Franz Karl von Hompesch

kurpfälzischer und kurbayerischer Finanzminister (1735-1800)

Wolfgang Löhr (Mönchengladbach)

Franz Karl von Hompesch, Kupferstich von 1802.

Franz Karl von Hom­pesch er­leb­te als jü­lich-ber­gi­scher Kanz­ler 1794 die Be­set­zung des Lin­ken Rhein­ufers durch die Fran­zo­sen. Die Brü­chig­keit des An­ci­en Ré­gimes war ihm nicht ver­bor­gen ge­blie­ben. Sein Ver­such, Jü­lich-Berg in den nord­deut­schen Neu­tra­li­täts­ver­bund ein­zu­be­zie­hen, schei­ter­te.

Er ent­stamm­te ei­ner rit­ter­bür­ti­gen, zum ka­tho­li­schen Stifts­adel ge­hö­ren­den rhei­ni­schen Fa­mi­lie mit dem Stamm­sitz Gut Tetz (heu­te Ge­mein­de Titz). Ih­re An­fän­ge las­sen sich bis ins 13. Jahr­hun­dert zu­rück­ver­fol­gen. Ge­bo­ren wur­de er auf Schloss Boll­heim und am 27.4.1735 in der Pfarr­kir­che von Oberel­ve­nich (heu­te Stadt Zül­pich) ge­tauft. Sie lag in der jü­lich­schen Un­ter­herr­schaft Boll­heim, die sei­ne Fa­mi­lie zu En­de des 15. Jahr­hun­derts er­wor­ben hat­te. Im Tauf­buch er­scheint er als ers­tes Kind des jü­lich­schen Ober­jä­ger­meis­ters und Ge­ne­ral­bu­sch­in­spek­tors Jo­hann Wil­helm von Hom­pesch (1700-1762) und der Isa­bel­la von By­landt-Schwar­zen­berg zu Rhe­ydt (1709-1785). Von sei­nen Ge­schwis­tern brach­te es sein jün­ge­rer Bru­der Fer­di­nand 1797 zum Gro­ß­meis­ter des Mal­te­ser­or­dens, was die gan­ze Fa­mi­lie mit gro­ßem Stolz er­füll­te.

1747 ging Franz Karl als Pa­ge nach Brüs­sel an den Hof Karl Alex­an­ders von Loth­rin­gen (1712-1780), Gou­ver­neurs der Ös­ter­rei­chi­schen Nie­der­lan­de und Hoch­meis­ter des Deut­schen Or­dens. Dort lern­te er per­fekt Fran­zö­sisch zu spre­chen und zu schrei­ben. Ob­gleich er ei­gent­lich in ein ös­ter­rei­chi­sches Rei­ter­re­gi­ment ein­tre­ten woll­te, muss­te er von 1750 bis 1753 in Wien Ju­ra stu­die­ren, weil er sei­nem Va­ter in des­sen Äm­tern nach­fol­gen soll­te. Nach sei­ner Wie­ner Zeit ging Franz Karl als Prak­ti­kant an das Reichs­kam­mer­ge­richt in Wetz­lar und be­gann 1758 ei­ne di­plo­ma­ti­sche Kar­rie­re. Zu­nächst wur­de er an die kur­pfäl­zi­sche Ge­sandt­schaft in Pa­ris ent­sandt. Die­se Be­ru­fung er­folg­te ver­mut­lich auf Ver­an­las­sung des Mi­nis­ters und ei­gent­li­chen Lei­ters der kur­pfäl­zi­schen Au­ßen­po­li­tik Her­mann Ar­nold von Wach­ten­donk-Ger­menseel (1694-1768), mit des­sen Nich­te An­toi­net­te von Ha­cke (1736-1778) Franz Karl ver­lobt war und die er 1759 hei­ra­te­te. Der da­mals be­reits ver­stor­be­ne Va­ter der Braut, Lud­wig An­ton (1682-1752), hat­te als Obris­t­jä­ger­meis­ter der Kur­pfalz in glei­cher Funk­ti­on wie Franz Karls Va­ter in Jü­lich an der Spit­ze der Forst­ver­wal­tung ge­stan­den. Er war mit An­na Theo­do­ra (1696-1776), der Schwes­ter des Mi­nis­ters von Wach­ten­donk ver­hei­ra­tet ge­we­sen.

Franz Karl, der ei­gent­lich dem kur­pfäl­zi­schen Ge­sand­ten in Pa­ris nach­fol­gen soll­te, konn­te sich in Frank­reich ver­mut­lich we­gen sei­ner kri­ti­schen Tö­ne ge­gen­über der dor­ti­gen Po­li­tik nicht hal­ten. Des­halb wech­sel­te er 1759 an den kur­k­öl­ni­schen Hof nach Bonn, wo er je­doch eben­falls nicht will­kom­men war. Dar­auf­hin ging er als jü­lich-ber­gi­scher Hof­rat nach Düs­sel­dorf, soll­te aber 1763 die Bot­schaft in Ber­lin über­neh­men. Doch wur­de dar­aus nichts, viel­leicht weil er sei­ne For­de­rung nach ei­ner stan­des­ge­mä­ßen Be­sol­dung und Aus­stat­tung über­zo­gen hat­te. Sei­ner Be­wun­de­rung für Fried­rich den Gro­ßen (Re­gie­rungs­zeit 1740-1786) tat dies je­doch kei­nen Ab­bruch. Be­reits 1762 war er nach dem Tod sei­nes Va­ters weit­ge­hend in des­sen Äm­ter und Wür­den ein­ge­tre­ten. 1765 ge­hör­te er in Düs­sel­dorf zu den Mit­grün­dern der Frei­mau­rer­lo­ge „La Par­fai­te Ami­tié“, der auch der Phi­lo­soph Fried­rich Hein­rich Ja­co­bi an­ge­hör­te, mit dem er zeit­le­bens be­freun­det blieb.

1775 wur­de Franz Karl an den Hof nach Mann­heim zu­nächst als Mi­nis­ter oh­ne Porte­feuille be­ru­fen. Sei­ne Hoff­nung, dass ihn Kur­fürst Karl Theo­dor von der Pfalz mit den Aus­wär­ti­gen An­ge­le­gen­hei­ten be­trau­en wür­de, zer­schlug sich. Statt­des­sen über­nahm er 1776 die Fi­nan­zen und er­wies sich da­bei als fä­hi­ger Mi­nis­ter. We­ni­ger glück­lich wa­ren sei­ne Aus­flü­ge in die Kul­tur­po­li­tik. Sein Ver­such, Gott­hold Ephraim Les­sing (1729-1781) nach Mann­heim zu be­ru­fen, um dort die Lei­tung ei­nes deutsch­spra­chi­gen Thea­ters zu über­neh­men, schei­ter­te kläg­lich. Auch der von ihm in Auf­trag ge­ge­be­nen Oper „Ro­sa­mun­de“, zu der Chris­toph Mar­tin Wie­land (1733-1813) das Text­buch und An­ton Schweit­zer (1735-1787) die Mu­sik ge­schrie­ben hat­te, blieb durch wid­ri­ge Um­stän­de ein grö­ße­rer Er­folg ver­sagt.

Als Kur­fürst Karl Theo­dor 1778 die baye­ri­sche Erb­schaft in Mün­chen an­trat, nahm er aus Mann­heim nur drei Mi­nis­ter mit, dar­un­ter Franz Karl für die Fi­nan­zen, der sich aber beim Adel un­be­liebt mach­te, weil er ihm ei­nen Teil der Pen­sio­nen strich und des­sen Rech­te beim Ver­wal­ten und Ein­trei­ben der Steu­ern ein­schrän­ken woll­te. Er wur­de ge­stürzt und nach an­dert­halb Jah­ren nach Düs­sel­dorf un­ter Bei­be­hal­tung sei­nes Ti­tels als „Wirk­li­cher Staats­mi­nis­ter“ zu­rück­ge­schickt, wo ihm die An­wart­schaft auf die Stel­le des jü­lich-ber­gi­schen Kanz­lers zu­ge­spro­chen wur­de. In Düs­sel­dorf hei­ra­te­te er 1778 nach dem Tod sei­ner ers­ten Frau, mit der er sie­ben Kin­der hat­te, die ver­mö­gen­de Ma­ria The­re­sia von Nes­sel­ro­de-Rei­chen­stein (1728-1805), die un­ter an­de­rem Schloss Mi­ckeln bei Düs­sel­dorf mit ihn die Ehe brach­te. Sie war ei­ne ge­bo­re­ne Grä­fin von Ho­ens­bro­ech und be­reits zwei­mal Wit­we ge­wor­den. Sei­ne jüngs­te Toch­ter (aus ers­ter Ehe) war Loui­se von Hom­pesch, die Stifts­da­me in Neuss wur­de.

Nach sei­ner Rück­kehr an den Rhein be­gann für Franz Karl ei­ne lan­ge Zeit des War­tens. Erst am 11.8.1794 konn­te er das Amt des Kanz­lers von Jü­lich-Berg an­tre­ten. 1787 hat­te es so aus­ge­se­hen, als wenn er nach Mün­chen zu­rück­keh­ren soll­te, aber das schei­ter­te am Wi­der­stand des am­tie­ren­den baye­ri­schen Fi­nanz­mi­nis­ters. Franz Karls Plan, die Kas­sen von Bay­ern, Kur­pfalz und Jü­lich-Berg zu­sam­men­zu­le­gen, blieb des­halb auf der Stre­cke. Wohl nicht an die Öf­fent­lich­keit ge­drun­gen wa­ren sei­ne küh­nen Über­le­gun­gen, al­le grund­herr­li­chen Rech­te ab­zu­schaf­fen. Ihm schweb­te 1778 zu­sam­men mit dem spä­te­ren baye­ri­schen Staats­mi­nis­ter Ma­xi­mi­li­an von Mont­ge­las (1759-1838) ei­ne Re­vo­lu­ti­on von oben vor.

Als Franz Karl schlie­ß­lich am 11.8.1794 das Amt des jü­lich-ber­gi­schen Kanz­lers an­trat, hat­ten die Fran­zo­sen be­reits nach der Schlacht von Fleu­rus die Ös­ter­rei­chi­schen Nie­der­lan­de er­obert, und die Be­set­zung der ge­sam­ten Ge­bie­te links des Rheins ein­schlie­ß­lich des Her­zog­tums Jü­lich stand be­vor. Zu­nächst mach­te sich Franz Karl dar­über noch Il­lu­sio­nen, ließ je­doch vor­sorg­lich die Düs­sel­dor­fer Ge­mäl­de­ga­le­rie und das Lan­des­ar­chiv au­ßer Lan­des brin­gen. Nach der Be­schie­ßung Düs­sel­dorfs am 6.10,1794 flüch­te­te er zeit­wei­se nach Bar­men (heu­te Stadt Wup­per­tal). Da ihm Mün­chen kei­ne ver­bind­li­che Li­nie für Jü­lich-Berg vor­gab, trieb er oh­ne aus­drück­li­chen Auf­trag Au­ßen­po­li­tik und hoff­te auf ei­ne Ein­be­zie­hung Jü­lich-Bergs in den Nord­deut­schen Neu­tra­li­täts­ver­band. Durch sei­nen Sohn Wil­helm (1761-1809), der am Ra­stät­ter Kon­gress teil­nahm, er­fuhr er je­doch An­fang 1798, dass ei­ne et­wai­ge Rück­ga­be des lin­ken Rhein­ufers durch die Fran­zo­sen ein rei­ner Wunsch­traum war.

Un­er­war­tet wur­de Franz Karl im Mai 1798 noch ein­mal als Fi­nanz­mi­nis­ter nach Mün­chen be­ru­fen. Dort blieb ihm nicht mehr viel Zeit, um sei­ne ge­plan­te Spar­po­li­tik zu ei­nem Er­folg zu füh­ren. Am 11.8.1800 starb er in Mün­chen und wur­de in der Kir­che St. Mi­cha­el in Berg am Laim bei­ge­setzt. Auf sei­nem Ge­denk­stein steht sein Wahl­spruch. „Ehr­lich währt ewig.“

Franz Karl von Hom­pesch, der den Le­bens­stil ei­nes Grand­sei­gneurs pfleg­te, fühl­te sich der fran­zö­si­schen Auf­klä­rung eng ver­bun­den, kann­te aber eben­so gut die deut­sche Li­te­ra­tur und pfleg­te Kon­takt mit ei­ni­gen ih­rer be­deu­tends­ten Re­prä­sen­tan­ten, dar­un­ter Jo­hann Wolf­gang von Goe­the (1748-1832). Re­li­gi­ös war Franz Karl vom De­is­mus be­ein­flusst. Dass in Fol­ge der fran­zö­si­schen Re­vo­lu­ti­on sei­ne Welt un­ter­ge­hen wür­de, war ihm nicht ver­bor­gen ge­blie­ben.

Literatur

Eber­sold, Gün­ther, Loui­se von Hom­pesch (1775/77-1801) und ih­re Fa­mi­lie. Ei­ne Frau zwi­schen Tra­di­ti­on und Re­vo­lu­ti­on, Ub­stadt-Wei­her 2009. - Vgl. da­zu die Re­zen­si­on von Wolf­gang Löhr in: Neue Bei­trä­ge zur Jü­li­cher Ge­schich­te 23 (2011), S. 231-235.
Löhr, Wolf­gang, Franz Karl von Hom­pesch (1735-1800), in: Zeit­schrift des Aa­che­ner Ge­schichts­ver­eins 102 (1999/2000), S. 241-271.
Löhr, Wolf­gang, Ein trau­ri­ger Zu­fluchts­ort. Die Fa­mi­lie von Hom­pesch, Schloss Mi­ckeln und der Fried­hof in Him­mel­geist, in: Düs­sel­dor­fer Jahr­buch 81 (2011), S. 67-92.
Löhr, Wolf­gang, Vom Rhein an die Them­se. Das aben­teu­er­li­che Le­ben des Frei­herrn Karl von Hom­pesch, in: Düs­sel­dor­fer Jahr­buch 80 (2010), S. 31-52.

 
Zitationshinweis

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Löhr, Wolfgang, Franz Karl von Hompesch, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/franz-karl-von-hompesch/DE-2086/lido/57c832f64a1710.03062925 (abgerufen am 11.11.2024)