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Anna Maria de Medici zählt zu den herausragenden rheinischen Persönlichkeiten des ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts. Einer alten italienischen Herrscherdynastie entstammend, trug sie als Gemahlin des pfälzischen Kurfürsten Johann Wilhelm maßgeblich zum Aufstieg Düsseldorfs zu einer europäischen Kulturmetropole bei.
Anna Maria de Medici wurde am 17.8.1667 als zweites von drei Kindern des toskanischen Großherzogs Cosimo III. (1642-1723) und dessen Ehefrau Marguérite Louise von Orléans (1645-1721) in Florenz geboren. Sie gehörte der bedeutenden Familie der Medici an, die über einen Zeitraum von 300 Jahren die Geschicke der Stadt Florenz und der Toskana bestimmt hatte.
Vielseitig begabt, erfuhr Anna Maria de Medici neben der strengen höfischen Erziehung frühzeitig eine Förderung ihrer ausgeprägten musischen und sprachlichen Talente. In einem zeitgenössischen Bericht heißt es darüber hinaus: „Die Prinzessin gewinnt, je älter sie wird, immer mehr an Liebreiz. Sie ist von großem Wuchs; ihre Haare sind tiefschwarz. Ihre Augen – früher ziemlich ausdruckslos – sprühen voller Leben und Esprit. Sie schreitet sehr graziös, manchmal vielleicht ein wenig hochmütig." Im Gegensatz zu ihrem Vater, der im Ruf eines humorlosen, religiösen Fanatikers stand, genoss Anna Maria, die auch Anteil an den Nöten der einfachen Bevölkerung nahm, hohe Popularität und avancierte bereits in jungen Jahren zu einer Hoffnungsträgerin der krisengeschüttelten Dynastie der Medici.
Zwischen 1683 und 1690 versuchte Cosimo III. zunächst vergeblich, seinen schwindenden politischen Einfluss durch eine Verheiratung seiner Tochter mit einem Angehörigen des europäischen Hochadels zu stärken. Erst im April 1691 gelang ihm nach schwierigen Verhandlungen eine Übereinkunft mit dem pfälzischen Kurfürsten Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg. Die Hochzeit wurde am 29.4.1691 mit großem Aufwand, aber in Abwesenheit des Bräutigams im Dom zu Florenz abgehalten.
Am 6.5.1691 begab sich Anna Maria de Medici auf die beschwerliche Reise nach Düsseldorf an den Hof ihres Gemahls, dem sie einige Wochen später in Innsbruck erstmals begegnete. Die zunächst nur aus machtpolitischem Kalkül geschlossene Zweckehe erwies sich seit der ersten Begegnung als Glücksfall für beide Seiten. In zeitgenössischen Berichten wird das harmonische Verhältnis zwischen Johann Wilhelm und Anna Maria stets als das herausragende Merkmal einer Ehe hervorgehoben, die allerdings mit dem Makel der Kinderlosigkeit behaftet war. Die Vorlieben der kunstsinnigen und lebenslustigen Kurfürstin für alle Formen höfischer Repräsentation und Prachtentfaltung teilte sie mit ihrem Mann. Gemeinsam war ihnen auch das ausgeprägte Interesse an den verschiedensten Gattungen der Kunst, als deren Förderer sie sich nachhaltig hervortaten. In ihrer Begeisterung für die Jagd und den Reitsport fand Anna Maria de Medici in Johann Wilhelm einen gleichgesinnten Partner. Die kirchliche Trauung wurde während des gemeinsamen Aufenthalts in Innsbruck in einer schlichten Zeremonie wiederholt. Daraufhin setzten die Eheleute die Reise gemeinsam fort und trafen am 19.7.1691 in Düsseldorf ein, wo ihnen von der Bevölkerung ein begeisterter Empfang bereitet wurde. Johann Wilhelm hatte das von Festungsanlagen umgebene Verwaltungszentrum der Herzogtümer Jülich und Berg zu seinem neuen Regierungssitz erhoben und damit noch vor seiner Hochzeit mit Anna Maria de Medici eine kulturelle und städtebauliche Blütezeit der Stadt eingeleitet. Auch dank der Mitgift der neuen Kurfürstin in Höhe von 400.000 Reichstalern gelang es ihm in den folgenden Jahren, den Ausbau des provinziell geprägten Düsseldorf zu einer Residenzstadt von europäischem Rang voranzutreiben. Auch hierbei erwies sich Anna Maria de Medici als ideale Partnerin, unterstützte ihren Mann beim Aufbau der Gemäldegalerie, förderte die Ansiedlung renommierter Künstler und ließ ab 1694 aus eigenen Mitteln ein Opernhaus errichten, welches jedoch schon 1758 im Siebenjährigen Krieg zerstört wurde. Nach Ausbruch des Spanischen Erbfolgekrieges stellte sie im Jahr 1702 auch ihre diplomatischen Fähigkeiten unter Beweis, als es ihr in Abwesenheit Johann Wilhelms gelang, die Beschießung und Eroberung Düsseldorfs durch französische Truppen zu verhindern.
Nach dem Tod ihres Mannes am 8.6.1716 und dem Regierungsantritt ihres Schwagers Karl Philipp (1661-1742) sah sich Anna Maria de Medici veranlasst, im Spätsommer 1717 nach Florenz zurückzukehren. Dort sollte sie nach den Vorstellungen ihres Vaters die Regentschaft über die Toskana und somit seine Nachfolge antreten. Es gelang ihr jedoch nach dem Tod Cosimos III. nicht, diese Ansprüche gegenüber ihrem jüngeren Bruder Gian Gastone (1671-1737) durchzusetzen. Während seiner Regierungszeit lebte Anna Maria de Medici, ihrer politischen Einflussmöglichkeiten nahezu vollständig beraubt, zurückgezogen. Sie widmete sich karitativen Aufgaben und war streng darauf bedacht, die Traditionen der Dynastie der Medici aufrechtzuerhalten und zu pflegen.
Nachdem Gian Gastone im Jahr 1737 gestorben war, erwies sie sich als umsichtige Sachwalterin und Verteidigerin der kulturellen Hinterlassenschaften ihrer Familie, deren letztes lebendes Mitglied sie war. Während die politische Macht im Großherzogtum Toskana bereits auf Franz Stephan von Lothringen (1708-1765) übergegangen war, verstand sie es dennoch, die umfangreichen Kunstsammlungen der Medici vor dem Zugriff durch den neuen Herrscher zu schützen und diese schließlich der Stadt Florenz zu vererben.
Schwere gesundheitliche Rückschläge prägten ihre letzten Lebensjahre. 1741 erkrankte Anna Maria de Medici an Brustkrebs und starb am 18.2.1743 in Florenz.
Bis zuletzt genoss sie als Repräsentantin einer einstmals bedeutenden Dynastie hohes Ansehen in allen Bevölkerungsschichten. Allerdings konnte auch sie den Niedergang und das Aussterben ihrer Familie letztlich nicht aufhalten.
Dem Rheinland und dabei vor allem der Residenzstadt Düsseldorf blieb sie bis an ihr Lebensende eng verbunden.
Literatur
Maurer, Benedikt (Hg.), Barocke Herrschaft am Rhein um 1700. Kurfürst Johann Wilhelm II. und seine Zeit, Düsseldorf 2009.
Vossen, Carl, Anna Maria – Die letzte Medici Kurfürstin zu Düsseldorf (1667-1743), in: Rheinische Lebensbilder 12 (1991), S. 141-156.
Stadtmuseum Düsseldorf (Hg.), Anna Maria Luisa Medici – Kurfürstin von der Pfalz, Düsseldorf 1988.
Online
Stadtbüchereien Landeshauptstadt Düsseldorf (Hg.), "Jan Wellem". Ein Literaturverzeichnis über die Zeit des Kurfürsten Johann Wilhelm und seiner Frau Anna Maria, 2007 (PDF-Datei auf der Homepage der Stadt Düsseldorf). [Online]
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Thomann, Björn, Anna Maria Louisa de Medici, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/anna-maria-louisa-de-medici/DE-2086/lido/57c94abb374cd9.44633491 (abgerufen am 07.11.2024)