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Der Krefelder Fritz Huhnen war Maler, Graphiker und Bühnenbildner. Daneben arbeitete er als Pressezeichner. In seiner Heimatstadt war er seit den 1960er Jahren vermutlich der bekannteste Bürger, erlangte aber mitunter auch überregionale Publizität.
Friedrich Wilhelm Huhnen, kurz Fritz Huhnen wurde am 26.12.1895 in Krefeld geboren. Er war das älteste von vier Kindern der katholischen Eheleute Johann Heinrich (1863-1942) und Luise Huhnen, geborene Lürenbaum (1865-1941). Die Eltern betrieben ein Bäckereigeschäft in der Innenstadt.
Huhnens Talent zeigte sich bereits in der Volksschule (ab 1901), als seine ersten Zeichnungen auf der Schiefertafel auffielen. Um 1905 lebte er ein Jahr bei Verwandten in Bonn. Sein Besuch des dortigen Königlichen Gymnasiums (heute Beethoven-Gymnasium) war wenig erfolgreich. Darauf wechselte er auf das traditionsreiche humanistische Krefelder Gymnasium (heute Arndt-Gymnasium). In der Obertertia wurde er wegen angeblich schlechten Benehmens entlassen.
1911 begann Fritz Huhnen auf Wunsch seiner Eltern hin eine Architekten- beziehungsweise Baumeisterlehre. Anschließend besuchte er die Krefelder Kunstgewerbeschule, die spätere Werkkunstschule, sowie deren Pendant in Düsseldorf. Seit 1915 arbeitete er als freier Maler in seiner Heimatstadt. 1916/1917 wurde er nach einer Verwundung bei Verdun als Bühnenmaler im Westfrontheater in Montmédy (Département Meuse, Frankreich) beziehungsweise als sogenannter Kriegsmaler in Berjosa in Russland (heute Weißrussland) eingesetzt. 1916 lernte er in Montmédy Viktor Holländer (1866-1940) kennen, der seine Operette „Prinzessin am Nil“ dirigierte. Huhnen wirkte bei der Aufführung als Bühnenmaler, Sänger und auch Darsteller mit, indem der 21-Jährige die Rolle eines Schutzmannes übernahm.
Nach Ende des Krieges suchte der dem Expressionismus zuzurechnende Huhnen eine künstlerische Karriere einzuschlagen. 1919 fand seine erste Ausstellung in einer Krefelder Kunsthandlung statt. Wie Heinrich Nauen (1880-1940), Otto Pankok (1893-1966), Ewald Mataré (1887-1965) und Helmuth Macke (1891-1936) wurde Fritz Huhnen Mitglied des „Jungen Rheinland“ (ab 1929 „Rheinische Sezession“); 1921 war er mit mehreren Werken auf der Ausstellung dieser Künstlergruppe in Düsseldorf vertreten. Bald trat er auch dem ebenfalls 1921 gegründeten avantgardistischen Krefelder „Verein für Neue Kunst“ bei. 1923 (1926?) folgte – wohl eigenen Angaben Huhnens nach – eine Ausstellung in der bekannten Galerie von Alfred Flechtheim in Düsseldorf.
1924 wurde Fritz Huhnen als Bühnenbildner und künstlerischer Beirat am Stadttheater Krefeld eingestellt, in dem er bereits als Schüler regelmäßiger Gast gewesen war. Diese Tätigkeit übte er über seine Pensionierung hinaus bis zu seinem Lebensende aus. Er war kein Vertreter der damals aufkommenden Neuen Sachlichkeit, die in Krefeld etwa durch das zeitweise Engagement Heinrich Campendonks vertreten war, sondern Huhnen gestaltete seine Bühnenbilder entsprechend seinem bildenden künstlerischen Ansatz in expressionistischer Manier. Er blieb für Jahrzehnte – unter insgesamt 14 Intendanten – Vertreter dieser Stilrichtung. Anfang der 1930er Jahre führte er am Krefelder Theater die Lichtbildprojektion von statischen wie bewegten Bildern ein.
Seit 1926 (bis 1973) arbeitete er als Pressezeichner, zunächst für den lokalen Teil des „Generalanzeigers“, dann der „Westdeutschen Zeitung“. Seine wöchentlich mit Text erscheinenden Bildergeschichten heben sich als eigenständige, von pointierten Texten begleitete künstlerische Schöpfungen von ähnlichen Zeitungsgeschichten ab und zeugen von stets kritischem Blick auf das Stadtgeschehen, das er häufig mit Anklängen an die ihm vertraute klassische Bildung humorvoll karikierte. 1927/1928 ging Huhnen für ein knappes Jahr nach Berlin. Er war vermutlich am Lessingtheater, daneben auch als Journalist beziehungsweise Sportkorrespondent tätig. Zurück am Krefelder Theater, fanden seine Bühnenbilder Ende der 1920er Jahre häufig auch überregionale Presseresonanz.
1932 schuf er zwei Wandbilder in Stil des französischen Nach-Kubismus für die sogenannte Bosi-Bar (das war die „bombensichere Bar“ im Keller des bekannten Krefelder Variété Seidenfaden), die während der nationalsozialistischen Zeit übermalt, jedoch nach späterer Freilegung schließlich Ende der 1950er Jahre bei Umbauten zerstört wurden. Fritz Huhnen war kein Parteimitglied und hatte bisweilen Schwierigkeiten mit der örtlichen Gestapo, da er seine Meinung durchaus in kleinem Kreis vertrat („in einer Diktatur habe noch nie etwas anderes als der Diktator geglänzt“). 1937 wurden auch Bilder Huhnens, die das Krefelder Kaiser-Wilhelm-Museum von ihm erworben hatte, auf der kunstpolitischen Ausstellung „Entartete Kunst“ in München zur Schau gestellt. Gleichwohl erlaubte man 1942 noch eine Präsentation seiner Bühnenbildentwürfe im Museum. Bei aller Distanz verfügte Huhnen aufgrund seiner Prominenz durchaus über Kontakte zur lokalen nationalsozialistischen Führung. Man ließ den populären Künstler im Ganzen unbehelligt. Huhnen stellte seit 1933 – abgesehen von der erwähnten Theaterpräsentation – nicht mehr aus. Unauffällig wirkte er in den Jahren an den im Sinne der NS-Kulturpolitik gewünschten Theateraufführungen mit. Er wurde von den Machthabern auch im Jahr 1935 als Krefelder Karnevalsprinz akzeptiert, als er mit Lilo Lange (1912-2002), der Tochter des Seidenindustriellen Hermann Lange (1874-1942), erstmals eine Prinzessin an die Seite des Krefelder Prinzen erwählte.
Abgesehen von den Bühnenbildern, die er zuvor der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität Köln überlassen oder in Privatbesitz verkauft hatte, verlor Huhnen infolge des großen Luftangriffs auf Krefeld im Juni 1943 bei der vollständigen Zerstörung des Theaters wie auch seiner Wohnung sein gesamtes damaliges künstlerisches Werk (circa. 10.000 Ölgemälde, Aquarelle und Zeichnungen). Deshalb sind Werke aus seiner ersten Lebenshälfte verhältnismäßig rar. Mit dem Theaterensemble übersiedelte Huhnen darauf für ein halbes Jahr nach Hirschberg in Schlesien (heute Jelenia Góra in Polen) und wurde nach der Rückkehr zum Militärdienst verpflichtet. In britische Gefangenschaft gekommen, hielt er im Lager bei Antwerpen auswendig Vorlesungen über seine Lieblingsliteraten Dante, Shakespeare, Goethe und Hölderlin.
Nach 1945 konzentrierte sich Fritz Huhnen, wenngleich er am sich neu formierenden Theater mitwirkte, zunächst auf sein malerisches Schaffen. Dabei ist er nur schwerlich einer künstlerischen Richtung zuzuordnen; Einflüsse und Verarbeitungen von Pieter Brueghel der Ältere (1525-1569), Hieronymus Bosch (1450-1516) und James Ensor (1860-1949) sind unübersehbar. 1947 wurde er Mitglied der Münchener Künstlervereinigung „Neue Gruppe“. Zum 25-jährigen Bühnenjubiläum 1948 wurden rund 1.000 Bühnenbilder gezählt, die er bis dahin für Krefelder Premieren angefertigt hatte. Als Künstler war Fritz Huhnen daneben bis in die späten 1970er Jahre in Krefeld wie am Niederrhein und gelegentlich in München, Köln oder auch in den Niederlanden auf Ausstellungen vertreten.
Abgesehen von dem genannten Variété schuf Huhnen für den öffentlichen Raum in Krefeld seit den 1950er Jahren mehrere Wandgemälde, die bis auf zwei heute noch vorhanden sind.
Huhnen war zwischen 1950 und 1957 mit der Fabrikantentochter und Gymnastiklehrerin Marianne Schmincke verheiratet; die Ehe blieb kinderlos. 1955 trat er mit dem bis heute dreimal aufgelegten Buch „Gute, Böse, und Krefelder“ hervor, in dem er seine Vaterstadt im ausgehenden 19. bis frühen 20. Jahrhundert auf hohem literarischen Niveau und zugleich in liebevollen Details schildert. Schließlich illustrierte er Ende der 1970er Jahre in kleineren Auflagen Werke von Franz Kafka (1883-1924), Christian Morgenstern (1871-1914) und Nikolai Gogol (1809-1852), die in einem Krefelder Verlag erschienen sind.
1961 erhielt er die Thorn-Prikker-Ehrenplakette, die höchste Auszeichnung der Stadt Krefeld im Kunstbereich. 1965 wurde ihm zum 70. Geburtstag als erstem Träger die städtische Ehrenplakette, 1966 das Ehrenschild der Stadt verliehen, wo auch eine Straße seinen Namen trägt.
Fritz Huhnen starb am 15.12.1981 in Willich und ist in einem Ehrengrab auf dem Krefelder Hauptfriedhof beigesetzt. Im Zentrum seines fast ausschließlich auf seine Heimatstadt beschränkten Schaffens stand stets das Bühnenbild, für das er ideale Begabungen besaß: Bildnerische Vorstellungskraft, zeichnerische Klarheit und konstruktive Gliederung ebenso wie malerische Kraft und hohe Sensibilität für die Gestimmtheit der darzustellenden Handlung.
Schriften
Gute, Böse, und Krefelder, Krefeld 1955.
Fritz Huhnen glossierte allwöchentlich das Leben in Krefeld und anderswo. 200 Bildgeschichten aus den Jahren 1926 bis 1934 und 1952 bis 1970. Mit einem Vorwort von Ernst Hoff, Krefeld 1973.
Ausstellungskatalog
Fritz Huhnen 1895-1981, Kaiser Wilhelm Museum, Krefeld 1985.
Literatur
Rueb, Walter H., Fritz Huhnen - ein Kind der Rheinischen Sezession, in: Die Heimat. Krefelder Jahrbuch 52 (1981), S. 149.
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Richter, Olaf, Fritz Huhnen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/fritz-huhnen/DE-2086/lido/5cd2b8f302d3a8.25401222 (abgerufen am 09.12.2024)