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Seit 1886 ist die Familie Bachem in Bonn Vertragspartner der Firma Adam Opel AG und damit das älteste Opelhaus der Welt. Als ältester Kfz-Betrieb in Bonn hat er lokale Wirtschaftsgeschichte geschrieben. Die weitläufige Familie Bachem ist seit mehreren Jahrhunderten im Rheinland ansässig.
Zu den Vorfahren der heutigen Geschäftsführerin der Firma Johann Bachem Autohaus GmbH in Bonn, Barbara Bachem, gehören Mathias Bachem und Gertrud Schiffer, die am 25.7.1725 in Junkersdorf heirateten. In den 1750er-Jahren wurde Mathias Bachem dort vier Mal zum Bürgermeister gewählt. Die Linie setzte sich fort über einen gleichnamigen Enkel (1771-1884), der als Schneider in Bensberg (heute Stadt Bergisch Gladbach) bezeugt ist. Dessen Sohn Peter Josef Bachem (1809-1871) wurde Schäftemacher und zog von Bensberg nach Bonn. Hier machte er sich als Schäftemacher selbstständig und stellte Stiefel für das Husaren-Regiment „König Wilhelm I.“ her, dessen Kaserne (Sterntorkaserne) sich am ehemaligen Viehmarkt (heute Friedensplatz) hinter dem Gelände der heutigen Sparkasse KölnBonn befand. Er besaß ein Haus Am Dreieck, das sich bis zur Sternstraße hinzog. Dort betrieb er eine Lederhandlung und eine Näherei für Schuhgeschäfte mit 28 Gesellen. Sein Bruder Friedrich Wilhelm (1819-1890) hatte einen Betrieb in unmittelbarer Nähe, Am Dreieck 5 und 18, wo er Nähmaschinen für den privaten Gebrauch verkaufte, unter anderem der Marken Singer, Wheeler & Wilson und Dürkopp, aber auch „Velozipeds“.
Peter Josef Bachem heiratete 1834 Sophie Wendel (1808-1899), deren Eltern Eva und Cornelius Wendel eine Messerschmiede in Bonn betrieben. Das Paar bekam drei Kinder: Friedrich Wilhelm (1843-1928), Johann (1847-1911) und Katharina (1852-1921). Johann Bachem war 1867 Soldat im 1. Rheinischen Königshusarenregiment Nr. 7 und nahm während des Deutsch-Französischen Kriegs 1870-1871 an mehreren Feldzügen teil, wurde 1871 aber schwer verwundet aus dem Militärdienst entlassen.
Am 27.4.1872 gründete Johann Bachem am Viehmarkt 2 b in Bonn ein Installationsunternehmen für Gas- und Wasserleitungen sowie eine Handlung für Haushalts- und Küchengeräte. Das Kapital zur Betriebsgründung stammte aus dem Pflichtteil, welchen er nach einer Erbauseinandersetzung mit seinen Geschwistern nach dem Tod des Vaters Peter Josef im Jahre 1871 erhalten hatte. Eine neue Verordnung über die Reinlichkeit der Straßen der Stadt Bonn von 1872 ließ sein Geschäft florieren. 1886 knüpfte er Kontakte zu Adam Opel (1837-1895) in Rüsselsheim und schloss mit ihm zunächst einen Vertrag über den Vertrieb von Opel Nähmaschinen. Die Firma Opel gehörte damals zu den größten Nähmaschinenherstellern der Welt. Sophie Opel (1840-1913), Adam Opels Ehefrau, führte in den Ausstellungsräumen der Firma Bachem die neuesten Modelle vor, unter anderem die Opel-Langschiffmaschine. Nach einem Großbrand im Werk stellte Opel 1911 die Produktion von Nähmaschinen ein.
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Johann Bachem, Porträtfoto, 1872. (Peter Bachem, Bonn)
Johann Bachem übernahm 1883 auf Anregung seines Onkels Friedrich Wilhelm Bachem, der ein Geschäft für „Velozipeds“ besaß, den Vertrieb dieser Fahrräder und gründete den Bonner Radfahrverein. Bachem verkaufte Opel-Fahrräder, Hoch- und Tandemräder, die Opel seit 1885 produzierte. Weil er dafür mehr Platz benötigte, aber auch weil der Viehmarkt durch den Bau der Dampfeisenbahn in das Vorgebirge („feuriger Elias“) und das dort vorhandene Kopfsteinpflaster ungeeignet zum Fahrradfahren war, bezog Johann Bachem neue Geschäftsräume an der Koblenzer Straße (heute Adenauerallee/Ecke Hofgarten). Das Haus wurde laut Bauantrag im Februar 1897 mit zwei Ausstellungsräumen für Nähmaschinen und Fahrrädern versehen. Außerdem erbaute er im rückwärtigen Teil ein Velodrom, eine Fahrradbahn in einer Halle mit Werkstatt nach dem Vorbild einer ähnlichen Halle der Firma Adam Opel in Rüsselsheim, die beide von der Bonner Radfahrschule genutzt wurden. Hier traf sich die Bonner Gesellschaft zum Erlernen des Radfahrens. Selbst Prinzessin Victoria zu Schaumburg-Lippe (1866-1929), eine Schwester Wilhelms II. (Regentschaft 1888-1918), machte sich hier mit dem Fahrrad vertraut. 1906 wurde in das Velodrom ein hölzernes Zwischengeschoß mit einer zehn Meter mal zehn Meter großen Öffnung in der Mitte eingezogen, so dass unten Automobile repariert und die Fahrradbahn nach oben verlagert werden konnten.
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Das erste in Serie produzierte Automobil, der Benz Patent-Motorwagen Velo. (Chris73 / CC BY-SA 3.0)
Johann Bachem hatte 1875 in Küdinghoven (heute Stadt Bonn) Margarethe Bois aus Oberkassel (heute Stadt Bonn) geheiratet. Das Paar bekam fünf Kinder, die streng katholisch erzogen wurden. Der älteste Sohn, Jacob Bachem (1876-1941), heiratete 1901 in Barmen (heute Stadt Wuppertal) Emma Clara Bengel (1878-1947), deren Eltern eine Bandfabrik zur Herstellung von Appliken besaßen. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor: Emma (1901-1975), Johann Carl (1905-1947) und Annelise (1906-1990).
1898 gab Johann Bachem dem Drängen seines Sohnes Jacob nach und kaufte eines der ersten Automobile, Fabrikat Benz Velo/Comfortable, Modell 1898. Er erregte damit in Bonn großes Aufsehen, nicht nur wegen der Spitzengeschwindigkeit von 25 Stundenkilometern, die der Wagen fuhr, sondern auch, weil es das erste Automobil in Bonn überhaupt war. Jacob Bachem besuchte mit dem Wagen auch seine im 100 Kilometer entfernten Barmen lebende Braut Emma Bengel. Das Automobil war noch nicht für solche langen Strecken ausgerüstet, und Jacob Bachem erfand nach vielen Versuchen einen Unterbrecher für die Batterie, die nun viermal länger hielt als die ursprüngliche. Karl Benz (1844-1929) dankte ihm für diese Weiterentwicklung, die den Motorbetrieb auch sicherer machte.
1898 beschloss Jacob Bachem, die Söhne seines inzwischen verstorbenen Geschäftsfreundes Adam Opel in Rüsselsheim mit seinem Wagen zu besuchen. Diese präsentieren ihm den aus Dessau stammenden Patent-Motorwagen System Lutzmann. Die Firma Bachem erhielt einen Opel-Großhändlervertrag und zählte somit zu den ersten Großhändlern für den Vertrieb von Automobilen in Deutschland. Das Großhändlergebiet schloss auf der rechten Rheinseite Neuwied mit ein und endete linksrheinisch vor der Stadtgrenze von Koblenz im Süden sowie Köln im Norden.
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Carl Bachem, Porträtfoto, 1939. (Peter Bachem, Bonn)
Zwischen 1903 und 1910 erlernten bei Jacob Bachem viele Prominente das Autofahren, darunter Mitglieder der kaiserlichen Familie, die regelmäßig in Bonn residierte, weil die Neffen Wilhelms II. (Regentschaft 1888-1918) an der Universität studierten. Auch die kaiserlichen Automobile wurden in der Garage der Firma Bachem gewartet und instand gesetzt. Ebenso wie sein Vater wusste Jacob Bachem unternehmerische Fähigkeiten mit handwerklichem Können zu verbinden. Im Opelwerk Rüsselsheim wurden seine Ratschläge zur Verbesserung der Modelle dankbar umgesetzt.
Um 1909 übernahm die Firma Bachem zusätzlich die Generalvertretung für Renault und F.N.-Automobile. Am 19.4.1909 erteilte der Bonner Oberbürgermeister Wilhelm Spiritus dem Mechaniker Jacob Bachem die Befugnis, Lehrlinge auszubilden. Jacob Bachems Leidenschaft für Automobile brachte ihn auch dazu, erfolgreich an Autorennen teilzunehmen. Außerdem unterrichtete er in der Zeit von 1917-1918 in der Opel-Motorenschule Rüsselsheim an Opel-Flugzeugmotoren. Die Familie Bachem wohnte mit ihren drei Kindern in der Arndtstraße 21. Jacob Bachem wurde 1935 zum Obermeister und Gründer der Kraftfahrzeuginnung Bonn einschließlich des Siegkreises, des Landkreises Euskirchen und des Rheinisch-Bergischen Kreises gewählt. Schließlich wurde er noch Landesinnungsmeister. Mit bemerkenswerter Umsicht und Vitalität führte er seinen Betrieb über die schwierigen Jahre der Wirtschaftsrezession und des Beginns des Zweiten Weltkrieges hinaus. Sein Sohn Carl (1905-1947), dem er schon zuvor die kaufmännische Leitung des Betriebes übergeben hatte, übernahm nach dem Tode des Vaters 1941 das Unternehmen. Im selben Jahr heiratete Carl Bachem Marianne Siebert (1913-2003), die Tochter des Stahlbaufabrikanten Albert Siebert.
Während des Krieges wurde Carl Bachem als Zivilist damit beauftragt, als Leiter eines Kraftfahrparks die Fahrzeuge der Deutschen Wehrmacht in Polen und später in Russland zu reparieren. Es handelte sich um eine mobile Werkstatt, die zunächst in Minskmazowiecki bei Warschau stationiert war. Während des Russlandfeldzuges befand sich das „K.-Werk Bachem“ ab Herbst 1942 in der Nähe der Stadt Simferopol auf der Halbinsel Krim in der Ukraine. Infolge der Frontverschiebung wurde es ab Oktober 1943 über Nikolajew, Odessa, Bukarest und Lemberg zurück nach Bonn transportiert. Eine lebensbedrohliche Krankheit Carl Bachems fiel zusammen mit dem Tag des großen Luftangriffs am 18.10.1944 auf Bonn, bei dem sein Betrieb an der Koblenzer Straße völlig zerstört wurde. Nach Kriegsende begann er umgehend mit dem Wiederaufbau der beiden Werkstatthallen, der Motorenhalle und des Ersatzteillagers. Körperlich regenerierte er sich allerdings nicht und starb 1947 erst 42-jährig an Herzversagen. Er konnte daher den Betrieb seinem Sohn Johann Peter Bachem (geboren 1942) nicht selbst übergeben.
Carl Bachems Frau Marianne übernahm 1947 den zu 90 Prozent zerstörten Betrieb und baute ihn auf Anraten der Adam Opel AG gemeinsam mit einem späteren Teilhaber auf. Für Marianne Bachem begann eine schwierige und sorgenreiche Zeit. Zunächst gelang es ihr, das Verwaltungsgebäude wiederzustellen und 1953 zwei Ausstellungsräume einzurichten. 1958 erwarb sie ein Grundstück an der Vorgebirgsstraße und errichtete erste Teile eines weiteren Opelbetriebes in Bonn. Es war das erste Kraftfahrzeugunternehmen an der heutigen Automeile. 1961 ließ sie das bisherige Ersatzteillager an der Koblenzer Straße abreißen und am rückwärtigen Teil des Betriebes neben der Werkstatt aufbauen. Im selben Jahr erfolgte der Neubau eines Ausstellungsraumes und darüber die Errichtung eines Bürohauses mit einer Nutzfläche von 1.600 Quadratmetern, in das zunächst der Verein zur Wiedervereinigung Deutschlands einzog.
Peter Bachem, der Urenkel des Firmengründers Johann Bachem, übernahm 1966 im Alter von 24 Jahren die Geschäftsführung beider Standorte mit einer Belegschaft von circa 210 Beschäftigten. Kontinuierlich baute er zunächst den Betrieb an der Vorgebirgsstraße aus. 1967 kamen eine Lackiererei hinzu, 1976 eine Karosserieabteilung. Das Ersatzteillager wurde erheblich erweitert; das Sortiment umfasste 15.000 Teile. Eine Neuwagenausstellungshalle wurde 1983 mit einer Grundfläche von 400 Quaratmetern eingeweiht, zugleich die Verkaufsverwaltung und die Geschäftsleitung in die Vorgebirgsstraße verlegt. Nach dem Berlin-Beschluss der Bundesregierung 1991 verlegte Bachem den Hauptbetrieb von der Adenauerallee in die Vorgebirgsstraße und baute das Gebäude zur Nutzung für die Bonner Universität um. In der Vorgebirgsstraße errichtete Peter Bachem ein modernes Servicezentrum. Anlässlich der 110-jährigen Zusammenarbeit mit der Adam Opel AG wurde 1996 zusätzlich die Gebrauchtwagenhalle durch einen modernen Anbau und einen 17 Meter hohen Werbeturm ergänzt.
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Peter Bachem, Porträtfoto, 1996. (Peter Bachem, Bonn)
Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums der Wirtschaftswissenschaft in Köln trat Peter Bachems Tochter Barbara (geboren 1976) im Jahr 2000 mit in die Geschäftsleitung der Firma Bachem ein. Ihr Bruder hatte andere berufliche Vorstellung, und sie gehörte erstmals einer Generation an, die sich bei der Berufswahl frei entscheiden konnte. Sie wurde alleinige Geschäftsführerin und Gesellschafterin der neu gegründeten Firma Johann Bachem Autohaus GmbH und eröffnete am 1.5.2001 das gleichnamige Autohaus in der Maarstraße 95 in Bonn-Beuel. Daneben bestand weiterhin die Firma Johann Bachem GmbH & Ko. KG, deren operatives Geschäft allerdings zum 30.9.2003 eingestellt wurde und die seither eine reine Besitzgesellschaft ist. Hintergrund dafür war eine veränderte Vertriebspolitik der Adam Opel AG, die 2002 sämtliche Händlerverträge in Deutschland gekündigt hatte, um das Händlernetz in Deutschland aufgrund des erheblich gesunkenen Marktanteils neu zu strukturieren. Peter Bachem trat 2007 in den Ruhestand, steht als Seniorchef seiner Tochter aber weiterhin zur Seite und verwaltet derzeit den Immobilienbesitz.
Quellen
Bachem, Peter, Chronik der Firma Bachem 1872-2013, Bonn 2013 [unveröffentlichtes Manuskript].
Bachem, Peter, Kurzchronik der Firma Johann Bachem, Bonn 2013 [unveröffentlichtes Manuskript].
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Barbara Bachem, Porträtfoto, 2000. (Peter Bachem, Bonn)
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Hillen, Barbara, Familie Bachem, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/familie-bachem/DE-2086/lido/5e7b54fd9a4805.60679213 (abgerufen am 24.01.2025)