Friedrich Graf zu Solms-Laubach

Staatsmann, Oberpräsident der Provinz Jülich-Kleve-Berg (1769–1822)

Joachim Lilla (Krefeld)

Friedrich Graf zu Solms-Laubach, Original: Staatsarchiv Darmstadt. (Hessische Abgeordnete 1820-1933, Darmstadt 2008, S. 839)

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Fried­rich Graf zu Solms-Lau­bach war pro­tes­tan­ti­scher Reichs­hof­rat in Wien, Teil­neh­mer des Ras­tat­ter Kon­gres­ses und wäh­rend der Be­frei­ungs­krie­ge ab No­vem­ber 1813 im Haupt­quar­tier der Ver­bün­de­ten in Frank­furt im Zen­tral­ver­wal­tungs­de­par­te­ment be­schäf­tigt. Er nahm oh­ne of­fi­zi­el­le Funk­ti­on am Wie­ner Kon­gres­ses be­ra­tend teil, vor al­lem hin­sicht­lich ei­ner auf Ent­wür­fen des preu­ßi­schen Staats­kanz­ler Har­den­berg (1750–1822) ba­sie­ren­den deut­schen Ver­fas­sung, die für den von der Me­dia­ti­sie­rung be­trof­fe­nen Stan­des­herrn von be­son­de­rem In­ter­es­se war. 1815 wur­de er ers­ter preu­ßi­scher Re­gie­rungs­prä­si­dent in Köln und Ober­prä­si­dent der Pro­vinz Jü­lich-Kle­ve-Berg. Sei­ne Ver­diens­te la­gen vor al­lem dar­in, die Köl­ner wie all­ge­mein die rhei­ni­sche Be­völ­ke­rung mit der neu­en preu­ßi­schen Herr­schaft an­zu­freun­den. 

Fried­rich Lud­wig Chris­ti­an Graf zu Solms-Lau­bach wur­de am 29.8.1769 in Bü­din­gen ge­bo­ren. Sei­ne El­tern wa­ren der her­zog­lich-braun­schwei­gi­sche Gar­de­oberst und Ge­ne­ral­ad­ju­tant Ge­org Au­gust Wil­helm Graf zu Solms-Lau­bach (1743–1772) und Eli­sa­beth, ge­bo­re­ne Prin­zes­sin von Isen­burg-Birstein (1753–1829); die Fa­mi­lie war evan­ge­lisch. Nach dem frü­hen To­de des Va­ters wur­de Fried­rich schon 1772 Erb­graf, 1784 folg­te er dem Gro­ßva­ter Chris­ti­an Au­gust (1714-1784) in der Re­gie­rung, zu­nächst un­ter der Vor­mund­schaft sei­ner Mut­ter.

Er­zo­gen wur­de er von Haus­leh­rern in Lau­bach; 1786-1789 stu­dier­te er Rechts­wis­sen­schaf­ten in Gie­ßen. Sei­ne prak­ti­sche ju­ris­ti­sche Aus­bil­dung er­hielt er 1789 beim Reichs­kam­mer­ge­richt in Wetz­lar und dann beim Reichs­hof­rat in Wien, dem an­de­ren obers­ten Ge­richt des Reichs. Zeit­wei­se am­tier­te er auch als Ver­tre­ter der Wet­teraui­schen Gra­fen­bank im Win­ter 1789/1790 auf dem Re­gens­bur­ger Reichs­tag und im Herbst 1790 bei der Wahl Kai­ser Leo­polds II. (rö­misch-deut­scher Kai­ser 1790-1792) in Frank­furt am Main. Im Ju­li 1791 er­hielt er vom Kai­ser die An­wart­schaft auf die nächs­te frei wer­den­de Reichs­hof­rats­stel­le und noch im sel­ben Mo­nat das De­kret, das ihm an­statt des Gra­fen zur Lip­pe ei­ne pro­tes­tan­ti­sche Reichs­hof­rats­stel­le über­trug. Bis No­vem­ber 1797 blieb Solms, der auch die Wür­de ei­nes k. k. Käm­me­rers er­langt hat­te, in Wien, um dann, zu­nächst nur be­ur­laubt, die Ver­tre­tung der Wet­teraui­schen Gra­fen­bank und des evan­ge­li­schen Teils des west­fä­li­schen Gra­fen­kol­le­gi­ums auf dem Ras­tat­ter Kon­gress zu über­neh­men. Die­ser Kon­gress, der von 1797 bis 1799 tag­te, soll­te der Durch­füh­rung der im Frie­den von Cam­po For­mio ge­fass­ten Be­schlüs­se die­nen, na­ment­lich die Ab­tre­tung des lin­ken Rhein­ufers an Frank­reich be­stä­ti­gen. Als der Kon­gress län­ger dau­er­te als er­war­tet, er­bat und er­hielt Solms im Sep­tem­ber 1798 sei­ne eh­ren­vol­le Ent­las­sung als Reichs­hof­rat. Als Ge­sand­ter in Ras­tatt wand­te Solms sich un­ter an­de­rem ge­gen die Über­grif­fe der fran­zö­si­schen Mi­li­tärs und ih­re drü­cken­den Re­qui­si­tio­nen, be­für­wor­te­te aber ei­nen ra­schen Frie­dens­schluss.

Am 27.11.1807 hei­ra­te­te Solms im würt­tem­ber­gi­schen Ey­bach Hen­ri­et­te Grä­fin von De­gen­feld-Schom­burg (1786–1847). Aus der Ehe gin­gen vier Söh­ne und ei­ne Toch­ter her­vor.

Das Ab­schieds­ge­such als Reichs­hof­rat hat­te Solms auch mit der Zer­rüt­tung sei­ner wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se be­grün­det. Wäh­rend sei­ner Ab­we­sen­heit hat­te er zwar durch ei­nen re­gel­mä­ßi­gen Brief­wech­sel auf die Ver­wal­tung sei­ner Graf­schaft ein­ge­wirkt, doch hat­te in die­sen Jah­ren be­reits ei­ne Ver­schul­dung sei­ner Be­sit­zun­gen be­gon­nen. Um­bau­ten, um­fäng­li­che Land­käu­fe und Wohl­tä­tig­keit, vor al­lem aber auch die Aus­wir­kun­gen des Krie­ges führ­ten da­zu, dass er in der Fol­ge­zeit, bis 1813, nicht mehr nen­nens­wert in öf­fent­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten wirk­te. Zu er­wäh­nen sind aber noch meh­re­re Ge­sandt­schaf­ten als Ver­tre­ter ei­ni­ger Stan­des­ge­nos­sen in Pa­ris (1801, 1805, 1807) und be­son­ders von 1803 bis 1806 sei­ne füh­ren­de Tä­tig­keit in der Frank­fur­ter Uni­on, ei­nem Zu­sam­men­schluss klei­ne­rer re­gie­ren­der Häu­ser vor­wie­gend aus dem hes­si­schen Raum mit dem Ziel, de­ren Me­dia­ti­sie­rung zu ver­hin­dern. Die­se ließ sich aber nicht ver­mei­den, so dass die Solm­sche Graf­schaft Lau­bach Hes­sen-Darm­stadt ein­ver­leibt wur­de.

Mit den Be­frei­ungs­krie­gen wur­de Solms wie­der öf­fent­lich tä­tig und trat im No­vem­ber 1813 in das Haupt­quar­tier der Ver­bün­de­ten in Frank­furt ein, wo er un­ter dem Frei­herrn vom Stein (1857–1831) im Zen­tral­ver­wal­tungs­de­par­te­ment be­schäf­tigt wur­de. Hier ob­lag Solms die all­ge­mei­ne Lei­tung des Kre­dit­we­sens, der Zen­tral­hos­pi­tal­ver­wal­tung und die Ver­wal­tung des Rhein­schiff­fahrtsoc­trois, wo­bei Fra­gen der Neu­re­ge­lun­gen der Rhein­schiff­fahrt Solms auch in den fol­gen­den Jah­ren noch be­schäf­ti­gen soll­ten. Als sich die Frank­fur­ter Zen­tral­ver­wal­tung ab Mit­te 1814 suk­zes­si­ve auf­lös­te, fand sich Solms mit dem Frei­herrn vom Stein und dem preu­ßi­schen Staats­kanz­ler Har­den­berg in Ver­hand­lun­gen über die künf­ti­ge Neu­ord­nung Deutsch­lands, kon­kret des Deut­schen Bun­des un­ter ös­ter­rei­chi­scher Füh­rung, ein­ge­bun­den, die ihn zeit­wei­se – al­ler­dings oh­ne of­fi­zi­el­le Funk­ti­on - am Wie­ner Kon­gress teil­neh­men lie­ßen. So war er auch be­tei­ligt an den Be­ra­tun­gen der auf Ent­wür­fen von Har­den­berg ba­sie­ren­den deut­schen Ver­fas­sung, die für den von der Me­dia­ti­sie­rung be­trof­fe­nen Stan­des­herrn von ho­hem In­ter­es­se war. 

Mit der Rück­kehr Na­po­le­ons im März 1815 trat Solms-Lau­bach wie­der in den preu­ßi­schen Staats­dienst ein. Bei der Neu­ein­rich­tung der preu­ßi­schen Pro­vin­zi­al­be­hör­den (30.4.1815) war die Ein­tei­lung der neu an Preu­ßen ge­lang­ten Rhein­lan­de in zwei Pro­vin­zen vor­ge­se­hen. Solms war für ein Ober­prä­si­di­um in Aus­sicht ge­nom­men, an­fangs für die Pro­vinz Nie­der­rhein (Sit­z Ko­blenz), wur­de ihm schlie­ß­lich, als im März 1816 das „Ge­ne­ral-Gou­ver­ne­ment des Mit­tel- und Nie­der­rhein­s“ un­ter Jo­hann Au­gust Sack auf­ge­löst wur­de, die Pro­vinz Jü­lich-Kle­ve-Berg mit dem Amts­sitz Köln bei 7.000 Ta­lern Ge­halt und Dienst­woh­nung über­tra­gen. Der süd­li­che Teil der Rhein­pro­vinz er­hielt den we­nig zu­tref­fen­den Na­men „Gro­ßher­zog­tum Nie­der­rhein“. Die Zwei­tei­lung der Pro­vinz wur­de nach dem Tod von Solms auf­ge­ho­ben.

Solms trat sein Amt am 12.4.1816 an und hat­te zu­gleich bis 6.12.1817 auch das Amt des Prä­si­den­ten der Re­gie­rung Köln in­ne, wo­bei er sich letzt­lich er­folg­reich ge­gen die Per­so­nal­uni­on von Ober- und Re­gie­rungs­prä­si­dent aus­sprach. Da­ne­ben ob­lag ihm die Ver­wal­tung der Rhein­schiff­fahrts­an­ge­le­gen­hei­ten und seit 1819 auch die Ge­ne­ral­di­rek­ti­on der rhei­ni­schen Ka­tas­ter­kom­mis­si­on.

Solms-Lau­bachs Ver­diens­te als ers­ter preu­ßi­scher Re­gie­rungs­prä­si­dent in Köln und als Ober­prä­si­dent der Pro­vinz Jü­lich-Kle­ve-Berg la­gen vor al­lem dar­in, die Köl­ner wie all­ge­mein die rhei­ni­sche Be­völ­ke­rung mit der neu­en preu­ßi­schen Herr­schaft an­zu­freun­den. Er­schwert wur­de ihm das durch Maß­nah­men der Ber­li­ner Re­gie­rung, wo­zu die Zen­sur des Rhei­ni­schen Mer­kur und die Be­hand­lung von Jo­seph Gör­res ge­hör­ten, aber auch die Nicht­ein­hal­tung des Ver­fas­sungs­ver­spre­chens von 1815 sei­tens des Kö­nigs. Solms war be­tei­ligt an Über­le­gun­gen für die Be­set­zung des erz­bi­schöf­li­chen Stuhls bei der Wie­der­er­rich­tung de­s Erz­bis­tums Köln nach der päpst­li­chen Bul­le „De sa­lu­te ani­ma­rum“ von 1821. Als ers­ter Ku­ra­tor der 1818 ge­grün­de­ten Uni­ver­si­tät Bonn ver­such­te Solms-Lau­bach in der 1819 ein­set­zen­den Dem­ago­gen­ver­fol­gung ei­ne be­son­ne­ne und ver­mit­teln­de Po­si­ti­on ein­zu­neh­men. Auch nach­dem am 18.11.1819 zu sei­nem Leid­we­sen den Ober­prä­si­den­ten die Ku­ra­tel über die Uni­ver­si­tä­ten ent­zo­gen wor­den war, zeig­te er un­ver­min­dert In­ter­es­se an der Ent­wick­lung der jun­gen rhei­ni­schen Uni­ver­si­tät.

Solms-Lau­bach war seit 1819 Mit­glied der Leo­pol­di­na. Für die ers­te Kam­mer der Land­stän­de des Gro­ßher­zog­tums Hes­sen war er 1820 bis 1821 als Stan­des­herr zum Ein­tritt be­rech­tigt, nahm aber an den Sit­zun­gen we­der teil noch ent­sand­te er ei­nen Ver­tre­ter und am­tier­te auch nie als er­nann­ter Prä­si­dent der Kam­mer.

Er starb am 24.2.1822 in Köln und wur­de am 8.3.1822 in der Fa­mi­li­en­gruft in Lau­bach bei­ge­setzt.

 

Solms-Lau­bach ge­hört zum Fi­gu­ren­pro­gramm des Rei­ter­denk­mals für Fried­rich Wil­helm III. von 1878 auf dem Köl­ner Heu­markt. Erst sehr spät wur­de ihm ein ei­ge­nes Denk­mal ge­wid­met: Das von dem Ma­ler und Bild­hau­er Her­bert La­bus­ga (ge­bo­ren 1939) ge­schaf­fe­ne Denk­mal steht seit 1989 na­he dem Köl­ner Re­gie­rungs­prä­si­di­um an der Zeug­haus­stra­ße.

Quellen

Die Pro­to­kol­le des Preu­ßi­schen Staats­mi­nis­te­ri­ums 1817–1934/38), Band 1: 19. März 1817 bis 30. De­zem­ber 1829, be­arb. von Chris­ti­na Ra­th­ge­ber, Hil­des­heim [u.a.] 2001 (Ac­ta Bo­rus­si­ca NF Rei­he 1)

Literatur

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Klein, Au­gust, Fried­rich Graf zu Solms-Lau­bach. Preu­ßi­scher Ober­prä­si­dent in Köln (1815-1822), Köln 1936.
Prö­ß­ler, Hel­mut, Fried­rich Lud­wig Chris­ti­an Graf zu Solms-Lau­bach 1769 bis 1822. Sein Le­bens­weg von 1769 bis 1806, Darm­stadt 1957.
Rack, Klaus-Die­ter (Hg. u. Be­arb.), Hes­si­sche Ab­ge­ord­ne­te 1820-1933. Bio­gra­fi­sche Nach­wei­se für die Ers­te und Zwei­te Kam­mer der Land­stän­de des Gro­ßher­zog­tums Hes­sen 1820-1918 und den Land­tag des Volks­staats Hes­sen 1919-1933, Darm­stadt 2008 [2009], (Fo­to S. 839)
Ro­meyk, Horst, Die lei­ten­den staat­li­chen und kom­mu­na­len Ver­wal­tungs­be­am­ten der Rhein­pro­vinz 1816–1945, Düs­sel­dorf 1994, S. 752.
Schnei­der, Ka­rin/Wer­ner, Eva Ma­ria, Eu­ro­pa in Wien. Who ist who beim Wie­ner Kon­gress 1815/15, Wien/Köln/Wei­mar 2015, S. 286-287.
Schütz, Rü­di­ger, Die preu­ßi­schen Ober­prä­si­den­ten von 1815 bis 1866, in: Schwa­be, Klaus (Hg.), Die preu­ßi­schen Ober­prä­si­den­ten 1815-1945, Bop­pard am Rhein 1985, S. 33-81. 

Online

Herr­mann, Al­fred, Solms-Lau­bach, Fried­rich Lud­wig Chris­ti­an Graf zu, in: All­ge­mei­ne Deut­sche Bio­gra­phie 54 (1908), S. 383-391. [on­line

Friedrich Graf zu Solms-Laubach, Skulptur von Herbert Labusga in Köln, 2007. (VollwertBIT via Wikimedia Commons / CC BY-SA 2.5)

 
Zitationshinweis

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Lilla, Joachim, Friedrich Graf zu Solms-Laubach, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/friedrich-graf-zu-solms-laubach/DE-2086/lido/5d3ec0c37bebc3.34522039 (abgerufen am 18.04.2024)