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Mit Erzbischof Adolf III. von Schaumburg kehrte die Kölner Kirche nach dem Reformationsversuch Hermanns V. von Wied auf den altgläubigen Weg zurück. Zusammen mit seinen wichtigsten theologischen Beratern, Johannes Gropper und Eberhard Billick (1499-1557), versuchte Adolf die Kirche zu reformieren, ohne sie zu spalten.
Adolf vom Schaumburg wurde am 19.1.1511 als dritter Sohn des Grafen Jobst I. von Schaumburg und Holstein-Pinneberg (1483-1531) und seiner Frau Maria von Nassau-Dillenburg (1491-1547) geboren. Neben zwei älteren Brüdern hatte er sieben jüngere Brüder und zwei Schwestern. Anton, einer der jüngeren Brüder, sollte sein Nachfolger als Kölner Erzbischof und Kurfürst werden. Untypisch war, dass Adolf seine ersten geistlichen Pfründen erst verhältnismäßig spät mit etwa 17 Jahren erwarb. Zuvor hatte er bereits mit elf Jahren ein Studium in Löwen begonnen und offenbar mit Erfolg abgeschlossen. 1528 wurde er Domherr in Lüttich, wo er 1533 zum Dompropst aufstieg und außerdem die Propstei des Heilig-Kreuz-Stiftes erhielt. 1529 erlangte er Domherrenstellen in Mainz und Köln, außerdem die Dechanei am freiadligen Stift St. Gereon in Köln, dessen Propstei er ebenfalls im Jahr 1533 für sich erwerben konnte. Eine weitere Besonderheit war sein geistlich-weltliches Doppelleben, das er nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1531 führte. Jobst hatte ihn auf dem Totenbett zum Vormund seiner jüngeren Geschwister bestimmt. Nachdem Erzbischof und Domkapitel seiner zusätzlichen weltlichen Aufgabe zugestimmt hatten, übernahm er die Regierung in der norddeutschen Grafschaft Schaumburg, die er 1534 jedoch wieder an seinen Bruder Johann (1512-1560) abtrat. Erst 1544 verzichtete er, diesmal zugunsten seines Bruders Otto (1517-1576), endgültig auf seine säkularen Herrschaftsansprüche.
Diese Entscheidung wird wohl auch im Zusammenhang mit der sich für ihn ab 1543 anbahnenden Wahl zum Kölner Erzbischof gestanden haben. Schon zehn Jahre früher, am 17.12.1533, hatte das Domkapitel ihn zum Koadjutor und damit zum Mitregenten und designierten Nachfolger Hermanns von Wied gewählt – mit nur 22 Jahren. Offenbar überzeugte der junge Geistliche seine Mitkapitularen durch Auftreten und Intelligenz, die sich ja bereits im früh abgeschlossenen Studium gezeigt hatte. Allerdings musste er vor seiner Wahl die Aufrechterhaltung der althen loblichenn gebreuchenn zusichern und damit den Anschluss des Erzstifts an die Reformationsbewegung ausschließen. Das war das erste Mal, dass sich das Kölner Domkapitel mit einem Verbot der lutherischen Neuerungen befasste, das einzuhalten die Mehrheit der Domherren freilich selbst nicht beabsichtigte. Adolf hielt sich dagegen strikt an diese Vorgabe, obwohl auch er die zahlreichen kirchlichen Missstände beseitigen wollte. In den letzten Jahren des Episkopats Hermanns von Wied avancierte er zum Anführer der altgläubigen Richtung und konnte den katholischen und indifferenten Teil des Domkapitels dafür gewinnen.
Spätestens seit 1542 strebte Erzbischof Hermann die Einführung der Confessio Augustana in Kurköln an. Mit Martin Bucer und Philipp Melanchthon (1497-1560) lud er prominente protestantische Prediger ins Erzstift ein, aufgrund deren Beratung er im Sommer 1543 das „Einfältige Bedenken", ein reformatorisches Programm, veröffentlichte. Während Grafen, Ritter und Städte sich sofort damit einverstanden erklärten, forderte Papst Paul III. (Pontifikat 1534-1549) den Koadjutor Adolf auf, gegen die Häretiker mit aller Strenge vorzugehen. Allerdings wusste Hermann von Wied die weltlichen Stände und zumindest einen Teil des Domkapitels hinter sich und konnte erst durch ein entschiedenes Eingreifen Kaiser Karls V. (Regierungszeit 1519-1556) zum Jahreswechsel 1546/1547 seines Amtes enthoben werden. Ohne formell vom Domkapitel gewählt worden zu sein und gegen den Willen der übrigen Stände wurde Adolf am 24.1.1547 auf einem von kaiserlichen Kommissaren bestimmten Landtag zum Erzbischof und Kurfürsten erklärt und umgehend inthronisiert, nachdem er übergangsweise als Administrator des Erzstiftes fungiert hatte. Er verpflichtete sich, Glaubensneuerungen umgehend aufzuheben, die evangelischen Prediger abzusetzen und in Klöstern und Stiften einen vorreformatorischen Zustand wiederherzustellen. Diesen Verpflichtungen kam er schnell nach. Noch bevor er im Herbst 1547 zum „Geharnischten Reichstag" nach Augsburg reiste, ließ er sich am 3.5.1547 in Köln zum Priester weihen und dokumentierte damit seine Bereitschaft, ein gottesfürchtiges und eines Erzbischofs würdiges Leben zu führen. Die Bischofsweihe folgte am 8.4.1548. Die dahinter stehende Entschiedenheit kann erst im Vergleich erkannt werden: nicht einmal Ferdinand von Bayern beispielsweise, der die katholische Konfessionalisierung mit großem Engagement und Eifer in Kurköln vorantrieb, hatte sich zum Priester weihen lassen. Obwohl Adolf also sowohl mit dieser äußerlichen Demonstration als auch in seinem Handeln konsequent und energisch gegen die Neugläubigen vorging, drängte er zusammen mit den anderen Kurfürsten, Wege und Möglichkeiten der friedlichen Koexistenz beider Konfessionen zu eröffnen. Damit war er dem infolge seines militärischen Erfolges über die Protestanten kompromissunwilligen Kaiser voraus und nahm die Gedanken des Augsburger Religionsfriedens von 1555 vorweg.
Dass ihm eine Reform und damit Verbesserung der kirchlichen Verhältnisse ein echtes Anliegen war, zeigt auch seine persönliche Teilnahme an der zweiten Sitzungsperiode des Trienter Konzils 1551/1552. Als Berater standen ihm der ehemalige Diplomat und Priesterkanoniker und amtierender Archidiakon Johannes Gropper, einer der bedeutendsten deutschsprachigen Theologen seiner Zeit, und der Provinzial des Karmeliterordens und Kölner Weihbischof Eberhard Billick zur Seite. Allerdings scheiterte eine Umsetzung der ehrgeizigen Reformvorhaben, die sie in Adolfs Auftrag formulierten, am Widerstand der Stände wie auch an dem Bemühen des Herzogs von Jülich-Kleve-Berg, der die Aufsicht über die Kirchen in seinem Territorium selbst beanspruchte. Adolf war somit sowohl als Landesherr im Erzstift;Köln wie auch als Bischof der Erzdiözese gehemmt. Trotz mehrerer großer Synoden wie etwa dem Provinzialkonzil von 1549 gelang es ihm nicht, sich kirchenpolitisch zu behaupten. So musste er beispielsweise das Visitationsrecht über die außerhalb des Erzstifts liegenden Pfarreien dem jeweiligen Landesherrn überlassen.
Als kurkölnischer Landesherr unternahm er nur wenig, die aus der Zeit Erzbischof Dietrichs II. von Moers herrührenden immensen finanziellen Probleme des Erzstiftes zu lösen oder die territoriale Ordnung im Sinne der sich anderenorts, vor allem in den größeren weltlichen Territorien des Reiches entwickelnden Staatlichkeit zu beeinflussen. Immerhin entstand mit seiner Hofordnung vom 11.8.1548 eine ansatzweise vom Hof getrennte Verwaltung im moderneren Sinn.
Am 20.9.1556 starb Adolf III. in seiner Brühler Residenz. Wie es üblich war, wurde sein Leichnam mit dem Schiff nach Köln gebracht und dort im Chorumgang des Domes beigesetzt. Erzbischof Johann Gebhard von Mansfeld ließ zu seinem Andenken eine lebensgroße Liegefigur errichten, die sich heute in der Stephanuskapelle befindet. Dass sein Kopf nicht vom Kurhut, sondern der Bischofsmitra bedeckt wird, betont das unter den Kölner Erzbischöfen des 16. Jahrhunderts einzigartige, ehrliche und weitreichende Bemühen Adolfs, seiner geistlichen Aufgabe gerecht zu werden. Dass er trotz dieser Zielstrebigkeit und seines Weitblicks letztlich scheiterte, mag seinem frühen Tod im Alter von nur 45 Jahren zuzuschreiben sein. Das Potenzial, Kurköln auf einen anderen als den wechselhaften, von Krieg und Spannungen geprägten Weg, den es im 16. Jahrhundert gehen musste, zu bringen, hätte er wohl gehabt.
Literatur
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Online
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Bock, Martin, Adolf III. von Schaumburg, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/adolf-iii.-von-schaumburg/DE-2086/lido/57a9bfb1c52737.44530993 (abgerufen am 10.12.2024)