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Christine Teusch ist eine katholische Sozialpolitikerin, die bis 1933 in der Zentrumspartei und nach 1945 in der CDU engagiert war. Seit 1918 betätigte sie sich zudem in der katholischen Frauen- und Gewerkschaftsarbeit. Nach 1933 stand sie dem christlichen Widerstand gegen Hitler nahe. 1947 wurde sie Kultusministerin von Nordrhein-Westfalen.
Christine Teusch wurde am 11.10.1888 im von Industrie geprägten Kölner Stadtteil Ehrenfeld als Zwilling geboren. Sie stammte aus einer bekannten katholischen Kaufmannsfamilie. Nach ihrem Abitur in Köln wurde sie zur Oberlehrerin ausgebildet und unterrichtete von 1910 bis 1913 in Neuss, anschließend in Köln. 1913 bestand sie die Rektorenprüfung.
Schon früh engagierte sie sich politisch, zunächst vor allem im berufsspezifischen Verbands- und Vereinskatholizismus. So wurde sie mitten im Krieg 1915 Vorsitzende des „Katholischen Lehrerinnenvereins" des Bezirksverbandes Köln. Dieses Amt sollte sie bis 1917 ausüben, als sie dienstverpflichtet wurde und die Leitung einer Nebenstelle für Frauenarbeit bei der Militärverwaltung in Essen übertragen bekam. Ebenfalls noch während des Krieges wurde sie am 1.4.1918 Verbandssekretärin eines neu gegründeten Frauendezernats in der Kölner Zentrale des „Gesamtverbandes der christlichen Gewerkschaften". Als solche baute sie das Referat auf und leitete es. Von 1923 bis 1965 stand sie zudem dem Deutschen Nationalverband der Katholischen Mädchenschutzvereine mit Sitz in Freiburg im Breisgau vor.
1919 wurde sie in die verfassungsgebende Weimarer Nationalversammlung gewählt. Dort war sie mit 31 Jahren nicht nur das jüngste Mitglied, sondern eine von nur wenigen weiblichen Abgeordneten. Christine Teusch gehörte als Zentrumsabgeordnete von 1920 bis 1933 dem Reichstag an. 1925 wurde sie als Schriftführerin in das Präsidium des Reichstags berufen. Im sozialpolitischen Ausschuss der Zentrumspartei hatte die in der Tradition der sozialen Katholizismus stehende Politikerin das Amt einer stellvertretenden Vorsitzenden inne gehabt.
Christine Teusch blieb ihr Leben lang, wie es für viele Oberlehrerinnen, aber auch für Politikerinnen der ersten Stunde üblich war, unverheiratet. Sie lebte mit ihrer Zwillingsschwester Käthe zusammen, die den Haushalt führte. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 kam auch für Frau Teusch das vorläufige Ende ihrer politischen Arbeit. Nachdem sie zunächst als Volksschullehrerin nach Köln zurückgekehrt war, wurde sie 1936 aus vorgeblich gesundheitlichen Gründen in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Während der NS-Herrschaft hielt sie weiterhin Kontakt zu ihren Freunden aus der christlichen Gewerkschaftsbewegung und war im Umfeld eines katholischen Widerstandkreises, des so genannten „Kölner Kreises", dem auch der unlängst selig gesprochene und von den Nationalsozialisten ermordete Gewerkschaftssekretär Nikolaus Groß angehörte. Ebenfalls zum engeren Kölner Kreis gehörten u.a. Wilhelm Elfes früherer WAZ-Chefredakteur und Krefelder Polizeipräsident, Andreas Hermes (1878-1964), ehemaliger Reichslandwirtschaftsminister des Zentrums, Johannes Albers (1890-1963), Johannes Gronowski (1874-1958), Heinrich Körner und die Dominikaner Laurentius Siemer und Eberhard Welty (Walberberg).
Bereits 1945 trat Christine Teusch der neu gegründeten überkonfessionellen Christlich-Demokratischen Union (CDU) bei. 1946 wurde sie in den Vorstand der CDU in der britischen Besatzungszone gewählt, nachdem sie bereits von der britischen Besatzungsmacht in den Kölner Stadtrat sowie in den beratenden Provinzialrat der Nordrhein-Provinz berufen worden war. Seit 1947 saß sie für den Wahlkreis Köln-Stadt III im Nordrhein-Westfälischen Landtag. Am 19.12.1947 wurde Christine Teusch von Ministerpräsident Karl Arnold zur Kultusministerin ernannt – nicht ohne massive Proteste aus Kirchen und Partei. Sie war nach der Sozialdemokratin und niedersächsischen Ministerin Martha Fuchs (1892-1966) erst die zweite Frau im demokratischen Deutschland, die ein Ministeramt inne hatte.
Bei ihrer politischen Arbeit, die auf der Grundlage christlicher Werte und Traditionen basierte, standen Elternrecht und Gewissensfreiheit im Mittelpunkt aller Überlegungen. Ihre Pädagogik sollte die junge Demokratie auch im Geistigen festigen. Ebenso lag ein Hauptaugemerk in der Schaffung von Bildungsmöglichkeiten für alle Bevölkerungsschichten. Christine Teusch war außerdem Feder führend bei der Formulierung der kultur- und kirchenpolitischen Grundsätze Nordrhein-Westfalens.
Auch ihre Hochschulpolitik galt als vorbildlich. Von 1953 an leitete sie die Kultusministerkonferenz, das wichtigste kulturpolitische Organ der Bundesrepublik Deutschland. Sie war unter anderem Mitbegründerin der „Studienstiftung des Deutschen Volkes", des „Deutschen Akademischen Austauschdienstes" sowie der „Forschungsgemeinschaft der deutschen Wissenschaft". Bereits 1954 musste Christine Teusch aus ihrem Amt scheiden – eine Entlassung, die sie nur schwer verwinden konnte.
Für ihre Verdienste wurde Frau Teusch, die bis 1966 Abgeordnete im Nordrhein-Westfälischen Landtag blieb, am 7.9.1956 als erste Frau mit dem höchsten Orden der Bundesrepublik Deutschlands, dem Großen Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband, ausgezeichnet. Christine Teusch starb am 24.10.1968 in Köln.
Literatur
Dertinger, Antje, Frauen der ersten Stunde. Aus den Gründerjahren der Bundesrepublik, Bonn 1989, S. 216-226.
Eich, Klaus-Peter, Schulpolitik in Nordrhein-Westfalen. 1945-1954, Düsseldorf 1987.
Lautenschläger, Gabriele, „Teusch, Christine", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 11 (1996), Spalten 726-728.
Morsey, Rudolf, Christine Teusch, in: Walter Först (Hg.), Aus dreißig Jahren. Rheinisch-Westfälische Politiker-Porträts, Köln 1979, S. 200-209.
Teusch, Christine, Das christliche Bildungsideal, in: Politisches Jahrbuch der CDU/CSU, hg. vom Generalsekretariat der Arbeitsgemeinschaft der CDU/CSU für Deutschland, 1. Jahrgang, Frankfurt a.M. 1950.
Online
Detailsansicht der Abgeordneten Dr.h.c. Christine Teusch (Information auf der Website des Landtages NRW). [Online]
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Rönz, Helmut, Christine Teusch, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/christine-teusch/DE-2086/lido/57c93bbadbb9c7.04518956 (abgerufen am 18.09.2024)