Fritz Huhnen

Bühnenmaler und bildender Künstler (1895-1981)

Olaf Richter (Krefeld)

Porträt Fritz Huhnens, undatiert. (Stadtarchiv Krefeld)

Der Kre­fel­der Fritz Huh­nen war Ma­ler, Gra­phi­ker und Büh­nen­bild­ner. Da­ne­ben ar­bei­te­te er als Pres­se­zeich­ner. In sei­ner Hei­mat­stadt war er seit den 1960er Jah­ren ver­mut­lich der be­kann­tes­te Bür­ger, er­lang­te aber mit­un­ter auch über­re­gio­na­le Pu­bli­zi­tät.

Fried­rich Wil­helm Huh­nen, kurz Fritz Huh­nen wur­de am 26.12.1895 in Kre­feld ge­bo­ren. Er war das äl­tes­te von vier Kin­dern der ka­tho­li­schen Ehe­leu­te Jo­hann Hein­rich (1863-1942) und Lui­se Huh­nen, ge­bo­re­ne Lü­ren­baum (1865-1941). Die El­tern be­trie­ben ein Bä­cker­ei­ge­schäft in der In­nen­stadt.

Huh­nens Ta­lent zeig­te sich be­reits in der Volks­schu­le (ab 1901), als sei­ne ers­ten Zeich­nun­gen auf der Schie­fer­ta­fel auf­fie­len. Um 1905 leb­te er ein Jahr bei Ver­wand­ten in Bonn. Sein Be­such des dor­ti­gen Kö­nig­li­chen Gym­na­si­ums (heu­te Beet­ho­ven-Gym­na­si­um) war we­nig er­folg­reich. Dar­auf wech­sel­te er auf das tra­di­ti­ons­rei­che hu­ma­nis­ti­sche Kre­fel­der Gym­na­si­um (heu­te Arndt-Gym­na­si­um). In der Ober­ter­tia wur­de er we­gen an­geb­lich schlech­ten Be­neh­mens ent­las­sen.

1911 be­gann Fritz Huh­nen auf Wunsch sei­ner El­tern hin ei­ne Ar­chi­tek­ten- be­zie­hungs­wei­se Bau­meis­ter­leh­re. An­schlie­ßend be­such­te er die Kre­fel­der Kunst­ge­wer­be­schu­le, die spä­te­re Werk­kunst­schu­le, so­wie de­ren Pen­dant in Düs­sel­dorf. Seit 1915 ar­bei­te­te er als frei­er Ma­ler in sei­ner Hei­mat­stadt. 1916/1917 wur­de er nach ei­ner Ver­wun­dung bei Ver­dun als Büh­nen­ma­ler im West­fron­thea­ter in Mont­médy (Dé­par­te­ment Meu­se, Frank­reich) be­zie­hungs­wei­se als so­ge­nann­ter Kriegs­ma­ler in Ber­jo­sa in Russ­land (heu­te Wei­ß­russ­land) ein­ge­setzt. 1916 lern­te er in Mont­médy Vik­tor Hol­län­der (1866-1940) ken­nen, der sei­ne Ope­ret­te „Prin­zes­sin am Nil“ di­ri­gier­te. Huh­nen wirk­te bei der Auf­füh­rung als Büh­nen­ma­ler, Sän­ger und auch Dar­stel­ler mit, in­dem der 21-Jäh­ri­ge die Rol­le ei­nes Schutz­man­nes über­nahm.

Gemälde des Malers Fritz Huhnen, ohne Titel. (Privatbesitz)

 

Nach En­de des Krie­ges such­te der dem Ex­pres­sio­nis­mus zu­zu­rech­nen­de Huh­nen ei­ne künst­le­ri­sche Kar­rie­re ein­zu­schla­gen. 1919 fand sei­ne ers­te Aus­stel­lung in ei­ner Kre­fel­der Kunst­hand­lung statt. Wie Hein­rich Nau­en (1880-1940), Ot­to Pan­kok (1893-1966), Ewald Ma­ta­ré (1887-1965) und Hel­muth Ma­cke (1891-1936) wur­de Fritz Huh­nen Mit­glied des „Jun­gen Rhein­lan­d“ (ab 1929 „Rhei­ni­sche Se­zes­si­on“); 1921 war er mit meh­re­ren Wer­ken auf der Aus­stel­lung die­ser Künst­ler­grup­pe in Düs­sel­dorf ver­tre­ten. Bald trat er auch dem eben­falls 1921 ge­grün­de­ten avant­gar­dis­ti­schen Kre­fel­der „Ver­ein für Neue Kunst“ bei. 1923 (1926?) folg­te – wohl ei­ge­nen An­ga­ben Huh­nens nach – ei­ne Aus­stel­lung in der be­kann­ten Ga­le­rie von Al­fred Flecht­heim in Düs­sel­dorf.

1924 wur­de Fritz Huh­nen als Büh­nen­bild­ner und künst­le­ri­scher Bei­rat am Stadt­thea­ter Kre­feld ein­ge­stellt, in dem er be­reits als Schü­ler re­gel­mä­ßi­ger Gast ge­we­sen war. Die­se Tä­tig­keit üb­te er über sei­ne Pen­sio­nie­rung hin­aus bis zu sei­nem Le­bens­en­de aus. Er war kein Ver­tre­ter der da­mals auf­kom­men­den Neu­en Sach­lich­keit, die in Kre­feld et­wa durch das zeit­wei­se En­ga­ge­ment Hein­rich Cam­pen­don­ks ver­tre­ten war, son­dern Huh­nen ge­stal­te­te sei­ne Büh­nen­bil­der ent­spre­chend sei­nem bil­den­den künst­le­ri­schen An­satz in ex­pres­sio­nis­ti­scher Ma­nier. Er blieb für Jahr­zehn­te – un­ter ins­ge­samt 14 In­ten­dan­ten – Ver­tre­ter die­ser Stil­rich­tung. An­fang der 1930er Jah­re führ­te er am Kre­fel­der Thea­ter die Licht­bild­pro­jek­ti­on von sta­ti­schen wie be­weg­ten Bil­dern ein.

Seit 1926 (bis 1973) ar­bei­te­te er als Pres­se­zeich­ner, zu­nächst für den lo­ka­len Teil des „Ge­ne­ral­an­zei­ger­s“, dann der „West­deut­schen Zei­tun­g“. Sei­ne wö­chent­lich mit Text er­schei­nen­den Bil­der­ge­schich­ten he­ben sich als ei­gen­stän­di­ge, von poin­tier­ten Tex­ten be­glei­te­te künst­le­ri­sche Schöp­fun­gen von ähn­li­chen Zei­tungs­ge­schich­ten ab und zeu­gen von stets kri­ti­schem Blick auf das Stadt­ge­sche­hen, das er häu­fig mit An­klän­gen an die ihm ver­trau­te klas­si­sche Bil­dung hu­mor­voll ka­ri­kier­te. 1927/1928 ging Huh­nen für ein knap­pes Jahr nach Ber­lin. Er war ver­mut­lich am Les­sing­thea­ter, da­ne­ben auch als Jour­na­list be­zie­hungs­wei­se Sport­kor­re­spon­dent tä­tig. Zu­rück am Kre­fel­der Thea­ter, fan­den sei­ne Büh­nen­bil­der En­de der 1920er Jah­re häu­fig auch über­re­gio­na­le Pres­se­re­so­nanz.

Gemälde des Malers Fritz Huhnen, ohne Titel. (Privatbesitz)

 

1932 schuf er zwei Wand­bil­der in Stil des fran­zö­si­schen Nach-Ku­bis­mus für die so­ge­nann­te Bo­si-Bar (das war die „bom­ben­si­che­re Bar“ im Kel­ler des be­kann­ten Kre­fel­der Va­rié­té Sei­den­fa­den), die wäh­rend der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Zeit über­malt, je­doch nach spä­te­rer Frei­le­gung schlie­ß­lich En­de der 1950er Jah­re bei Um­bau­ten zer­stört wur­den. Fritz Huh­nen war kein Par­tei­mit­glied und hat­te bis­wei­len Schwie­rig­kei­ten mit der ört­li­chen Ge­sta­po, da er sei­ne Mei­nung durch­aus in klei­nem Kreis ver­trat („in ei­ner Dik­ta­tur ha­be noch nie et­was an­de­res als der Dik­ta­tor ge­glänz­t“). 1937 wur­den auch Bil­der Huh­nens, die das Kre­fel­der Kai­ser-Wil­helm-Mu­se­um von ihm er­wor­ben hat­te, auf der kunst­po­li­ti­schen Aus­stel­lung „Ent­ar­te­te Kunst“ in Mün­chen zur Schau ge­stellt. Gleich­wohl er­laub­te man 1942 noch ei­ne Prä­sen­ta­ti­on sei­ner Büh­nen­bild­ent­wür­fe im Mu­se­um. Bei al­ler Dis­tanz ver­füg­te Huh­nen auf­grund sei­ner Pro­mi­nenz durch­aus über Kon­tak­te zur lo­ka­len na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Füh­rung. Man ließ den po­pu­lä­ren Künst­ler im Gan­zen un­be­hel­ligt. Huh­nen stell­te seit 1933 – ab­ge­se­hen von der er­wähn­ten Thea­ter­prä­sen­ta­ti­on – nicht mehr aus. Un­auf­fäl­lig wirk­te er in den Jah­ren an den im Sin­ne der NS-Kul­tur­po­li­tik ge­wünsch­ten Thea­ter­auf­füh­run­gen mit. Er wur­de von den Macht­ha­bern auch im Jahr 1935 als Kre­fel­der Kar­ne­vals­prinz ak­zep­tiert, als er mit Li­lo Lan­ge (1912-2002), der Toch­ter des Sei­den­in­dus­tri­el­len Her­mann Lan­ge (1874-1942), erst­mals ei­ne Prin­zes­sin an die Sei­te des Kre­fel­der Prin­zen er­wähl­te.

Ab­ge­se­hen von den Büh­nen­bil­dern, die er zu­vor der Thea­ter­wis­sen­schaft­li­chen Samm­lung der Uni­ver­si­tät Köln über­las­sen oder in Pri­vat­be­sitz ver­kauft hat­te, ver­lor Huh­nen in­fol­ge des gro­ßen Luft­an­griffs auf Kre­feld im Ju­ni 1943 bei der voll­stän­di­gen Zer­stö­rung des Thea­ters wie auch sei­ner Woh­nung sein ge­sam­tes da­ma­li­ges künst­le­ri­sches Werk (cir­ca. 10.000 Öl­ge­mäl­de, Aqua­rel­le und Zeich­nun­gen). Des­halb sind Wer­ke aus sei­ner ers­ten Le­bens­hälf­te ver­hält­nis­mä­ßig rar. Mit dem Thea­ter­en­sem­ble über­sie­del­te Huh­nen dar­auf für ein hal­bes Jahr nach Hirsch­berg in Schle­si­en (heu­te Je­le­nia Gó­ra in Po­len) und wur­de nach der Rück­kehr zum Mi­li­tär­dienst ver­pflich­tet. In bri­ti­sche Ge­fan­gen­schaft ge­kom­men, hielt er im La­ger bei Ant­wer­pen aus­wen­dig Vor­le­sun­gen über sei­ne Lieb­lings­li­te­ra­ten Dan­te, Shake­speare, Goe­the und Höl­der­lin. 

Fritz Huhnen, Porträt-Foto. (Fritz Huhnen glossierte allwöchentlich das Leben in Krefeld und anderswo. 200 Bildgeschichten aus den Jahren 1926 bis 1934 und 1952 bis 1970. Mit einem Vorwort von Ernst Hoff, Krefeld 1973, Umschlag innen, o. S)

 

Nach 1945 kon­zen­trier­te sich Fritz Huh­nen, wenn­gleich er am sich neu for­mie­ren­den Thea­ter mit­wirk­te, zu­nächst auf sein ma­le­ri­sches Schaf­fen. Da­bei ist er nur schwer­lich ei­ner künst­le­ri­schen Rich­tung zu­zu­ord­nen; Ein­flüs­se und Ver­ar­bei­tun­gen von Pie­ter Brueg­hel der Äl­te­re (1525-1569), Hie­rony­mus Bosch (1450-1516) und Ja­mes En­sor (1860-1949) sind un­über­seh­bar. 1947 wur­de er Mit­glied der Mün­che­ner Künst­ler­ver­ei­ni­gung „Neue Grup­pe“. Zum 25-jäh­ri­gen Büh­nen­ju­bi­lä­um 1948 wur­den rund 1.000 Büh­nen­bil­der ge­zählt, die er bis da­hin für Kre­fel­der Pre­mie­ren an­ge­fer­tigt hat­te. Als Künst­ler war Fritz Huh­nen da­ne­ben bis in die spä­ten 1970er Jah­re in Kre­feld wie am Nie­der­rhein und ge­le­gent­lich in Mün­chen, Köln oder auch in den Nie­der­lan­den auf Aus­stel­lun­gen ver­tre­ten.

Ab­ge­se­hen von dem ge­nann­ten Va­rié­té schuf Huh­nen für den öf­fent­li­chen Raum in Kre­feld seit den 1950er Jah­ren meh­re­re Wand­ge­mäl­de, die bis auf zwei heu­te noch vor­han­den sind.

Huh­nen war zwi­schen 1950 und 1957 mit der Fa­bri­kan­ten­toch­ter und Gym­nas­tik­leh­re­rin Ma­ri­an­ne Schmincke ver­hei­ra­tet; die Ehe blieb kin­der­los. 1955 trat er mit dem bis heu­te drei­mal auf­ge­leg­ten Buch „Gu­te, Bö­se, und Kre­fel­der“ her­vor, in dem er sei­ne Va­ter­stadt im aus­ge­hen­den 19. bis frü­hen 20. Jahr­hun­dert auf ho­hem li­te­ra­ri­schen Ni­veau und zu­gleich in lie­be­vol­len De­tails schil­dert. Schlie­ß­lich il­lus­trier­te er En­de der 1970er Jah­re in klei­ne­ren Auf­la­gen Wer­ke von Franz Kaf­ka (1883-1924), Chris­ti­an Mor­gen­stern (1871-1914) und Ni­ko­lai Go­gol (1809-1852), die in ei­nem Kre­fel­der Ver­lag er­schie­nen sind.

1961 er­hielt er die Thorn-Prik­ker-Eh­ren­pla­ket­te, die höchs­te Aus­zeich­nung der Stadt Kre­feld im Kunst­be­reich. 1965 wur­de ihm zum 70. Ge­burts­tag als ers­tem Trä­ger die städ­ti­sche Eh­ren­pla­ket­te, 1966 das Eh­ren­schild der Stadt ver­lie­hen, wo auch ei­ne Stra­ße sei­nen Na­men trägt.

Fritz Huh­nen starb am 15.12.1981 in Wil­lich und ist in ei­nem Eh­ren­grab auf dem Kre­fel­der Haupt­fried­hof bei­ge­setzt. Im Zen­trum sei­nes fast aus­schlie­ß­lich auf sei­ne Hei­mat­stadt be­schränk­ten Schaf­fens stand stets das Büh­nen­bild, für das er idea­le Be­ga­bun­gen be­saß: Bild­ne­ri­sche Vor­stel­lungs­kraft, zeich­ne­ri­sche Klar­heit und kon­struk­ti­ve Glie­de­rung eben­so wie ma­le­ri­sche Kraft und ho­he Sen­si­bi­li­tät für die Ge­stimmt­heit der dar­zu­stel­len­den Hand­lung.

Schriften

Gu­te, Bö­se, und Kre­fel­der, Kre­feld 1955. 
Fritz Huh­nen glos­sier­te all­wö­chent­lich das Le­ben in Kre­feld und an­ders­wo. 200 Bild­ge­schich­ten aus den Jah­ren 1926 bis 1934 und 1952 bis 1970. Mit ei­nem Vor­wort von Ernst Hoff, Kre­feld 1973. 

Ausstellungskatalog

Fritz Huh­nen 1895-1981, Kai­ser Wil­helm Mu­se­um, Kre­feld 1985. 

Literatur

Ru­eb, Wal­ter H., Fritz Huh­nen - ein Kind der Rhei­ni­schen Se­zes­si­on, in: Die Hei­mat. Kre­fel­der Jahr­buch 52 (1981), S. 149.

Bühnenbildentwurf für 'Santa Cruz' (Max Frisch) [1949/50], Theater Mönchengladbach-Krefeld. (Theaterwissenschaftliche Sammlung, Universität Köln, Inventar-Nr.: 7011)

 
Zitationshinweis

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Richter, Olaf, Fritz Huhnen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/fritz-huhnen/DE-2086/lido/5cd2b8f302d3a8.25401222 (abgerufen am 24.04.2024)