Franz Eichmann

Oberpräsident der Rheinprovinz und der Provinz Preußen (1793–1879)

Joachim Lilla (Krefeld)

Franz Eichmann, Porträtfoto, ca. 1870. (Die Rheinische Provinzialverwaltung, Düsseldorf 1925, S. 22)

Der Ju­rist Franz Eich­mann war ein preu­ßi­scher Spit­zen­be­am­ter, der 1838 und 1839 Ver­tre­ter Preu­ßens beim Deut­schen Zoll­ver­ein, kurz­zei­tig Sep­tem­ber bis No­vem­ber 1848 Staats­mi­nis­ter war und sich vor al­lem mehr als zwei Jahr­zehn­te als Ober­prä­si­dent be­währ­te, zu­nächst in der Rhein­pro­vinz und dann in der Pro­vinz Preu­ßen. 

Franz Au­gust Eich­mann wur­de am 29.3.1793 als Sohn des preu­ßi­schen Ge­hei­men Kriegs- und Do­mä­nen­rats Franz Fried­rich Eich­mann (1756–1824) und der Lu­cie Jus­ti­ne Frie­de­ri­ke ge­bo­re­ne Bam­ber­ger (ge­stor­ben 1808) in Ber­lin ge­bo­ren. Die Fa­mi­lie war evan­ge­lisch. 1823 hei­ra­te­te Eich­mann in ers­ter Ehe Cor­ne­lia We­de­ke (1795–1849), 1852 in zwei­ter Ehe Ka­tha­ri­na von Schro­et­ter (1818–1866).

Nach dem Be­such des Joa­chimst­hal­schen Gym­na­si­ums in Ber­lin stu­dier­te Eich­mann 1810-1813 Rechts- und Ka­me­ral­wis­sen­schaf­ten in Göt­tin­gen, Hei­del­berg und Ber­lin. Im Be­frei­ungs­krieg dien­te er 1813 und 1814 als frei­wil­li­ger Jä­ger, 1815 als Land­wehr­of­fi­zier. Im glei­chen Jahr trat der mitt­ler­wei­le zum Dr. iur. pro­mo­vier­te Eich­mann als Aus­kulta­tor in den preu­ßi­schen Jus­tiz­dienst ein. Am 5.4.1817 wur­de er Ge­richts­re­fe­ren­dar beim Kam­mer­ge­richt in Ber­lin, 1819 Ge­richt­s­as­ses­sor am Ober­lan­des­ge­richt Stet­tin, 1822 Kam­mer­ge­richts­rat beim Ober­lan­des­ge­richt Ma­ri­en­wer­der. 1824 kehr­te er als Kam­mer­ge­richts­rat nach Ber­lin zu­rück. Dort kam er in nä­he­re Ver­bin­dung mit dem pie­tis­tisch-kon­ser­va­ti­ven Kreis der Brü­der Leo­pold (1790–1861) und Ernst Lud­wig von Ger­lach (1795–1877). Von 1833 bis 1835 war Eich­mann als Kam­mer­ge­richts­rat Ver­tre­ter Preu­ßens bei der am 20.6.1833 vom Deut­schen Bund ein­ge­rich­te­ten Zen­tral­be­hör­de zur Un­ter­su­chung der ge­gen den Bund ge­rich­te­ten Kom­plot­te nach Frank­furt am Main ver­setzt. 1835 wech­sel­te er auf Be­trei­ben des Fi­nanz­mi­nis­ters Al­brecht von Al­vens­le­ben (1794-1858, Fi­nanz­mi­nis­ter 1835-1842) als Jus­ti­ti­ar, Ge­hei­mer Fi­nanz­rat und Vor­tra­gen­der Rat in das preu­ßi­sche Fi­nanz­mi­nis­te­ri­um, ab 1836 war er Ge­hei­mer Ober­fi­nanz­rat. Die kö­nig­li­che Wert­schät­zung führ­te 1837 zu sei­ner Be­ru­fung in den Staats­rat. 1838 und 1839 ver­trat er Preu­ßen als Be­voll­mäch­tig­ter auf den Ge­ne­ral­kon­fe­ren­zen des Deut­schen Zoll­ver­eins. Im No­vem­ber 1840 wur­de Eich­mann in das Mi­nis­te­ri­um der Aus­wär­ti­gen An­ge­le­gen­hei­ten ver­setzt, wo er als Mi­nis­te­ri­al­di­rek­tor und mit dem Cha­rak­ter als Wirk­li­cher Ge­hei­mer Le­ga­ti­ons­rat die Lei­tung der zwei­ten (wirt­schafts­po­li­ti­schen) Ab­tei­lung über­nahm. Seit 1842 war Eich­mann Mit­glied der Ge­setz­ge­bungs-Re­vi­si­ons­kom­mis­si­on. 

Im Mai/Ju­ni 1845 ver­brei­te­ten Zei­tun­gen im Rhein­land das sich dann be­stä­ti­gen­de Ge­rücht, dass Eich­mann als neu­er Ober­prä­si­dent der Rhein­pro­vinz vor­ge­se­hen sei. Durch Al­ler­höchs­te Ka­bi­netts­ord­re vom 5.7.1845 er­folg­te die Er­nen­nung Eich­manns, der sein neu­es Amt am 16. Ju­li an­trat. Der neue Ober­prä­si­dent scheint in der Rhein­pro­vinz ei­nen po­si­ti­ven ers­ten Ein­druck ge­macht zu ha­ben. So schrieb et­wa Lu­dolf Cam­phau­sen am 2.12.1845 an sei­nen Bru­der Ot­to Cam­phau­sen (1812-1896) in Ber­lin, er ha­be Eich­mann mehr­fach ge­trof­fen und sich ge­freut, in ihm ei­nen Mann von vie­lem Ver­stan­de zu fin­den, der we­ni­ger ängst­li­che Schmieg­sam­keit dar­le­gen wird als Mut und Keck­heit, da hart auf­zu­tre­ten, wo er auf Er­folg hofft […] Die­ser Ober­prä­si­dent kann für das Gou­ver­ne­ment ei­ne gu­te Wahl sein, wenn ihn das Glück ein we­nig be­güns­tigt, wenn er nicht ein­mal die­se oder je­ne Re­gung in der Rhein­pro­vinz zu klein ver­an­schlagt und in der Hoff­nung, sie zu meis­tern, Scha­den stif­tet. In der Dis­kus­si­on ist Eich­mann derb und mit­un­ter grob, ei­ne Ma­nier, die mir ge­ra­de be­hagt, weil sie auf­mun­tert, sich auch nicht zu ge­nie­ren.[1]

Im Re­vo­lu­ti­ons­jahr 1848 fand Eich­manns Tä­tig­keit als Ober­prä­si­dent in Ko­blenz ei­ne vor­über­ge­hen­de Un­ter­bre­chung, als er vom 21. Sep­tem­ber bis 8. No­vem­ber als preu­ßi­scher Staats­mi­nis­ter, Mi­nis­ter des In­nern und Mi­nis­ter für Land­wirt­schaft, Do­mä­nen und Fors­ten in das in­te­ri­mis­ti­sche Ka­bi­nett von Ernst von Pfu­el (1779-1866, Mi­nis­ter­prä­si­dent 21.9.-1.11.1848) be­ru­fen wur­de. Wäh­rend die­ser Zeit wur­de er im Ober­prä­si­di­um in Ko­blenz durch den frü­he­ren Land­rat des Krei­ses Sim­mern und Staats­kom­mis­sar der Köln-Min­de­ner-Ei­sen­bahn, Edu­ard von Mo­el­ler, ver­tre­ten. Eich­mann kehr­te am 12. No­vem­ber nach Ko­blenz zu­rück, wo er noch bis zum 31.8.1850 am­tier­te. Wäh­rend sei­ner Zeit als rhei­ni­scher Ober­prä­si­dent hat­te er po­li­tisch ei­ne ge­mä­ßigt li­be­ra­le Hal­tung ein­ge­nom­men. Die­se brach­te ihm den Wech­sel auf das Ober­prä­si­di­um der Pro­vinz Preu­ßen in Kö­nigs­berg ein, wo er gleich­zei­tig als Re­gie­rungs­prä­si­dent am­tier­te und Ku­ra­tor der Uni­ver­si­tät war. Po­li­tisch schloss er sich er­neut ei­ner be­tont kon­ser­va­ti­ven Rich­tung an, über­stand aber den Wech­sel der „Neu­en Är­a“ un­be­scha­det und wur­de erst mit 75 Jah­ren im Au­gust 1868 aus Ge­sund­heits­grün­den in den Ru­he­stand ver­setzt.

Von 1849 bis 1852 ge­hör­te Eich­mann der preu­ßi­schen ers­ten Kam­mer an, von 1867 bis 1870 als kon­ser­va­ti­ver Ab­ge­ord­ne­ter dem Reichs­tag des Nord­deut­schen Bun­des und von 1868 bis 1870 dem preu­ßi­schen Ab­ge­ord­ne­ten­haus. 1853 wur­de ihm der Cha­rak­ter ei­nes Wirk­li­chen Ge­hei­men Ra­tes mit dem Prä­di­kat Ex­zel­lenz ver­lie­hen. Ei­ne ihm 1860 an­ge­bo­te­ne No­bi­li­tie­rung lehn­te er für sich ab, nahm sie aber für sei­ne bei­den Söh­ne an. Zu die­ser Zeit war er der ein­zi­ge bür­ger­li­che Ober­prä­si­dent Preu­ßens. 

Eich­mann er­hielt zahl­rei­che staat­li­che Ver­dienst­or­den, dar­un­ter um 1843 den preu­ßi­schen Ro­ten Ad­ler-Or­den 2. Klas­se mit Ei­chen­laub, 1861 1. Klas­se mit Ei­chen­laub und bis 1873 das Gro­ßkreuz mit Ei­chen­laub. 

Eich­mann starb am 14.8.1879 in Ber­lin. 

Quellen

Die Pro­to­kol­le des Preu­ßi­schen Staats­mi­nis­te­ri­ums 1817–1934/38, hg. von der Ber­lin-Bran­den­bur­gi­schen Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten un­ter der Lei­tung von Jür­gen Ko­cka und Wolf­gang Neu­ge­bau­er (Ac­ta Bo­rus­si­ca NF 1), Band 3: 9. Ju­ni 1840–14. März 1848, be­arb. von Bär­bel Holtz, Hil­des­heim [u.a.] 2000; Band 4, 1 u. 2, 30. März 1848–27. Ok­to­ber 1858, be­arb. von Bär­bel Holtz, Hil­des­heim [u.a.] 2003.
Rhei­ni­sche Brie­fe und Ak­ten zur Ge­schich­te der po­li­ti­schen Be­we­gung 1830–1850. .Ge­sam­melt und hg. von Jo­seph Han­sen, Band 1: 1830-1845, Es­sen/Leip­zig 1919, ND Düs­sel­dorf 1997. 

Literatur

Bär, Max, Die Be­hör­den­ver­fas­sung der Rhein­pro­vinz seit 1815, Bonn 1919 (ND) Düs­sel­dorf 1998.
Gry­pa, Diet­mar, Der Di­plo­ma­ti­sche Dienst des Kö­nig­reichs Preu­ßen (1815–1866). In­sti­tu­tio­nel­ler Auf­bau und so­zia­le Zu­sam­men­set­zung, Ber­lin 2008.
Haun­fel­der, Bernd/Poll­mann, Karl Erich (Be­arb.), Reichs­tag des Nord­deut­schen Bun­des 1867–1870. His­to­ri­sche Pho­to­gra­phi­en und bio­gra­phi­sches Hand­buch, Düs­sel­dorf 1989, S. 111 (Fo­to), 396.
Kreutz­mann, Mir­ko, Die hö­he­ren Be­am­ten des Deut­schen Zoll­ver­eins. Ei­ne bür­ger­li­che Funk­ti­ons­eli­te zwi­schen ein­zel­staat­li­chen und zwi­schen­staat­li­cher In­te­gra­ti­on (1824-181), Göt­tin­gen 2012, S. 252-253.
Ro­meyk, Horst, Die lei­ten­den staat­li­chen und kom­mu­na­len Ver­wal­tungs­be­am­ten der Rhein­pro­vinz 1816–1945, Düs­sel­dorf 1994, S. 430-431.
Schütz, Rü­di­ger, Die preu­ßi­schen Ober­prä­si­den­ten von 1815 bis 1866, in: Schwa­be, Klaus (Hg.), Die preu­ßi­schen Ober­prä­si­den­ten 1815-1945, Bop­pard am Rhein 1985, S. 33-81.

 
Zitationshinweis

Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Lilla, Joachim, Franz Eichmann, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/franz-eichmann/DE-2086/lido/5ddbedd0da1291.75963977 (abgerufen am 19.04.2024)