der Preis, den sie dafür zahlte, bestand in Wohlverhalten.
Ich habe drei Praktiken der NSDAP geschildert: Institutionalisierung, Gewalt und Hilfe. Damit sind die Tätigkeiten der P. O., der Gliederungen und angeschlossenen Verbände noch nicht erschöpft. Eine ausführliche Analyse müsste noch Erziehung, Kontrolle und Mobilisierung berücksichtigen. Zudem müsste sie diese sechs Praktiken der NSDAP im diachronen Zeitablauf schildern, um etwaige Transformationen und Unterschiede zu anderen Organisationen herausarbeiten zu können. Der Reichsnährstand etwa wäre ein lohnendes Vergleichsobjekt, denn ihn zeichneten dieselben sechs Praktiken aus wie die NSDAP. Dieser ging es in der Vorkriegszeit eher um Institutionalisierung und Erziehung, im Verlauf des Zweiten Weltkriegs dann eher um Gewalt und Mobilisierung. Der Ansatz, den ich verwendet habe, analysiert die Praktiken der NSDAP als Organisation. Dabei interessieren mich nicht Handlungen einzelner Individuen. Mir ging es um kollektive Praktiken, die in einer Organisation wie der NSDAP stattfinden. Und diese Praktiken beschränken sich auch nicht auf Interaktionen, also auf persönliche Kontakte zwischen Individuen. Zu ihnen gehören auch die administrativen Routinen und die Regel- und Normsysteme einer Organisation.
Meine Herangehensweise geht von der Frage aus, weshalb im „Dritten Reich“ so viele Menschen über Zeit und Raum hinweg so ähnlich handeln. Erklärungsbedürftig ist, wie soziale Ordnung nach 1933 eigentlich zustande kam. Den Schlüssel für eine Erklärung bilden die kollektiven Praktiken von Organisationen. Sie sind dynamisch, verändern sich in Zeit und Raum und wirken sich sowohl nach innen – auf ihre Mitglieder – wie auch auf die Umwelt aus. Diesem Sachverhalt wird man nur durch eine Methodik gerecht, die in der Soziologie als „operativ“ bezeichnet wird.[47] Sie trägt der Einsicht Rechnung, dass es sich beim „Dritten Reich“ um eine organisierte Gesellschaft handelte, genauer gesagt: um eine in der NSDAP organisierte Gesellschaft. Dies ist auch für die Geschichte von Widerstand und Verweigerung in der NS-Zeit wichtig. Widerständige Verhaltensweisen fanden nach 1933 in einem Sozialraum statt, der zunehmend in und durch die NSDAP organisiert war. Dies bedeutet zweierlei: Zum einen wurden Widerstandsaktionen immer schwieriger. Zum anderen waren sie für immer weniger Personen eine ernstliche Option, weil es der NSDAP über ihre Mitgliedermechanismen gelang, die Komplizenschaft der Bevölkerung mit dem NS-Regime immer weiter auszubauen.
Zurück zum amerikanischen Vernehmungsoffizier Padover und seinen eingangs zitierten Ausführungen über die Industriestadt Würselen. Padover war ja konsterniert über den Zulauf, den die NSDAP nach 1933 in dieser ehemaligen Zentrumshochburg hatte verbuchen können. Ähnliche Klagen finden sich bei ihm allenthalben. Das Erstaunen über den Umgang der Bevölkerung der westrheinischen Gebiete mit ihrer früheren Parteimitgliedschaft bildete den Cantus Firmus seines Berichts. Auf seine Standardfrage: Waren Sie in der NSDAP? bekam er nur vorgestanzte Antworten. Die meisten Befragten entgegneten ihm fast unisono: Ich musste in die Partei eintreten, wie alle anderen Deutschen auch.[48] Weit auskunftsfreudiger zeigten sie sich jedoch, wenn er seine Frage variierte in „Wann mussten Sie in die NSDAP eintreten?“. Dies habe eine regelrechte Flut von Erklärungen ausgelöst, wie Padover mit einem direkten Zitat illustrierte: Gut, dass Sie danach fragen. Gott sei Dank wissen Sie, dass man gezwungen war, in die Partei einzutreten. Wer sich weigerte, bekam Schwierigkeiten. Wie sie uns belogen und betrogen haben, diese Nazis! Sie haben uns den Endsieg versprochen. Sie haben uns Arbeit versprochen. Sie haben uns alles versprochen. Und wir sind hereingefallen auf sie. Man muß ihnen freilich zugute halten, dass sie die kommunistische Gefahr beseitigt haben. Sie haben für Ruhe und Ordnung gesorgt […].
In diesen Äußerungen, die zu einem Zeitpunkt fielen, der vor der deutschen Kapitulation am 8.5.1945 lag, finden sich bereits jene Mythen vorformuliert, die auch Eingang in die historische Forschung gefunden haben. So wurde die Mitgliedschaft in der Partei, die formal freiwillig war, nach 1945 zum Zwang hochstilisiert. Allzu scharf unterschied man zwischen „den Nazis“ oder auch „dem Nationalsozialismus“ auf der einen und der Bevölkerung auf der anderen Seite. Diese Trennung hatte nach 1933 so nie existiert, weil der Großteil der rheinischen Bevölkerung Mitglied einer NS-Organisation gewesen war. Und die angebliche „Ruhe und Ordnung“, für die das NS-Regime gesorgt habe, erweist sich als schlichte Bemäntelung von Ausgrenzung und Massenmord. Heute wissen wir, dass Widerstand und Verweigerung auch im Rheinland die marginalen, Anpassung und Kooperation hingegen die dominanten Verhaltensweisen waren. Anhand der Geschichte der NSDAP lässt sich dieser Sachverhalt wohl am eindringlichsten illustrieren.
Quellen
Der NSV-Helfer. Nachrichtenblatt des Gauamtes der NSV. Düsseldorf, Heft 1, März 1938.
Deutschland-Berichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (Sopade) 1934-1940, hg. v. Klaus Behnken, 7 Bände, 3. Auflage, Frankfurt am Main 1980.
Dokumente deutscher Kriegsschäden. Evakuierte, Kriegssachgeschädigte. Währungsgeschädigte. Die geschichtliche und rechtliche Entwicklung, hg. v. Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, 6 Bände und 2 Beihefte, Bonn 1958-1964.
Falter, Jürgen W./Lindenberger, Thomas/Schumann, Siegfried, Wahlen und Abstimmungen in der Weimarer Republik. Materialien zum Wahlverhalten 1919-1933, München 1986.
Faust, Anselm, Die „Kristallnacht“ im Rheinland. Dokumente zum Judenpogrom im Rheinland 1938, Düsseldorf 1988.
Haidn, Carl/Fischer, Ludwig (Hg.), Das Recht der NSDAP. Vorschriften-Sammlung mit Anmerkungen, Verweisungen und Sachregister, München 1936.
Heyen, Franz-Josef, Nationalsozialismus im Alltag. Quellen zur Geschichte des Nationalsozialismus vornehmlich im Raum Mainz-Koblenz-Trier, Boppard am Rhein 1967.
Klefisch, Peter (Bearb.), Die Kreisleiter der NSDAP in den Gauen Köln-Aachen, Düsseldorf und Essen, Düsseldorf 2000. Kulka, Otto Dov/Jäckel, Eberhard (Hg.), Die Juden in den geheimen NS-Stimmungsberichten 1933-1945, Düsseldorf 2004 (mit CD-ROM).
Novemberpogrom 1938. Die Augenzeugenberichte der Wiener Library, London, hg. v. Ben Barkow, Raphael Gross u. Michael Lenarz, Frankfurt am Main 2008.
Padover, Saul K., Lügendetektor. Vernehmungen im besiegten Deutschland 1944/45, 2. Auflage, München 2001 [Taschenbuchausgabe].
Reichsnährstand, Verwaltungsamt des Reichsbauernführers (Hg.), Die Landesbauernschaften in Zahlen, 1933-1938, Berlin 1939.
Reichsorganisationsleiter der NSDAP (Hg.), Parteistatistik der NSDAP. Stand: 1. Januar 1935 (ohne Saarland), 4 Bände, München 1935-1939.
Statisten in Uniform. Die Mitglieder des Reichstags 1933-1945. Ein biographisches Handbuch. Unter Einbeziehung der völkischen und nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten ab Mai 1924, bearb. v. Joachim Lilla unter Mitarbeit v. Martin Döring u. Andreas Schulz, Düsseldorf 2004.
Literatur
Arnold, Birgit, Die Freimachung und Räumung der Grenzgebiete in Baden 1939/40, Heidelberg 1996.
Auts, Rainer, Opferstock und Sammelbüchse. Die Spendenkampagnen der freien Wohlfahrtspflege vom Ersten Weltkrieg bis in die sechziger Jahre, Paderborn [u. a.] 2001.
Benz, Wolfgang (Hg.), Wie wurde man Parteigenosse? Die NSDAP und ihre Mitglieder, Frankfurt am Main 2009.
Broszat, Martin, Der Staat Hitlers, Grundlegung und Entwicklung seiner inneren Verfassung, 15. Auflage, München 2000 [ursprünglich erschienen 1969].
Buddrus, Michael, Totale Erziehung für den totalen Krieg. Hitlerjugend und nationalsozialistische Jugendpolitik, 2 Teile, München 2003.
Corni, Gustavo/Gies, Horst, Brot, Butter, Kanonen. Die Ernährungswirtschaft in Deutschland unter der Diktatur Hitlers, Berlin 1997.
Dorfey, Beate, „Goldfasane“ oder Hoheitsträger der Kreise? Die Kreisleiter im Gau Koblenz-Trier, in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 29 (2003), S. 297-424.
Falter, Jürgen W., Hitlers Wähler, Berlin 1991. Falter, Jürgen W., Die „Märzgefallenen“ von 1933. Neue Forschungsergebnisse zum sozialen Wandel innerhalb der NSDAP-Mitgliedschaft während der Machtergreifungsphase, in: Geschichte und Gesellschaft 24 (1998), S. 594-616.
Frech, Stefan, Wegbereiter Hitlers? Theodor Reismann-Grone. Ein völkischer Nationalist (1863-1949), Paderborn [u .a.] 2009.
Gasten, Elmar, Aachen in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft 1933-1944, Frankfurt am Main [u. a.] 1993.
Gies, Horst, NSDAP und landwirtschaftliche Organisationen in der Endphase der Weimarer Republik, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 15 (1967), S. 341-376.
Hachtmann, Rüdiger, Chaos und Ineffizienz in der Deutschen Arbeitsfront. Ein Evaluierungsbericht aus dem Jahr 1936, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 53 (2005), S. 43-78.
Hammerschmidt, Peter, Die Wohlfahrtsverbände im NS-Staat. Die NSV und die konfessionellen Verbände Caritas und Innere Mission im Gefüge der Wohlfahrtspflege des Nationalsozialismus, Opladen 1999.
Hansen, Eckhard, Wohlfahrtspolitik im NS-Staat. Motivation, Konflikte und Machtstrukturen im „Sozialismus der Tat“ des Dritten Reiches, Augsburg 1991.
Hochstetter, Dorothee, Motorisierung und „Volksgemeinschaft“. Das Nationalsozialistische Kraftfahrkorps (NSKK) 1931-1945, München 2005.
Hüttenberger, Peter, Düsseldorf in der Zeit des Nationalsozialismus, in: Düsseldorf. Geschichte von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert, hg. v. Hugo Weidenhaupt, Band 3: Die Industrie- und Verwaltungsstadt (20. Jahrhundert), Düsseldorf 1989, S. 421-657.
Jaud, Ralph J., Der Landkreis Aachen in der NS-Zeit. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in einem katholischen Grenzgebiet 1929-1944, Frankfurt am Main [u. a.] 1997.
Kater, Michael H., The Nazi Party. A Social Profile of Members and Leaders, 1919-1945, Cambridge 1983.
Kock, Gerhard, „Der Führer sorgt für unsere Kinder ...“. Die Kinderlandverschickung im Zweiten Weltkrieg, Paderborn [u.a.] 1997.
Krause, Michael, Flucht vor dem Bombenkrieg. „Umquartierungen“ im Zweiten Weltkrieg und die Wiedereingliederung der Evakuierten in Deutschland 1943-1963, Düsseldorf 1997.
Kupfer, Torsten, Generation und Radikalisierung. Die Mitglieder der NSDAP im Kreis Bernburg 1921-1945, Berlin 2006.
Lilla, Joachim, Die NSDAP-Ortsgruppen im Gau Düsseldorf. Eine Bestandsaufnahme von Anfang 1938, in: Düsseldorfer Jahrbuch 70 (1999), S. 185-273.
Lilla, Joachim, Die Organisation der NSDAP im Kreisgebiet Kempen-Krefeld und in der Stadt Viersen 1932/33-1945, in: Heimatjahrbuch des Kreises Viersen 50 (1999), S. 193-226. Mann, Reinhard, Protest und Kontrolle im Dritten Reich. Nationalsozialistische Herrschaft im Alltag einer rheinischen Großstadt, Frankfurt am Main 1987.
Manstein, Peter, Die Mitglieder und Wähler der NSDAP 1919-1933. Untersuchungen zu ihrer schichtmäßigen Zusammensetzung, Frankfurt am Main [u.a.] 1988.
Matzerath, Horst, Köln in der Zeit des Nationalsozialismus, Köln 2009.
McKale, Donald M., The Nazi Party Courts. Hitler’s Management of Conflict in his Movement, 1921-1945, Lawrence 1974.
Merkenich, Stefanie, Grüne Front gegen Weimar. Reichs-Landbund und agrarischer Lobbyismus 1918-1933, Düsseldorf 1998.
Meyer, Beate, „Goldfasane“ und „Nazissen“. Die NSDAP im ehemals „roten“ Stadtteil Hamburg-Eimsbüttel, Hamburg 2002.
Müller-Botsch, Christine, „Den richtigen Mann an die richtige Stelle“. Biographien und politisches Handeln von unteren NSDAP-Funktionären, Frankfurt am Main/New York 2009.
Nassehi, Armin, Der soziologische Diskurs der Moderne, Frankfurt am Main 2009 [Taschenbuchausgabe].
Nolzen, Armin, Inklusion und Exklusion im „Dritten Reich“: Das Beispiel der NSDAP, in: Bajohr, Frank/Wildt, Michael (Hg.), Volksgemeinschaft. Neue Forschungen zur Gesellschaft des Nationalsozialismus, Frankfurt am Main 2009, S. 60-77.
Nolzen, Armin, Die NSDAP, der Krieg und die deutsche Gesellschaft, in: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Band 9: Die deutsche Kriegsgesellschaft 1939 bis 1945, Teilband 1: Politisierung, Vernichtung, Überleben, hg. v. Jörg Echternkamp, München 2004, S. 99-193.
Nolzen, Armin, Die Reichsorganisationsleitung der NSDAP als Verwaltungsbehörde der NSDAP. Kompetenzen, Strukturen und administrative Praktiken nach 1933, in: Reichardt, Sven/Seibel, Wolfgang (Hg.), Der prekäre Staat. Herrschen und Verwalten im Nationalsozialismus, Frankfurt am Main/New York 2011, S. 121-166.
Nolzen, Armin/Sünker, Heinz, Nationalsozialismus, in: Otto, Hans-Uwe/Thiersch, Hans (Hg.), Handbuch Soziale Arbeit, 4., völlig neu bearb. Auflage, München/Basel 2011, S. 989-1002.
Obst, Dieter, Ursachen und Verlauf des antisemitischen Pogroms vom November 1938, Frankfurt am Main 1991.
Orlow, Dietrich, The History of the Nazi Party, 2 Bände, Pittsburgh 1969-1973.
Pätzold, Kurt/ Weißbecker, Manfred, Geschichte der NSDAP 1920 bis 1945, 3., verb. u. erg. Aufllage, Köln 2009.
Paul, Gerhard, Die NSDAP des Saargebietes 1920-1935. Der verspätete Aufstieg der NSDAP in der katholisch-proletarischen Provinz, Saarbrücken 1987.
Pyta, Wolfram, Dorfgemeinschaft und Parteipolitik 1918-1933. Die Verschränkung von Milieu und Parteien in den protestantischen Landgemeinden Deutschlands in der Weimarer Republik, Bonn 1996.
Rebentisch, Dieter /Teppe, Karl (Hg.), Verwaltung contra Menschenführung im Staat Hitlers. Studien zum politisch-administrativen System, Göttingen 1986.
Reibel, Carl-Wilhelm, Das Fundament der Diktatur. Die NSDAP-Ortsgruppen 1932-1945, Paderborn [u. a.] 2002.
Romeyk, Horst, Verwaltungs- und Behördengeschichte der Rheinprovinz 1914-1945, Düsseldorf 1985.
Steinacker, Sven, Der Staat als Erzieher. Jugendpolitik und Jugendfürsorge vom Kaiserreich bis zum Ende des Nazismus, Stuttgart 2007.
Steinweis, Alan, Kristallnacht 1938. Ein deutscher Pogrom, Stuttgart 2011.
Vorländer, Herwart, Die NSV. Darstellung und Dokumentation einer nationalsozialistischen Organisation, Boppard am Rhein 1988.
Vorländer, Herwart, Erich Hilgenfeldt - Reichswalter der NSV, in Smelser, Ronald Syring, Enrico/Zitelmann, Rainer (Hg.), Die braune Elite II. 21 weitere biographische Skizzen, Darmstadt 1993, S. 166-178.
Wagner, Caroline, Die NSDAP auf dem Dorf. Eine Sozialgeschichte der NS-Machtergreifung in Lippe, Münster 1998.
Wildt, Michael, Volksgemeinschaft als Selbstermächtigung. Gewalt gegen Juden in der deutschen Provinz 1919 bis 1939, Hamburg 2007.
- 1: Dieses und die folgenden Zitate finden sich in: Padover, Lügendetektor, S. 135-136.
- 2: Dazu die wichtige Studie von Paul, NSDAP.
- 3: Nolzen, NSDAP, S. 99-193, hier S. 103. Die Bezeichnung P. O. war nur bis Ende 1935 in Gebrauch. Wenn im Folgenden von „NSDAP“ gesprochen wird, ist damit immer der gesamte Apparat gemeint, also P. O., Gliederungen und angeschlossene Verbände.
- 4: Die folgenden Zahlen nach Tabelle 1.5.1.2 in: Falter/Lindenberger/Schumann, Wahlen, S. 66.
- 5: Falter/Lindenberger/Schumann, Wahlen, S. 72-75 (= Tabellen 1.5.2.6 bis 1.5.2.9). Zur Resistenz des sozialistischen und katholischen Milieus generell Falter, Wähler, S. 169-230, mit deutlicher Betonung einer vergleichsweise höheren Anfälligkeit von Arbeitern für die NSDAP.
- 6: Reichsorganisationsleiter, Parteistatistik, Band 1, S. 26. Zu deren Quellenwert Manstein, Mitglieder, S. 143-147. Generell Nolzen, Reichsorganisationsleitung, S. 121-166.
- 7: Reichsorganisationsleiter, Parteistatistik, Band 2, S. 46.
- 8: Weigel, Björn, „Märzgefallene“ und Aufnahmestopp im Frühjahr 1933. Eine Studie über den Opportunismus, in: Benz, Parteigenosse, S. 91-110, hier S. 93-96.
- 9: Reichsorganisationsleiter, Parteistatistik, Band 2, S. 82. Zur Gauleitung Düsseldorf Hüttenberger, Düsseldorf, S. 421-657, hier S. 502; zur Gauleitung Köln-Aachen Matzerath, Köln, S. 106-111.
- 10: Reichsorganisationsleiter, Parteistatistik, Band 2, S. 50, 92. 94. Zu den rheinischen Kreisleitungen Klefisch, Kreisleiter, sowie Dorfey, „Goldfasane“, S. 297-424.
- 11: Dazu die Übersichten in: Reichsorganisationsleiter, Parteistatistik, Band 3, S. 194-197 u. 208-211. Dabei ist zu beachten, dass die unten genannten Funktionärszahlen nicht mit der Anzahl der „Hoheitsgebiete“ in den vier Gauen übereinstimmten. Zum Organisationsapparat im Gau Düsseldorf siehe Mann, Protest, S. 163-176; Lilla, Die Organisation, S. 193-226, sowie Lilla, Die NSDAP-Ortsgruppen, S. 185-273.
- 12: Zum Folgenden Reichsorganisationsleiter, Parteistatistik, Band 2, S. 56, 68 u. 60 (die Zahlen für die der Ortsgruppen- und Stützpunktleiter wurden addiert).
- 13: Zum Gau Koblenz-Trier siehe die Dokumente bei Heyen, Alltag, S. 310-327. Generell McKale, Courts.
- 14: Broszat, Staat Hitlers, S. 246-252.
- 15: Romeyk, Verwaltungs- und Behördengeschichte, S. 153-520; Gasten, Aachen, S. 33-98; Jaud, Landkreis, S. 272-385; Frech, Wegbereiter, sowie Matzerath, Köln, S. 62-105.
- 16: Buddrus, Erziehung, S. 288 (= obere Tabelle).
- 17: Kulka/Jäckel, Juden, hier Dokumente Nr. 164, 493 u. 1626 (CD-ROM). Wichtig auch die Dokumente bei Heyen, Alltag, S. 125-163, zum Gau Koblenz-Trier.
- 18: Wildt, Volksgemeinschaft.
- 19: Zur Pogromnacht im Rheinland die Quellensammlung von Faust, „Kristallnacht“. Generell Steinweis, Kristallnacht.
- 20: Novemberpogrom 1938, S. 338-343.
- 21: Obst, Reichskristallnacht, S. 101-307, hier die Tabellen J, K, und L auf den S. 121, 123 u. 125, in denen sich auch Beispiele aus dem Rheinland befinden.
- 22: Hachtmann, Chaos, S. 43-78.
- 23: Besprechung der Parteileitung (5.7.1933), in: Vorländer, NSV, S. 198. Zu Hilgenfeldt siehe Vorländer, Hilgenfeldt, S. 166-178.
- 24: Vorländer, NSV, S. 23.
- 25: Zur Rheinprovinz grundlegend Steinacker, Staat.
- 26: Der NSV-Helfer, S. 4.
- 27: Deutschland-Berichte, Band 3 (1936), S. 1282-1203. Zur Mitgliederentwicklung der NSV Hammerschmidt, Wohlfahrtsverbände, S. 589.
- 28: Zum Folgenden Nolzen/Sünker, Nationalsozialismus, S. 989-1002, hier S. 996-997.
- 29: Auts, Opferstock, S. 209-335.
- 30: Die nachstehenden Zitate stammen aus den „Betreuungsgrundsätzen“ für das WHW aus dem Jahr 1938, gedruckt in Vorländer, NSV, S. 246-247.
- 31: Krause, Flucht, S. 42-45. Bislang existiert nur eine Darstellung der „Freimachungen“ innerhalb des Gaues Baden; siehe Arnold, Freimachung.
- 32: Kock, „Der Führer ...“.
- 33: Dokumente, Band 2,2, S. 328-336.
- 34: Grundlegend Pyta, Dorfgemeinschaft, S. 324-432.
- 35: Gies, NSDAP, S. 341-376, hier S. 366, Fußnote 120.
- 36: Merkenich, Grüne Front, S. 319-352.
- 37: Eine Übersicht über Entwicklung und Aufbau des Reichsnährstands findet sich bei Haidn/Fischer, Recht, S. 497-501. Zum Folgenden auch Deutschland-Berichte, Band 2 (1935), S. 264-265, sowie Corni/Gies, Brot, S. 79-169.
- 38: Haidn/Fischer, Recht, S. 501 f.
- 39: Reichsnährstand, Landesbauernschaften, S. 1.
- 40: Reichsorganisationsleiter, Parteistatistik, Band 3, S. 22, dort S. 155 zur Struktur der Ämter für Agrarpolitik.
- 41: Lilla, Statisten, S. 122-123 (= Nr. 207).
- 42: Corni/Gies, Brot, S. 212-248, hier S. 213.
- 43: Zum Begriff „Menschenführung” siehe die Einleitung der Hg. in: Verwaltung, S. 7-32.
- 44: Ein Beispiel in: Deutschland-Berichte, Band 2 (1935), S. 1156.
- 45: Ausführlich Nolzen, Inklusion, S. 60-77, hier S. 63-65.
- 46: Dies zeigen Reibel, Fundament, S. 67-176; Wagner, Lippe, S. 75-252; Meyer, „Goldfasane“, S. 47-97, sowie Müller-Botsch, „Den richtigen Mann“, S. 93-234.
- 47: Dazu Nassehi, Diskurs, S. 233-296.
- 48: Die Zitate folgen Padover, Lügendetektor, S. 27-28
Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Nolzen, Armin, Die NSDAP in der Rheinprovinz nach 1933, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/die-nsdap-in-der-rheinprovinz-nach-1933/DE-2086/lido/57d13372db4f95.53229046 (abgerufen am 10.12.2024)