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Derick Baegert war als Vorstand einer umfangreichen Werkstatt einer der bedeutendsten Maler des niederrheinisch-westfälischen Raums im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts.
Derick Baegert wurde um 1440 in Wesel geboren. Seine Eltern waren bereits als Maler tätig: Sein Vater Johann Baegert (gestorben um 1477) wurde in einer Rechnung der Stadt Wesel erwähnt, seine Mutter Neesken von Birt arbeitete zwischen 1464 und 1477 mehrfach als Fassmalerin für die Weseler Hauptkirche St. Willibrordi. Derick Baegert wiederum und sein Sohn, der Maler Jan Baegert, sind in den Stadtrechnungen von Wesel, den Kirchenrechnungen der Kalkarer Pfarre St. Nikolai und in den Rechnungen der Kalkarer Annenbruderschaft zwischen 1476 und 1502 nachweisbar. Aufgrund einer Fehlinterpretation ist ein großer Werkanteil Baegerts in der älteren Forschung noch mit den Namen „Victor und Heinrich Duenwege" in Verbindung gebracht worden.
Zu Baegerts Hauptwerk zählt das zwischen 1470 und 1476 geschaffene Altarretabel in der ehemaligen Dortmunder Dominikanerklosterkirche, der heutigen Propsteikirche. Dessen stilistische Nähe zur nordniederländischen Buch- und Tafelmalerei lässt vermuten, dass Baegert zeitweise in einer oder mehreren Utrechter Werkstätten tätig war. Anregungen erhielt er von dort bezüglich eines hohen Motivreichtums und Formenschatzes. Vermutlich aufgrund der veränderten politischen Lage in Utrecht um 1470 könnte er sich zur Übersiedlung nach Wesel entschlossen haben. Wesel besaß als wichtiger Handels- und Umschlagplatz für das Rheinland, Westfalen und den gesamten Hanseraum eine große Bedeutung, die die Gründung einer neuen Werkstatt für Baegert sinnvoll gemacht haben könnte.
Trotz eines sich über die Mitteltafel und die Seitenflügel erstreckenden einheitlichen Landschaftsgrundes mit sehr hoher Horizontlinie nehmen im Dortmunder Altarretabel die Szenen keinen direkten inhaltlichen oder formalen Bezug zueinander. Bestimmend ist ein Figurenreichtum, mit dem auf dem linken Innenflügel die „Heilige Sippe", auf der Mitteltafel eine vielszenige „Kreuzigung Christi" und auf dem rechten Innenflügel die „Anbetung der Heiligen Drei Könige" visualisiert werden
Baegerts Ideenfindung steht unter dem Einfluss der bedeutenden altniederländischen Malerei. Die Bildfiguren, die relativ statuarisch agieren, sind noch nicht überzeugend in den Landschaftsraum integriert. Das kräftige Kolorit bleibt sehr einheitlich auf die Hauptfarben Rot und Grün konzentriert. Über die unterschiedlichsten Physiognomien besonders der Männer gelingt es Baegert, eine hohe Lebendigkeit zu erzielen. Integriert ist auch ein Portrait des Stifters und Priors des Dortmunder Konvents, Johann von Asselen, der vermutlich ebenso für das Programm der Außenseite mit den vier Ordensheiligen zusammen mit Christus Salvator und drei Altarpatronen verantwortlich zeichnet. Die neuere Forschung sucht zu beweisen, dass Herzog Johann I. von Kleve mit dem Altarretabel eine Bild-Memoria für die klevisch-märkische Dynastie gestiftet habe. Vermutlich hat Baegert ein Selbstbildnis in die Erzählhandlung eingefügt – es dürfte sich dabei um das früheste Künstlerportrait in der nordwestdeutschen Tafelmalerei handeln. Auch in späteren Tafelbildern scheint er sein Bildnis gleich einer Signatur eingesetzt zu haben.
1477 wird der Maler mit einem nicht mehr erhaltenen Altarretabel für die Weseler Mathenakirche beauftragt. Um 1484/1492 schuf er für die Kalkarer Annenbruderschaft das St. Annen-Altarretabel „Die Heilige Sippe" (ehemals St. Nicolai, Kalkar, heute im Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen). Im gleichen Zeitraum wird zudem die einzig von ihm signierte Tafel „Lukas malt die Madonna" geschaffen worden sein, die ursprünglich den Mittelteil eines Triptychons bildete. Derselben Werkphase sind die Altarbilder „Geburt Christi" und „Kreuzigung Christi" sowie die doppelseitig bemalten Tafeln „Gebet am Ölberg"/Kreuztragung und Geißelung"/"Beweinung" (alle LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster) zugehörig. Auf 1493 datiert sein Auftrag, die Weseler Gerichtstafel „Eidesleitung" (Städtisches Museum Wesel - Galerie im Centrum) zu malen.
Als seine letzte Arbeit wird das Hochaltarretabel für die Kölner St. Laurenzkirche in Anspruch genommen, dessen Tafeln heute in München (Alte Pinakothek), Brüssel (Musées royaux des Beaux-Arts de Belgique), Brügge und Nürnberg aufbewahrt werden.
Gerade die Einfügung zeitgenössischer Portraits in das christologische Bildprogramm sowie die topographisch genaue Wiedergabe von realen Gebäuden erhöhen das Seherlebnis und den Nachvollzug des Heilsgeschehens für den Betrachter. Baegerts Stil, der in der weiteren Nachfolge der altniederländischen Maler Robert Campin (1375-1444), Roger van der Weyden (1399/1400-1464) und Derick Bouts (1410/1420-1475) steht, wird durch ein zunächst sehr kompaktes, linear flächiges Figurengefüge vor weiträumiger Landschaft bestimmt. Freude am reichen, schmückenden Detail und eine ausgezeichnete Wiedergabe von unterschiedlichsten Materialien sind weitere Charakteristika.
Literatur
Baxhenrich-Hartmann, Elisabeth-Maria, Der Hochaltar des Derick Baegert in der Propsteikirche zu Dortmund, Dortmund 1984.
Jászai, Geza, Baegert, Derick, in: Allgemeines Künstlerlexikon, Band 6, 1992, S. 232-233.
Rinke, Wolfgang, Memoria im Bild. Das Altar-Retabel des Derick Baegert aus Wesel in der Propsteikirche zu Dortmund, Bielefeld 2004.
Zumkley, Beate, Das Weseler Gerichtsbild „Die Eidesleistung" von Derick Baegert. Quellengeschichtliche und technologische Studie zu einem Gemälde des 15. Jahrhunderts, Köln 1988.
Online
Fritz, Rolf, Artikel „Baegert, Derick", in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 517-518. [Online]
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Wolff-Thomsen, Ulrike, Derick Baegert, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/derick-baegert/DE-2086/lido/57c5720a1cfc46.06203433 (abgerufen am 03.10.2024)