Zu den Kapiteln
Schlagworte
Friedrich Wilhelm Hasenclever begründete 1852 die Soda- und Schwefelsäurefabrik Hasenclever & Co. in Stolberg, aus der vier Jahre später die „Chemische Fabrik Rhenania“ hervorging, die er zu einem bedeutenden europäischen Unternehmen entwickelte.
Friedrich Wilhelm Hasenclever erblickte am 29.6.1809 in Gevelsberg als Sohn des evangelischen Pfarrers und Konsistorialrates Ferdinand Hasenclever (1769–1831) und dessen Ehefrau Dorothea (1778–1823), geborene Schimmel, das Licht der Welt. Er besuchte in Arnsberg das Gymnasium Laurentianum und begann anschließend eine pharmazeutische Ausbildung, die, wie damals üblich, mit einer Lehrzeit in einer Apotheke begann. Wo er diese absolvierte, ist unbekannt, man darf aber davon ausgehen, dass er diese im Alter zwischen 14 und 16 Jahren anfing. Möglicherweise hatte er sogar das Abitur, da er sich 1831 an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin immatrikulierte, wo er zunächst bis 1833 Jura studierte. Daneben belegte er jedoch bereits Vorlesungen bei dem Privatdozenten der Chemie, Heinrich Rose (1795–1864), dem Spross einer berühmten Berliner Apothekerfamilie. Als Apotheker nahm sich Rose, der 1835 zum Professor für Analytische Chemie berufen wurde, insbesondere der Ausbildung der Pharmazeuten an. Außer bei Rose studierte Hasenclever vor allem bei Eilhard Mitscherlich (1794–1863), einem bedeutenden Chemiker und Schüler des großen schwedischen Chemikers Jöns Jakob Berzelius (1779–1848), dem die chemische Formelsprache zu verdanken ist. 1834 erhielt Hasenclever eine Assistentenstelle bei Mitscherlich, der sich insbesondere auch mit Mineralogie, Kristallographie und den Modifikationen des Schwefels beschäftigte. Hier legte Hasenclever, wie sein Biograph Landolt schreibt, „den Grund zu dem wissenschaftlichen Geiste, mit dem er alle seine späteren industriellen Unternehmen betrieb. Mit Worten lebhafter Dankbarkeit sprach er sich stets über Mitscherlich und die vielfältigen Anregungen, welche er von demselben während eines zweijährigen Zusammenlebens empfangen hatte, aus.“[1]
Da Hasenclever ein Studium absolviert hatte, konnte er die Approbation als Apotheker Erster Klasse erwerben. Zu dieser Zeit gab es in Preußen zwei Kategorien von Apothekern, die Erster Klasse, die eine wissenschaftliche Ausbildung erhielten und die Leitung von größeren Apotheken übernehmen durften, sowie die Zweiter Klasse, die nur eine handwerkliche Ausbildung in Apotheken durchlaufen hatten und ausschließlich für die Leitung von Apotheken in Kleinstädten und auf dem Lande vorgesehen waren.
Hasenclever wurde am 17.12.1836 als Apotheker Erster Klasse approbiert, nachdem er zuvor in Berlin das dafür erforderliche Apothekerexamen abgelegt hatte. Anschließend trat er in Aachen eine Stelle in der 1649 gegründeten ehrwürdigen Monheimschen Apotheke an, die Johann Peter Josef Monheim leitete. Außer in der Apotheke war er auch in dessen chemischer Fabrik tätig und erwarb hier erste Erfahrungen bei der Herstellung von chemischen Präparaten vor allem von Arzneistoffen.
Am 1.1.1840 erwarb Hasenclever von Philipp Kaiser die Koenigs-Apotheke in der Hauptstraße in Burtscheid (heute Stadt Aachen). Damit war er selbständiger Apothekenbesitzer. Nebenher erteilte er Unterricht in Chemie und Physik. Weil der Aachener Regierungspräsident die Anzahl der Burtscheider Apotheken verringern wollte, einigten sich Hasenclever und sein Konkurrent darauf, dass er seine Apotheke gegen eine Abfindung von 1.000 Talern verlegte. Er erhielt am 13.9.1842 eine Konzession für eine Apotheke in Aachen in der Hochstraße (heute Theaterstraße).
1840 heiratete Hasenclever in Burtscheid die ebenfalls aus Gevelsberg stammende Julie (1806–1876), Tochter des Apothekers Johannes Gustav Tilger. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor, Robert Wilhelm (1841–1902) und Bertha (geboren 1843). Robert begann bereits mit 16 Jahren in Karlsruhe ein Studium der Chemie, Physik, Mineralogie, Geologie, Technologie und des Maschinenbaus.
Während seiner Tätigkeit als Offizinapotheker führte Friedrich Wilhelm Hasenclever regelmäßig chemische Analysen durch, unter anderem auch für die Gesellschaft für Bergbau und Zinkindustrie in Stolberg sowie für die Galmei-Bergwerke in Altenberg bei Herbesthal. Dank dieser von ihm stets mit großer Sorgfalt durchgeführten Analysen entstanden zahlreiche Kontakte zur Industrie, die Hasenclever noch durch Vorträge, die er in den verschiedenen Unternehmen hielt, intensivierte.
Wohl die Einsicht, dass auch seiner neuen Apotheke in Aachen kein wirtschaftlicher Erfolg beschieden war, veranlasste ihn, 1852 gemeinsam mit den Altenberger Industriellen Max Braun und Eugène Godin die „Soda- und Schwefelsäurefabrik Hasenclever & Co.“ in Stolberg zu gründen. Zur Finanzierung verkaufte er noch im gleichen Jahr seine Aachener Apotheke an den aus Breslau stammenden Apotheker Ludwig Koenig. Um die Stolberger Fabrik weiter auszubauen, benötigte Hasenclever mehr Kapital, weshalb er vier Jahre später die Sodafabrik Hasenclever & Co. in die Aktiengesellschaft „Chemische Fabrik Rhenania“ umwandelte.
Unter Hasenclever als Generaldirektor entwickelte sich diese rasch zu einem Unternehmen, das sich auch gegen die starke englische Konkurrenz durchsetzen konnte. Obwohl es damals als ein Wagnis erschien, zu den englischen Soda- und Schwefelsäurefabriken in Konkurrenz zu treten, widmete sich Hasenclever mit Energie diesem Vorhaben. Als Ort für seine Fabrik hatte er bewusst Stolberg gewählt, da er die hier geförderte Kohle und die Schwefelverbindungen für sein Unternehmen nutzen konnte. Dazu bediente er sich einer von ihm entwickelten Methode, nach der er aus fein gepulverter Zinkblende, also Zinksulfid, Schwefelsäure herstellte. Sie basierte auf der Idee, die schwefelige Säure, die von den Zinkhütten der Gegend beim Rösten der Blende massenhaft in die Luft gepustet wurde, zur Schwefelherstellung zu nutzen. Zu diesem Zweck ließ Hasenclever Muffelöfen herstellen, die mit der Bleikammer in Verbindung standen und in denen die Röstung der an die Zinkhütten gehenden Erze ausgeführt wurde. Für dieses Verfahren erhielt er 1855 ein Patent. Dennoch gab es anfangs noch zahlreiche Schwierigkeiten. Zur Oxidation der Erze war ein kontinuierliches Umrühren nötig, wodurch zu viel Luft in die Bleikammer eindrang. Die Schwefelsäureproduktion erforderte zudem einen hohen Salpeterverbrauch. Zur Verbesserung konnte 1865 ein neuer Ofen konstruiert werden, bei dem die Muffel oberhalb mit einer Anzahl horizontaler Platten in Verbindung stand, die gleichfalls zum Rösten dienten. Das Erz wurde von der oberen Platte allmählich nach unten geschoben, bis es schließlich zur Muffel gelangte. So reicherte sich die hinaufsteigende Luft immer mehr mit schwefliger Säure an. Da es aber auch bei diesem Ofen beträchtliche Verluste der schwefligen Säure gab, wurde schließlich der „Gerstenhöfer‘sche Ofen“ eingeführt. 1869 folgte dann der Ofen von Hasenclever jun. und Helbig, von dem zwölf Stück gebaut wurden. Mit diesem Verfahren konnte die Rhenania die Zinkblendenröstung nunmehr im großen Maßstab betreiben und mit der Schwefelsäurefabrikation vereinigen. Die Anzahl der Bleikammern wurde von zwei auf acht vermehrt ebenso wie die Anzahl der Soda-Öfen. Die Rhenania lieferte so als erste deutsche Fabrik aus der Sodafabrikation eine bedeutende Menge Schwefel, die wieder zur Schwefelgewinnung genutzt werden konnte.
Nach 1864 begann die Produktion weiterer Chemikalien und Produkte, wie Bariumchlorid, Glaubersalz (Natriumsulfat), Mineraldünger, Leim und Wasserglas. Das Verfahren zur Herstellung von Bariumchlorid ließ sich Hasenclever 1863 patentieren. Zu dieser Zeit trat Hasenclevers Sohn Robert Wilhelm als Fabrikationsleiter in die väterliche Fabrik ein und unterstützte den Vater.
Im Unterschied zu seinem Sohn blieb das wissenschaftliche Werk Hasenclevers relativ schmal. Während seiner Tätigkeit in Aachen hielt er aber mehrere Winter hindurch chemische Vorträge. Als Mitglied des „Naturhistorischen Vereins der Preussischen Rheinlande und Westphalens“ hielt Hasenclever auf der 22. General-Versammlung 1865 einen Vortrag, in dem er seine Untersuchungsergebnisse zu den „Meteoriten von Aachen“ vorstellte. Große Aufmerksamkeit schenkte Hasenclever der Ausbildung zahlreicher junger Chemiker, die in seinem Betrieb in die chemische Industrie eingeführt wurden. Erwähnung verdient ferner seine Tätigkeit als Oberst der Aachener und der Burtscheider Feuerwehr.
Unter Hasenclever entwickelte sich die „Rhenania“ zu einem bedeutenden europäischen Unternehmen. 1867 gehörte er der Jury der Pariser Weltausstellung an. Seine Verdienste als Unternehmer wurden mit der Verleihung des Roten Adler-Ordens IV. Klasse ausgezeichnet. Er war eine der Persönlichkeiten und Unternehmer, die sich 1858 zu dem „privaten Komitee zur Errichtung einer polytechnischen Schule in Aachen“ zusammenschlossen, aus der die RWTH Aachen hervorging.
Kurz bevor Hasenclever sich ganz in das Privatleben zurückziehen konnte, erkrankte er auf einer Reise infolge einer Erkältung an einer Lungenentzündung, an der er am 25.12.1874 in Aachen verstarb. Die Leitung der Rhenania übernahm sein Sohn Robert, der das Unternehmen erfolgreich weiterführte. In Stolberg ist eine Straße nach dem innovativen Unternehmer benannt.
Quellen
Amtliches Verzeichnis des Personals und der Studirenden auf der Königlichen Friedrich-Wilhelms Universität zu Berlin (1831), S. 13.
Literatur
Bönninghoff, Albert, Die Geschichte des Apothekenwesens der Stadt Aachen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, Med. Diss., Aachen 1980, S. 152–155.
Friedrich, Christoph/Wassermann, Friedrich-G., Friedrich Wilhelm Hasenclever: Offizinapotheker und Großindustrieller, in: Pharmazeutische Zeitung 154 (2009), S. 3136–3137.
Landolt, H[ans], Nekrolog Friedrich Wilhelm Hasenclever, in: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin 8 (1875), S. 703–706.
Meuthen, Erich, Hasenclever, Friedrich Wilhelm, in: Neue deutsche Biographie 8 (1969), S. 25¬26. Schiffers, Heinrich, Geschichte der Aachener Apotheken, in: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins 71 (1959), S. 62–71.
Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Friedrich, Christoph, Friedrich Wilhelm Hasenclever, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/friedrich-wilhelm-hasenclever/DE-2086/lido/67602c42351513.69416409 (abgerufen am 17.01.2025)