Die Wallfahrt zum Heiligen Rock zu Trier

Wolfgang Schmid (Winningen)
Veröffentlicht am 08.09.2016, zuletzt geändert am 15.04.2020

Ausstellung des Heiligen Rocks im Trierer Dom, 2012. (Bistum Trier)

1. Der Heilige Rock – Fakten und Legenden

Vom 13.4.-13.5.2012 wur­de in Trier der Hei­li­ge Rock aus­ge­stellt. Er brach­te cir­ca 545.000 Pil­ger nach Trier und er­reg­te – wie al­le Wall­fahr­ten in den letz­ten 500 Jah­ren – die Ge­mü­ter nicht nur der Gläu­bi­gen. Der An­lass für die Wall­fahrt von 2012 war die 500. Wie­der­kehr des Jah­res der Wie­der­auf­fin­dung der Tu­ni­ka des Herrn 1512. Doch be­vor wir auf die Ge­schich­te der Wall­fahrt zu spre­chen kom­men, soll­ten wir ei­nen Blick auf die Re­li­quie und ih­re Ge­schich­te wer­fen, die auch für die viel­um­strit­te­ne Fra­ge der Echt­heit von Be­deu­tung ist.

Über den Hei­li­gen Rock be­rich­tet das Jo­han­nes­evan­ge­li­um (19,23 f.): Als aber die Sol­da­ten Je­sus ge­kreu­zigt hat­ten, nah­men sie" sei­ne Klei­der und mach­ten vier Tei­le, für je­den Sol­da­ten ei­nen Teil, da­zu auch das Ge­wand. Das war aber un­ge­näht, von oben an ge­webt in ei­nem Stück. Da spra­chen sie un­ter­ein­an­der: Lasst uns das nicht zer­tei­len, son­dern dar­um lo­sen, wem es ge­hö­ren soll. So soll­te die Schrift er­füllt wer­den, die sagt (Psalm 22,19): „Sie ha­ben mei­ne Klei­der un­ter sich ge­teilt und ha­ben über mein Ge­wand das Los ge­wor­fen." Das ta­ten die Sol­da­ten."

 

Der Le­gen­de nach soll die hei­li­ge He­le­na, die Mut­ter Kai­ser Kon­stan­tins des Gro­ßen, bei ei­ner Pil­ger­fahrt ins Hei­li­ge Land ne­ben dem Hei­li­gen Kreuz un­d vie­len an­de­ren ­Re­li­qui­en auch den Hei­li­gen Rock ge­fun­den ha­ben. Die­sen und wei­te­re Re­li­qui­en über­gab sie der Trie­rer Kir­che, der sie zu­dem ih­ren Pa­last schenk­te, der zum heu­ti­gen Dom um­ge­baut wur­de. Noch heu­te ist der Ge­bäu­de­kern mit sei­nem rö­mi­schen Mau­er­werk sicht­bar, das auf das be­ein­dru­cken­de Al­ter des Do­mes wie auf sei­ne Ge­schich­te als Pa­last der He­le­na ver­weist.

Schrift­quel­len zum Hei­li­gen Rock aus die­ser frü­hen Zeit flie­ßen spär­lich: Die Kir­chen­vä­ter Am­bro­si­us von Mai­land und Atha­na­si­us von Alex­an­dri­en (um 298-373) äu­ßer­ten­ ­sich im 4. Jahr­hun­dert zwar mehr­fach zur Deu­tung der Tu­ni­ka, schwie­gen sich aber über ih­ren Ver­bleib aus. Auch der frän­ki­sche Ge­schichts­schrei­ber Gre­gor von Tours (538/539- 594) weiß nichts über sie. Über­ra­schen­der ist das Feh­len ei­ner Er­wäh­nung des Hei­li­gen Rocks bei Alt­mann von Haut­vil­lers (cir­ca 830 – cir­ca 889): Die um 860 ent­stan­de­ne He­le­na-Le­gen­de des Mön­ches stützt sich auf die we­ni­gen, bei Eu­se­bi­us von Cae­sarea (um 260-339) und Am­bro­si­us von Mai­land über­lie­fer­ten Fak­ten zum Le­ben der Kai­ser­mut­ter. Her­vor­ge­ho­ben wird ih­re vor­neh­me Her­kunft, ih­re Schen­kung des Pa­las­tes und die Über­füh­rung ei­nes Kas­tens mit Re­li­qui­en, von de­nen al­ler­dings nur das Abend­mahls­mes­ser nä­her be­zeich­net wird; der Hei­li­ge Rock wird nicht er­wähnt.

Um 1050/1072 ent­stand ei­ne wei­te­re Fas­sung der Le­gen­de, die Dop­pel­vi­ta von He­le­na und des zu ih­ren Leb­zei­ten am­tie­ren­den Trie­rer Bi­schof­s Agri­ci­us. Die Quel­le ge­hört in den kir­chen­po­li­ti­schen Kon­text des Pri­mat­streits, in dem die Trie­rer Erz­bi­schö­fe ei­ne füh­ren­de Po­si­ti­on un­ter den Bi­schö­fen nörd­lich der Al­pen an­streb­ten und sich zur Pro­pa­gie­rung die­ses An­spruchs so­wohl der Schatz­kunst (Pe­trusstab, Eg­bert-Psal­ter) als auch der Ge­schichts­schrei­bung be­dien­ten. Erst die um 1100 in St. Mat­thi­as/St. Eu­cha­ri­us ent­stan­de­ne, durch das glei­che kir­chen­po­li­ti­sche Um­feld ge­präg­te Trie­rer Bis­tums­chro­nik, die „Ges­ta Tre­ver­o­rum", nennt den Hei­li­gen Rock – ein­ge­fügt in das (ge­fälsch­te) Di­plom Papst Sil­ves­ters I. (Pon­ti­fi­kat 314- 335) für Bi­schof Agri­ci­us. Aus dem 12. Jahr­hun­dert stammt dann auch der ers­te glaub­wür­di­ge Be­leg: Am 1.5.1196 wur­de nach dem Neu­bau des Ost­cho­res von Erz­bi­schof Jo­hann I. (Epis­ko­pat 1190-1212) der Hoch­al­tar des Trie­rer Do­mes neu ge­weiht. In ihn wur­de, so be­rich­ten die „Ges­ta Tre­ver­o­rum", die Tu­ni­ka des Herrn ge­legt, was auf ei­ne ho­he Wert­schät­zung der Re­li­quie schlie­ßen lässt. Ein Be­leg für die über­re­gio­na­le Kennt­nis von der Exis­tenz des Ge­wan­des in Trier ist das im aus­ge­hen­den 12. Jahr­hun­dert ent­stan­de­ne mit­tel­hoch­deut­sche Vers­epos „Oren­del", das die Le­gen­de der hei­li­gen He­le­na mit ei­nem Rit­ter­ro­man zu ei­nem Spiel­manns­epos ver­ei­nig­te.

Die schrift­li­che Über­lie­fe­rung sagt mehr über die Kir­chen­po­li­tik des 11./12. Jahr­hun­derts aus als über die Ge­schich­te des Hei­li­gen Rocks. Vor al­lem bleibt of­fen, wo die­ser sich vom 4. bis ins 11. Jahr­hun­dert be­fun­den hat. In ei­ner der Hand­schrif­ten der „Ges­ta Tre­ver­o­rum" wird be­haup­tet, der Hei­li­ge Rock sei vor 1196 im Ni­ko­laus­al­tar im West­chor des Do­mes auf­be­wahrt wor­den; so konn­te man ei­ne Brü­cke von Bi­schof Agri­ci­us zu Erz­bi­schof Jo­hann I. schla­gen. Frei­lich war da­mit die Ge­schich­te der Tu­ni­ka mit den Ge­schichts­kon­struk­tio­nen und Fäl­schun­gen die­ser Zeit ver­bun­den, was seit 1844 im­mer wie­der als Ar­gu­ment ge­gen die Echt­heit der Re­li­quie an­ge­führt wur­de.

Kri­ti­ker wie­sen auch auf die Viel­zahl der an an­de­ren Or­ten ver­ehr­ten „Hei­li­gen Rö­cke" hin – 1844 wur­den 20 Ex­em­pla­re, 1996 schon 52 ge­zählt; heu­te geht man von 57 „Hei­li­gen Rö­cken" aus. Als Be­weis­mit­tel für die Au­then­ti­zi­tät der Re­li­quie und ih­re Wirk­mäch­tig­keit wur­den bei den Wall­fahr­ten von 1844 und 1891 Wun­der­hei­lun­gen do­ku­men­tiert und pu­bli­ziert, doch die­se Ar­gu­men­ta­ti­on konn­te die Zwei­fel nicht aus­räu­men. 1933 wur­den die Ge­bets­er­hö­run­gen zwar noch do­ku­men­tiert, aber nicht mehr ver­öf­fent­licht. Als wei­te­res Ar­gu­ment für das Al­ter und die Echt­heit der Re­li­quie wur­den ar­chäo­lo­gi­sche Be­fun­de an­ge­führt: 1933 und 1959 glaub­te man, im Dom ei­ne spät­an­ti­ke Her­ren­me­mo­rie so­wie hoch­mit­tel­al­ter­li­che Pil­ger­ram­pen nach­wei­sen zu kön­nen. Doch ließ sich das eben­so we­nig be­wei­sen wie die Zu­ge­hö­rig­keit der kon­stan­ti­ni­schen De­cken­fres­ken zum „Pa­last der He­le­na".

Auch der tex­til­ar­chäo­lo­gi­sche Be­fund gibt kei­ne über­zeu­gen­de Ant­wort: Den Un­ter­su­chun­gen von 1890 und 1973 zu­fol­ge be­steht die Re­li­quie aus meh­re­ren Stoff­schich­ten aus Sei­den­sa­tin, Tüll und ei­nem „Kern­ge­we­be" aus ver­filz­ten Woll­fa­sern, das von ei­nem sehr al­ten Ge­wand stammt. Of­fen­sicht­lich hat man die­se fra­gi­len Res­te in ei­ner Stoff­hül­le ge­bor­gen, de­ren äu­ße­re Form an die Tu­ni­ka er­in­nert. Durch Feuch­tig­keit, Trans­por­te und un­sach­ge­mä­ße Re­stau­rie­rung wur­de auch die­se Hül­le im­mer wie­der be­schä­digt und re­pa­riert. Wann die Tuch­hül­le ge­schaf­fen wur­de, wis­sen wir nicht. Da in den Pu­bli­ka­tio­nen der Jah­re 1513 und 1514 die äu­ße­re Er­schei­nung ei­ne gro­ße Rol­le spielt, könn­te die Hül­le be­reits frü­her, viel­leicht 1196, an­ge­fer­tigt wor­den sein; ein Hin­weis dar­auf ist die Ver­wen­dung ori­en­ta­li­scher Sei­den­stof­fe mit Vo­gel­mus­tern aus dem 6. bis 9. Jahr­hun­dert.

Kopfreliquar der Heiligen Helena in der Krypta des Trierer Doms.

 

2. Die Erhebung des Heiligen Rocks 1512

Bis zum Jah­re 1512 blieb der Hei­li­ge Rock im Hoch­al­tar ver­bor­gen. Zwar gab es im Dom seit der Mit­te des 14. Jahr­hun­derts ei­ne Heilt­ums­wei­sung, in de­ren Zen­trum der Hei­li­ge Na­gel stand – eben­falls ei­ne Her­ren- be­zie­hungs­wei­se Pas­si­ons­re­li­quie –, und man for­der­te mehr­fach ei­ne Er­he­bung auch des Hei­li­gen Rocks, doch die Re­li­quie blieb un­an­ge­tas­tet. Der lang­an­hal­ten­de Wi­der­stand ge­gen ei­ne Rock­wei­sung ist um­so ver­wun­der­li­cher, als die be­nach­bar­ten Zen­tren Aa­chen un­d Köln im 14. Jahr­hun­dert zu be­deu­ten­den Wall­fahrts­or­ten­ wur­den, de­nen sich in Trier die Ab­tei St. Ma­xi­min mit ih­rem Ma­ri­en­kleid, nicht aber der Dom an­schloss.

Im Jah­re 1512 fand in Trier ein Reichs­tag statt, des­sen Teil­neh­mer erst nach und nach ein­tra­fen. Am 10. März kam Kai­ser Ma­xi­mi­li­an (Re­gie­rungs­zeit 1486-1519) in die Stadt, führ­te di­plo­ma­ti­sche Ge­sprä­che, ging auf die Jagd und be­such­te die Trie­rer Kir­chen, wo er sich in St. Ma­xi­min auch die Re­li­qui­en zei­gen ließ. In der Os­ter­wo­che fand die gut be­such­te Heilt­ums­wei­sung am Dom statt. Am Mitt­woch nach Os­tern, am 14.4.1512, wur­de der Hei­li­ge Rock er­ho­ben. Über die Er­eig­nis­se an die­sem Tag sind wir denk­bar schlecht in­for­miert. Der Kai­ser, der aus his­to­ri­schen Wer­ken von der Tu­ni­ka wuss­te, soll ei­ne Er­he­bung ge­for­dert ha­ben. Die Mehr­zahl der Dom­her­ren sei da­für ge­we­sen, da der Dom auf die­se Wei­se sei­ne Re­pu­ta­ti­on be­deu­tend stei­gern konn­te, der erst im Vor­jahr ge­wähl­te, aber noch nicht be­stä­tig­te Erz­bi­schof Ri­chard von Greif­fen­klau ha­be da­ge­gen ­ge­zö­gert.

Der Dom­pre­di­ger Jo­hann Enen (um 1480-1512), der mög­li­cher­wei­se bei der Er­he­bung an­we­send war, be­rich­tet, dass der Erz­bi­schof und ei­ni­ge Ver­tre­ter des Dom­ka­pi­tels den Hoch­al­tar auf­bre­chen lie­ßen. Vor­her ha­be der Erz­bi­schof in al­len Kir­chen der Stadt für den Er­folg bei der Su­che be­ten las­sen. Der Al­tar sei sehr groß und in­nen hohl ge­we­sen. Der na­ment­lich nicht ge­nann­te Ka­plan des Erz­bi­schofs sei hin­ein­ge­kro­chen und ha­be drei Kis­ten her­vor­ge­holt, von de­nen die ers­te, mit ei­nem Sie­gel ver­se­he­ne, den Hei­li­gen Rock, ein Mes­ser und ei­nen Wür­fel ent­hal­ten ha­be. Da­bei be­fan­den sich ce­du­la, Per­ga­ment­strei­fen, die al­ler­dings durch Feuch­tig­keit un­le­ser­lich ge­wor­den wa­ren. Je­den­falls deu­te­te man das Mes­ser als das der Be­schnei­dung und den Wür­fel als ei­nen der drei, mit de­nen die Sol­da­ten um die Klei­der ge­wür­felt hat­ten. In der zwei­ten Kis­te be­fan­den sich un­ter an­de­rem Re­li­qui­en von Chry­san­tus und Da­ri­us, Mar­cel­li­nus und Pe­trus, Sma­ragdus und Lar­gus, von Ir­mi­na und von dem Tuch, in­ ­dem Chris­tus in der Krip­pe ein­ge­wi­ckelt war, und in der drit­ten Kis­te stieß man auf die Über­res­te des hei­li­gen Trie­rer Bi­schof­s Ma­ter­nus.

Der Be­richt wirft mehr Fra­gen auf als er be­ant­wor­tet. War­um hat man zu­nächst in den Kir­chen für die Auf­fin­dung ge­be­tet wie üb­lich bei Er­he­bun­gen, dann aber kei­ne förm­li­che Er­öff­nung des Ver­fah­rens mit ei­ner Mes­se, ei­nem no­ta­ri­el­len Pro­to­koll und ei­ner Zeu­gen­lis­te vor­ge­nom­men – zu­mal an­ge­sichts der Pro­mi­nenz der in Trier An­we­sen­den de­ren Zeu­gen­schaft ein wich­ti­ges Ar­gu­ment für die Kor­rekt­heit der Er­he­bung und so­mit – nach da­ma­li­gem Rechts­emp­fin­den – für die Echt­heit der Re­li­qui­en hät­te sein kön­nen? Wir wis­sen noch nicht ein­mal, ob der Kai­ser selbst bei der Er­he­bung zu­ge­gen war. Das Sie­gel auf der Kis­te – war es das Erz­bi­schof Jo­hanns I.? – wird nicht be­schrie­ben, auch über die ma­te­ri­el­le Be­schaf­fen­heit der Tu­ni­ka er­fährt man nichts. Er­wähnt wird auch kei­ne Prä­sen­ta­ti­on der Re­li­qui­en für die Öf­fent­lich­keit. Man könn­te mei­nen, es ha­be ei­ne ge­schlos­se­ne Ver­an­stal­tung im klei­nen Kreis ge­ge­ben, wo­für auch die Bei­läu­fig­keit spricht, mit der der kur­fürst­li­che Se­kre­tär Pe­ter Mai­er (cir­ca 1460-1542) von dem Er­eig­nis be­rich­tet. Die­se Schweig­sam­keit der Au­gen­zeu­gen kon­tras­tiert deut­lich mit der Viel­zahl der kurz da­nach er­schie­ne­nen Heilt­ums­dru­cke, die ein leb­haf­tes pu­bli­zis­ti­sches In­ter­es­se er­ken­nen las­sen.

Johannes Adelphus, 'Warhafftige Sag oder red von dem Rock Jesu Christi, neulich in der heiligen Stat Trier erfunden, mit andern viel köstbarn Heyltumb […]', Nürnberg 1512, Original in der Bayerischen Staatsbibliothek.

 

Auch was nach dem 14.4.1512 mit der Re­li­quie pas­sier­te, ob sie et­wa im An­schluss an die Er­he­bung den Pil­gern ge­zeigt wur­de, wis­sen wir nicht. Nur über den Fort­gang des am 16.4.1512 er­öff­ne­ten Reichs­tags sind wir in­for­miert, in des­sen Rah­men ei­ne wei­te­re Re­li­quien­er­he­bung statt­fand: Am 22. Mai lie­ßen der Erz­bi­schof und das Dom­ka­pi­tel ei­nen syl­be­rin kas­ten oder la­den öff­nen_, wel­cher kast oder la­de hat ge­stan­den vff dem fro­en­al­ta­er Sant Pe­ters im Cho­er_. Die Öff­nung fand im obe­ren Ka­pi­tel­saal statt, al­so un­ter Aus­schluss der Öf­fent­lich­keit. Auch der Kai­ser war nicht an­we­send, er un­ter­nahm am die­sem Tag ei­nen Jagd­aus­flug. Man ver­zeich­ne­te den In­halt und ent­nahm das Haupt des Not­hel­fers Kor­ne­li­us.

Am 3.5.1512, am Fest­tag der Wie­der­auf­fin­dung des Kreu­zes, fand im Dom ein fei­er­li­ches Jahr­ge­dächt­nis für Bi­an­ca Ma­ria Sfor­za (1472-1510) statt, die 1510 ver­stor­be­ne zwei­te Frau Kai­ser Ma­xi­mi­li­ans. An­schlie­ßend prä­sen­tier­te man den im Dom­chor ver­sam­mel­ten Reichs­tags­teil­neh­mern den Hei­li­gen Rock. In und vor dem Dom hat­ten sich zahl­rei­che Gläu­bi­ge ver­sam­melt, die im­mer lau­ter die Wei­sung der Re­li­quie for­der­ten, und zwar erst­mals die Zei­gung des aus­ein­an­der­ge­fal­te­ten Klei­des. Am fol­gen­den Tag wur­de im Dom all der­je­ni­gen ge­dacht, die im Diens­te des Rei­ches ge­stor­ben wa­ren; da­zu ge­hör­te auch der mit dem Kai­ser ver­wand­te Erz­bi­schof Ja­kob II. von Ba­den. An die­sem Tag wur­de das Heilt­um ­noch­mals ge­zeigt.

Wohl am 26.4.1512, zwei Wo­chen nach der Er­he­bung der Tu­ni­ka, traf die päpst­li­che Be­stä­ti­gungs­bul­le über die Bi­schofs­er­he­bung Ri­chards von Greif­fen­klau in Trier ein. Am 30. Mai er­folg­te die fei­er­li­che Amts­ein­füh­rung, und am 4. Ju­li las Greif­fen­klau sei­ne ers­te Mes­se im Dom. Da­bei wur­den al­le Re­li­qui­en des Do­mes sammt dem neu­en er­fon­den Heilt­umb, nem­li­chen Un­se­res Se­lig­ma­chers Jhe­su Chris­ti un­genee­ter Ro­cke, der Lich­nam Ma­ter­ni, das Haupt Cor­ne­lii pa­pe auf dem Hoch­al­tar aus­ge­stellt.

Ob die Zahl von 100.000 Pil­gern, die 1512 nach Trier ge­strömt sein sol­len, den Tat­sa­chen ent­spricht, lässt sich nicht mehr klä­ren. Im Ver­gleich mit an­de­ren vor­re­for­ma­to­ri­schen Wall­fahr­ten (Be­rich­te über die Aa­chen­fahrt 1510, die Wall­fahr­ten zum Hei­li­gen Blut in Wils­nack und zur Schö­nen Ma­don­na in Re­gens­burg) er­scheint sie je­den­falls nicht un­rea­lis­tisch. In den Jah­ren 1513 bis 1516 wur­de der Hei­li­ge Rock je­weils für zwei Wo­chen aus­ge­stellt. Über die ein­zel­nen Wall­fahr­ten ist we­nig be­kannt, doch of­fen­sicht­lich dien­ten eta­blier­te Heilt­ums­wei­sun­gen als Vor­bild: Wie in Aa­chen, Kor­ne­li­müns­ter und Maas­tricht zeig­te man die Tu­ni­ka aus­ein­an­der­ge­fal­tet und über ei­nen Stab ge­zo­gen von ei­ner Tri­bü­ne an der West­ap­sis des Do­mes aus den auf den Dom­frei­hof war­ten­den Pil­gern. An Aa­chen er­in­nert auch das eben­falls sie­ben Po­si­tio­nen um­fas­sen­de Pro­gramm der Heilt­ums­wei­sung, bei der ne­ben dem Hei­li­gen Rock auch an­de­re be­deu­ten­de Re­li­qui­en des Dom­schat­zes ge­zeigt wur­den. Di­rekt be­nannt wird das Aa­che­ner Vor­bild in der päpst­li­chen Ab­lass­bul­le von 1515, die den Pil­gern al­le sie­ben Jah­re – im Rhyth­mus der Aa­chen­fahrt – ei­nen voll­kom­me­nen Ab­lass ver­sprach. Mit den Spen­den der Pil­ger konn­te das Dom­ka­pi­tel 1515 den Süd­west­turm des Do­mes (Greif­fen­klau-Turm) um ein Schall­ge­schoss mit ei­nem mäch­ti­gen Ge­läut mit vier Glo­cken zu er­rich­ten, das auch akus­tisch die Wall­fahrts­or­te Köln und Aa­chen über­trumpf­te, die nur drei und da­zu auch noch we­ni­ger tief­tö­nen­de Glo­cken be­sa­ßen. Die Kon­kur­renz zu den be­nach­bar­ten geist­li­chen Zen­tren dürf­te ein Haupt­ansporn für die Dom­her­ren ge­we­sen sein, den Hei­li­gen Rock zu er­he­ben und ei­ne re­gel­mä­ßi­ge Wei­sung zu or­ga­ni­sie­ren.

Zum Er­folg der Trie­rer Wall­fahrt we­ni­ge Jah­re vor Be­ginn der Re­for­ma­ti­on tru­gen nicht zu­letzt die neu­en Me­di­en bei: 60 Heilt­ums­dru­cke sind für Trier nach­zu­wei­sen, von de­nen zwei Drit­tel dem Hei­li­gen Rock und ein Drit­tel den Re­li­qui­en der an­de­ren Trie­rer Klös­ter und Stif­te ge­wid­met sind, die eben­falls ih­re Ge­schich­te schil­dern und ih­re Hei­li­gen be­zie­hungs­wei­se Re­li­qui­en prä­sen­tie­ren woll­ten. Da Trier – ob­wohl seit 1473 Uni­ver­si­täts­stadt – kei­ne Dru­cke­rei be­saß, wur­den die Pu­bli­ka­tio­nen über­wie­gend in Metz, aber auch in Straß­burg, Mainz und Köln, in Nürn­berg, Augs­burg und Leip­zig, ei­ni­ge auch in Ros­tock und Wien her­ge­stellt. Knapp die Hälf­te ist in La­tein ab­ge­fasst, wand­te sich al­so an die Ge­bil­de­ten. Fran­zö­si­sche Tex­te feh­len merk­wür­di­ger­wei­se.

Die be­deu­tends­te Heilt­ums­schrift ist die „Me­dul­la Ge­sto­rum Tre­ver­en­si­um" des Dom­pre­di­gers Jo­hann Enen, von der 1515 ei­ne Neu­auf­la­ge und 1517 ei­ne la­tei­ni­sche Aus­ga­be er­schien. Die Me­dul­la ent­hält ei­ne Ge­schich­te des Hei­li­gen Rocks und sei­ner Auf­fin­dung, die in den Rah­men ei­nes Ge­samt­pro­gramms der Trie­rer Kir­chen- be­zie­hungs­wei­se Hei­li­gen­ge­schich­te ein­ge­ord­net wird. Der his­to­ri­sche Teil be­schreibt auf 50 Druck­sei­ten die Ge­schichts­kon­struk­ti­on der Trie­rer Grün­dungs­le­gen­de, wie sie im 10./11. Jahr­hun­dert aus­for­mu­liert wur­de: die apos­to­li­sche Tra­di­ti­on mit der Grün­dung der Trie­rer Kir­che und die wich­ti­ge Rol­le der Kai­se­rin He­le­na. Die be­reits im ho­hen Mit­tel­al­ter ent­stan­de­ne Idee der Sanc­ta Tre­ve­ris, die al­le an­de­ren Bis­tü­mer hin­sicht­lich Al­ter, Rang und Heils­schatz über­ragt, wird jetzt neu for­mu­liert, in­dem die Her­ren­re­li­quie in den Mit­tel­punkt ge­stellt wird.

Das Jahr 1517 be­deu­te­te in mehr­fa­cher Hin­sicht ei­nen Ein­schnitt. Zu­nächst muss 1517 ei­ne der grö­ß­ten Wall­fahr­ten statt­ge­fun­den ha­ben. In die­sem Jahr gab es erst­mals ei­nen über­re­gio­nal or­ga­ni­sier­ten Wall­fahrts­zy­klus der sechs rhei­ni­schen Pil­ger­städ­te Aa­chen, Dü­ren, Kor­ne­li­müns­ter (heu­te Stadt Aa­chen), Maas­tricht, Trier und Köln, wo­bei man ei­nen Teil der aus Un­garn kom­men­den Aa­chen­pil­ger über Trier um­lei­ten konn­te. Die Heilt­ums­wei­sun­gen in den sechs Städ­ten wa­ren ter­min­lich auf­ein­an­der ab­ge­stimmt und er­folg­ten nach ei­nem ver­gleich­ba­ren Sche­ma. Fort­an ori­en­tier­te sich die Trie­rer Wall­fahrt am Sie­ben­jah­res­zy­klus der Aa­chen­fahrt: 1524, 1531, 1538 und 1545 wur­de das Ge­wand ge­zeigt, wo­bei der Man­gel an Nach­rich­ten auf ei­ne Ab­nah­me der Pil­ger­zah­len hin­deu­tet. 1552 wur­de die Wall­fahrt we­gen der Be­set­zung Triers durch Mark­graf Al­brecht Al­ki­bia­des von Bran­den­burg (Re­gie­rungs­zeit 1527 be­zie­hungs­wei­se 1541-1554) auf 1553 ver­scho­ben; sie fiel dann ganz aus.

Ein Haupt­grund für den Nie­der­gang der Wall­fahrt war die Re­for­ma­ti­on. Mar­tin Lu­thers (1483-1546) 95 The­sen zum Ab­lass von 1517 er­fuh­ren durch den Buch­druck ei­ne un­ge­heu­re Re­so­nanz. In den fol­gen­den Jah­ren ver­brei­te­ten sich die pro­tes­tan­ti­schen Glau­bens­sät­ze, al­lein durch die Schrift und al­lein durch den Glau­ben kön­ne der Christ zum Herrn fin­den, nicht durch from­me Wer­ke und Ab­lass, nicht durch die Hei­li­gen- und Re­li­qui­en­ver­eh­rung und auch nicht durch Wall­fahr­ten. 1520 ver­öf­fent­lich­te Lu­ther in sei­ner Schrift „An den christ­li­chen Adel deut­scher Na­ti­on" die For­de­rung an die Fürs­ten: "Zum zwan­zigs­ten soll­ten die Ka­pel­len im Frei­en und die Feld­kir­chen bis auf den Grund zer­stört wer­den, zum Bei­spiel die, wo die neu­en Wall­fahr­ten hin­ge­hen: Wils­nack, Stern­berg, Trier, das Grimm­en­tal und jetzt Re­gens­burg und viel mehr an Zahl. O wie schwe­re, elen­de Re­chen­schaft wer­den die Bi­schö­fe ge­ben müs­sen, die sol­chen Teu­fels­spuk zu­las­sen und Nut­zen da­von emp­fan­gen!" Lu­ther nennt ei­ne gan­ze Rei­he von po­pu­lä­ren Wall­fahrts­zie­len: das Hei­li­ge Blut in Wils­nack, das Hei­li­ge Blut in Stern­berg, den Hei­li­gen Rock in Trier, das Ma­ri­en­bild in Grimm­en­tal und die Schö­ne Ma­don­na in Re­gens­burg. Vor al­lem die neu­en, erst um oder nach 1500 ent­stan­de­nen Wall­fahr­ten ste­hen in der Kri­tik. Die Bi­schö­fe wür­den hier mit frag­wür­di­gen Re­li­qui­en („Be­scheis­se­rei von Trier") Ein­nah­men er­zie­len, ob­wohl es ih­re Auf­ga­be wä­re, die­sem Trei­ben Ein­halt zu ge­bie­ten.

1517 fand noch ein drit­tes Er­eig­nis statt. Kai­ser Ma­xi­mi­li­an be­such­te noch­mals Trier und ließ in der Stifts­kir­che St. Si­me­on (Por­ta Ni­gra) das Grab des als Hei­li­gen ver­ehr­ten Erz­bi­schof­s Pop­po von Ba­ben­berg öff­nen, der den hei­li­gen Si­me­on nach Trier brach­te, nach des­sen Tod ka­no­ni­sie­ren und die Por­ta Ni­gra zu­ ei­ner Kir­che um­bau­en ließ. In Pop­po sah Ma­xi­mi­li­an ei­nen sei­ner Vor­fah­ren. Bei sei­nem Auf­ent­halt ließ er sich au­ßer­dem den Hei­li­gen Rock zei­gen. Da­mit be­gann die Rei­he der pri­va­ten Wei­sun­gen der Re­li­quie für pro­mi­nen­te Be­su­cher, so auch 1539/1540 für Kö­nig Fer­di­nand (Re­gie­rungs­zeit als rö­misch-deut­scher Kö­nig ab 1531, als Kai­ser 1558-1564) und 1585 für den päpst­li­chen Le­ga­ten Jo­hann Franz von Ver­cel­li (1536-1587) hier wur­de die Tu­ni­ka an­schlie­ßend drei Ta­ge lang aus­ge­stellt. Auch für die Jah­re 1594, 1680, 1688, 1713, 1714, 1724, 1725 und 1734 sind pri­va­te Zei­gun­gen für Staats­gäs­te be­legt, bei de­nen es mehr­fach zu Kon­flik­ten zwi­schen dem Erz­bi­schof und dem Dom­ka­pi­tel kam, das sei­ne Ver­fü­gungs­ge­walt über die wich­tigs­te Re­li­quie des Erz­bis­tums ge­fähr­det sah. Auch heu­te noch dür­fen aus­ge­wähl­te Gäs­te bei der jähr­li­chen In­spek­ti­on der Tu­ni­ka da­bei sein.

Der Trierer Dom, Foto: Berthold Werner.

 

3. Barocke Heilig Rock-Verehrung

Nach den Wir­ren des Drei­ßig­jäh­ri­gen Krie­ges woll­te der 1652 ge­wähl­te Erz­bi­schof Karl Kas­par von der Ley­en das re­li­giö­se Le­ben neu ent­fa­chen und das ka­tho­li­sche ­Re­form­werk fort­set­zen. Ge­zielt wand­te er sich an die be­nach­bar­ten ka­tho­li­schen Ter­ri­to­ri­en, aber auch an evan­ge­li­sche Lan­des­her­ren, und lud sie zur Aus­stel­lung des Hei­li­gen Rocks ein. Bis zu 200.000 Pil­ger sol­len 1655 nach Trier ge­kom­men sein – zur letz­ten nach dem Aa­che­ner Vor­bild or­ga­ni­sier­ten Wall­fahrt. Ein groß­for­ma­ti­ger Kup­fer­stich des Köl­ners Jo­hann Eck­hard Löff­ler (ge­stor­ben nach 1680) zeigt ei­ne Tri­bü­ne an der West­fas­sa­de des Do­mes, von der aus das Ge­wand den zahl­rei­chen Pil­gern auf dem Dom­frei­hof prä­sen­tiert wird. Ins­ge­samt zwölf Re­li­qui­en wur­den un­ter Glo­cken­ge­läut und Böl­ler­schüs­sen aus­ge­stellt und er­läu­tert, die auch in dem Kup­fer­stich des Köl­ners Ger­hard Alt­zen­bach (1609-1672) wie­der­ge­ge­ben sind. Sei­ne Dar­stel­lung von 20 Re­li­qui­en des Trie­rer Dom­schat­zes ver­mit­telt uns ei­nen Ein­druck vom Aus­se­hen der 1792 ein­ge­schmol­ze­nen Wer­ke der Gold­schmie­de­kunst. Bei­de Dru­cke sind mit um­fang­rei­chen Tex­ten zu den Re­li­qui­en und ih­rem Platz in der Bis­tums- und Heils­ge­schich­te in la­tei­ni­scher, deut­scher und fran­zö­si­scher Spra­che ver­se­hen.

Ob­wohl das Erz­bis­tum Trier ein Hort der ba­ro­cken Fröm­mig­keit war, fand bis zum En­de des Al­ten Reichs kei­ne of­fi­zi­el­le Aus­stel­lung der Tu­ni­ka mehr statt. Dies ist um­so er­staun­li­cher, als um die Wen­de zum 18. Jahr­hun­dert der Trie­rer Dom mit viel Auf­wand zu ei­ner re­gel­rech­ten Wall­fahrts­kir­che um­ge­baut wur­de. Ab 1687 er­folg­te un­ter Erz­bi­schof Jo­hann Hu­go von Ors­beck ei­ne Neu­ge­stal­tung des Ost­chors: Nach Plä­nen des Frank­fur­ter Ar­chi­tek­ten Jo­hann Wolf­gang Frö­li­cher (1652-1700) wur­de die Hei­lig-Rock-Ka­pel­le an die ro­ma­ni­sche Ap­sis an­ge­baut. Im In­nern des Do­mes füh­ren zwei Trep­pen­auf­gän­ge zum Ein­gang der Ka­pel­le, an de­ren Ba­sis Fi­gu­ren von Kai­ser Kon­stan­tin und sei­ner Mut­ter He­le­na die Pil­ger­scha­ren sym­bo­lisch in Emp­fang neh­men. Die­ser Ka­pel­len­an­bau und sein se­pa­ra­ter Zu­gang mach­ten ei­ne Ver­eh­rung der Her­ren­re­li­quie oh­ne Stö­rung des Chor­ge­bets mög­lich. Be­mer­kens­wert ist die zum Kir­chen­schiff durch­bro­che­ne Fas­sa­de der Ka­pel­le: Ih­re asym­me­tri­sche, von Wol­ken und En­gels­fi­gu­ren ge­säum­te Öff­nung in­mit­ten ei­ner mo­nu­men­ta­len, fi­gu­ren­be­setz­ten Säu­len­ar­chi­tek­tur geht auf rö­mi­sche Vor­bil­der (Berni­nis Oval­fens­ter in St. Pe­ter in Rom) zu­rück und macht auf­grund ih­rer per­spek­ti­vi­schen Kon­struk­ti­on die Hei­lig Rock-Ka­pel­le zum op­ti­schen Mit­tel­punkt der Dom­kir­che.

Ein letz­tes Mal ge­stei­gert wur­de die In­sze­nie­rung der Her­ren­re­li­quie im Kir­chen­raum schlie­ß­lich durch ein glän­zen­des Sil­ber­re­li­qui­ar: 1729 gab Erz­bi­schof Franz Lud­wig von Pfalz-Neu­burg bei dem Augs­bur­ger Gold­schmied Franz Thad­dä­us Lang (um 1693-1773) ei­nen Schrein für die Tu­ni­ka Chris­ti in Auf­trag. Nach ei­ne­m ­Ent­wurf des Bres­lau­er Je­sui­ten und Ar­chi­tek­ten Chris­to­pho­rus Tausch (1673-1731) stell­te er 1732 ei­nen 4,7 Me­ter ho­hen Sil­ber­schrein her, der bei ge­schlos­se­nen Tü­ren die hei­li­ge He­le­na mit der Tu­ni­ka und in ge­öff­ne­tem Zu­stand die Her­ren­re­li­quie zeig­te. Es han­del­te sich um ei­nes der be­deu­tends­ten Re­li­quia­re des Ba­rock, das lei­der 1792 ein­ge­schmol­zen wur­de.

Karl Kaspar von der Leyen, Darstellung in Caspar Merians 'Beschreibung vnd Abbildung Aller Königl. vnd Churfürstl. Ein-Züge, Wahl vnd CrönungsActa, so geschehen zu Franckfurt am Mayn, im Jahr 1658', Original in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel.

 

Die zahl­rei­chen Krie­ge des 17./18. Jahr­hun­derts führ­ten da­zu, dass das Ge­wand meist in si­che­rem Ge­wahr­sam auf der Fes­tung Eh­ren­breit­stein (heu­te Stadt Ko­blenz) blieb. Hier­hin wur­de es auch 1765 über­führt und in der Ka­pel­le im kur­fürst­li­chen Pa­last drei Ta­ge lang aus­ge­stellt, wo es zahl­rei­che ­Be­su­cher se­hen und be­rüh­ren konn­ten und ein Ma­ler vier maß­st­ab­ge­rech­te Bil­der an­fer­tig­te, die eben­falls an­ge­rührt wur­den; schlie­ß­lich wur­den die Hüll­stof­fe, in die der Hei­li­ge Rock ein­ge­packt war, zer­schnit­ten und ver­schenkt.

4. Die Wallfahrten des 19. Jahrhunderts (1810, 1844, 1891)

Als fran­zö­si­sche Re­vo­lu­ti­ons­trup­pen 1794 das Kur­fürs­ten­tum be­setz­ten, floh der Kur­fürst und brach­te auch die wich­tigs­te Re­li­quie sei­ner Kir­che in Si­cher­heit. Über Bam­berg und Böh­men kam das Ge­wand nach Augs­burg, wo Cle­mens Wen­zes­laus als Bi­schof am­tier­te. Ob­wohl auch das Kö­nig­reich Bay­ern und da­s Her­zog­tum Nas­sau-Weil­burg In­ter­es­se an­mel­de­ten, ge­lang es Charles Man­nay (Epis­ko­pat 1801-1816), dem ers­ten Bi­schof des 1801 neu er­rich­ten Bis­tums Trier, mit Un­ter­stüt­zung der fran­zö­si­schen Re­gie­rung die Re­li­quie nach Trier zu­rück­zu­be­kom­men. Sie wur­de 1810 heim­lich über Straß­burg un­d Saar­brü­cken nach Mett­lach trans­por­tiert und dann in ei­ner fei­er­li­chen Pro­zes­si­on in den Dom ge­bracht.

Über 200.000 Pil­ger be­such­ten ab dem 9. Sep­tem­ber an den fol­gen­den 19 Ta­gen den Hei­li­gen Rock, was im auf­ge­klär­ten na­po­leo­ni­schen Kai­ser­reich für ei­ni­ge Un­ru­he sorg­te: Der Bi­schof hat­te die Wall­fahrt le­dig­lich an­ge­zeigt; mit so ei­ner gro­ßen Teil­neh­mer­zahl hat­te nie­mand ge­rech­net. Die Mo­bi­li­sie­rung zahl­rei­cher Pil­ger aus eher länd­li­chen Be­völ­ke­rungs­krei­sen, dar­un­ter vor al­lem Frau­en, soll­te eben­so rich­tungs­wei­send sein wie die 1810 neu ent­wi­ckel­ten Or­ga­ni­sa­ti­ons­for­men: Das Ge­wand wur­de nicht mehr vor dem Dom, son­dern im In­ne­ren am Ein­gang der Heilt­ums­kam­mer prä­sen­tiert. Die an­de­ren Dom­re­li­qui­en tra­ten in den Hin­ter­grund, auch wenn sie bei den Wall­fahr­ten von 1891, 1933 und 1959 noch aus­ge­stellt wur­den. Schlie­ß­lich leg­ten die Be­hör­den grö­ß­ten Wert auf ei­nen ge­re­gel­ten Ab­lauf: Ein­zel­pil­ger wa­ren nicht ger­ne ge­se­hen, man wünsch­te ge­schlos­se­ne Pro­zes­sio­nen der ein­zel­nen Pfar­rei­en un­ter Auf­sicht ei­nes Geist­li­chen. Die Trie­rer Wall­fahrt stand im Na­po­leo­ni­schen Rhein­land frei­lich nicht sin­gu­lär da: Seit 1804 fand wie­der die Aa­chen­fahrt statt, und 1810 wur­de die Wall­fahrt nach Keve­la­er neu be­lebt.

Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg, Gemälde, 18. Jahrhundert.

 

Seit 1815 ge­hör­te das Bis­tum Trier zum Kö­nig­reich Preu­ßen. Zwi­schen dem auf­ge­klär­ten, bü­ro­kra­tisch or­ga­ni­sier­ten und von ei­nem evan­ge­li­schen Kö­nig re­gier­ten preu­ßi­schen Staat und der ka­tho­li­schen Kir­che kam es zu ei­ner gan­zen Rei­he von Kon­flik­ten, von de­nen hier nur der Misch­ehen­streit, die da­mit im Zu­sam­men­hang ste­hen­de In­haf­tie­rung des Köl­ner Erz­bi­schof­s Cle­mens Au­gust zu Dros­te-Vi­sche­ring 1837 und die Aus­ein­an­der­set­zun­gen um die ­Wahl von Wil­helm Ar­nol­di zum Trie­rer Bi­schof (1836-1842) ge­nannt sei­en. Ab 1840 schlug der neue Kö­nig Fried­rich Wil­helm IV. (Re­gent­schaft 1840-1858) mo­dera­te­re Tö­ne an, was als Sieg der ka­tho­li­schen Sa­che ge­deu­tet wur­de. In die­sem Kon­text ver­dient die Wall­fahrt von 1844 be­son­de­re Auf­merk­sam­keit. In An­leh­nung an das Mo­dell von 1810 straff or­ga­ni­siert, führ­te sie in­ner­halb von sechs Wo­chen cir­ca 750.000 Pil­ger nach Trier – am Ham­ba­cher Fest von 1832 hat­ten nur 30.000 Per­so­nen teil­ge­nom­men.

Lithographie zur Trierer Heilig-Rock-Wallfahrt von 1844.

 

Die Wall­fahrt von 1844 rief ein au­ßer­ge­wöhn­li­ches pu­bli­zis­ti­sches Echo her­vor: Ein His­to­ri­ker und ein Ori­en­ta­list – Hein­rich von Sy­bel und Jo­hann Gil­de­meis­ter – an der neu­ge­grün­de­ten preu­ßi­schen Uni­ver­si­tät Bonn ver­fass­ten ein Buch über die ins­ge­samt 20 un­ge­näh­ten Hei­li­gen Rö­cke un­d ­stell­ten die Echt­heit der Trie­rer Re­li­quie ernst­haft in Fra­ge. Die­se Pu­bli­ka­ti­on rief zahl­rei­che Ge­gen­schrif­ten her­vor, eben­so ein po­le­mi­sches Send­schrei­ben, das ein amts­ent­ho­be­ner schle­si­scher Pries­ter – Jo­han­nes Ron­ge (1813-1887) – an Bi­schof Ar­nol­di ver­fass­te, in dem er ihn des Göt­zen­diens­tes be­schul­dig­te und ihm vor­warf, die ar­me Land­be­völ­ke­rung mit der teu­ren Wall­fahrt in den Ru­in zu trei­ben. Ei­ne gan­ze Rei­he von Wun­der­hei­lun­gen (Frei­frau von Dros­te-Vi­sche­ring) wur­de in ei­ner aus­führ­li­chen, vom Bi­schof per­sön­lich her­aus­ge­ge­be­nen Do­ku­men­ta­ti­on pu­bli­ziert, um die Echt­heit der Re­li­quie zu be­wei­sen und da­mit die Wall­fahrt zu recht­fer­ti­gen, doch auch sie pro­vo­zier­te zahl­rei­che Ge­gen­schrif­ten.

Johannes Czerski, Johannes Ronge und Robert Blum stellen sich der katholischen Kirche entgegen, Karikatur anlässlich der Heilig-Rock-Wallfahrt 1844.

 

In der un­ru­hi­gen Si­tua­ti­on des Vor­märz und vor dem Hin­ter­grund der Span­nun­gen zwi­schen Kir­che und Staat las­sen sich zwei Kon­flikt­fel­der be­ob­ach­ten: Ein­mal emp­fan­den die evan­ge­li­schen Po­li­ti­ker, Pu­bli­zis­ten, Pfar­rer und Bil­dungs­bür­ger das „Trie­rer Er­eig­nis" als kon­fes­sio­nel­le Pro­vo­ka­ti­on und po­li­ti­sche De­mons­tra­ti­on. Zu­dem ging der Riss auch quer durch die ka­tho­li­sche Kir­che: Die ul­tra­mon­ta­ne Strö­mung woll­te sich stär­ker von den Pro­tes­tan­ten ab­gren­zen, woll­te auf­ge­klär­tem Ge­dan­ken­gut den Rü­cken keh­ren und an vor­mo­der­ne mit­tel­al­ter­li­che be­zie­hungs­wei­se ba­ro­cke Fröm­mig­keits­for­men an­knüp­fen. Die­se neue Hal­tung und ein dar­aus re­sul­tie­ren­der Pa­ra­dig­men­wech­sel wa­ren ei­ne der Ur­sa­chen für die Es­ka­la­ti­on der Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen Kir­che und Staat in den 1830er Jah­ren. Dem stan­den die von Ron­ge ge­grün­de­ten Deutsch­ka­tho­li­ken ge­gen­über, die sich von Rom dis­tan­zier­ten, eher der Auf­klä­rung an­hin­gen und an der Lö­sung der so­zia­len Fra­ge in­ter­es­siert wa­ren. Die­se Rich­tung hat­te ei­ne Zeit­lang gro­ßen Zu­lauf, doch ge­lang es den Ul­tra­mon­ta­nen we­sent­lich bes­ser, aus der Be­völ­ke­rung der Dör­fer (Bau­ern und Win­zer) und Klein­städ­te (Hand­wer­ker, Berg­ar­bei­ter) zahl­rei­che Pil­ger, dar­un­ter in der Mehr­zahl Frau­en, zu mo­bi­li­sie­ren, die als „Kreuz­zug der Mas­sen", als „Völ­ker­wan­de­rung zum Hei­li­gen Rock" ei­ne ein­drucks­vol­le De­mons­tra­ti­on dar­stell­ten. Die in die­sen Jah­ren auf­blü­hen­de ka­tho­li­sche Pu­bli­zis­tik sorg­te da­für, dass sol­che Deu­tun­gen in al­len Ge­mein­den und Fa­mi­li­en ver­brei­tet wur­den.

Der 'Schaff-Rock'. (Bistum Trier)

 

Wei­te­re Kon­flik­te zwi­schen Kir­che und Staat wur­den im Kul­tur­kampf von 1871-1887 aus­ge­tra­gen, zum Bei­spiel über die Zi­vil­ehe und den Kan­zel­pa­ra­gra­phen. Nach­dem sich die ka­tho­li­sche Kir­che auch hier weit­ge­hend be­haup­tet hat­te, kam es zu ei­nem Auf­schwung ka­tho­li­scher Fröm­mig­keit, der sich in zahl­rei­chen neu­en Kir­chen­bau­ten, in der Aus­brei­tung des ka­tho­li­schen Ver­eins­we­sens, in ei­ner ka­tho­li­schen Pres­se und in der Grün­dung von Kran­ken­häu­sern und Schu­len nie­der­schlug. Auf der Ge­ne­ral­ver­samm­lung der deut­schen Ka­tho­li­ken in Trier for­der­te 1887 der Lu­xem­bur­ger Bi­schof Jo­han­nes Jo­sef Kop­pes (Epis­ko­pat 1883-1918) sei­nen Trie­rer Amts­kol­le­gen Mi­cha­el Fe­lix Ko­rum an­geb­lich spon­tan auf, wie­der ein­mal den Hei­li­gen Rock aus­zu­stel­len.

Im Vor­feld wur­de 1890 das er­heb­lich be­schä­dig­te Ge­wand re­stau­riert; es liegt seit­dem aus­ein­an­der ge­fal­tet in ei­nem Schrein. Über den ma­te­ri­el­len Be­fund und die Fra­ge der Echt­heit wur­den recht kon­tro­ver­se Po­si­tio­nen ver­tre­ten. Bi­schof Ko­rum wies be­reits vor der Wall­fahrt dar­auf hin, dass die Echt­heit der Tu­ni­ka kein Dog­ma sei, wohl aber ei­ne ehr­wür­di­ge, be­reits durch ihr ho­hes Al­ter Re­spekt ein­for­dern­de Tra­di­ti­on, und dass die Ver­eh­rung Chris­tus und nicht dem Rock gel­te.

Ablassurkunde für Teilnehmer der Wallfahrt, 1844. (Stadtarchiv Linz am Rhein)

 

Auch im Nach­klang der Wall­fahrt schlug die pu­bli­zis­ti­sche Kri­tik ho­he Wel­len. Ein gro­ßes Echo ver­ur­sach­te die an­onym ver­öf­fent­lich­te Schrift „Die Rock­fahrt nach Trier un­ter der Ära Ko­rum. Ge­schich­te der Wall­fahrt von 1891, kri­tisch be­leuch­tet von ei­nem nicht cle­ri­ka­len Trie­rer Au­gen­zeu­gen", die dem Ver­fas­ser – dem Theo­lo­gie­stu­den­ten Wil­helm Reichard (1871-1951) – acht Ta­ge Fes­tungs­haft auf dem Eh­ren­breit­stein ein­brach­te. Reich­art hat­te un­ter an­de­rem die kirch­li­che Dar­stel­lung der Wun­der­hei­lun­gen wäh­rend der Wall­fahrt kri­ti­siert: Zu be­stimm­ten Zei­ten war der Zu­gang zur Re­li­quie für Kran­ke re­ser­viert, die das Ge­wand be­rüh­ren durf­ten, wo­für ei­ne Er­laub­nis des Bi­schofs ver­langt wur­de. Die an­de­ren Pil­ger lie­ßen ih­re De­vo­tio­na­li­en von zwei Pries­tern an­rüh­ren. Sie wur­den da­durch zu Be­rüh­rungs­re­li­qui­en, die man zu Hau­se in Bil­der­rah­men ein­füg­te oder in Ge­bet­bü­cher ein­leg­te. Auch Ro­sen­krän­ze und Me­dail­len wur­den an­ge­rührt. 1996 lehn­te man sol­che Fröm­mig­keits­for­men als aber­gläu­bisch ab, doch 2012 leg­ten wie­der vie­le Pil­ger ei­nen Ro­sen­kranz oder ein Hei­li­gen­bild auf den Glas­schrein. Vie­le mach­ten auch ein Fo­to, um ein „ei­ge­nes Bild" mit nach Hau­se neh­men zu kön­nen.

Hat­te man die Wall­fahrt von 1844 noch als will­kom­me­ne Maß­nah­me der Wirt­schafts­för­de­rung be­grü­ßt, so ge­wann die kom­mer­zi­el­le Sei­te 1891 ei­ne sol­che Di­men­si­on, dass sie mas­siv kri­ti­siert wur­de: Zahl­rei­che Ge­schäfts­leu­te hat­ten Gast­häu­ser, Im­biss­bu­den, Über­nach­tungs­quar­tie­re und Ver­kaufs­stän­de ein­ge­rich­tet, De­vo­tio­na­li­en wa­ren in gro­ßer Zahl be­schafft und der Ver­kauf in zahl­rei­chen Bu­den und durch flie­gen­de Händ­ler or­ga­ni­siert wor­den. Doch die Wall­fahrt stell­te, wenn man den Gast­wir­ten glau­ben darf, wirt­schaft­lich ge­se­hen ein Fi­as­ko dar – we­nig ver­wun­der­lich viel­leicht an­ge­sichts über­zo­ge­ner Er­war­tun­gen der Ge­schäfts­welt und der Tat­sa­che, dass die Mehr­zahl der Pil­ger der ar­men Land­be­völ­ke­rung an­ge­hör­te. Die wich­tigs­te Neue­rung ge­gen­über der Wall­fahrt von 1844 war in­fra­struk­tu­rel­ler Na­tur: Die Ei­sen­bahn er­mög­lich­te den Trans­port von Pil­ger­grup­pen aus den Pfar­rei­en selbst der Nach­bar­bis­tü­mer an ei­nem ein­zi­gen Tag nach Trier und zu­rück. Auf ih­rem Weg, so klag­ten die Ge­schäfts­leu­te, hät­ten die Pil­ger nicht ein­mal die Mög­lich­keit, das An­ge­bot der Ge­schäf­te und Stän­de an­zu­se­hen. Die Kri­tik am Pil­ger­ge­schäft wie auch die Kla­gen der Ge­schäfts­leu­te fin­den sich auch noch in der Pres­se von 1933, 1959, 1996 und 2012.

Un­ge­ach­tet al­ler Kon­tro­ver­sen und Kri­tik konn­te die Wall­fahrt 1891 fast zwei Mil­lio­nen Pil­ger mo­bi­li­sie­ren, mehr als dop­pelt so vie­le wie 1844. Zu­dem stat­te­ten fast al­le deut­schen Bi­schö­fe der Rock­stadt ei­nen Be­such ab, was den Ein­druck ei­nes ge­schlos­se­nen Auf­tre­tens des ka­tho­li­schen La­gers noch­mals un­ter­strich.

Erinnerung an die Heilig-Rock-Wallfahrten 1844 und 1891,Original in der Library of Congress, Washington D.C.

 

5. Die Wallfahrten des 20. Jahrhunderts (1933, 1959, 1996)

An­lass für die Hei­lig Rock-Aus­stel­lung 1933 war das Hei­li­ge Jahr, das Papst Pi­us XI. (Epis­ko­pat 1922-1939) an­läss­lich der 1900. Wie­der­kehr des Kreu­zes­to­des Chris­ti am 6. Ja­nu­ar ver­kün­de­te. Am 30.1.1933 fand die so­ge­nann­te Macht­er­grei­fung durch die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten statt, die in der Trie­rer Pres­se weit­aus we­ni­ger Auf­merk­sam­keit er­reg­te als die am glei­chen Tag pu­bli­zier­te An­kün­di­gung der Aus­stel­lung des Hei­li­gen Rocks durch Bi­schof Franz Ru­dolf Bor­ne­was­ser. Am 20.7.1933 wur­de das Reichs­kon­kor­dat un­ter­zeich­net, von dem man sich die Re­ge­lung al­ler of­fe­nen Fra­gen zwi­schen Kir­che und Staat so­wie ei­ne fried­li­che Ko­exis­tenz für die Zu­kunft ver­sprach; am 23. Ju­li be­gann die Wall­fahrt.

Die Er­schüt­te­run­gen, die der Ers­te Welt­krieg, die neu­en Gren­zen zum Saar­land und zu Loth­rin­gen, die Be­sat­zung, der Ruhr­kampf un­d ­die Welt­wirt­schafts­kri­se ver­ur­sacht hat­ten, weck­ten of­fen­bar das Be­dürf­nis nach re­li­giö­ser Ori­en­tie­rung und mo­bi­li­sier­ten die grö­ß­te Zahl von Pil­gern, die der Hei­li­ge ­Rock je­mals ge­se­hen hat­te: Über zwei Mil­lio­nen Men­schen ström­ten an den 50 Aus­stel­lungs­ta­gen zu Fuß, mit Schif­fen, mit der Ei­sen­bahn, mit 5.700 Bus­sen, mit 68.800 Au­tos, mit Mo­to­rä­dern und Flug­zeu­gen nach Trier. Be­son­ders ein­drucks­voll war die Leis­tung der Reichs­bahn, die mit 1.110 Son­der­zü­gen 900.000 Pil­ger trans­por­tier­te. Trotz des er­heb­li­chen Mehr­auf­wan­des und der Pil­ger­ra­bat­te konn­te ein Über­schuss er­wirt­schaf­tet wer­den, mit dem man den Trie­rer Haupt­bahn­hof mo­der­ni­sier­te.

Die Wall­fahrts­lei­tung un­ter Dom­ka­pi­tu­lar Al­bert Ma­ria Fuchs (1876-1944) war – trotz ei­ner knap­pen Vor­be­rei­tungs­zeit von nur sechs Mo­na­ten – per­fekt or­ga­ni­siert: Die Pil­ger wur­den von den drei Trie­rer Bahn­hö­fen in ver­schie­de­ne Sta­ti­ons­kir­chen ge­lei­tet. Sie muss­ten ein Pil­ger­zei­chen und ein Pil­ger­büch­lein er­wer­ben, das in der Sta­ti­ons­kir­che und am Dom ab­ge­stem­pelt wur­de und hier zum Ein­tritt be­rech­tig­te. Das An­ge­bot an De­vo­tio­na­li­en wur­de von der Wall­fahrts­lei­tung kon­trol­liert. Ein Pres­se­aus­schuss ver­sorg­te die Zei­tun­gen auf der gan­zen Welt mit Ar­ti­keln. Ei­ne Wall­fahrts­zei­tung er­schien in zahl­rei­chen Auf­la­gen, drei Fil­me hiel­ten das Ge­sche­hen für die Nach­welt fest. Die Stadt schrieb Fest­prei­se für Es­sen und Über­nach­tun­gen vor, den­noch klag­te die Ge­schäfts­welt über aus­blei­ben­de Um­sät­ze. Be­rich­tet wird von zahl­rei­chen ar­men Pil­gern, die ih­re But­ter­bro­te auf der Bord­stein­kan­te aßen und auf den Bän­ken der Sta­ti­ons­kir­chen über­nach­te­ten.

Ob­wohl die Wall­fahrts­lei­tung gut or­ga­ni­siert war, führ­te der Mas­sen­an­sturm der Pil­ger zu er­heb­li­chen Pro­ble­men. Die neu­en Macht­ha­ber bo­ten ih­re Un­ter­stüt­zung an: SA-Ka­pel­len emp­fin­gen die Pil­ger am Bahn­hof, Hit­ler­jun­gen ge­lei­te­ten die Pro­zes­sio­nen zu den Sta­ti­ons­kir­chen und in den Dom. Die of­fi­zi­el­le Pu­bli­ka­ti­on von Dom­ka­pi­tu­lar Ni­ko­laus Irsch (1872-1956) von 1934 macht in er­schüt­tern­der Wei­se deut­lich, wie falsch man das Re­gime noch im­mer ein­schätz­te: Die Kir­che träum­te von ei­nem neu­en Bünd­nis von Thron und Al­tar, von der Über­win­dung der Stan­des- und Klas­sen­schran­ken, vom ge­mein­sa­men Kampf ge­gen Kom­mu­nis­mus und Bol­sche­wis­mus. Dem „Drit­ten Reich" war es ge­lun­gen, den Kle­rus lan­ge Zeit für sich ein­zu­neh­men.

Noch nach­hal­ti­ger war der Pro­pa­gan­da­er­folg im Aus­land: 237.000 Pil­ger aus Frank­reich, ins­be­son­de­re aus dem El­sass (43.000) und aus Loth­rin­gen (190.000), 110.000 aus Lu­xem­burg und 46.000 aus Bel­gi­en ka­men trotz der neu­en Gren­zen zum Hei­li­gen Rock. Die Pro­ble­me der Vi­sa- und De­vi­sen­be­schaf­fung, die Fra­ge, ob man in Trier in fran­zö­si­scher Spra­che pre­di­gen und die Beich­te ab­le­gen dür­fe, konn­ten erst im letz­ten Mo­ment ge­löst wer­den. Die Wall­fahrt galt als gro­ße Frie­dens­mis­si­on nach dem Welt­krieg, als zu­kunfts­wei­sen­des Zei­chen der Völ­ker­ver­stän­di­gung. Nach ih­rer Rück­kehr be­rich­te­ten die Pil­ger von freund­li­chen und hilfs­be­rei­ten Män­nern in brau­nen Uni­for­men, und kaum je­mand glaub­te noch den Nach­rich­ten über den brau­nen Ter­ror. Es dau­er­te viel­fach bis zum Herbst 1939, bis die Bel­gi­er, Lu­xem­bur­ger und Fran­zo­sen merk­ten, dass sie ge­täuscht wor­den wa­ren.

Die Hoff­nung auf Frie­den er­füll­te sich nicht. Die Kir­che wur­de im „Drit­ten Reich" dis­kre­di­tiert und ver­folgt, die Par­tei ent­zog ihr die Ju­gend­ar­beit und so­mit den Ein­fluss auf ei­ne gan­ze Ge­ne­ra­ti­on. Der Zwei­te Welt­krieg brach­te er­heb­li­che Ver­lus­te ge­ra­de bei den jun­gen Män­nern, hin­ter­ließ ei­ne Spur der Ver­wüs­tung in Stadt und Land, führ­te zur Be­sat­zung und zum er­neu­ten Ver­lust des Saar­ge­bie­tes. Nach der Wäh­rungs­re­form setz­te ein schwin­del­er­re­gen­des Wirt­schafts­wun­der ein, doch dies hat­te aus kirch­li­cher Sicht auch ne­ga­ti­ve Fol­gen wie den Ver­lust an tra­di­tio­nel­len Wer­ten und den Nie­der­gang der In­sti­tu­ti­on Fa­mi­lie. Hin­zu ka­men die Land­flucht, der ver­stärk­te Zu­zug in die gro­ßen Städ­te und die Fol­gen der Ver­trei­bung aus den Ost­ge­bie­ten, die zu­neh­mend das bis da­hin in vie­len Dör­fern noch weit­ge­hend ge­schlos­se­ne ka­tho­li­sche Mi­lieu auf­bra­chen. Zu der kon­fes­sio­nel­len war jetzt auch ei­ne schmerz­lich emp­fun­de­ne po­li­ti­sche Spal­tung Deutsch­lands ge­tre­ten, die dem Be­griff der Ein­heit, für den der Hei­li­ge Rock stand, ei­ne neue Ak­tua­li­tät ver­lieh.

Franz Rudolf Bornewasser, Porträt. (Stadtbibliothek/ Stadtarchiv Trier)

 

Auf­grund die­ser Si­tua­ti­on lud Bi­schof Mat­thi­as Wehr 1957 zu ei­ner Wall­fahrt zum Hei­li­gen Rock im Jahr 1959 mit dem Ziel ei­ner Er­neue­rung des ka­tho­li­schen Le­bens ein. Sie hat­te erst­mals ein Mot­to: „Je­sus Chris­tus ist der Herr". Die­se chris­to­lo­gi­sche Di­men­si­on brach­te auch das gro­ße Chris­tus­bild von Rein­hard Hess (1904-1998) über dem Rock zum Aus­druck, der erst­mals zwi­schen zwei Glas­schei­ben über dem Hoch­al­tar im Dom prä­sen­tiert wur­de. Auch das Pil­ger­zei­chen ver­deut­lich­te die­se Bot­schaft, in­dem es das Ge­wand mit ei­nem Kreuz kom­bi­nier­te. Mut zur Mo­der­ne zeig­te das Kir­chen­zelt im Pa­last­gar­ten, das mit 14.000 Sitz­plät­zen ein­drucks­vol­le Gro­ßgot­tes­diens­te er­mög­lich­te. Rich­tungs­wei­sen­de An­sät­ze zeig­te auch die Lit­ur­gie, an der das Volk stär­ker be­tei­ligt wur­de (Trie­rer Hal­le­lu­ja). Ein um­fang­rei­ches Kul­tur- und Aus­stel­lungs­pro­gramm er­gänz­te die Wall­fahrt und ver­lieh ihr an­satz­wei­se den Cha­rak­ter ei­ner Kul­tur­ver­an­stal­tung. Ers­te, noch zar­te Vor­stö­ße gab es in Rich­tung Öku­me­ne.

Wie­der­um war die Wall­fahrt un­ter der Lei­tung von Dom­ka­pi­tu­lar Jo­sef Pau­lus (1908-1984) per­fekt or­ga­ni­siert. Mit Funk­ge­rä­ten lei­te­te die Po­li­zei die Pil­ger­bus­se zu den acht Sta­ti­ons­kir­chen. Über Be­helfs­brü­cken, die von ame­ri­ka­ni­schen Pio­nie­ren ge­baut wor­den wa­ren, konn­ten die Gläu­bi­gen die Stra­ßen über­que­ren. Die Ge­schäfts­welt klag­te wie­der­um über die Ei­le der Pil­ger, für die ei­ne Zelt­gast­stät­te mit 2.000 Sitz­plät­zen er­rich­tet wor­den war. Noch ein­mal flamm­ten die mit gro­ßer Schär­fe ge­führ­ten Kon­tro­ver­sen der Kul­tur­kampf­zeit auf, als der „Spie­gel" in ei­nem eben­so hä­misch wie bril­lant for­mu­lier­ten Ar­ti­kel über „den ge­ma­nag­ten Rock" noch­mals al­le Ar­gu­men­te der pro­tes­tan­ti­schen Pu­bli­zis­tik aus der Kul­tur­kampf­zeit Re­vue pas­sie­ren ließ. Sperr­feu­er kam auch aus der DDR, wo man ei­nen Zu­sam­men­hang von Klas­sen­kampf, Wall­fahrt und west­deut­scher Rüs­tungs­po­li­tik er­kannt ha­ben woll­te. 1959 wur­de ei­ne Son­der­brief­mar­ke zur Wall­fahrt her­aus­ge­ge­ben. Ein Gro­ßauf­ge­bot kirch­li­cher Wür­den­trä­ger kam nach Trier, was die ka­tho­li­sche Pres­se eben­so her­vor­hob wie den al­le Stan­des- und Na­tio­nal­g­ren­zen über­win­den­den Cha­rak­ter der Pil­ger­fahrt; die­ses Ele­ment wur­de auch schon im apo­lo­ge­ti­schen Schrift­tum von 1844 und 1891 be­tont. Ei­ge­ne Wall­fahr­ten gab es für Kran­ke, Blin­de, Sol­da­ten und Zi­geu­ner, die für gro­ßes Auf­se­hen sorg­ten und eben­so wie al­le an­de­ren Er­eig­nis­se auch pu­bli­zis­tisch ver­mark­tet wur­den. Drei Mil­lio­nen Pil­ger hat­te man er­war­tet, aber 1.800.000 Be­su­cher an 64 son­ni­gen Wall­fahrts­ta­gen wa­ren in An­be­tracht der Zeit­ver­hält­nis­se ge­gen­über 1933 ein recht or­dent­li­ches Er­geb­nis.

Heilig-Rock-Wallfahrt 1959. (Bistum Trier)

 

Der kul­tu­rel­le und so­zia­le Wan­del setz­te sich nach 1959 fort. Zwar konn­te die deut­sche Ein­heit ver­wirk­licht wer­den, aber die Auf­lö­sung der tra­di­tio­nel­len Fa­mi­li­en, der Dorf­ge­mein­schaf­ten und des so­zia­len Le­bens in den Pfar­rei­en schritt fort. Das 800. Ju­bi­lä­um der Wei­he des Hoch­al­tars im Trie­rer Dom, bei der im Jah­re 1196 die hier zum ers­ten Mal be­leg­te Tuch­re­li­quie ge­bor­gen wur­de, bil­de­te für Bi­schof Her­mann Jo­sef Spi­tal 1996 den will­kom­me­nen An­lass, 28 Ta­ge lang un­ter dem Mot­to „Mit Je­sus Chris­tus auf dem Weg" das Ge­wand aus­zu­stel­len. Ne­ben dem chris­to­lo­gi­schen Cha­rak­ter soll­ten der Wunsch nach Frie­den und die Zu­ver­sicht der Chris­ten auf ih­rem Weg ins drit­te Jahr­tau­send im Mit­tel­punkt ste­hen. Bei ei­ner Un­ter­su­chung 1972/1973 war der fra­gi­le Cha­rak­ter der Tu­ni­ka so deut­lich zu Ta­ge ge­tre­ten, dass man sie nur noch lie­gend prä­sen­tie­ren woll­te. Ein glä­ser­ner Schrein vor der Al­ta­r­in­sel er­mög­lich­te es den Gläu­bi­gen, sie aus nächs­ter Nä­he zu ver­eh­ren. Knapp 700.000 Pil­ger mach­ten da­von Ge­brauch.

Die Wall­fahrts­lei­tung un­ter Fe­lix Genn (ge­bo­ren 1950) ar­bei­te­te erst­mals ein um­fang­rei­ches Vor­be­rei­tungs­pro­gramm aus, das be­reits im Vor­feld mit Ex­er­zi­ti­en, Se­mi­na­ren, Bi­bel­ge­sprä­chen und Po­di­ums­dis­kus­sio­nen ver­schie­de­ne Grup­pen an­spre­chen und mo­ti­vie­ren soll­te. Dem ent­sprach nach der Wall­fahrt die Ein­füh­rung der jähr­li­chen Hei­lig-Rock-Ta­ge, die wie ein diö­ze­sa­ner Ka­tho­li­ken­tag die ein­zel­nen An­sät­ze bün­deln und fort­füh­ren soll­ten. Wäh­rend der Wall­fahrt wur­den un­ter­schied­li­che The­men­schwer­punk­te ge­setzt, um ver­schie­de­ne Grup­pen an­zu­spre­chen, so et­wa zehn Ta­ge für die ein­zel­nen Re­gio­nen des Bis­tums, aber auch ein Tag der Welt­kir­che. Erst­mals hat­te man die evan­ge­li­sche Kir­che in die Pla­nun­gen ein­be­zo­gen. Zu ei­nem Tag der Öku­me­ne ka­men 22.000 Be­su­cher, die an ei­nem evan­ge­li­schen Got­tes­dienst in der Ba­si­li­ka teil­nah­men und dann in ei­ner Pro­zes­si­on zum Hei­li­gen Rock in den Dom zo­gen. Ei­ne von Tho­mas Dut­ten­hoefer (ge­bo­ren 1950) ent­wor­fe­ne Wall­fahrts­me­dail­le er­gänz­te das Pil­ger­zei­chen und wur­de zum „Lo­go" der Wall­fahrt, bei der es trotz ver­kaufs­of­fe­ner Sonn­ta­ge beim Han­del ei­nen „gro­ßen Kat­zen­jam­mer" über die man­geln­de Kauf­be­reit­schaft der Pil­ger gab. Ein um­fang­rei­ches kul­tu­rel­les Rah­men­pro­gramm wur­de ge­bo­ten, bei dem das täg­li­che Abend­lob be­son­de­ren Zu­spruch fand.

Der Trierer Bischof Hermann-Josef Spital inzensiert den ausgestellten Heiligen Rock, 1996. (Bistum Trier)

 

6. Die Heilig-Rock-Wallfahrt 2012

Die Si­tua­ti­on der Kir­che in der Ge­sell­schaft bleibt wei­ter­hin an­ge­spannt. Spar­pro­gram­me, Struk­tur­re­for­men so­wie die Miss­brauchs­vor­wür­fe be­zie­hungs­wei­se der Um­gang mit ih­nen, mit den Tä­tern und Op­fern er­schüt­tern das Ver­trau­en der Ba­sis. 500 Jah­re Wall­fahrt zum Hei­li­gen Rock wa­ren für Bi­schof Rein­hard Marx (ge­bo­ren 1953, Bi­schof von Trier 2001-2007, seit­dem Erz­bi­schof von Mün­chen-Frei­sing) 2007 ein will­kom­me­ner An­lass, wie­der ein­mal al­le Kräf­te zu bün­deln und zu ei­ner gro­ßen Wall­fahrt un­ter dem Mot­to „Und füh­re zu­sam­men, was ge­trennt ist" im Jah­re 2012 auf­zu­ru­fen. 2011 wur­den die jähr­lich statt­fin­den­den Hei­lig Rock-Ta­ge durch ein Jahr der geist­li­chen Vor­be­rei­tung er­gänzt. Ein fünf­tä­gi­ges öku­me­ni­sches Fo­rum vom 30. Ja­nu­ar bis zum 3. Fe­bru­ar des Wall­fahrts­jah­res ist eben­falls ei­ne Neue­rung. Bi­schof Ste­fan Acker­mann (Epis­ko­pat seit 2009) hat­te die Evan­ge­li­sche Kir­che im Rhein­land zur Wall­fahrt ein­ge­la­den, Prä­ses Ni­ko­laus Schnei­der (ge­bo­ren 1947) nahm die Ein­la­dung an, was je­doch un­ter den Pro­tes­tan­ten zu kon­tro­ver­sen Dis­kus­sio­nen führ­te.

Ne­ben zahl­rei­chen Dis­kus­si­ons­run­den, Kon­zer­ten und Vor­trags­rei­hen ist ei­ne gro­ße Aus­stel­lung im Mu­se­um am Dom zu nen­nen, die 500 Jah­re Wall­fahrts­ge­schich­te Re­vue pas­sie­ren lässt. Neue We­ge wer­den un­ter Wall­fahrts­lei­ter Ge­org Bät­zing auch in der Kom­mu­ni­ka­ti­on be­schrit­ten, die Wall­fahrt hat ei­ne ei­ge­ne Home­page (http-blank://www.hei­lig-rock-wall­fahrt.de), sie ist bei face­book, twit­ter und You Tu­be ver­tre­ten. Das pla­ka­ti­ve ro­te Lo­go der Wall­fahrt war schon ein Jahr zu­vor über­all zu se­hen. Post­kar­ten und Pos­ter der Trie­rer Ka­ri­ka­tu­ris­ten Pe­ter Zen­der und Jo­han­nes Kolz war­ben schon ein Jahr zu­vor um frei­wil­li­ge Hel­fer, die mit wet­ter­fes­ten Ja­cken in der Far­be des Lo­gos be­klei­det sind und ei­ne Hel­fer­ta­sche mit dem Lo­go mit sich füh­ren. Das fu­tu­ris­tisch an­mu­ten­de, von Ta­la Yuan ent­wor­fe­ne Pil­ger­zei­chen ist nicht mehr aus Me­tall, son­dern aus ro­tem Kunst­stoff. Es zeigt die Kon­tur des Hei­li­gen Ro­ckes und lässt da­bei den Stoff der Klei­dung des Pil­gers durch­schau­en, macht sie zu ei­nem Hei­li­gen Rock. Be­son­de­res Auf­se­hen er­reg­te der „Schaff-Rock", ei­ne sechs Me­ter ho­he Me­tall­skulp­tur, die mit ei­ner Schiffs­pro­zes­si­on nach Trier ge­bracht und vor der Ba­si­li­ka auf­ge­stellt wur­de. An dem Mahn­mal ge­gen die Ar­beits­lo­sig­keit wur­den Tau­sen­de von klei­nen Lo­gos, die man be­schrif­ten konn­te, an­ge­hef­tet. Ins­ge­samt ge­se­hen trat bei der Wall­fahrt im­mer mehr der Cha­rak­ter ei­nes Events in den Vor­der­grund, des­sen bun­te Bil­der auf der Home­page und ei­ner täg­li­chen Pil­ge­r­aus­ga­be des „Pau­li­nus" in al­le Welt ver­brei­tet wur­den. Mit cir­ca 545.000 Be­su­chern blieb trotz der Teil­nah­me der Pro­tes­tan­ten die Zahl der Pil­ger leicht hin­ter den Er­war­tun­gen zu­rück. 

Quellen

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Literatur

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Em­bach, Mi­cha­el/Eli­sa­beth Dühr (Hg.), Der Trie­rer ­Reichs­tag­von 1512 in sei­nem his­to­ri­schen Kon­text, Trier 2012.
Irsch, Ni­ko­laus, Die Wall­fahrt zum Hl. Rock im Do­me zu Trier 1933. Er­in­ne­rungs­blät­ter der Wall­fahrts­lei­tung für die Pil­ger, Trier 1934.
Krä­mer, Hel­mut, Tu­ni­ca Do­mi­ni – ei­ne Li­te­ra­tur­do­ku­men­ta­ti­on zur Ge­schich­te der Trie­rer Hei­lig-Rock-Ver­eh­rung, Trier 1991.
Schie­der, Wolf­gang, Re­li­gi­on und Re­vo­lu­ti­on. Die Trie­rer Wall­fahrt von 1844, Vie­row 1996.
Schmid, Wolf­gang, Die Wall­fahrts­land­schaft Rhein­land am Vor­abend der Re­for­ma­ti­on. Stu­di­en zu Trie­rer und Köl­ner Heilt­ums­dru­cken, in: Schnei­der, Bern­hard (Hg.), Wall­fahrt und Kom­mu­ni­ka­ti­on – Kom­mu­ni­ka­ti­on über Wall­fahrt, Mainz 2004, S. 17-195.
Schmid, Wolf­gang, Gra­phi­sche Me­di­en und ka­tho­li­sche Re­form. Re­li­qui­en­ver­eh­rung, Gold­schmie­de­kunst und Wall­fahrt in rhei­ni­schen Städ­ten nach dem Drei­ßig­jäh­ri­gen Krieg, Trier 2008.
Schnei­der, Bern­hard, Sinn­bild des An­fangs und der Voll­endung – Kur­ze Ge­schich­te des Hei­li­gen Rocks und sei­ner Ver­eh­rung in Trier, in: Schnei­der, Bern­hard/ Wa­chen­dorf, Hu­bert/Ni­co­lay, Mar­kus, Der Hl. Rock im Dom zu Trier und auf dem Weg zu Ja­ko­bus und Mat­thi­as. Trier 2009, S. 6-83.
Sei­brich, Wolf­gang, Die Trie­rer Heilt­ums­fahrt im Spät­mit­tel­al­ter, in: Ar­chiv für mit­tel­rhei­ni­sche Kir­chen­ge­schich­te 47 (1995), S. 45-125.

Online

In­for­ma­tio­nen auf der Sei­te des Trie­rer Do­mes. [On­line]

Das Logo der Heilig-Rock-Wallfahrt 2012. (Bistum Trier)

 
Zitationshinweis

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Schmid, Wolfgang, Die Wallfahrt zum Heiligen Rock zu Trier, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/die-wallfahrt-zum-heiligen-rock-zu-trier/DE-2086/lido/57d123e8e73186.89101272 (abgerufen am 22.01.2025)