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Adolf Bach zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass er für die deutsche Mundartforschung/Dialektologie und die deutsche Sprachgeschichte umfassende, klar gegliederte und auch für einen nicht spezialisierten Leserkreis verständliche Handbücher verfasste, die sowohl in der Darbietung der Inhalte wie in den erschöpfenden Bibliographien neuartig waren. Vergleichbare Werke legte er für die Volkskunde und die Namenkunde vor. Allerdings sind diese nicht frei von ideologischen Vorurteilen und Einseitigkeiten, weswegen Bach heute durchaus kritisch gesehen werden muss.
Adolf Lucian Philipp Bach wurde am 31.1.1890 als Sohn des Bortenwirkers und Textilkaufmanns Ludwig Bach und seiner Ehefrau Philippine, geborene Reitzel, in eine katholische Familie hinein in Bad Ems geboren. Dort schloss er im Jahr 1906 das Real-Progymnasium ab. Im Anschluss besuchte er die Oberrealschule in Darmstadt. Nach der Reifeprüfung im Jahr 1909 studierte er Germanische und Romanische Philologie, Philosophie und Nationalökonomie an den Universitäten in Kiel, Paris (Sorbonne) und Gießen. Dort legte er 1914 das Staatsexamen für das Lehramt an höheren Schulen für Deutsch, Englisch und Französisch in der Oberstufe ab. Im selben Jahr wurde er mit einer Dissertation mit dem Titel „Die Mundarten im Gebiet der unteren Lahn und ihrer Nachbarschaft“ bei Otto Behaghel (1854-1936) promoviert. 1914-1916 wurde er zum Wehrdienst eingezogen. Die Habilitation (Venia legendi für Deutsche Sprache und Literatur) erfolgte 1924 an der Technischen Hochschule Darmstadt bei Arnold Erich Berger (1862-1948), der eine Professur für Literaturgeschichte und Geschichte innehatte. 1921 heiratete er die Bibliothekarin Lili Auguste Marie Sofie Pfeiffer (1892-1987).
1927 fand seine Umhabilitation an die Universität Bonn statt. Am 1.5.1933 trat Bach in die NSDAP ein und war Mitglied im NS-Dozentenbund, wo er „als ‚Gelehrtentyp alter Schule‘ charakterisiert wurde, der für die Jugend wenig Verständnis habe“, dem man aber „die politische Zuverlässigkeit nicht absprechen könne“[1]. Aus der Personalakte der Universität Bonn geht hervor, dass Bach in Stil und Charakter im persönlichen Umgang als schwierig galt, was die Einschätzungen von Seiten der NS-Behörden verständlicher macht. Als einer von vielen unterschrieb er das „Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat“ vom 11.11.1933.
Von 1916 bis 1927 war Bach als wissenschaftlicher Hilfslehrer in Geisenheim und Biebrich (heute Stadt Wiesbaden), dann als Studienrat in Rinteln tätig. Im Juli 1927 wurde er als Nachfolger von Leo Weisgerber (1899-1985) auf eine Professur für Deutsche Sprache und Volkskunde an die Hochschule für Lehrerbildung (Pädagogische Akademie) in Bonn berufen und zugleich als Nachfolger von Theodor Frings Leiter der Abteilung für Mundartforschung und Volkskunde des Instituts für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande an der Universität Bonn. Seit Ende der 1920er Jahre bot Bach germanistische und volkskundliche Lehrveranstaltungen an der Universität Bonn an, 1931 wurde ihm der Titel eines nichtbeamteten außerordentlichen Professors für Deutsche Sprache und Literatur verliehen, 1939 wurde er zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Ab 1940 hielt Bach keine volkskundlichen Veranstaltungen mehr ab. Aus der Personalakte Erich Röhr (1905-1943) – dem favorisierten Kandidaten und ersten Inhaber des mit Hilfe von SS-Ahnenerbe und Provinzialverband neu errichteten Bonner Volkskundelehrstuhls – geht hervor,[2] dass der Germanist und Dekan der Philosophischen Fakultät Karl Justus Obenauer (1888-1973) eine einwandfreie, aufbauende, junge Kraft wollte, die dem zentralen Studium der Volkskunde [...] einen ganz neuen Auftrieb geben könnte. Ab dem Wintersemester 1941/42 vertrat Bach die freie Planstelle eines ordentlichen Professors für Deutsche Volkskunde an der Reichsuniversität Straßburg, auf die er schließlich 1943 berufen wurde. Zudem wurde er Direktor der Abteilung Volkskunde, die im Germanischen Seminar angesiedelt war. Es erscheint vorstellbar, dass die Berufung durch die Kontakte mit dem Historiker Ernst Anrich (1906-2001), dem alten Bonner Kollegen, der schon mit Gründung der Universität 1941 als Bevollmächtigter der Reichsdozentenführung in Straßburg und dort Dekan der Philosophischen Fakultät war, befördert wurde. Die Volkskunde in Bonn, die neben Bach und Josef Müller (1875-1945) durch Karl Meisen (1891-1973) vertreten wurde, stand „teilweise in starkem Gegensatz zur völkischen Ideologie des Nationalsozialismus“[3] und war traditionell politisch-katholisch ausgerichtet. Hans-Paul Höpfner[4] bewertet es als erstaunlich, dass Bach „diesen Lehrstuhl an einer von den Nationalsozialisten gegründeten Hochschule trotz der politischen Bedenken erhielt.“ Dabei nimmt er auf ein Gutachten des NS-Dozentenbundes aus dem Jahr 1942[5] Bezug, in dem vermerkt ist, dass fast alle Gutachten über Bach ungünstig seien, da er in der liberalen Wissenschaft verwurzelt sei.[6] Allerdings ging es Anrich, der seine Straßburger Aufbaupläne intensiv mit dem Reichssicherheitshauptamt (RSHA) abstimmte, bei seinen Personalvorschlägen nicht nur um politisch-ideologische Linientreue, sondern auch um fachliche Expertise sowie Vertrautheit mit dem deutschen und europäischen Westen. Von 1944 bis 1945 nahm Bach einen Lehrauftrag an der Universität Göttingen wahr. 1945 wurde er aus Straßburg „amtsverdrängt“[7], 1948 wegen eines Augenleidens und einer nicht erfolgreichen Operation in den Ruhestand versetzt. Von 1954 bis 1967 nahm er einen Lehrauftrag für Deutsche Namenkunde an der Universität Bonn wahr.
Lehr- und Forschungsschwerpunkte von Adolf Bach waren die Mundartforschung, die Volkskunde, die Geschichte der deutschen Sprache und die Namenkunde. Neben seinem Interesse für deutsche Dialekte, dem Schwerpunkt, in dem er promoviert wurde, zeigte sich auch schon früh sein volkskundliches Interesse, insbesondere in Publikationen zu seiner Heimat, so 1921 mit einem quellenkundlichen Beitrag zu den Juden in Bad Ems im 18. Jahrhundert. In dem 1930 gegründeten Flurnamenarchiv in Bonn finden sich alle Schwerpunkte vereint. Die Ambitionen und der Ertragreichtum des Flurnamenarchivs sind mit den Aufrufen und Berichten in den Rheinischen Vierteljahrsblättern dokumentiert, die Bach 1931 zusammen mit dem Historiker Franz Steinbach (1895-1964) und dem Gymnasiallehrer Josef Müller begründete und als deren Mitherausgeber er bis zu seinem Weggang nach Straßburg fungierte. Steinbach war seit 1925 Leiter der historischen Abteilung des Instituts für geschichtliche Landeskunde, dessen Gesamtleitung er seit 1927 innehatte. Müller, der seit den 1920er Jahren einen Lehrauftrag für Deutsche Volkskunde an der Universität Bonn wahrnahm und 1927 zum Honorarprofessor ernannt wurde, war Leiter des „Rheinischen Wörterbuchs“, der dritten Abteilung des Instituts, die 1930 eingerichtet worden war.
Bach verfasste zu allen seinen Forschungsschwerpunkten Monographien, die in mehreren Auflagen erschienen: 1934 die „Deutsche Mundartforschung“, 1937 die „Deutsche Volkskunde“, 1938 die „Geschichte der deutschen Sprache“. In den Folgeauflagen behielt er stets den wesentlichen Aufbau und die Gliederung der Werke bei, modifizierte und erweiterte sie aber zum Teil signifikant. In der Vielzahl der Rezensionen wird attestiert, dass die Monographien Lücken füllen und Grundlagenwerke sind, dass Bach über eine souveräne Kenntnis der Gegenstände verfügt und mit größter Sorgfalt arbeitet und dass die Bücher unentbehrlich sind. Umso irritierender ist es, dass Bach die dritte Auflage der „Deutschen Volkskunde“ von 1960 in den wesentlichen Aussagen zur Rassenlehre unverändert gelassen hat (Die zweite Auflage von 1944 war im Satz fertig, wurde aber nicht gedruckt.): In einem Paragraphen, auf den er im Vorwort hinweist, hebt er seine „Volkskunde“ als erste umfängliche Prinzipien- und Methodenlehre hervor. Er erklärt, dass er selbstverständlich der rassischen Grundlage des dt. Volkes die ihr gebührende Beachtung zu schenken [hatte], ohne deshalb an eine ‚Volkskunde auf rassischer Grundlage‘ [...] im Sinne einer Parteidoktrin auch nur von ferne zu denken. (§ 64, 105) Weltbild und Wesensart ergäben sich nach seiner unmissverständlich zum Ausdruck gebrachten Auffassung nicht nur aus dem rassischen Gefüge eines Volkes. In Klammern fügt Bach dessen Bedeutung heute vielfach unterschätzt wird hinzu. Im Folgenden weist er auf das wenig[e] Ansehen (§ 64, 106) bei der NS-Zensur hin. Er sieht es als Selbstverständlichkeit an, die nicht begründet werden müsse, dass er die deutschen Verhältnisse vor der Austreibung der Ostdeutschen (S. 11) erörtere. Das Kapitel Die körperliche Erscheinung des dt. Volkes als Träger oder Ausdruck geistiger Eigenschaften (S. 145-181) wird mit dem Hinweis eingeleitet, dass eine irregeleitete Rassentheorie in verbrecherischer Weise missbraucht worden sei, damit aber ganz und gar nicht gesagt sein könne, dass die Erkenntnisse einer ihrer Verantwortung bewussten wissenschaftlichen Rassenforschung in aller Zukunft in den Wind geschlagen werden könnten. Es gelte hier das Wort Spinozas: Neque flere, neque ridere, nec admirari, sed intellegere (‚Nicht belachen, nicht betrauern und nicht verabscheuen, sondern verstehen.‘) als einzige Richtlinie der Beschäftigung mit den rassischen Verhältnissen. Auch diese Auflage wird durchweg explizit gelobt und nur moderat kritisiert. So wird beispielsweise „begrüßt“, dass Bach den von „H[ans] Naumann eingeführten Begriff vom ‚Primitivgut‘ aufgibt“.[8]
In der Nachkriegszeit wurde Adolf Bach für sein wissenschaftliches Schaffen vielfach und auf vielerlei Weise national und international geehrt: Unter anderem wurde ihm 1957 die Ehrendoktorwürde der Universität Löwen verliehen, 1960 das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, 1971 das Große Verdienstkreuz mit Stern. 1958 wurde er Ehrenmitglied der Koninklijke Vlaamse Academie voor Taal- en Letterkunde in Gent und 1965 der Kungliga Gustav Adolf Akademien för Folklivsforskning in Uppsala. Zum 65. Geburtstag ermöglichten die Herausgeber Meisen, Steinbach und Weisgerber eine zweibändige Festschrift der Rheinischen Vierteljahrsblätter. Meisen, der politisch der Zentrumspartei nahestand, wurde 1939 die Venia legendi entzogen; ab 1945 war er wieder an der Universität Bonn tätig und wurde Leiter der Abteilung für Mundart und Namenforschung des Instituts für geschichtliche Landeskunde, Weisgerber war 1942 von der Universität Rostock zurück nach Bonn gekommen. Zum 75. Geburtstag erhielt Bach eine Festschrift mit namenkundlichen Beiträgen.
In den letzten zehn Lebensjahren war Bach fast blind und dadurch auf Unterstützung anderer, insbesondere seiner Ehefrau angewiesen. 1960 wurde er zum Ehrenbürger seiner Heimatstadt Bad Ems ernannt, wo er am 19.4.1972 verstarb. In der Namenkunde hat Bach Pionierarbeit geleistet. Sein wissenschaftliches Interesse in dieser Disziplin spiegelt sich in vielen Aufsätzen wider und ist in seiner Personen- und Ortsnamenkunde manifestiert. Die Publikationen werden auch heute noch als Referenzwerke herangezogen. In seinen Gedenkworten fasst Matthias Zender Bachs wissenschaftliches Schaffen auf folgende Weise zusammen: „In den Arbeiten durch all die Jahre hin sehen wir nun zwei Richtungen, die – so könnte man sagen – sich widersprechen, die sich aber auch gegenseitig fordern und ergänzen. Es entsprach der besonderen Neigung von Bach, Geschichte und Sprache seiner engeren und weiteren Heimat zu erforschen und dann in einem zweiten Arbeitsgang zu allgemeinen Fragen vorzustoßen.“[9]
Schriften (Auswahl)
Die Mundarten im Gebiet der unteren Lahn und ihrer Nachbarschaft, Diss. Gießen 1914.
Die Juden in Ems im 18. Jahrhundert, in: Zeitschrift für Heimatkunde der Regionsbezirke Coblenz und Trier und der angrenzenden Gebiete 2 (1921), S. 45-47.
Deutsche Mundartforschung. Ihre Wege, Ergebnisse und Aufgaben. Eine Einführung, Heidelberg 1934.
Deutsche Volkskunde. Ihre Wege, Ergebnisse und Aufgaben. Eine Einführung, Leipzig 1937; 3. Auflage: Deutsche Volkskunde. Wege und Organisation, Probleme, Methoden, Ergebnisse und Aufgaben, Schrifttum, Heidelberg 1960.
Die deutschen Personennamen, Deutsche Namenkunde 1, Berlin 1943.
Deutsche Namenkunde, I. Die deutschen Personennamen, 1. Einleitung. Zur Laut- und Formenlehre, Wortfügung, -bildung und -bedeutung der deutschen Personennamen, 2. Die deutschen Personennamen in geschichtlicher, geographischer, soziologischer und psychologischer Betrachtung, II. Die deutschen Ortsnamen, 1. Einleitung. Zur Laut- und Formenlehre, zur Satzfügung, Wortbildung und -bedeutung der deutschen Ortsnamen, 2. Die deutschen Ortsnamen in geschichtlicher, geographischer, soziologischer und psychologischer Betrachtung. Ortsnamenforschung im Dienste anderer Wissenschaften, Heidelberg 1952-1954; 3., unveränderte Auflage Heidelberg 1978.
Literatur
Höpfner, Hans-Paul, Bonn als geistige Festung an der Westgrenze? Zur Rolle und Bedeutung der „Westforschung“ an der Universität Bonn 1933-1945, in: Dietz, Burkhard/Gabel, Helmut/Tiedau, Ulrich (Hg.), Griff nach dem Westen. Die „Westforschung“ der völkisch-nationalen Wissenschaften zum nordwesteuropäischen Raum (1919-1960), Münster [u. a.] 2003, S. 673–687.
Höpfner, Hans-Paul, Die Universität Bonn im Dritten Reich. Akademische Biographien unter nationalsozialistischer Herrschaft, Bonn 1999.
Meineke, Eckhard, Bach, Adolf Lucian Philipp, in: König, Christoph (Hg.), Internationales Germanistenlexikon 1800-1950. Bearb. v. Birgit Wägenbaur, Berlin/New York 2003, S. 59–62.
Schrutka-Rechtenstamm, Adelheid, Die Volkskunde an der Universität Bonn von 1900 bis 1950 – Ein Beitrag zur Institutionsgeschichte im Rheinland, in: Rheinisches Jahrbuch für Volkskunde 28 (1989/90), S. 69–87.
Wolf, Herbert, Rezension zu Adolf Bach, Deutsche Volkskunde. Wege und Organisation, Probleme, Methoden, Ergebnisse und Aufgaben, Schrifttum, 3. Auflage, Heidelberg 1960, in: Zeitschrift für Mundartforschung 30 (1963), S. 84–86.
Zender, Matthias, Gedenkworte für Adolf Bach. 31.1.1890-19.4.1972, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 37 (1973), S. IXXII.
Festschriften
Festschrift Adolf Bach, 2 Teile = Rheinische Vierteljahrsblätter 20 (1955) u. 21 (1956).
Schützeichel, Rudolf/Zender, Matthias (Hg.), Namenforschung. Festschrift für Adolf Bach zum 75. Geburtstag am 31. Januar 1965, Heidelberg 1964.
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Wich-Reif, Claudia, Adolf Bach, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/adolf-bach-/DE-2086/lido/65fc33a86340e1.75974605 (abgerufen am 06.10.2024)