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Der wirtschaftliche Erfolg des Vaters ermöglichte Alexander Koenig, frei von jeglicher Erwerbsarbeit ein Leben als Forschungsreisender und Privatgelehrter zu führen. Das von ihm gegründete und bis zu seinem Tod geleitete Zoologische Forschungsinstitut und Museum in Bonn mit seinen bekannten Schausammlungen ist als Ort, an dem 1948 der Parlamentarische Rat zusammentrat, untrennbar verbunden mit der Gründungsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland.
Alexander Ferdinand Koenig wurde am 20.2.1858 als dritter von fünf Söhnen in St. Petersburg geboren. Vater Leopold (1821-1903) hatte 1846 Caroline Papmehl (1828-1894), die Tochter seines Lehrherrn, geheiratet und sich durch schnelle Übernahme technischer Innovationen vom Zuckersieder zum marktbeherrschenden Zuckerfabrikanten des Zarenreichs emporgearbeitet. Zum zweiten Standbein seines Imperiums wurden ab 1874 umfangreiche Ländereien in der Ukraine, die er mit Hilfe deutscher Bauern und Forstleute mustergültig erschloss. In Anerkennung seiner kolonisatorischen Erfolge wurde er 1879 zum Kaiserlich Russischen Wirklichen Staatsrat ernannt.
Ins Rheinland kam die Familie, weil der kränkelnden Caroline Koenig das milde Bonner Klima besser zusagte. Ende 1867 erwarb man für 75.000 Taler die 1862/1863 zwischen Koblenzer Straße (der heutigen Adenauerallee) und Rheinufer erbaute Villa Troost. Sie wurde 1870 durch ein großes Palmengewächshaus ergänzt und 1877/1878 gründlich umgebaut. Schon in St. Petersburg hatte jeder Sohn über eine Gartenparzelle zur eigenen Gestaltung verfügt. Diese Tradition wurde in Bonn fortgesetzt.
Für die naturkundlichen Interessen des zehnjährigen Alexander boten der Park und die Umgebung ein vielfältiges Betätigungsfeld. Der Rhein begeisterte den passionierten Schwimmer und Angler. Doch im Herbst 1869 endete die unbeschwerte Phase der Kindheit. An die Stelle des Privatlehrers trat das Gymnasium. Obwohl der Vater die Schulprobleme seiner Kinder engagiert anging, führten Lernunlust, übermäßige Ablenkung durch eine ausgeprägte Sammel- und Jagdleidenschaft und nicht zuletzt Lehrerversagen zu einer quälend langen Schulzeit mit mehreren Schulwechseln. Bezeichnenderweise nimmt sie den größten Teil der 1938 erschienenen Autobiographie ein. Auf Bonn und Kösen folgte Burgsteinfurt, wo der Oberprimaner 1880 durchs Abitur fiel. Beim nächsten Anlauf ließ Koenig vorsorglich sein geliebtes Gewehr in Bonn zurück, jedoch war er, als er zwei Jahre später im pommerschen Demmin die für ein Vollstudium notwendige Reifeprüfung ablegte, bereits 24 Jahre alt. Um so schneller gestaltete sich dann seine akademische Ausbildung. Gut zwei Jahre nach dem Abitur promovierte er nach Stationen an den Universitäten Greifswald, Berlin und Kiel in Marburg über Mallophagen, im Vogelgefieder lebende Insekten. Der erfolgreiche Abschluss des Studiums ermöglichte ihm, im Sommer 1884 Margarethe Westphal (1865-1943) zu heiraten. Das Paar hatte sich in Demmin heimlich und 1883 in Bonn öffentlich verlobt. Auch der zunächst skeptische Leopold Koenig willigte in die Liebesheirat ein. Auf die Hochzeitsreise nach Sylt folgten mehrere gemeinsame Forschungsreisen (Cannes, Neapel, Capri, Tunis, Tripolis) und die Publikation der Ergebnisse. 1888 habilitierte sich Koenig mit einem ornithologischen Thema an der heimischen Universität Bonn. Madeira und die Kanarischen Inseln wurden 1888/1889 erkundet, abgelöst durch anspruchsvolle Expeditionen ins westliche Nordafrika. Ab 1897 waren die Nilländer und der Sinai Ziele teils strapaziöser Unternehmungen per Bahn, Flussboot und Kamelkarawane.
1905 führte eine neues Interesse an Meeresvögeln das Ehepaar an die norwegische Küste und nach Spitzbergen. Um unabhängig von Mitreisenden zu sein, chartere Koenig für zwei weitere Nordlandreisen eigens Schiffe; so konnte er einen ganzen Stab von Mitarbeitern um sich scharen. Auch die beiden letzten großen Forschungsreisen in den Sudan (1910 und 1913) fanden per Flussdampfer statt. Auswertung und Publikation der Ergebnisse beschäftigten den Gelehrten bis in die 1930er Jahre. Zwischen den Reisen wohnte das Ehepaar in der Koblenzer Straße 164. Leopold Koenig hatte das seiner Villa gegenüberliegende Anwesen bereits Ende der 1870er Jahre erworben und 1884 seinem Sohn überlassen. Im Jahre 1900 bewilligte er Mittel zum Umbau und zur Errichtung eines kleinen Museumsanbaus zur Aufnahme der durch die Forschungsreisen angeschwollenen Sammlungen. Da lebte er bereits wieder in seiner Geburtsstadt St. Petersburg. Die prächtige Villa in Bonn verkaufte er an den deutsch-russischen Industriellen Rudolf Hammerschmidt, nach dem der spätere Amtssitz des Bundespräsidenten benannt ist.
Als Leopold Koenig 1903 starb, hinterließ er seinen Söhnen ein großes Vermögen. Alexander Koenig kaufte ein Jahr später das Rittergut Blücherhof in Mecklenburg und ließ es zu seinem zweiten Wohnort ausbauen. In Bonn arrondierte er seinen Grundbesitz an der Koblenzer Straße mit dem Ziel, im Anschluss an den bestehenden Museumsbau ein großes Haus zur Aufnahme und öffentlichen Ausstellung der umfangreichen zoologischen Sammlung zu errichten. Am 3.9.1912 erfolgte die Grundsteinlegung zu der monumentalen Anlage mit ihrer langgestreckten, verschwenderisch gestalteten Schaufront entlang der Koblenzer Straße und ihrem eindrucksvollen Hauptportal. Das kinderlose Ehepaar - die einzige Tochter war 1886 im Säuglingsalter gestorben - steckte mehrere Millionen Mark in den Bau. Nach Fertigstellung sollte es mit einem Stiftungskapital von zehn Millionen Goldmark ausgestattet dem preußischen Staat übereignet werden.
Der Erste Weltkrieg und seine Folgen machten diese Planungen zunichte. Das im Rohbau fertig gestellte Gebäude diente zeitweise als Lazarett. Während der Besatzungszeit wurde es beschlagnahmt und als Kaserne genutzt. Bis zu 1.000 Soldaten waren hier untergebracht. Margarethe Koenig wehrte sich gegen die unsachgemäße Behandlung der Räumlichkeiten; nur die guten Kontakte des Oberbürgermeisters Fritz Bottler (1870-1922) zur französischen Militärverwaltung retteten sie vor dem Kriegsgericht.
In finanziellen Fragen wenig bewandert vermochte Alexander Koenig nicht, sein Geldvermögen vor der Inflation der Jahre 1919-1923 zu bewahren. Hinzu kam der Verlust der russischen Liegenschaften durch die Revolution von 1917. Um sein Lebenswerk zu retten, übereignete er nach langen Verhandlungen am 9.2.1929 Museumsbau und Sammlungen dem Staat, der Fertigstellung und laufende Kosten übernahm. Am 13.5.1934 schließlich erfolgte die feierliche Eröffnung. Gleichzeitig wurde der Gründer - just am Tage seines 50. Doktorjubiläums - zum Ehrenbürger der Universität und der Stadt Bonn ernannt.
Alexander Koenig, der erst 1914 die russische Staatsangehörigkeit ablegte, war überzeugter Monarchist. Sein Patriotismus verstellte ihm eine realistische Beurteilung der Ursachen und Folgen des Ersten Weltkriegs. Für die Revolution von 1918 und die Weimarer Demokratie hatte er bloß Verachtung übrig: “Armes, verblendetes Volk, das sich dem Wahngedanken hingibt, es brauche keine Führer, bedürfe keiner Leitung, es könne sich selbst regieren […]. Kein einheitlicher, den Staat großmachender Wille regiert, sondern tausend unfähige Köpfe …”, konstatiert er in seiner Autobiographie. Zum Nationalsozialismus hielt er dennoch Distanz. Dank der Protektion des “Reichsjägermeisters” Hermann Göring (1893-1946), den er 1935 persönlich durch sein Museum führte, vermochte er die Politik aus seinem Hause herauszuhalten, wenn auch um den Preis der gründlichen Verärgerung lokaler Partei- und SA-Größen.
Am 18.6.1940 starb Alexander Koenig auf Gut Blücherhof. Eine große Trauergemeinde gab dem auf dem Bonner Südfriedhof bestatteten Mäzen das letzte Geleit.
Werke (Auswahl)
Festrede gehalten anlässlich der Eröffnungsfeier des Zoologischen Forschungsinstituts und Museums Alexander Koenig, Reichsinstitut Bonn, Bonn 1934.
Autobiographie, Bonn 1938.
Literatur
Eisentraut, Martin, Alexander Koenig und sein Werk. Biographie eines Bonner Ehrenbürgers, 2. Auflage Bonn 1984.
Oesl, Bettina/Hutterer, Rainer, Auf den Spuren von Leopold Koenig in Bonn, in: Bonner Geschichtsblätter 43/44 (1996), S. 383-398.
Oesl, Bettina/Hutterer, Rainer, Das Museum Koenig im Spannungsfeld der Politik, in: Das Museum Koenig, Heft 1, Bonn 1998, S. 4-31.
Salentin, Ursula/Hammerschmidt, Liselotte, Chronik der Villa Hammerschmidt und ihrer Bewohner, Bergisch-Gladbach 1991.
Online
Internetauftritt des Zoologischen Forschungsmuseums König. [Online]
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Vogt, Helmut, Alexander Koenig, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/alexander-koenig/DE-2086/lido/57c936b454c048.70349293 (abgerufen am 12.12.2024)