
Zur Geschichte des Romanischen Seminars der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Blick auf das Romanische Seminar im Hauptgebäude der Universität am Hofgarten, rechter Flügel, undatiert, Foto: Frank Lürweg. (Universität Bonn)
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1. Zur Entstehung einer Wissenschaft und ihrer Institutionalisierung
In der 200-jährigen Geschichte der Universität Bonn hat das Fach Romanische Philologie wesentlich zum wissenschaftlichen Renommee der Universität, der Philosophischen Fakultät, zuvörderst aber der Fachwissenschaft beigetragen. Die mit der Begründung des Faches Romanische Philologie durch Friedrich Diez (1794-1876)[1] zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Gang gebrachte universitäre Institutionalisierung der Disziplin zeigte schon schnell ihre weltweiten Auswirkungen. So wurde Deutschland zeitweise zu einem „Mekka“ für Forscher aus der ganzen Welt, die sich hier mit der damals noch jungen Disziplin vertraut machen wollten. 1866 besuchte Gaston Paris (1839-1903) in Bonn Diezens Vorlesungen, später wurde er einer der bedeutendsten Romanisten in Frankreich und Begründer der Fachzeitschrift „Romania“. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam der spätere italienische Nobelpreisträger für Literatur, Luigi Pirandello (1867-1936)[2] , als junger Student nach Bonn, um eine Dissertation über den Dialekt seiner Heimatstadt Agrigent anzufertigen.

Die Pirandello-Gedenktafel im Ergeschoss des Ostflügels des Hauptgebäudes der Universität Bonn, 2025, Foto: Willi Jung. (Privatbesitz)
Die umfangreiche zweibändige Darstellung und Dokumentation mit dem durchaus auch ironisch gemeinten Titel „Romanistik – eine Bonner Erfindung“ von Willi Hirdt (1938-2020) in Zusammenarbeit mit Richard Baum (geboren 1937) und Birgit Tappert (geboren 1956) aus dem Jahre 1993 beleuchtet anhand von drei renommierten Fachvertretern des 19. und frühen 20. Jahrhunderts - Friedrich Diez, Wendelin Foerster (1844-1915) und Heinrich Schneegans (1863-1914) – die Grundlegung und den Aufbau der neuen Wissenschaftsdisziplin.[3] Der Zeitraum von 1818-1880 wird in der Geschichte der Universität Bonn und der Philosophischen Fakultät zusammenhängend abgehandelt.[4] In diesem Zeitraum waren bedeutende Forscherpersönlichkeiten wie beispielsweise August Wilhelm Schlegel[5] fächerübergreifend in Forschung und Lehre tätig; eine Binnendifferenzierung, wie wir sie heute kennen, sollte erst später erfolgen.
Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts werden im Folgenden einige herausragende Fachvertreter der Bonner Romanistik skizziert, mit deren Wissenschaftsbiographien zugleich fachwissenschaftliche Höhepunkte verknüpft sind. Das gilt etwa für Wendelin Foerster und seinen Einsatz für die Gründung eines Seminars für romanische Philologie in Bonn; 1878/87 ist als Gründungsdatum für „Romanisch-Englisches (Seminar)“ in der Geschichte der Universität Bonn aufgeführt.[6] Nach einer außerordentlichen Professur ab 1874 in Prag war er in Bonn von 1876 bis 1908 ordentlicher Professor als Nachfolger von Diez. Seine Hauptleistung ist die in vier Bänden zum Abschluss gebrachte Edition der Werke von Chrestien de Troyes (1884-1899), wobei es ihm vorrangig um die schöpferische Originalität des Autors ging, weniger um den Positivismus der Fakten und eine romantisierende Geschichtsdarstellung.[7] Besonders verdient machte er sich um die Herausgabe und methodische Bearbeitung von Sprach- und Literaturdenkmälern, eine der Hauptaufgaben der Philologie jener Zeit; Gegenstände und Methoden des Faches hat er entscheidend bestimmt.[8]

Gedenktafel von Friedrich Wilhelm Diez im Erdgeschoss des Westflügels des Hauptgebäudes der Universität Bonn, 2025, Foto: Anne Real. (Privatbesitz)
Mit Heinrich Schneegans begann nicht nur in Bonn, sondern in der Romanistik allgemein, eine neue Etappe in der inhaltlich-methodischen Ausrichtung der Disziplin.[9] Er hat die Rolle der Lektüre bei der Ausbildung der Studierenden ebenso betont wie die politische Dimension der neuen Wissenschaft. 1909 wurde er Nachfolger von Foerster und betreute als akademischer Lehrer schon 20 Doktorarbeiten, darunter auch mehrere von Frauen, was in der damaligen Zeit außergewöhnlich war. Schneegans fand schon bei seiner Berufung nach Bonn im April 1909 eine systematisch und umsichtig aufgebaute Bibliothek vor, die er als neuer Direktor des romanischen Seminars für eine der besten, wenn nicht die beste romanische Seminarbibliothek in Deutschland hielt.[10] Er setzte die Bemühungen von Foerster fort und engagiert sich in außergewöhnlicher Weise für den weiteren Ausbau der Bibliothek und auch das studentische Leben. Wilhelm Meyer-Lübke (1861-1936), ein Neffe des Dichters Conrad Ferdinand Meyer (1825-1898), war in der Zeit von 1892 bis 1915 nicht nur ordentlicher Professor der romanischen Philologie, sondern auch Dekan und Rektor an der Universität Wien, bevor er als Nachfolger von Schneegans 1915 einen Ruf nach Bonn auf den berühmten Lehrstuhl von Friedrich Diez annahm. Es war vor allem die Reputation des Lehrstuhls, die für seinen Wechsel von der habsburgischen Capitale Wien an die preußische Reformuniversität am Rhein ausschlaggebend war. Zahlreiche Einladungen zu Vortragsreisen und Gastprofessuren führten ihn ins Ausland; darin könnte man einen frühen Beleg für den Ausbau der internationalen Beziehungen der Bonner Romanistik sehen. Meyer-Lübke gilt als führender Romanist seiner Zeit.[11] Einer seiner profiliertesten Schüler war Leo Spitzer (1887-1960), der sich im Sommersemester 1918 an der Universität Bonn umhabilitierte und anschließend auch als Privatdozent hier lehrte.[12]

Wendelin Foerster, Porträtfoto, Original in der Academy of Science of Turin, undatiert. (gemeinfrei)
Aus der Zeit der Weimarer Republik sei an dieser Stelle auch Hermann Platz (1880-1945) besonders hervorgehoben. Nach Studien in Würzburg, München und Münster wurde er 1905 an der Universität Münster promoviert. Anschließend war Platz Studienrat für die Fächer Französisch, Englisch und Deutsch in Düsseldorf und Bonn. Seit dem Wintersemester 1919/20 hatte er einen Lehrauftrag für französische Geistes- und Gesellschaftsgeschichte an der Universität Bonn; 1924 erfolgte auf Veranlassung von Ernst Robert Curtius (1886-1956) seine Ernennung zum „ordentlichen Honorarprofessor für Französische Geistes- und Gesellschaftsgeschichte, speziell Frankreichkunde“; seine Lehrbefugnis wurde ihm 1935 von den Nationalsozialisten entzogen. Platz war Reformkatholik und engagierte sich für Demokratie, Pazifismus und die europäische Einigungsidee. 1925 gründete er die Zeitschrift „Abendland. Deutsche Monatshefte für europäische Kultur, Politik und Wirtschaft“, die fünf Jahre bestand. Thematische Schwerpunkte seines Arbeitens waren Deutschland, Frankreich, Europa, der Rhein und das Abendland; er publizierte über 200 Essays und zahlreiche Bücher.
2. Ernst Robert Curtius – ein Bonner Romanist von Weltruf
Schon aufgrund seiner elsässischen Herkunft schien Curtius prädestiniert für eine Mittlerrolle zwischen Frankreich und Deutschland. Mit seinem Namen sind heute noch der Bonner Ernst Robert Curtius-Preis für Essayistik (seit 1984), eine Vortragsreihe des Bonner Zentrums für Philosophie sowie die Kooperation der Universität Bonn mit dem Collège de France (Ernst-Robert-Curtius-Gastprofessur seit 1995) verbunden.
Stationen seines akademischen Lebens waren Straßburg (1910), Bonn (1913), Marburg (1920), Heidelberg (1924) und wieder Bonn, wo er von 1929 bis 1951 die ordentliche Professur für romanische Philologie in der Nachfolge von Friedrich Diez innehatte. Curtius promovierte bei Gustav Gröber (1844-1911) 1910 in Straßburg mit der „Einleitung zu einer neuen Ausgabe der ‚Quatre livre des reis‘“ (1911). 1913 habilitierte Schneegans in Bonn den jungen Gelehrten Curtius, der sich mit der Habilitationsschrift „Ferdinand Brunetière“ (1914) als Literarhistoriker und Literarkritiker auswies. Bereits 1913/14 hielt er seine ersten Vorlesungen und wurde 1919 zum außerplanmäßigen Professor in Bonn ernannt. Die unmittelbar nach Kriegsende erschienenen „Literarischen Wegbereiter des neuen Frankreich“ (1919) widmen sich zum ersten Mal in der Fachgeschichte der Romanistik Autoren der Gegenwart - André Gide (1869-1951), Paul Claudel (1868-1955), Romain Rolland (1866-1944) - und wurden durchaus kontrovers aufgenommen. Sein Balzac-Buch (1923) wurde bisher zweimal ins Französische übersetzt und gehört bis heute zu den Standardwerken der Balzac-Forschung. Die Monographie „Die französische Kultur“ (1930) kann ebenfalls als bahnbrechende kulturwissenschaftliche Innovation angesehen werden, die bis heute nichts von ihrer Strahlkraft verloren hat.[13] Als 1932, kurz vor Ausbruch der nationalsozialistischen Barbarei, seine Schrift „Deutscher Geist in Gefahr“ erschien, wagte er eine Diagnose der kulturellen Krise seiner Zeit. Darin wandte er sich gegen Kulturhass sowohl ‚völkischer‘ als auch ‚sozialistischer‘ Provenienz und gegen bildungsfeindliche Tendenzen in der Wissenschaft. Während Karl Mannheim (1893-1947) in seinem Werk „Ideologie und Utopie“ (1929) alle überlieferten Werte und Sicherheiten in einer radikalen und skeptizistischen, letztlich nihilistischen Denkweise verabschiedet und die Revision zum politischen Prinzip erhebt, sieht Curtius in der durchgängigen Verwachsung unserer modernen Welt mit der Antike die Besonderheit des Europäismus.[14] Nach Curtius kann dieser Europäismus nur in einer Wiederbegegnung mit dem Mittelalter verwirklicht werden. Diese weltanschauliche und kulturpolitische Positionierung kennzeichnet auch sein Hauptwerk, an dem er schon während der Kriegsjahre gearbeitet hat, „Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter“ (1948). In der Latinität des Mittelalters identifiziert er das Bindeglied zwischen „zwei Kulturkörpern“, „dem antik-mittelmeerischen und dem modern-abendländischen“. Die Literatur der Vergangenheit in der jeweiligen Gegenwart betont so für ihn die Kontinuität von Vergangenheit und Gegenwart, während etwa Hans-Georg Gadamer (1900-2002) deren Dialektik hervorhob.

Christian von Troyes, sämtliche erhaltene Werke, herausgegeben von Wendelin Foerster, 1887, Original in der Philologischen Fachbibliothek der Universität Bonn, 2025, Foto: Anne Real. (Privatbesitz)
Die wissenschaftliche Errungenschaft des Werkes von Curtius ist die Toposforschung, die bis heute mit seinem Namen verknüpft wird.[15] Die antike, die mittelalterliche und die moderne Literatur Gesamteuropas sind Gegenstand seiner philologischen Arbeiten, die von einer großen Belesenheit und philologischen Akribie zeugen. Er war allerdings nicht nur Philologe, sondern auch nachdichtender Übersetzer, der Freundschaften mit geistesverwandten Zeitgenossen wie Stefan George (1868-1933), Charles Du Bos (1882-1939), T. S. Eliot (1888-1965), André Gide (1869-1951), Valery Larbaud (1881-1957), Ortega y Gasset (1883-1955), Max Rychner (1897-1965), Max Scheler (1874-1928), Albert Schweitzer (1875-1965) und anderen pflegte, von der eine umfangreiche Korrespondenz Zeugnis gibt.[16] Von März 1922 bis zum Tode Marcel Prousts (1871-1922) im November desselben Jahres führte Curtius mit dem Autor einen kurzen, doch fruchtbaren Briefwechsel und erkannte dabei als einer der ersten die literarische Qualität seines Werkes. Lausberg nennt Curtius einen europäischen Autor deutschen Geistes, einen politischen Humanisten, mit umweltaufgeschlossener und umweltüberlegener christlicher Weite.[17]

Ernst Robert Curtius, Porträtfoto, 5.11.1928. (Universitäts- und Landesbibliothek Bonn/ NL Curtius, E.R. Iia)
3. Harri Meier und der Ausbau der Romanistik in Bonn in den 1950er und 1960er Jahren
Harri Meier (1905–1990) prägte als Nachfolger auf dem Lehrstuhl von Curtius nahezu 20 Jahre lang die Geschichte der Bonner Romanistik.[18] Nach dem Studium der romanischen Philologie bei Bernhard Schädel (1878-1926) und Fritz Krüger (1889-1974) an der Universität Hamburg wurde er 1927 mit einer Arbeit über „Beiträge zur sprachlichen Gliederung der Pyrenäenhalbinsel und ihrer historischen Begründung“ promoviert; die Habilitation erfolgte 1935 bei Fritz Schalk (1902-1980) an der Universität Rostock. 1941 wurde er außerordentlicher, 1943 ordentlicher Professor in Leipzig. In den Jahren von 1943 bis 1950 war er Gastprofessor in Lissabon, zugleich auch dort ab 1944 Direktor des Deutschen Wissenschaftlichen Instituts.[19] Harri Meier war anschließend von 1950 bis 1954 Inhaber einer ordentlichen Professur in Heidelberg und wurde 1954 nach Bonn berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung 1970 blieb. Über das Zustandekommen seiner Berufung äußerte er sich in einem Interview mit Willi Hirdt am 2.12.1983 dahingehend, dass für Curtius ein literarhistorischer Nachfolger gar nicht infrage kam, weil er keinen gleichwertigen anerkannte.[20]
Knapp zehn Jahre nach dem Krieg fand Harri Meier bei seiner Berufung folgende Personalsituation am Romanischen Seminar der Universität Bonn vor, wie er im Interview mit Willi Hirdt berichtet: Das Romanische Seminar war noch in ziemlich rüdem Zustand. Die Universität war ja sehr stark zerstört worden. Die Bibliothek war, als ich nach Bonn kam, erst sechs Monate vorher aus der Wohnung von Curtius wieder im Romanischen Seminar installiert worden. Der Katalog war zum größten Teil verloren gegangen. Die Personalsituation bestand im Grunde aus dem Assistenten Reichenberger, der latinistisch promoviert war und dem Curtius dann die Assistentenstelle gegeben hatte, aus dem französischen Lektor Roger Kempf, mit dem Curtius recht befreundet war, dem italienischen Lektor Werner Ross und dem spanischen Lektor Flachskampf. Das war, glaube ich, das ganze Seminar. Dann kam, nachdem ich ein Semester da war und Stempel in Heidelberg promoviert worden war, Stempel als zweiter Assistent dazu. Stempel hat sich ungeheuer verdient gemacht um den Wiederaufbau der Bibliothek und vor allem um die Wiederherstellung des Bibliothekskatalogs.[21]

Harri Meier, Porträtfoto, 1952. (Universitätsarchiv Heidelberg/ BA Pos I 2004)
Harri Meier sah in jener Zeit unmittelbar nach seiner Berufung eine vordringliche Aufgabe im Ausbau der Bibliothek und der Verbesserung der Personalsituation.[22] Karl Maurer (geboren 1926) hat sich als erster in Bonn habilitiert, es folgten dann Hans Hinterhäuser (1919-2005) und Wolf-Dieter Stempel (geboren 1929). 1959 wurde Maurer als Ordinarius auf den Lehrstuhl für Romanische Philologie der Universität Bonn (Nachfolge Pabst) berufen und wechselte 1965 an die neu gegründete Ruhr-Universität Bochum. Stempel war ebenfalls Professor für Romanische Philologie in Bonn in den Jahren 1963 bis 1967. Auch in der Folgezeit hat Harri Meier weitere Habilitationen betreut und unzählige Dissertationen.[23] Bereits kurz nach seiner Berufung wurde Meier 1955 korrespondierendes Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Sein Wissenschaftsverständnis berücksichtigte immer den Zusammenhang von Zeit, Raum und Sprache. Wie für seine großen Vorgänger in Bonn war für ihn die gesamtromanische Perspektive unverzichtbar. Schwerpunkt seiner Forschungen war - auch hier steht er in der Tradition der Bonner Romanistik - vor allem die Etymologie.[24] Dabei zog er im Prinzip immer die lateinische Etymologie vor, während etwa ein anderer großer Romanist, Gerhard Rohlfs (1892-1986), auch vorrömische Substrat- oder germanische Superstratwirkungen aufzuspüren suchte.[25] Wir verdanken Harri Meier darüber hinaus auch literarische Studien, etwa zu Miguel de Cervantes (1547-1616), Prosper Mérimée (1803-1870), Dante (1265-1321), Gil Vicente (um 1465-1536), Luis de Camões (gestorben 1580) und Jorge Amado (1912-2001) und vorzügliche Anthologien „Spanischer Märchen“ (1977) und „Portugiesischer Märchen“ (1993, zusammen mit D. Woll), letztere erreichten ungewöhnlich hohe Auflagen. Meier erlangte internationales Renommee vor allem wegen seiner etymologischen Forschungen und seiner Arbeiten zur Iberoromanistik[26]; somit gilt er auch als Begründer der Bonner Hispanistik, für die ein eigener Lehrstuhl geschaffen wurde. Zu Meiers 25. Todestag wurde im Juli 2015 im Universitätsmuseum Bonn eine Ausstellung gezeigt, die an das Werk des großen Romanisten erinnerte.[27] Einzelne Stationen der Ausstellung thematisierten Meiers Werdegang als Doktorvater, als Lehrer und Autor, als ein von nationalsozialistischen Studierenden und Kollegen bekämpfter Dozent im „Dritten Reich“, sowie als Zielscheibe maoistischer „Basisgruppen“ in der Zeit der Bonner Studentenrevolte des Jahres 1970.
4. Von den späten 1960er Jahren bis zur Jahrtausendwende
Die 1970er Jahre sind in der Geschichte der Bundesrepublik und der damaligen Bundeshauptstadt Bonn gekennzeichnet durch heftige politische und hochschulpolitische Debatten, die zu großen Veränderungen der Bildungslandschaft führten. Sie sind eine Folge der 68er-Revolte an den Universitäten. In Nordrhein-Westfalen kam es später zu zahlreichen Neugründungen von Reform- und Gesamthochschulen und auch zu einem starken Ausbau der Personalstellen; sowohl Professuren als auch Stellen für den akademischen Mittelbau wurden neu geschaffen, nicht zuletzt auch wegen rasant steigender Studierendenzahlen. Die romanische Philologie spezifizierte sich zunehmend nationalliterarisch und auch romanischsprachige Marginalliteraturen rückten in den Fokus ihrer Forschung. Aber auch methodologische Fragestellungen wurden kritisch diskutiert, Anregungen unter anderem aus dem französischen Strukturalismus, aus Linguistik und Semiotik, aber auch aus der Psychoanalyse, den Geschichts- und Sozialwissenschaften und der Philosophie wurden aufgegriffen.[28]
Hans Hinterhäuser folgte 1968 auf den Lehrstuhl von Karl Maurer als Professor für romanische Philologie in Bonn. Nach dem Studium der Germanistik und Romanistik in München und Würzburg wurde Hinterhäuser 1949 an der Universität Heidelberg promoviert mit der Arbeit „Utopismus und Wirklichkeit bei Diderot. Studien zum "Supplément au Voyage de Bougainville"[29]. 1949-1953 war er Lektor für Deutsch in Venedig, 1957-1958 in Madrid und 1954-1960 auch Lektor für Romanistik an der Universität Bonn. 1960 habilitierte er sich an der Universität Hamburg mit der Schrift „Die Episodios nacionales von Benito Pérez Galdós“[30], wurde wenig später (1962-1968) ordentlicher Professor für romanische Philologie in Kiel und anschließend wieder nach Bonn berufen. Von 1972 bis zu seiner Emeritierung lehrte er in Wien.[31] Erhellendes zu seiner Bonner Zeit schreibt er unter anderem in seinen lesenswerten autobiographischen Mitteilungen: Trotz all dieser positiven Aspekte folgte ich im Frühjahr 1968 einem Ruf („Rückruf“) an die Universität Bonn – hauptsächlich, um nicht mehr gar so weit von der Romania entfernt zu sein. In Bonn erlebte ich die studentischen Unruhen dieses und des folgenden Jahres – düstere Erinnerungen, auch wenn ich persönlich nicht zu den Angriffszielen gehörte; aber mein Selbstverständnis als Universitätslehrer erlitt einen ersten Schock, der sich später unter anderen Vorzeichen fortsetzen sollte: War es damals die irrationale Aggressivität, so ist es heute die geistige Apathie, das Studieren ohne eigentliche Kulturbedürfnisse, rein um eines bescheidenen Prestiges willen, die mich verstören und mir meinen Beruf nicht selten als anachronistisch und absurd erscheinen lassen.[32]
Hinterhäuser war sowohl in der französischen als auch in der spanischen und italienischen Literaturwissenschaft breit ausgewiesen, ein feinsinniger Interpret, dem es in der Bonner Zeit vor allem auch um den institutionellen Ausbau der Italianistik ging.
Auf den von Harri Meier neu eingerichteten Lehrstuhl für Hispanistik wurde Rafael Gutiérrez-Girardot (1928-2005) berufen. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Bogotà, der Philosophie und Soziologie in Madrid, war er in Freiburg mit einer Arbeit über Antonio Machado (1875-1939) von Hugo Friedrich (1904-1978) promoviert worden. Es folgte eine diplomatische Tätigkeit von 1956 bis 1966 als Kulturattaché an der Kolumbianischen Botschaft in Bonn; hier organisierte er damals auch schon die ersten Kolloquien zu Lateinamerika in der Bundesrepublik. Nach Gastdozenturen an europäischen und außereuropäischen Universitäten wurde er zunächst Titularprofessor für Rechts- und Sozialphilosophie an der Universität Bogotà, bevor er 1970 zum ordentlichen Professor an der Universität Bonn ernannt wurde. Mehr als zwei Jahrzehnte wirkte er an der Bonner Alma Mater, die ihm zahlreiche internationale Symposien und die persönliche Begegnung mit namhaften lateinamerikanischen Dichtern verdankt. Den Werken von Alfonso Reyes (1889-1959), Jorge Luis Borges (1899-1986) und Antonio Machado, aber auch deutschen Autoren wie Friedrich Nietzsche (1844-1900), Friedrich Hölderlin (1770-1843) und Gottfried Benn (1886-1956) galt sein besonderes Interesse.[33] Die kolumbianische Zeitung EL TIEMPO nannte Gutiérrez in ihrem Nachruf vom 6.6.2005 „den bedeutendsten kolumbianischen Intellektuellen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts“.[34] Sein Assistent Horst Rogmann (1937-1992) war ein ausgewiesener Hispanist und Lateinamerikaforscher. Wir verdanken ihm unter anderem eine Forschungssynthese zu Garcia Lorca (1898-1936)[35] und „Narrative Strukturen und magischer Realismus in den ersten Romanen von Miguel Angel Asturias“.[36] Mit der Berücksichtigung der karibischen Literatur hat er Neuland betreten und das Themenspektrum erweitert.[37] Er ist leider viel zu früh verstorben.
Auch der überraschende Tod seines Kollegen Eberhard Leube (1934-1991) ein Jahr zuvor war ein großer Verlust für die Bonner Romanistik. Leube war ein ausgewiesener Renaissancekenner und Avantgardespezialist. Er promovierte 1957 in Rostock bei Rudolf Brummer (1907-1989) über „Die Geschichtswerke Rollins“ und ging dann wie sein Lehrer in den Westen. 1966 habilitierte er sich an der FU Berlin bei Walter Pabst (1907-1992) mit „Fortuna in Karthago. Die Aeneas-Dido-Mythe Vergils in den romanischen Literaturen vom 14. bis zum 16. Jahrhundert“[38] und wurde zwei Jahre später auf eine Professur für romanische Philologie an der Universität Bonn berufen. Er war Mitherausgeber der Handbuchreihe „Grundlagen der Romanistik“.[39] Weitere wichtige Publikationen[40] sind unter anderem „Die Celestina“[41], „Boccaccio und die europäische Novellendichtung“[42] und „Tradición y antitradición. Ensayos y conferencias"[43]. Leube hat sich in Bonn vor allem um die Apollinaire-Forschung verdient gemacht; die Lehre wurde durch deutsch-französische Kolloquien bereichert, die er mit Michel Décaudin (1919-2004) organisiert hat.[44]
Nach dem Weggang von Hans Hinterhäuser wurde Willi Hirdt 1973 als sein Nachfolger an die Universität Bonn berufen. Er blieb ihr treu bis zu seiner Emeritierung 2003 und lehnte Rufe, unter anderem nach Nürnberg-Erlangen, ab. Hirdt studierte Romanistik und Germanistik in Kiel, unter anderem bei Friedrich Ohly (1914-1996), war Assistent an der Universität des Saarlandes bei Heinz Ludwig Scheel (1918-2007) und wurde promoviert mit einer Arbeit über „Studien zur Metaphorik Lamartines. Die Bedeutung der Innen/Außen-Vorstellung“[45] . Anschließend ging er als Lektor an die Universität Florenz und habilitierte sich 1973 in Saarbrücken mit einer Arbeit zum Thema „Studien zum epischen Prolog. Der Eingang in der erzählenden Versdichtung Italiens.“[46] Hirdt war einer der wenigen deutschen Romanisten, die die Grenzüberschreitung von der Literatur zur Malerei wagten und aufgrund der Breite seiner Interessen und seiner umfassenden Kompetenzen durfte er sie auch wagen.[47] Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehört spätestens seit 1985 Dante. Mit Richard Baum (geboren 1937) gab er den Band „Dante Alighieri 1985. In Memoriam Hermann Gmelin“ heraus. Neben der Monographie „Wie Dante das Jenseits erfährt. Zur Erkenntnistheorie des Dichters der göttlichen Komödie“ (1989) verdanken wir Hirdt zahlreiche Dante-Aufsätze. Weitere Schwerpunkte sind die französische und italienische Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts; aber auch das Mittelalter und die Renaissance hat er in zahlreichen Publikationen behandelt.
In den Hochschulgremien hat er aktiv mitgearbeitet. Er war sowohl Dekan der Philosophischen Fakultät (1982–1984) als auch Prorektor der Universität Bonn. Auf seine Anregung geht die Einrichtung der Ernst-Robert-Curtius-Gastprofessur mit dem Collège de France zurück. Maßgeblich war er in Bonn beteiligt – zusammen mit Wolf-Dieter Lange (1939-2023) - an dem von der DFG von 1996 bis 2002 geförderten Graduiertenkolleg „Die Renaissance in Italien und ihre europäische Rezeption: Kunst – Geschichte – Literatur“ (GRK 179). Ohne Hirdts unermüdlichen Einsatz wäre der erste internationale Studiengang des Romanischen Seminars, Deutsch-Italienische Studien, der 1995 auf der Basis des Kohl-Amato Abkommens in Kooperation mit der Universität Florenz eingerichtet wurde, nie zustande gekommen.[48] Willi Hirdt ist am 19.5.2020 verstorben.[49]
Heinz Jürgen Wolf (1936-2016) wurde 1974 als Nachfolger von Harri Meier Professor für romanische Philologie und trat somit die Nachfolge auf dem berühmten Lehrstuhl des Begründers der Romanistik an. Wolf studierte Romanistik und Anglistik an den Universitäten Köln und Aix-en-Provence. Als Schüler von Joseph Maria Piel (1903-1992) wurde er in Köln 1963 promoviert und habilitierte sich dort 1970. Wolf war ein ausgewiesener Kenner der Geschichte der romanischen Nationalsprachen und ihrer Varianten, der Onomastik, und vor allem des Sardischen, das er unter anderem auch im Rahmen eines von der DFG geförderten Forschungsprojektes untersuchte. Er hat zahlreiche Feldstudien auf Sardinien durchgeführt und ist daher auf ganz Sardinien bekannt, besonders in der „Barbagia Ollolai“. 1992 wurde er Ehrenbürger der Stadt Ovodda. Die Herausgeber der Festschrift zu seinem 60. Geburtstag kommentierten dieses Ereignis zutreffend mit den Worten: "L’adoption symbolise la symbiose entre le romaniste et ses sujets qui, au lieu de rester réduits au statut d’objets de curiosité, se transforment en amis".[50] In der Festschrift sind 77 Aufsätze aufgelistet, 109 Rezensionen und mehrere Monographien, darunter sind besonders hervorzuheben „Die Bildung der französischen Ethnica (Bewohnernamen)“[51], „Französische Sprachgeschichte“[52], „Glosas Emilianenses“[53] und „Studi barbaricini. Miscellanea di saggi di linguistica sarda“[54]. Wolf wurde 2001 emeritiert und verstarb 2016.[55]
Nachdem Wolf-Dieter Stempel 1967 einen Ruf an die Universität Konstanz angenommen hatte, wurde Wolf-Dieter Lange 1971 auf Vorschlag der Philosophischen Fakultät vom damaligen nordrhein-westfälischen Wissenschaftsminister Johannes Rau (1931-2006) zum ordentlichen Professor für romanische Philologie nach Bonn berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2004 geblieben ist.[56] Rufe, unter anderem nach Münster auf die Nachfolge von Heinrich Lausberg (1912-1992), hat er abgelehnt. Er wurde in Köln promoviert mit einer Arbeit über „Philologische Studien zur Latinität westhispanischer Privaturkunden des 9.-12. Jahrhunderts“ (1966) und habilitierte sich mit einer Arbeit über „El fraile trobador. Zeit, Leben und Werk des Diego de Valencia de León (1350?-1412?)“ (1971). Er ist wie Wolf ein Schüler von Joseph M. Piel.[57] In den Zeiten nach 1968 kam es - wie bereits angedeutet - zu einer methodischen und inhaltlichen Erweiterung der Romanistik, die sich neuen methodischen Zugängen und Fragestellungen wie niemals zuvor öffnete. In diesem wissenschaftstheoretischen Kontext sind auch einige Editions- und Publikationsprojekte von Wolf-Dieter Lange zu sehen. Er war Herausgeber im Kröner-Verlag einer „Französischen Literatur der Gegenwart in Einzeldarstellungen“ (1971) und einer „Französischen Literaturkritik der Gegenwart in Einzeldarstellungen“ (1975); er war Herausgeber und Mitarbeiter des „Grundriss der romanischen Literaturen des Mittelalters“ (GRLMA) und des „Kritischen Lexikons der romanischen Gegenwartsliteraturen“. Wir verdanken ihm zahlreiche Miszellen und Aufsätze in Fachzeitschriften, literaturwissenschaftlichen Sammelwerken und Festschriften zur hispanischen Sprachgeschichte und den romanischen Literaturen des Mittelalters und der Renaissance, sowie zur französischen und portugiesischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts und zur Literaturkritik.[58] 1986 hat Wolf-Dieter Lange ein Bonner Gedächtniskolloquium zum 30. Todestag von Ernst Robert Curtius unter dem Titel „In Ihnen begegnet sich das Abendland“ durchgeführt.[59]

Zerstörte Bibliothek nach Bombenangriffen auf das Hauptgebäude, 1944, Original im Universitätsarchiv Bonn/ sbs-197-b. (gemeinfrei)
Aber auch hochschul- und wissenschaftspolitisch war Wolf-Dieter Lange engagiert, so war er Dekan der Philosophischen Fakultät Bonn (1979-1981) und 1976-1985 Leiter der Studienreformkommission VII „Sprach- und Literaturwissenschaften“ des Landes Nordrhein-Westfalen. Gemeinsam mit Daniel Poirion (1927-1996) plante er 1985 die Einrichtung eines Mittelalterstudienganges der Universitäten Bonn und Paris-Sorbonne; auch ein entsprechendes Abkommen wurde von beiden Universitäten unterzeichnet. Erst zwei Jahrzehnte später sollte ein gemeinsamer deutsch-französischer Studiengang der beiden Universitäten Wirklichkeit werden. Wolf-Dieter Lange verstarb am 17.2.2023.
Die weitere Entwicklung der Bonner Lehrstühle, auch die Entwicklung der beiden C3-Professuren für romanische Sprachwissenschaft, die aufgrund der hohen Fluktuation auf diesen Stellen Mitte der 1980er Jahre in einer C4-Professur mit entsprechender Ausstattung zusammengeführt wurden, kann hier nicht nachgezeichnet werden. Als C3-Professoren waren unter anderem Richard Baum, Jens Lüdtke (1941-2018), Christian Schmitt (1944-2022) und Günter Holtus (geboren 1946) in Bonn tätig, bevor sie Rufe auf C4-Professuren an den Universitäten Aachen (Baum), Heidelberg (Lüdtke, Schmitt) und Göttingen (Holtus) annahmen.
Christian Schmitt kehrte 1988 wieder nach Bonn zurück und folgte - nach Stationen als Professor in Hamburg (1977), in Bonn (1979-1984) und in Heidelberg (1984) - dem Ruf auf den neu geschaffenen C4-Lehrstuhl für Romanische Sprachwissenschaft, den er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2009 innehatte. Nach dem Studium der Romanistik, Klassischen und Mittellateinischen Philologie und Indogermanistik in Heidelberg, Montpellier, Marburg, Zaragoza und Mailand erfolgte 1973 die Promotion zum Dr. phil. an der Universität Heidelberg[60]; dort habilitierte er sich bereits 1977.[61] Neben einer umfangreichen Publikationstätigkeit[62] verdient auch seine Mitherausgeberschaft - Lexikon der romanistischen Linguistik (LRL), Handbücher zur Romanischen Sprachgeschichte (HSK 23.1-3), Romanistisches Jahrbuch - besondere Erwähnung. Beim Aufbau der Erasmus-Programme und der Internationalisierung der Studiengänge hat er maßgeblich mitgewirkt. Auch hochschulpolitisch hat er sich engagiert und war in den Gremien der Universität 1992-1996 als Dekan der Philosophischen Fakultät und 1992-2002 als Mitglied des akademischen Senats aktiv. In seinen verschiedenen Funktionen hat er sich entschieden für die Digitalisierung der Bonner Romanistik ab Mitte der 1990er Jahre eingesetzt.[63]
Hochschulpolitische und arbeitsrechtliche Gerichtsentscheidungen haben sich in dem hier behandelten Zeitraum verstärkt auf die weitere Personalentwicklung ausgewirkt. Auf die Bildungsreform der 1970er Jahre mit der Schaffung zahlreicher neuer Stellen sowohl im Bereich der Professuren und des Mittelbaus folgte in den 1990er Jahren aufgrund von Sparmaßnahmen wieder eine Reduktion von Stellen; dies betraf besonders den nichtwissenschaftlichen Bereich und den sogenannten Mittelbau. Auch aufgrund einer durch ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts ausgelösten Klagewelle von Fremdsprachenlektoren wurden mehrere solcher Stellen entfristet und freiwerdende beamtete Mittelbaustellen in Friststellen umgewandelt. Das sogenannte Rotationsprinzip bei Lektorenstellen, das einerseits deren wissenschaftlicher Weiterqualifikation und andererseits auch dem Austausch von Wissenschaftlern auf entsprechenden Stellen im Ausland dienen sollte, wurde durch diese Gerichtsurteile quasi ausgehebelt. Durch zusätzliche Einsparungen auf Fakultätsebene kam es unter anderem auch zum Stellentausch, der nicht immer zum Vorteil der Romanistik verlief.
In den 1980er und 1990er Jahren setzte eine intensive Internationalisierung in der Kooperation mit Institutionen in der Romania ein. Im Bereich der Mediävistik hat die Bonner Philosophische Fakultät unter der Federführung des Romanisten und damaligen Dekan Wolf-Dieter Lange eine enge Kooperation mit der Pariser Sorbonne und dem dortigen Mediävisten Daniel Poirion eingeleitet. Der von Lange herausgegebene Sammelband „Diesseits- und Jenseitsreisen im Mittelalter/Voyages dans l’ici-bas et dans l’au-delà au moyen âge“ (Bonn 1992) dokumentiert eindrucksvoll die Intensität der wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Mitte der 1990er Jahre wurde unter der Ägide des Romanisten Willi Hirdt der bereits erwähnte binationale deutsch-italienische Studiengang der Universitäten Bonn und Florenz unter Beteiligung der germanistischen und romanistischen Seminare beider Universitäten eröffnet. Parallel hierzu wurde ein Bonner Italien-Zentrum gegründet, ebenfalls die bis heute existierende Bonner Italien-Gesellschaft. 1995 wurde auf Initiative von Willi Hirdt und Michel Zink (geboren 1945) eine Kooperation der Universität mit dem Collège de France in Paris eingerichtet, die später zur Schaffung der Ernst-Robert-Curtius-Gastprofessur führte.
5. Der Beginn des 21. Jahrhunderts: Im Zeichen der Internationalisierung und Neuausrichtung
Mit Beginn des neuen Jahrhunderts erfolgten in der Philosophischen Fakultät der Bonner Universität Strukturreformen, an deren Ende 2006 aus dem Romanischen Seminar die Abteilung für Romanistik des neugegründeten „Instituts für Klassische und Romanische Philologie“ wurde. Innerhalb weniger Jahre erfolgte dann ein weiterer Generationenwechsel. Vakant gewordene Lehrstühle mussten zwischenzeitlich immer wieder vertreten werden, bevor es zu einer definitiven Neubesetzung kam; im Einzelnen kann hier darauf nicht eingegangen werden.
2003 wurde Paul Geyer (geboren 1955) von der Universität Köln an die Universität Bonn auf die Nachfolge von Willi Hirdt berufen. Nachfolgerin in der romanischen Sprachwissenschaft (Lehrstuhl Wolf) wurde zunächst Heidi Siller-Rungaldier (geboren 1954) (Universität Innsbruck); 2005 übernahm Daniela Pirazzini (geboren 1955) diese Professur, die sie bis heute innehat. Nachfolger von Wolf-Dieter Lange wurde 2006 Michel Bernsen (geboren 1954) (Universität Bochum). Die zweite sprachwissenschaftliche Professur (Nachfolge Christian Schmitt) wurde 2009 mit Franz Lebsanft (geboren 1955) (Universität Bochum) besetzt. Auf die Hispanistik-Professur von Professor Gutiérrez folgte zunächst Wolfgang Matzat (geboren 1978) (LMU München), der später einen Ruf an die Universität Tübingen annahm. Seine Nachfolgerin in Bonn wurde 2006 Mechthild Albert (geboren 1956), die zuvor an der Universität Münster als Professorin lehrte. Die Curricula vitae und Forschungsschwerpunkte der oben genannten Professorinnen und Professoren sind auf der Homepage der Bonner Romanistik zu finden. Dort kann man auch die weitere Entwicklung infolge eines neuen Generationenwechsels nachverfolgen.
Die Internationalisierung der Bonner Romanistik wurde konsequent zu Beginn des neuen Jahrtausends fortgesetzt und ausgebaut. Im Wintersemester 2004/05 wurde der binationale Studiengang Deutsch-Französische Studien in Kooperation mit der Pariser Sorbonne (Paris IV) eingerichtet; er besteht aus den beiden Hauptfächern Französistik und Germanistik und wird durch ein Stipendienprogramm der Deutsch-Französischen Hochschule (Saarbrücken) gefördert. Das Studium kann sowohl in einem Bachelor- als auch in einem Masterstudiengang absolviert werden, ein obligatorisches Studienjahr an der Partneruniversität ist integraler Bestandteil der Studiengänge.
Das internationale Graduiertenkolleg „Europäische Gründungsmythen“ wurde auf Initiative von Paul Geyer und Michel Bernsen als trinationales Kolleg der Universitäten Bonn, Florenz und Paris-Sorbonne eingerichtet und wird ebenfalls durch ein Stipendienprogramm der deutsch-französischen Hochschule unterstützt. Darüber hinaus wurden Promotions-Studiengänge in Germanistik (Bonn /Florenz) und Italianistica (Bonn/Florenz/Paris) eingerichtet. Hinzu kam ein Netzwerk europäischer Universitäten auf Initiative von Michel Bernsen, in dem die bestehenden Kooperationen um die Universitäten Salamanca, Toulouse, Saint Andrews, Fribourg, Warschau und anderer erweitert wurden. In der Hispanistik wurden Kooperationen in Forschung und Lehre mit den Universitäten Salamanca und Lima/Peru und León (Spanien) initiiert und ausgebaut. Mit Förderung der Deutsch-Französischen Hochschule und des DAAD konnten auch mehrere trinationale Sommer-Universitäten zu europäischen Themen an den Partneruniversitäten Bonn, Paris, Strasbourg und Warschau durchgeführt werden.
Zwei bedeutende interdisziplinäre Zentren sind in den letzten Jahren entstanden und schärfen das Forschungsprofil des Instituts. Das 2017 unter Beteiligung der Romanistik gegründete Interdisziplinäre Lateinamerikazentrum (ILZ) versteht sich als Forum für alle zu Lateinamerika forschenden Wissenschaftler der Universität Bonn. Aus der interdisziplinären Zusammensetzung der Mitglieder des Zentrums ergibt sich ein fruchtbarer Dialog zwischen den Disziplinen, der die Entwicklung von Forschungsvorhaben zu Lateinamerika über die Disziplinengrenzen hinweg ermöglicht.
Die seit Bestehen der Bonner Romanistik intensiv betriebene Frankreichforschung wurde 2022 mit der offiziellen Eröffnung des Centre Ernst Robert Curtius (CERC) institutionell gekrönt. Namensgeber ist der Bonner Romanist Ernst Robert Curtius, der als Literaturkritiker, Philologe und Kulturwissenschaftler ein bedeutender Vermittler zwischen Deutschland und Frankreich war. Das CERC ist ein Forschungszentrum mit dem Schwerpunkt „Europäische Kulturen aus deutscher und französischer Perspektive“, eine Plattform für frankreichbezogene Projekte aller Fakultäten der Universität Bonn sowie ein Forum für den deutsch-französisch-europäischen Dialog. Sprecher des Frankreichzentrums der Universität Bonn (CERC - Centre Ernst Robert Curtius / Centrum Ernst Robert Curtius) ist seit 2019 Michael Bernsen.
6. Das Institut Français an der Universität Bonn
Im November 2022 feierte das Institut français sein 70-jähriges Bestehen. Seit Gründung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität im Jahre 1818 ist die universitäre Beschäftigung mit Frankreich insbesondere im Rahmen der romanischen Philologie Teil des kulturellen Lebens in der Universitätsstadt. Institutionengeschichte wie die des Institut français im Besonderen spiegeln bei näherer Betrachtung auch die politische Geschichte im Allgemeinen.
Gegründet wurde das französische Kulturinstitut unter Botschafter François Poncet (1887-1978) im Mai 1951; ein Jahr später wurde es im März 1952 feierlich eröffnet als rechtsfähige Stiftung „Französisches Institut in Bonn“. Ein Jahrzehnt später wurde es dann 1962 durch rechtsverbindliche Erklärung des Landes Nordrhein-Westfalen und der Universität Bonn gegenüber der französischen Botschaft als An-Institut unter dem Namen „Französisches Kulturinstitut an der Universität Bonn“ errichtet; Dekan Harri Meier, Lehrstuhlinhaber für romanische Philologie und Nachfolger von Ernst Robert Curtius, war an dieser Gründung maßgeblich beteiligt.
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde ein Förderverein gegründet, an dessen Entstehung im historischen Kontext der damaligen Transformationen zu erinnern ist: den Fall der Berliner Mauer und die deutsche Wiedervereinigung, und damit verbunden eine glückliche Zeitenwende in Europa. Damit einher ging Ende des letzten Jahrhunderts das Ende der Bundeshauptstadt-Funktion von Bonn und zugleich eine Neuausrichtung der auswärtigen französischen Kulturpolitik, die neben der alten Bundesrepublik nun auch die neuen Bundesländer in Ostdeutschland in besonderer Weise in den Blick nahm. Das führte - wie zu erwarten war - zu einer Reihe von Veränderungen. Im Westen wurden traditionelle Kulturinstitute geschlossen, im Osten bereits bestehende ausgebaut beziehungsweise neue errichtet. Die Fortführung des bestehenden Instituts als An-Institut der Universität Bonn mit einem neu zu gründenden Verein als Träger der Französischkurse und kultureller Veranstaltungen wurde vereinbart. Der neue Direktor war sowohl Institutsdirektor als auch attaché de coopération universitaire für ganz Nordrhein-Westfalen. Die Trägerschaft der Sprachkurse, die bis dahin unter der Ägide der französischen Botschaft durchgeführt wurden, wurde in die Hände eines Fördervereins gelegt, eine Entwicklung, die es bereits an einigen anderen Instituten in Deutschland gab.[64] Viele neue Centres culturels franco-allemands waren um die Jahrhundertwende entstanden, so auch in Tübingen. Für die Universität Bonn war es wichtig, den Posten des Hochschulattaché für Nordrhein-Westfalen in Bonn anzusiedeln, und nicht wie vorgesehen, in Düsseldorf. Heute ist Dr. Matthieu Osmont nicht nur für Nordrhein-Westfalen, sondern auch für Rheinland-Pfalz, das Saarland und Hessen zuständig.
Nach dem Umzug der französischen Botschaft 1999 nach Berlin wurde das „Französische Kulturinstitut an der Universität Bonn“ 2001 in „Robert-Schuman-Institut an der Universität Bonn“ umbenannt. Es wurde nach dem großen Europäer Robert Schuman (1886-1963) benannt, der Anfang des 20. Jahrhunderts in Bonn Jura studiert hatte und mit dem Schumanplan vom 9.5.1950 bis heute als einer der Gründungsväter der Europäischen Union gilt. Die Plakette vor dem Institutseingang erinnert würdig an ihn, auch der Vortragssaal des Instituts trägt seinen Namen.[65] Seit 2009 gehört das Institut glücklicherweise wieder zum Netz der „Institut français Deutschland“, dem Dachverband der französischen und deutsch-französischen Kultureinrichtungen in ganz Deutschland. Die Zuständigkeit für alle Angelegenheiten des An-Instituts liegt weiterhin beim Beirat, der aus Vertretern der Französischen Botschaft und der Universität Bonn zusammengesetzt ist.

Außenansicht der Sorbonne Universite Paris, 2017, Foto: Guilhem Vellut. (CC BY 2.0)
7. Publikationsreihen und Standortvorteile
Die Bonner Romanistik hat immer schon von einem großen Standortvorteil profitiert. Das seit 1949 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte „Sondersammelgebiet Romanistik“ bietet Studierenden und Lehrenden eine bestmögliche Literaturversorgung, hinzu kommt die organisch gewachsene Bibliothek des Romanischen Seminars. Der Buchbestand zur Romania umfasst mehr als 80 000 Bände. Im Seminarraum und einigen Bibliothekssälen sind noch Stuckdecken aus der Zeit der kurfürstlichen Residenz erhalten; zahlreiche Renovierungen und Ausbauten (beispielsweise Pirandello-Saal und Spanisch-Raum) wurden Ende des 20. Jahrhunderts durchgeführt.
Das 1952 eingerichtete Institut français ist ein An-Institut der Universität Bonn und – wie oben dargestellt - in der entsprechenden Institutslandschaft in Deutschland einzigartig; das Sprach- und Kulturangebot sowie Vortragsreihen sind für alle Studierenden der Romanistik geöffnet:
- Romanistische Versuche und Vorarbeiten (seit 1958),
- Bonner romanistische Arbeiten (seit 1977),
- Romanica et Comparatistica. Sprach- und literaturwissenschaftliche Studien (seit 1983);
darüber hinaus zahlreiche Herausgeberschaften in einschlägigen romanistischen Fachzeitschriften der Bonner Ordinarien (unter anderem Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen, Romanistisches Jahrbuch, Romanische Forschungen).
Der Überblick über die Entwicklung der Bonner Romanistik zeigt am Ende, wie eng einerseits Wissenschaftsgeschichte mit Gelehrtengeschichte verknüpft ist und wie andererseits auch Wissenschaftspolitik die Entwicklung einer Fachdisziplin entscheidend mitgestalten kann.[66] Seit dem 19. Jahrhundert war das Bonner Romanische Seminar als Lehr- und Forschungseinrichtung eine solide Brücke zur Romania mit ihren Sprachen, Literaturen und Kulturen. Möge es auch in Zukunft seinen Beitrag leisten zu einem Europa, das sich als „geistige Lebensgemeinschaft“ (Curtius) versteht.
Literatur (mehrfach zitierte Titel)
Becker, Thomas/Rosin, Philip (Hg.), Die Buchwissenschaften = Geschichte der Universität Bonn, Band 3, Göttingen 2018.
Bork, Hans Dieter (Hg.), Harri Meier - Stationen seines Lebens und Wirkens; Hamburg - Rostock - Leipzig - Lissabon - Heidelberg - Bonn / Interviews mit Willi Hirdt, Köln 2005.
Ertler, Klaus-Dieter (Hg.), Romanistik als Passion. Sternstunden der neueren Fachgeschichte, Band 1, Wien/Berlin 2007.
Geppert, Dominik (Hg.), Preußens Rheinuniversität 1818–1918 = Geschichte der Universität Bonn, Band 1, Göttingen 2018.
Hausmann, Frank-Rutger, Vom Strudel der Ereignisse verschlungen. Deutsche Romanistik im „Dritten Reich“, Frankfurt/Main 2008.
Hirdt, Willi [u.a.] (Hg.), Romanistik. Eine Bonner Erfindung, 2 Bände, Bonn 1993.

Renovierter Stuck im Romanischen Seminar während der Renovierung des Hauptgebäudes der Universität am Hofgarten, 2025, Foto: Fiona Gladen. (Universitätsarchiv Bonn)
- 1: Ausführlich dazu Richard Baum, „Friedrich Diez“, in: Hirdt, Romanistik, Band 1, S. 45-140; Band 2, S. 457- 913. Zur Institutionengeschichte siehe die Dissertation von M. Kalkhoff, Romanische Philologie im 19. und frühen 20. Jahrhundert: Institutionengeschichtliche Perspektiven, Tübingen 2010.
- 2: Hierzu Hirdt, Willi, Bonn im Werk von Luigi Pirandello in Bonn, 2. Auflage, Tübingen 1990.
- 3: Zu den Leistungen Wendelin Foerster s. Hirdt, Romanistik, Band 1, S. 141–229, Band 2, S. 915–1068.
- 4: Geppert, Preußens Rheinuniversität 1818–1918; Becker/Rosin, Die Buchwissenschaften.
- 5: Lebsanft, Franz (Hg.), August Wilhelm Schlegel und die Episteme der Geschichte. Eine Ringvorlesung zum 200jährigen Jubiläum der Universität Bonn und der ‚Observations sur la langue et la littérature provençales‘ (1818), Bonn 2022.
- 6: Becker/Rosin, Die Buchwissenschaften, S. 583.
- 7: Hg. des Breviariums des S. Rufus Festus, 1874; Über die Sprachen der Waldenser, 1888; Gesamtausgabe der Werke Chrestiens de Troyes, 4 Bände, 1884-1885; Wörterbuch zu Kristian von Troyes' sämtlichen Werken, 1933; Les Merveilles de Rigomer, 2 Bände, 1908, 1917; Richars li bians, 1874; Chevalier as deus espees, 1877; Altfranz. Übungsbuch, gem. mit E. Koschwitz, 6. Auflage 1921.
- 8: Ausführliche Darstellung und Dokumentation von Willi Hirdt in: Hirdt, Romanistik, Band 1, S. 141-229.
- 9: Tappert, Birgit, Heinrich Schneegans, in: Hirdt, Romanistik, Band 1, S. 231-320, Band 2, S. 1069–1227; Tappert, Birgit, Heinrich Schneegans und die beiden Curtius, in: Baum, Richard [u.a.] (Hg.), Lingua et Traditio. Geschichte der Sprachwissenschaft und der neueren Philologien. Festschrift Hans Helmut Christmann, Tübingen 1994, S. 501-515; Tappert, Birgit, Schneegans, Heinrich Alfred, in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 282-283.
- 10: Jahrbuch für Romanische Philologie 11 (1911), S. 37; Tappert, Heinrich Schneegans, in: Hirdt, Romanistik, Band 1, S. 284.
- 11: Elwert, Theodor, Meyer-Lübke, Wilhelm, in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 303-304; Wunderli, Peter, Wilhelm Meyer-Lübke (1861-1936). Der Sprachwissenschaftler als Philologe“, in: Bähler, Ursula/Trachsler, Richard (Hg.), Portraits de médiévistes suisses (1850-2000). Une profession au fil du temps, Genève 2009, S. 179-214.
- 12: 1925 wurde er ordentlicher Professor für romanische Sprachwissenschaft, zunächst an der Universität Marburg, dann an der Kölner Universität (1930). 1933 wurde er suspendiert, sein weiteres Schicksal als Vertriebener des Nationalsozialismus ist bekannt und gut aufgearbeitet. – Hausmann, Vom Strudel der Ereignisse; Christmann, Hans Helmut/Hausmann, Frank-Rutger/Briegel, Manfred (Hg.), Deutsche und österreichische Romanisten als Verfolgte des Nationalsozialismus, Tübingen 1989, S. 322-324 (Artikel „Spitzer, Leo, Prof. Dr. phil.“ von Strobach-Brillinger); s. darin auch: „Leo Spitzers Brief an den Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Köln (1946)“, hg. u. eingeleitet v. Willi Jung, S. 79-84; Gumbrecht, Hans Ulrich, Vom Leben und Sterben der großen Romanisten, München/Wien 2002, darin: „Methode ist Erlebnis. Leo Spitzers Stil“, S. 72-151.
- 13: Siehe u.a. Bender, Niklas, Ernst Robert Curtius: Die deutsch-französische Vermittlung in ihrer radikalsten Krise“, in: Eckel, Winfried/Wedekind, Gregor (Hg.), Grenzgänger. Figuren der deutsch-französischen Kulturvermittlung (im Druck).
- 14: Hoeges, Dirk, Kontroverse am Abgrund. Ernst Robert Curtius und Karl Mannheim, Frankfurt a. M. 1994; vgl. auch Hillen, Ursula, Wegbereiter der romanischen Philologie: Ph. A. Becker im Gespräch mit G. Gröber, J. Bédier u. E.R. Curtius, Frankfurt a.M. [u.a.] 1993.
- 15: Nonnenmacher, Kai, Ernst Robert Curtius: Europäisierung historischer Topik oder französische Zeitgenossenschaft?, in: Grunewald, Michel/Lüsebrink, Hans Jürgen/Marcowitz, Reiner/Puschner, Uwe (Hg.), Deutschland und Frankreich im 20. Jahrhundert - Akademische Wissensproduktion über das andere Land, Bern 2012, S. 273-286.
- 16: Lange, Wolf-Dieter (Hg.), ‚In Ihnen begegnet sich das Abendland‘. Bonner Vorträge zur Erinnerung an Ernst Robert Curtius, Bonn 1990; Ernst Robert Curtius, Max Rychner: Freundesbriefe 1922–1955. In Zusammenarbeit mit Claudia Mertz-Rychner hg. u. kommentiert v. Frank-Rutger Hausmann, Frankfurt a. M. 2015; Ernst Robert Curtius: Briefe aus einem halben Jahrhundert. Eine Auswahl, hg. u. kommentiert v. Frank-Rutger Hausmann, Baden-Baden 2015.
- 17: Lausberg, Heinrich, Curtius, Ernst Robert, in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 447-448. Curtius hat mehrere Rufe abgelehnt: Frankfurt 1927, Hamburg 1930 und 1946, Tübingen 1946. An Ehrenpromotionen sind zu nennen: Dr. iur. honoris causa Glasgow 1951, Dr. phil. honoris causa Sorbonne 1954 (als dritter Deutscher seit 1914, als erster Deutscher seit 1933; Auszeichnungen: Lessing-Preis Hamburg 1950, Friedensklasse des Ordens Pour le Mérite 1952, Korrespondierendes Mitglied der Medieval Academy of America, der Akademien Göttingen, München und Stockholm.
- 18: Biographische, autobiographische Literatur: Bursch, Horst (Hg.), Souvenirs. Zum 100. Geburtstag von Harri Meier (1905-1990), Bonn 2005; Keipert, Helmut, In memoriam Harri Meier. Reden gehalten am 8. Juni 1991 bei der Gedenkfeier der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Bonn 1992; Sprache und Geschichte. Festschrift für Harri Meier zum 65. Geburtstag, hg. v. Eugenio Coseriu u. Wolf-Dieter Stempel, München 1971; Romanica Europaea et Americana. Festschrift für Harri Meier, 8. Januar 1980, hg. v. Hans Dieter Bork, Artur Greive u. Dieter Woll, Bonn 1980; Bork, Harri Meier [mit vollständigem Schriftenverzeichnis]; Hausmann, Franz Josef, Wider den Trend in der etymologischen Forschung. Zwei neue Bücher von Harri Meier, in: Göttingische Gelehrte Anzeigen 235 (1983), S. 103-116; Nachrufe: Dieter Woll in: Romanische Forschungen 102 (1990), S. 443-445; Wolf-Dieter Stempel in: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 227 (1991), S. XIII-XVI; Horst Bursch, in: Verba 18 (1991), S. 719-724.
- 19: Harri Meier wurde von Frank-Rutger Hausmann, der sich wie kein anderer deutscher Romanist in den letzten Jahrzehnten um die Aufarbeitung des dunklen Kapitels der deutschen Romanistik bemüht, eine unbestechliche wissenschaftliche Haltung in der NS-Zeit trotz seiner Mitgliedschaft in NS-Organisationen – er war kein Funktionsträger – bestätigt; vgl. Hausmann, Vom Strudel der Ereignisse, S. 379 ff.; vgl. auch http://uni-leipzig.de/unigeschichte/professorenkatalog/leipzig/Meier_502.html (mit Bild).
- 20: Bork, Harri Meier, S. 86.
- 21: Bork, Harri Meier, S. 88.
- 22: Das Extraordinariat, das Heinrich Lausberg innehatte, war seit Jahren vakant und es gelang, Walter Pabst zunächst als Extraordinarius, dann als Ordinarius zu berufen, der aber schon wenige Jahre später einen Ruf nach Berlin annahm und Harri Meier etwa 1960 schrieb: „Unser Seminar ist jetzt bald so gut wie das in Bonn“, Bork, Harri Meier, S. 91.
- 23: Zur jüngeren Generation der Habilitanden zählen Bork, Greive, Woll und Hunnius.
- 24: Aus seinen vielen Publikationen sind zu nennen: Die Entstehung der romanischen Sprachen und Nationen, Frankfurt 1941, Ann Arbor 1980; Ensaios de filologia romanica, Lisboa 1948; Die Onomasiologie der Dummheit, Heidelberg 1972; Neue Beiträge zur romanischen Etymologie, Heidelberg 1975; Primäre und sekundäre Onomatopöien und andere Untersuchungen zur romanischen Etymologie, Heidelberg 1975; Neue lateinisch-romanische Etymologien, Bonn 1980; Lateinisch-romanische Etymologien, Wiesbaden 1981; Die Entfaltung von lateinisch vertere, versare im Romanischen: Beiträge zur Geschichte einer etymologischen Grossfamilie, Frankfurt 1981; Aufsätze und Entwürfe zur romanischen Etymologie, Heidelberg 1984; Notas criticas al DECH de Corominas, Santiago de Compostela 1984; Prinzipien der etymologischen Forschung: romanistische Einblicke, Heidelberg 1986; Etymologische Aufzeichnungen: Anstösse und Anstössiges, Bonn 1988.
- 25: Vgl. Schweickard, Wolfgang, Etymologische und wortgeschichtliche Erforschung und Beschreibung der romanischen Sprachen: Italienisch und Sardisch. Etude et description étymologique et historique du lexique des langues romanes: l´italien et le sarde, in : Romanische Sprachgeschichte. Histoire linguistique de la Romania. Ein internationales Handbuch zur Geschichte der romanischen Sprachen. Manuel international d´histoire linguistique de la Romania, 1. Teilband, Band 1, hg. v. Ernst, Gerhar/Gleßgen, Martin-Dietrich/Schmitt, Christian/Schweickard, Wolfgang, Berlin/New York 2003, S. 348.
- 26: Vgl. Ramón Lorenzo, Universidade de Santiago de Compostela/Spanien, in: Verba 6 (1979), S. 415.
- 27: uni-bonn.tv, https://www.youtube.com/watch?v=WWTLL-0LKbI
- 28: Ein kleines Porträt der „Generation Theorie“, die diese Phase prägte, entwirft Raulff, Ulrich, Wiedersehen mit den Siebzigern. Die wilden Jahre des Lesens. Stuttgart 2014.
- 29: Erschienen unter dem Titel: Utopie und Wirklichkeit bei Diderot, Heidelberg 1957.
- 30: Hamburg 1961; spanisch, Madrid 1963. Weitere Publikationen: Italien zwischen Schwarz und Rot, Stuttgart 1956; Tradurre in tedesco, Florenz 1958, 1965; Moderne italienische Lyrik, Göttingen1964; Der Weg des Lyrikers Cesare Pavese, Krefeld 1969; Fin de siècle. Gestalten und Mythen, München 1977; Fin de siglo. Figuras y mitos, Madrid 1998; (mit Sebastian Neumeister), Roman und Lyrik in Frankreich 1900–1918, Wiesbaden 1979; (Hg.) Spanien und Europa. Texte zu ihrem Verhältnis von der Aufklärung bis zur Gegenwart, München 1979; Streifzüge durch die romanische Welt, Wien 1989; Italienische Lyrik im 20. Jahrhundert. Essays, München 1990; (Hg.) Poetischer Rom-Führer italienisch und deutsch, Darmstadt 1997.
- 31: Aufstieg und Krise der Vernunft. Komparatistische Studien zur Literatur der Aufklärung. Festschrift für Hans Hinterhäuser, hg. v. Michael Rössner u. Birgit Wagner, Wien 1985. Siehe auch seine Autobiographischen Mitteilungen an die Österreichische Akademie der Wissenschaften, in: Ertler, S. 191-199.
- 32: Autobiographische Mitteilungen, in: Ertler, S. 195.
- 33: Im Jahre 2002 wurden ihm zwei Ehrungen zuteil: die mexikanische Regierung verlieh ihm den Premio Internacional Alfonso Reyes und in Spanien wurde er mit dem Orden de Isabel la Católica ausgezeichnet.
- 34: Wichtige Publikationen: Hispanoamérica imáges y perspectivas. Bogotá 1989; Modernismo. Ensayo. Barcelona, Montesinos, 1983; Poesia y prosa en Antonio Machado. Madrid, Ed. Guadarrama,1969; Jorge Luis Borges. Ensayo de interpretación, Madrid 1959; La imagen de América en Alfonso Reyes, Madrid 1955; Temas y problemas de una historia social de la literatura hispanoamericana, Bogotá 1989; Cuestiones. México, Fondo de Cultura Económica, 1994; Caminos hacia la modernidad. Homenaje a Rafael Gutiérrez Girardot, hg. v. Juan G. Gomez, Frankfurt a. M. 1993 [darin auch Schriftenverzeichnis von Gutiérrez Girardot, S. 333-335]. Der Abschnitt über Gutiérrez ist zum Teil identisch mit dem Nachruf von Willi Jung in: forsch 2005.
- 35: Erträge der Forschung, Band 158, Darmstadt 1981.
- 36: Frankfurt a. M. 1978. Weitere Veröffentlichungen: García Lorca in seiner Zeit. Rheinfelden, 1985; Anotaciones sobre la erudición en Lezama Lima. Fundamentos 1984; 'Realismo mágico' y 'négritude' como construcciones ideológicas. Dept. of Sp.
- 37: Rogmann war bei Inkrafttreten des neuen Hochschulgesetzes NRW 1980 bereits Inhaber einer Dozentenstelle (H2) und wurde per Gesetz automatisch in eine Professur C3 übergeleitet, so dass das Seminar ab diesem Zeitpunkt über zwei Professuren in der Iberoromanistik/Lateinamerikanistik verfügte.
- 38: Heidelberg 1969.
- 39: Berlin 1972 ff.
- 40: Ein vollständiges Schriftenverzeichnis findet sich in seiner Gedenkschrift: Text und Tradition. Gedenkschrift Eberhard Leube, hg. v. Klaus Ley, Winfried Wehle u. Ludwig Schrader, Frankfurt 1996.
- 41: München 1971.
- 42: In: Neues Handbuch der Literaturwissenschaft: Renaissance und Barock, Frankfurt a. M. 1972, S. 128–161.
- 43: Barcelona 1986; zur Vita s. In memoriam Eberhard Leube. Reden, gehalten am 1. Februar 1992 bei der Gedenkfeier der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität, Bonn 1992; Ludwig Schrader in: Mitteilungen des deutschen Hispanistenverbandes 6/7 (1993/1994), S. 59-60. In Bonn habilitierten sich seine Assistenten Henning Mehnert, Winfried Wehle und Klaus Ley.
- 44: Verdienstvoll ist seine Neuausgabe der Dissertation von Ernst Wolf, Guillaume Apollinaire und das Rheinland, 1988. Sie ist 1937 bei Curtius in Bonn entstanden und eine der ersten Arbeiten in Deutschland, die sich mit Apollinaire beschäftigten.
- 45: München 1967.
- 46: München 1975. Ein umfassendes Schriftenverzeichnis findet sich in der Festschrift zu seinem 65. Geburtstag: Heitere Mimesis, hg. v. Birgit Tappert u. Willi Jung, Tübingen/Basel 2003, S. XIX-XXXII.
- 47: In seiner Festschrift zum 60. Geburtstag: Lesen und Sehen. Aufsätze zur Literatur und Malerei in Italien und Frankreich, hg. v. Birgit Tappert u. Willi Jung, Tübingen 1998, sind zentrale Arbeiten von ihm zur Interdependenz der Künste versammelt.
- 48: Aufgrund seiner wissenschaftlichen und hochschulpolitischen Verdienste wurde Willi Hirdt mit hohen Verdienstorden Italiens und Frankreichs ausgezeichnet, und fand damit auch die ihm gebührende politische Anerkennung für seine internationalen Aktivitäten.
- 49: Siehe die Nachrufe von Birgit Tappert in: Romanische Forschungen 133 (2021), S. 224–228; Maria Fancelli, 25 agosto 2020: https://www.italianisti.it/news/adi/ricordo-willi-hirdt; Gino Tellini in: Studi Italiani 32 (2020), S. 61–65.
- 50: STUDIA EX HILARITATE. Mélanges de linguistique et d’onomastique sardes et romanes, offerts à Monsieur Heinz Jürgen Wolf, publiés par Dieter Kremer et Alf Monjour, Strasbourg-Nancy 1996, S. 10.
- 51: Genève/Paris 1964.
- 52: Heidelberg 1979, 2. Auflage 1991.
- 53: Hamburg 1991.
- 54: Cagliari, Della Torre 1992.
- 55: Vgl. den Nachruf seines Schülers Alf Monjour in: Romanische Forschungen 128 (2016), S. 507–510.
- 56: Unter dem Titel: Markierungen und Begegnungen. Eine empfindsame Reise durch die Welt der Romania, hat Wolf-Dieter Lange nicht nur eine kleine Autobiographie verfasst, sondern zugleich auch eine kleine Wissenschaftsgeschichte der Romanistik geschrieben, in: Ertler, S. 307-326. Seine Assistenten Dirk Hoeges, Thomas M. Scherer, Silke Segler-Meßner und Helmut C. Jacobs habilitierten sich in Bonn.
- 57: Lange und Wolf haben die Festschrift für ihren akademischen Lehrer hg. unter dem Titel: Philologische Studien für Joseph M. Piel. Heidelberg 1969.
- 58: Lange war gemeinsam mit dem Würzburger Anglisten Werner Habicht Hg. des dreibändigen Literatur-Brockhaus (1988).
- 59: Lange, Wolf-Dieter (Hg.), ‚In Ihnen begegnet sich das Abendland‘. Bonner Vorträge zur Erinnerung an Ernst Robert Curtius, Bonn 1990. Er war damals bereits zwei Jahre mit der Bearbeitung des Curtius-Nachlasses betraut, dessen letzte Tranche die Bonner Universitätsbibliothek erst nach dem Tod von Frau Curtius 2002 übernehmen konnte.
- 60: Die Sprachlandschaften der Galloromania. Eine lexikalische Untersuchung zum Problem der Entstehung und Charakterisierung, Bern/Frankfurt a.M. 1974.
- 61: Studien zur Ausbildung der Sprachnorm im Neufranzösischen, Heidelberg 1977.
- 62: Sein Schriftenverzeichnis enthält die Festschrift zu seinem 60. Geburtstag, hg. v. Alberto Gil, Dietmar Osthus u. Claudia Polzin-Haumann unter dem Titel: Romanische Sprachwissenschaft. Zeugnisse für Vielfalt und Profil eines Faches, Frankfurt a.M. [u.a.] 2004, S. XV-XLVIII.
- 63: Siehe auch den Nachruf unter: https://romanistik.de/aktuelles/6366.
- 64: Als Zweck des Vereins wurde die Förderung der Völkerverständigung im Allgemeinen und die Vertiefung der Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich im Besonderen definiert. Die Durchführung deutsch-französischer Projekte, vorzugsweise in den geisteswissenschaftlichen Disziplinen, vor allem aber die Trägerschaft für die Französisch-Kurse am Institut gehören zu den zentralen Aufgaben des Vereins.
- 65: Im Rahmen verschiedener Veranstaltungen haben der damalige Direktor Jean-Paul Dispot und der Autor dieses Artikels im Sommersemester 2001 in einer gemeinsamen Lehrveranstaltung die historischen Verbindungen zwischen Frankreich und dem Rheinland behandelt und ein internationales Kolloquium hierzu am 9.5.2001 im Bonner Haus der Geschichte organisiert.
- 66: Der Verfasser dieses Artikels war 1979-2015 Kustos und Akademischer Direktor am Romanischen Seminar. Er war unter anderem Gründungsmitglied der deutsch-italienischen und deutsch-französischen Studiengangkommission, Koordinator des deutsch-französischen Studiengangs (2004-2015) und Sekretär der Ernst-Robert-Curtius-Gastprofessur (1995 bis heute).
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Jung, Willi, Zur Geschichte des Romanischen Seminars der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/zur-geschichte-des-romanischen-seminars-der-rheinischen-friedrich-wilhelms-universitaet-bonn/DE-2086/lido/681b49bb9e9360.15778430 (abgerufen am 16.06.2025)
Veröffentlicht am 08.05.2025, zuletzt geändert am 13.05.2025