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Els Vordemberge war langjährige Redakteurin in Kinderfunk und Kinderfernsehen beim Westdeutschen Rundfunk und in dieser Eigenschaft maßgeblich an der Entwicklung kindgemäßer Sendeformen beteiligt. 1933 wurde sie als Jüdin entlassen. Ab 1933 beschäftigungslos, überlebte sie das NS-Regime in einer „privilegierten Mischehe“ mit dem Künstler Friedrich Vordemberge und ab 1944 im Untergrund. Nach dem Krieg wurde sie als Kinderfunkleiterin an den Nordwestdeutschen Rundfunk zurückberufen.
Elsa („Els“) Tintner kam am 5.7.1902 in Wien als Tochter des jüdischen Ehepaares Julius Tintner und Maria, geborene Walente, zur Welt. Ein jüngerer Bruder Heinrich (Heinz) wurde 1907 in Düsseldorf geboren. 1911 zog die Familie Tintner nach Düsseldorf.
Am 1.12.1919 trat Elsa Tintner als Freischülerin in die „Hochschule für Bühnenkunst“ am Schauspielhaus in Düsseldorf ein. Bereits zum 30.6.1921 beendete sie ihre Ausbildung in Düsseldorf, da sie ein Engagement an die Rheinische Landesbühne Düren erhalten hatte. Vermutlich lernte sie dort ihren späteren Mann, den 1897 in Osnabrück geborenen Maler und Bühnenbildner Friedrich Vordemberge (1897-1981) kennen, der im selben Jahr stellvertretender Direktor an der Rheinischen Landesbühne wurde. Das Paar heiratete 1926, und Els Vordemberge nahm die deutsche Staatsbürgerschaft an. Die Ehe blieb kinderlos.
Schicksalhaft für ihre weitere Karriere war die Bekanntschaft mit ihrem Schauspielkollegen Alexander Maass (1902-1971). Maass, der um die Jahreswende 1926/1927 als Ansager und Schauspieler bei der Westdeutschen Rundfunk AG (WERAG) in Köln engagiert wurde, ermutigte Vordemberge, die in der Zwischenzeit mit ihrem Mann nach Köln gezogen war, sich dort zu bewerben. Els Vordemberge wurde zum 1.7.1927 bei der WERAG eingestellt, zunächst als Mitwirkende in Kinderfunkproduktionen wie der „Reise zu Knecht Ruprechts Werkstatt“ oder „Beim Puppendoktor“, jedoch auch für die „Klassische Hörspielbühne“ engagiert, die vom Intendanten der WERAG, dem Dichter und Theaterintendanten Ernst Hardt, initiiert worden war. Hier war sie etwa als Engel in Gerharts Hauptmanns (1862-1942) Drama „Hanneles Himmelfahrt“ unter der Regie von Ernst Hardt zu hören.
Als eigentlichen Glücksgriff für den Sender erwies sich Vordemberge jedoch als Leiterin des Kinderfunks: Der Sender beschäftigte damals auch eine junge Frau, die ab und zu für die Kinder Märchen las. Als ich plötzlich erfuhr, daß sie aufhören wolle, bin ich zu Hardt gegangen und habe ihn gefragt, ob ich das nicht übernehmen könne. Er war sofort einverstanden. Da Vordemberge über keine pädagogische Ausbildung verfügte, handelte sie intuitiv. Sie nahm Kinder ernst, respektierte sie und schaffte es so, dass die Kinder ihr vertrauten, so dass sie unbefangen vor dem Mikrofon redeten und spielten. Eine aufgesetzte Kindgemäßheit lehnte Vordemberge ab, worin sie mit ihrem Intendanten übereinstimmte. Sie ermunterte die Kinder zum Sprechen und zum Einbringen ihrer Gedanken, gab Anweisungen bei Wechselgesängen oder beim Rollenspiel und verstand es, die kindliche Phantasie anzuregen und Spiele mit einfachen Mitteln zu erfinden. Die Kinderstunde der WERAG wurde täglich außer sonntags nach dem Mittagskonzert übertragen.
Das Vorlesen von Märchen mit verteilten Rollen bildete den Nucleus zum Kinderhörspiel. Abgesehen davon gab es Besuche im Kölner Zoo, beim Uhrmacher, im Hänneschen-Theater oder auf einem Bauernhof, und es gab Karnevalsveranstaltungen für Kinder im Funkhaus. 1932 geriet Els Vordemberge, die im selben Jahr aus der jüdischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten war, in den Fokus der Agitation der Nationalsozialisten gegen den Westdeutschen Rundfunk. Bisher waren die Kinderfunksendungen in der Rundfunkkritik der Kölner Gauzeitung „Westdeutscher Beobachter“ lobend erwähnt worden, doch am 23.8.1932 erfolgte eine groß aufgemachte „Enttarnung“ der Kinderfunkleiterin als Jüdin: Ausgerechnet eine Jüdin soll deutschen Kindern ein deutsche Kinderstunde im Rundfunk bereiten! ... Darum muß es heißen: Hinweg mit den Fremdblütigen! Hundert deutsche Frauen sind da, die anders als ‘Els Vordemberge’ unserern Kindern eine echte und wirklich deutsche Kinderstunde halten können. Anfang März 1933 polemisierte der „Westdeutsche Beobachter“ anlässlich des Besuchs der Kinderstunde im Kölner Zoo: Die Jüdin Vordemberge besucht in der Kinderstunde den Zoologischen Garten ..., hoffentlich läßt man sie nicht wieder heraus.
Els Vordemberge gehörte schließlich zur ersten Welle der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach dem Systemwechsel im Jahre 1933 beim Westdeutschen Rundfunk entlassen wurde. Sie erhielt ihre Kündigung zum 18.4.1933 und war nun beschäftigungslos. Friedrich Vordemberge verdiente den Lebensunterhalt des Paares noch bis 1937 als Kunsterzieher in Köln, dann wurde er auf der Basis des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom April 1933 entlassen. Trotz wiederholter Repressalien lehnte er eine Scheidung ab. Els Vordemberge erklärte 1953 anlässlich ihres Wiedergutmachungsverfahrens im Rückblick auf diese Lebensphase: Von 1933 bis 1945 habe ich keinen Tag ohne Bitternis erlebt. Geschützt vor dem Schlimmsten wurde ich durch meinen Mann, der sich von mir nicht scheiden lassen wollte, obwohl es ihm immer wieder empfohlen wurde. Bei der Mobilmachung im September 1939 wurde Friedrich Vordemberge eingezogen, kurz darauf jedoch aufgrund seiner „Mischehe“ als „wehrunwürdig“ entlassen.
Im Jahre 1942 erhielt Els Vordemberges Bruder Heinz Tintner die Anweisung, sich zur Deportation bereitzuhalten. Die Schwester ermutigte ihn unterzutauchen. Zunächst fand Heinz Tintner Unterschlupf in einem kleinen Waldhaus in der Nähe von Herkenrath bei Bergisch Gladbach. Er überlebte den Holocaust wie seine Schwester im Untergrund.
1942 wurde die Wohnung von Els und Friedrich Vordemberge in Köln ausgebombt. Das Ehepaar fand Aufnahme bei der befreundeten Familie Kreymborg, Hauptstraße 32, in Honnef (heute Bad Honnef). Els Vordemberge wurde jedoch erkannt und beim Rassepolitischen Amt angezeigt. Mein Mann führte die Verhandlungen, immer wieder wurde ihm aufgetragen, sich scheiden zu lassen, und da er es nicht wollte, wurden wir ständig belästigt vom Ortsgruppenleiter, Zellenwart, Arbeitsamt, Volkssturm u.s.w. Zu diesem Zeitpunkt war Els Vordemberge noch durch ihren Status als Ehefrau in einer „privilegierten Mischehe“ mit einem Arier geschützt. Als die Nationalsozialisten jedoch 1944 begannen, auch die jüdischen Partner aus „Mischehen“ zu deportieren, entzog sich Els Vordemberge der Deportation, indem sie untertauchte. Im September oder Oktober 1944 war das Ehepaar von Freunden gewarnt worden, dass eine Verhaftung Els Vordemberges unmittelbar bevorstehe. Nach dem Bericht von Heinz Tintner, der sich im Historischen Archiv der Stadt Köln befindet, war es der Leiter des Honnefer Polizeiamtes – ein Bruder des Kölner Gauleiters Josef Grohé -, der den Vordemberges und der Familie des Maler Julius Bretz (1870-1953) den entscheidenden Hinweis gab.
Die nun folgenden Monate auf der Flucht sind durch die Angaben in Els’ Vordemberges Wiedergutmachungsakte dokumentiert. Größere Unstimmigkeiten ergeben sich lediglich in Bezug auf die erste Phase im Untergrund. So gibt sie an, die ersten Tage nach der Flucht bei Nacht und Nebel aus Honnef in Köln-Zollstock bei dem Arzt Dr. med. Sigurd Lorck verbracht zu haben, mit dem die Vordemberges befreundet waren. Er habe sie in einem Zimmer in der Praxis während des laufenden Praxisbetriebes versteckt. Die Haushälterin habe jedoch von ihrem Versteck nichts wissen dürfen, nur nachts habe sie sich eine Viertelstunde vor die Tür gewagt. Da der Honnefer Ortsgruppenleiter jedoch Frau Kreymborg bedrängte und ihr zu vestehen gab, man könne sich denken, wo Els Vordemberge sich in Köln verstecke, ließ Frau Kreymborg ihr eine Warnung zukommen.
Els Vordemberge begab sich daher nach Osnabrück zur Familie ihrer Schwägerin, der Schwester ihres Mannes. Nach der eidesstattlichen Erklärung von Heinrich Henrichvark hielt sie sich hier vom 8. September - also nicht erst ab Oktober - bis zum 30.11.1944 auf. Ihr Mann wurde unterdessen von Dr. med. Michenfelder, dem Leiter des Evangelischen Krankenhauses in Köln, aufgenommen, bis die Klinik Bombenangriffen zum Opfer fiel und die Patienten nach Honnef evakuiert wurden. Da das Risiko der Rückkehr nach Honnef Friedrich Vordemberge zu hoch erschien, fand er Unterschlupf bei Dr. Lorck in Zollstock. Lorck war es auch, der Vordemberges Bruder Heinz mit Gift für den Fall eines Suizids versorgte.
Unterdessen wurde Els Vordemberge anlässlich eines Fliegeralarms in einem öffentlichen Bunker in Osnabrück erkannt. Sie floh daraufhin am 1.12.1944 nach Bielefeld-Brackwede. Hier kam sie bei der Familie von Wilhelm Stodiek unter, Bekannten, die abseits in einem kleinen Einfamilienhaus lebten. In Bielefeld hielt Els Vordemberge sich unter falschem Namen bis zum 20. oder 22. Dezember auf. Da ihr die Trennung von ihrem Mann angesichts der Gefahren des Bombenkrieges unerträglich geworden war, kehrte sie um den 23.12.1944 nach Köln zurück und begab sich wieder zu Dr. Lorck, der seine Praxis in der Zwischenzeit in den Bunker in der Herthastraße verlegt hatte. Lorck ging damit ein hohes Risiko ein, denn die Zollstocker Ortsgruppenleitung der NSDAP war ebenfalls in den Bunker verlegt worden. Vordemberge berichtet über die nun folgenden drei Wochen im Bunker: Ich lag Tag und Nacht auf dem oberen Bunkerbett unter einer Decke versteckt.
Die nächste Etappe der Flucht ist wiederum zeitlich nicht genau belegt. Els Vordemberge gibt an, sich noch zusammen mit ihrem Mann im Haus von Dr. Hans Peters in Honnef versteckt zu haben. Obwohl dieses von einem großen Park umgeben war, hätten beide ständig in Angst und Sorgen gelebt, wiedererkannt und denunziert zu werden, so dass sie sich entschlossen, das Quartier zu wechseln. Die letzte Etappe ihrer Flucht führte sie in das südlich von Honnef gelegene Rheinbreitbach. Hier wurden sie von Heinrich und Gerlinde Zech aufgenommen. Nach Angaben von Frau Zech war es der 16.1.1945. Sie bewohnten allein ein einsam gelegenes Haus, schrieb Vordemberge im Rahmen ihrer Wiedergutmachung, und weiter: Nach kurzer Zeit zogen wir in einen kleinen Waldbunker, die Nässe tropfte von den Steinen. Dort erwarteten wir die Amerikaner und stellten uns unter ihren Schutz. Der Kontakt zu den Zechs war nach Aussage von Els‘ Bruder Heinz geknüpft worden, der ebenfalls dort Unterschlupf gefunden hatte. Auf einen Verfolgten mehr oder weniger komme es nicht mehr an, habe Frau Zech lapidar geäußert. Nach der Befreiung durch die Amerikaner kehrten die Vordemberges nach Honnef zurück, wo Els Vordemberge als Verfolgte des NS-Regimes anerkannt wurde. Wiederum kamen sie bei Frau Kreymborg unter.
Els Vordemberge hatte zu diesem Zeitpunkt eigentlich mit ihrer Rundfunkkarriere abgeschlossen, niemals wieder habe sie zum Westdeutschen Rundfunk zurückkehren wollen. Einen Sinneswandel bewirkte Alexander Maass, der nach seiner Emigration 1933 und einer abenteuerlichen Flucht 1945 in der Funktion eines britischen Zivilbediensteten nach Deutschland zurückgekehrt war. In Hamburg, bei der Zentrale des „Nordwestdeutschen Rundfunks“, das heißt dem Rundfunk in der Britischen Besatzungszone mit der Zentrale in Hamburg und der Nebenstelle in Köln, nahm er beim Wiederaufbau maßgeblichen Einfluss auf die Personalpolitik der beiden Sender. Vordemberge ließ sich von Maass überreden, ihre alte Funktion als Leiterin des Kinderfunks wiederaufzunehmen, und Max Burghardt (1893-1977), der erste Nachkriegsintendant im Kölner Funkhaus, würdigte sie in seinen Memoiren als eine „starke Stütze“ bei der demokratischen Reorganisation des Kölner Senders. Am 15.5.1946 erfolgte ihre Wiedereinstellung. Die erste Nachkriegssendung des Kölner Kinderfunks ging am Nachmittag des 20.6.1946, dem Fronleichnamstag, in den Äther.
Aufgrund des Wohnraummangels und der Versorgungssituation in Köln blieb Vordemberge offenbar zunächst in Honnef wohnen. Ihre Abmeldung nach Köln erfolgte erst im August 1949. Bis zu ihrem Tode lebten sie und ihr Mann am Hansaring.
Angesichts eines qualitativ hochwertigen Kinderfunkprogramms aus Hamburg plädierte Vordemberge für einen langsamen und systematischen Aufbau des Kölner Programms. Bis auf Weiteres solle Köln deshalb nur eine Sendung pro Woche produzieren. Konzeptionell knüpfte sie an ihre Arbeit in der Weimarer Republik an. Es gab ein nach Altersgruppen differenziertes Programm, Erzählungen und Kinderhörspiele, dazu Märchen- und Spielstunden, nur Bastelstunden waren wegen Materialmangels zunächst gestrichen. Vordemberge gründete eine neue „Funkkinderschar“, die aus sieben bis acht Kindern unterschiedlicher Altersgruppen bestand, und die sie zum freien Sprechen vor dem Mikrophon animierte.
Im Lauf der nächsten Jahre fächerte sich das Angebot immer weiter auf, es gab Zauberstunden, Bastelstunden, Malen und Zeichnen, Singen, Musizieren, Spiele, Kinderturnen, Gedichtrezitationen, Geburtstagsfeiern, Kasperletheater usw. Beliebte Sendereihen waren etwa „Der kleine Sandmann bin ich“, „Hier ist der Sender Gernegroß“, „Wir lesen vor“, „Frage und Antwort im Kölner Kinderbriefkasten“, „Für kranke Kinder“ oder „Kasperle ist wieder da“. An jedem ersten Freitag im Monat gab es zudem den „Kinderkongress“, bei dem Kinder über Themen diskutierten, die sie selbst gewählt hatten.
Bis zu ihrer Pensionierung arbeitete sie mit renommierten Autorinnen und Autoren wie Luise Rinser (1911-2002), Eva Rechlin (1928-2011) oder James Krüss (1926-1997) zusammen. Von Otfried Preußler (1923-2013) stammte die Produktion „Die kleine Hexe“ (Erstsendedatum 1.7.1960), von Ellis Kaut (1920-2015) die „Geschichten vom Kater Musch“ oder die erfolgreiche Sendereihe „Immer dieser Fizzibitz“ aus dem Jahre 1963.
In der Regel handelte es sich bei den Kinderfunksendungen nicht um Live-, sondern um Vorproduktionen, die sich gegebenenfalls auch als Wiederholungen eigneten. In diesem Kontext betonte die Kinderfunkleiterin allerdings: Wir schneiden nichts heraus, keinen Versprecher, keinen Huster, kein Stottern. Wir nehmen nur auf Band auf, um nette Sendungen wiederholen zu können. Sie achtete insbesondere auf die Altersgemäßheit der Besetzungen. Zum einen, weil sie 1946/1947 Kritik von den britischen Kontrolloffizieren hatte einstecken müssen, zum anderen, weil sie sich mit überambitionierten Familien konfrontiert sah, die schon Dreijährige für Produktionen anboten.
Anfang der 1960er Jahre wurde Els Vordemberge in Personalnunion Leiterin im noch jungen Kinderfernsehen, das sich zu einem besonderen Aushängeschild des Westdeutschen Rundfunks entwickeln sollte. Obwohl sie die Altersgrenze bereits am 1.8.1962 erreicht hatte, blieb Els Vordemberge noch bis Ende Juli 1964 im Sender, um am Aufbau des neuen Mediums mitzuwirken. Im Kinderfernsehen arbeitete sie mit der jungen Redakteurin Ingeborg Oehme-Tröndle (geboren 1938) zusammen und förderte das Talent eines Kölner Mädchens namens Lotti Krekel (geboren 1941). Abgesehen davon engagierte sich Els Vordemberge für die Wiedergründung der 1929 initiierten GEDOK, der „Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstförderer e. V.“ Dort rezitierte sie beispielsweise Lyrik oder wurde 1955 Fachbeirätin der Gruppe „Sprechkunst“.
Nach ihrer Pensionierung blieb Els Vordemberge bis ins hohe Alter kulturell interessiert. Außerdem begleitete sie ihren Mann Friedrich Vordemberge, der ab 1947 an den Kölner Werkschulen beschäftigt war, zu Ausstellungseröffnungen im In- und Ausland. Friedrich Vordemberge starb am 8.4.1981 in Köln.
Els Vordemberges Aversion, über ihr Schicksal während der NS-Zeit zu sprechen, steigerte sich gegen Ende ihres Lebens zur völligen Ablehnung. Im Rahmen ihrer Wiedergutmachungsangelegenheit hatte sie 1953 an den Nordrhein-Westfälischen Innenminister geschrieben, es scheine ihr, dass bereits sieben Jahre nach Kriegsende vieles vergessen ist oder von einem Standpunkt betrachtet ist, der die Vergangenheit bagatellisieren möchte. Verbittert war sie zudem über den schleppenden Fortgang ihrer Wiedergutmachung, die erst 1960 mit der Anerkennung des Schadens in ihrem beruflichen Fortkommen abschließend geregelt wurde. Die Frage ihrer Illegalität während der letzten Monate des NS-Regimes wurde 1950 und 1951 vom Kreissonderhilfsausschuss der Stadt Köln und dem Ausschuss für die Entschädigung für Freiheitsentzug bejaht und ihr eine Entschädigung für die Zeit ihres „illegalen Lebens“ zugestanden. Gegen diesen Beschluss legte das Innenministerium Einspruch ein, weil von einem „illegalen Leben“ nur unter „haftähnlichen Bedingungen“ gesprochen werden könne und die eidesstattlichen Versicherungen der Helferinnen und Helfer nicht ausreichten. Dagegen verwahrte sich Vordemberge in einem Schreiben vom 2.2.1953: Ich weiss nicht, was schlimmer ist, in einer Zelle zu sitzen und seinem Urteilsspruch und seinem Schicksal entgegenzusehen, oder gehetzt und verfolgt zu werden, ständig in Angst und Sorgen leben zu müssen, in seiner Zeit, wo auf Anzeige und Verrat eine Prämie stand. Ende September 1953 erkannte die Kammer für Haftentschädigung beim Innenminister NRW schließlich auf einen „besonders schweren Eingriff“ in Vordemberges persönliche Integrität, die in Art und Wirkung einem haftähnlichen Zustand gleichkomme.
Els Vordemberge starb am 25.2.1999 in Köln. Das Doppelgrab von Els und Friedrich Vordemberge befindet sich auf dem Kölner Melatenfriedhof.
Literatur
Becker-Jákli, Barbara, Jüdisches Schicksal in Köln 1918-1945, Ausstellungskatalog Historisches Archiv der Stadt Köln – NS-Dokumentationszentrum, Köln 1988.
Bernard, Birgit, Els Vordemberge (1902-1999), in: Rundfunk und Geschichte 25 (1999), Nr. 2/3, S. 152-153.
Bernard, Birgit, „ ... und wie das Gesocks alles heißt.“ Der Westdeutsche Beobachter und die Kritik am Musikprogramm des Westdeutschen Rundfunks (1930-1933), in: Medien und Musikjournalistik in Köln um 1933, hg. v. Robert von Zahn, Berlin 2005, S. 7-61.
Burghardt, Max, Ich war nicht nur Schauspieler. Erinnerungen eines Theatermannes, Berlin/Weimar 1973.
Schneider, Christof, Els Vordemberge zum 90, in: FI Berufsbiografien Nr. 17 / September 1992, S. 519-520.
Online
Eintrag zu Els Vordemberge im "FrauenGeschichtsWiki". [online]
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Bernard, Birgit, Els Vordemberge, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/els-vordemberge/DE-2086/lido/5e37f71aeb99f1.19667000 (abgerufen am 12.12.2024)