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Georg August Goldfuß wurde 1818 erster Professor für spezielle Naturgeschichte an der neu gegründeten Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Bedeutung erlangte er nicht zuletzt wegen seiner umfangreichen und grundlegenden paläontologischen Forschungen sowie als Begründer des Naturhistorischen Museums in Bonn, aus dem das heutige Mineralogische Museum und das Goldfuß-Museum hervorgingen.
Georg August Goldfuß wurde am 18.4.1782 in Thurnau (Franken) als Sohn des Gerichtsarztes Johann Georg Goldfuß (1748-1785) und dessen Ehefrau Margarethe Wächter (gestorben 1799) geboren. Nach dem Besuch der Lateinschule in Thurnau begann Goldfuß im Jahr 1800, dem Vorbild seines während einer Reise nach Ostindien früh verstorbenen Vaters folgend, mit dem Studium der Medizin.
Nachdem er sich zunächst einer einjährigen außeruniversitären Ausbildung bei einem Chirurgen in Arzberg (Franken) unterzogen hatte, war er zwischen 1801 und 1803 am Collegium medico-chirurgium in Berlin immatrikuliert. Hier widmete er sich neben den medizinischen Studien auch den Fächern Naturgeschichte und Zoologie. Mit besonderem Interesse hörte er dabei die Vorlesungen des Zoologen Carl Ludwig Willdenow (1765-1812). In seinen Berliner Jahren gelangte er zudem in den Genuss eines Stipendiums des preußischen Außenministers Karl August Freiherr von Hardenberg (1750-1822). Förderung erfuhr er zudem durch den Geheimen Oberfinanzrat Karl Freiherr vom Stein zum Altenstein (1770-1840), dem Goldfuß auch seine Doktorarbeit widmete.
Im August 1804 wechselte er an die Universität Erlangen, wo er am 18. September des gleichen Jahres mit einer Arbeit über südafrikanische Käfer den Grad eines Doktors der Medizin und der Chirurgie erlangte. Im Anschluss erhielt er eine Anstellung als Mitarbeiter am Naturalienkabinett der Universität. Die Besetzung Erlangens durch französische Truppen bedeutete 1806 eine Zäsur in seiner wissenschaftlichen Karriere, da er seinen Posten verlor. Zunächst fungierte er für kurze Zeit als Redakteur der „Politischen Zeitung“ und gehörte 1808 zu den Gründungsmitgliedern der physikalisch-medicinischen Sozietät in Erlangen. Im gleichen Jahr nahm er eine Stelle als Hauslehrer beim Freiherrn Winkler von Mohrenfels in Helmhofen (Oberfranken) an und trug sich mit dem Gedanken nach Kalkutta auszuwandern – ein Vorhaben, dessen Umsetzung aber durch die Kontinentalsperre Bezeichnet die von Napoleon 1806 verhängte Wirtschaftsblockade Großbritanniens, die den Höhepunkt des Wirtschaftskrieges des napoleonischen Frankreich gegen England markierte. Ziel der Blockade sollte ein wirtschaftliche Schwächung der britischen Großmacht sein, in der Folge war aber auch die kontinentale Wirtschaft stark eingeschränkt;auf dem europäischen Festland blühte der Schmuggel. Das Ausscheiden Russlands aus der Kontinentalsperre nahm Napoleon zum Anlass für den Russlandfeldzug 1812. verhindert wurde.
Stattdessen kehrte Goldfuß 1810 an die Universität Erlangen zurück und habilitierte sich dort am 20. Februar als Privatdozent für Zoologie und Geognosie. Im gleichen Jahr starben seine Lehrer und Förderer Johann von Schreber (1739-1810) und Eugen Esper (1742-1810), an deren Stelle er fortan die provisorische Verwaltung der Lehrstühle für Naturgeschichte und Botanik übernahm. 1812 wurde ihm zudem die kommissarische Leitung des Universitätsmuseums übertragen. Eine Professur blieb Goldfuß in Erlangen trotz seiner hohen wissenschaftlichen Reputation verwehrt. Die unzureichende finanzielle Honorierung gestattete ihm überdies nur einen bescheidenen Lebensstil.
1815 heiratete Goldfuß die einer Nürnberger Patrizierfamilie entstammende Eleonore Oelhafen (1789-1873). Aus ihrer Ehe gingen fünf Söhne und sechs Töchter hervor, unter ihnen der Zoologe und Malakologe Otto Goldfuß (1831-1905). Bereits 1813 war Goldfuß Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina geworden und war hier in das Amt des Sekretärs gewählt worden. Er hatte sich für die Berufung des Botanikers und ebenfalls der Leopoldina angehörenden Christian Nees von Esenbeck an die zu gründende Universität in Bonn eingesetzt und sich zugleich selbst erfolgreich für die Besetzung eines Lehrstuhls ins Gespräch gebracht. Bereits zum Wintersemester 1818/1819 konnte er seine Tätigkeit als erster ordentlicher Professor für Zoologie und Mineralogie in Bonn aufnehmen, eine Position, die er über einen Zeitraum von drei Jahrzehnten ausfüllen sollte. Im Sommersemester 1847 lehrte er kurzzeitig an der Höheren Landwirtschaftlichen Lehranstalt Poppelsdorf. Im Rahmen der akademischen Selbstverwaltung bekleidete er 1830/1831 das Amt des Dekans der philosophischen Fakultät, zum Rektor der Bonner Universität wurde er 1839/1840 gewählt.
Mit Beginn seiner Wirkungszeit entfaltete Goldfuß auch an neuer Wirkungsstätte eine rege Forschungs- und Sammlungstätigkeit. Vor allem beim Aufbau des Naturgeschichtlichen Museums erwies er sich als geschickter Organisator. Dank seiner guten Beziehungen zu anderen Sammlern konnte das Museum bereits 1821 einen Bestand von 26.635 inventarisierten Objekten aufweisen. Sein Engagement honorierte die preußische Krone 1822 mit der Verleihung des Roten Adler-Ordens III. Klasse. Dagegen scheint er als akademischer Lehrer auf seine Studenten nur eine vergleichsweise geringe Ausstrahlung gehabt zu haben, denn seine Lehrtätigkeit im Hörsaal blieb ohne nachhaltige Wirkung. Die Vorlesungen waren zumeist schwach besucht, mitunter mussten sie wegen Hörermangels sogar komplett abgesagt werden.
Seit seiner Schulzeit hatte Goldfuß Versteinerungen und Fossilien ein großes Interesse entgegengebracht. Zu seinen frühen bedeutenden Arbeiten auf diesem Gebiet zählt seine Studie über die fossilen Funde in der Umgebung von Muggendorf (Franken) von 1810. Im Jahr 1818 führte er die Begriffe Protozoa und Pelecypoda in die zoologische Forschung ein und wurde mit seinen zahlreichen Einzeldarstellungen zu einem Begründer der modernen Paläontologie. Seit den 1820er Jahren widmete er sich seinem wissenschaftlichen Hauptwerk, der Petrefacta Germaniae, einer in drei Lieferungen erschienen, unvollendet gebliebenen Erfassung sämtlicher im deutschsprachigen Raum und den angrenzenden Nachbarländern aufgefundener Versteinerungen in Schrift und Bild. Tatkräftige Unterstützung fand er bei diesem Projekt in dem vermögenden Verwaltungsbeamten und Paläontologen Graf Georg zu Münster (1776-1844).
Seinen Rang als einer der bedeutendsten Wissenschaftler seiner Zeit unterstreicht die Mitgliedschaft in über 20 naturwissenschaftlichen Gesellschaften, sowie die Benennung von 110 Arten nach ihrem Entdecker bis zum Jahr 1850. Bereits in Erlangen hatte Goldfuß Kontakt zu den Freimaurern gefunden und war der dortigen Loge „Libanon zu den drei Cedern“ beigetreten. In Bonn zu Wohlstand gelangt, ließ er sich zwischen 1822 und 1831 am Fuße des Venusberges in Kessenich (heute Stadt Bonn) die „Rosenburg“ im neoromanischen Stil errichten, einem 97.000 Quadratmeter großen Grundstücks- und Gebäudekomplex mit repräsentativem Haupthaus, Turm, Nebengebäuden, Kirche, Stallungen und Gartenanlagen.
Ein schweres Brustleiden machte es Georg August Goldfuß ab 1847 unmöglich, seine Vorlesungen weiter abhalten zu können. Er starb am 2.10.1848 an einem Schlaganfall und wurde auf dem Friedhof in Poppelsdorf begraben. Zu Ehren seines Begründers wurde das von ihm begründete paläontologische Museum der Universität Bonn nach ihm benannt. Die Rosenburg in Kessenich und die Familiengruft in Poppelsdorf sind bis heute erhalten. In Bonn wurde eine Straße nach Goldfuß benannt.
Werke (Auswahl)
Die Umgebungen von Muggendorf. Ein Taschenbuch für Freunde der Natur und Alterthumskunde, Erlangen 1810.
Ein Wort über die Bedeutung naturhistorischer Institute und über ihren Einfluß auf die humane Bildung, Bonn 1821.
Enumeratio insectorum eleutheratorum capitis Bonae Spei totiusque Africae descriptionae iconibusque nonullarum speciarum novarum illustra, Dissertationsschrift, Erlangen 1804.
Grundriß der Zoologie, Nürnberg 1826.
Petrefacta Germaniae, Düsseldorf 1826-1844.
Über die Entwicklungsstufen des Thieres, Nürnberg 1817, Nachdruck Marburg 1979.
Literatur
Müller, Klaus J./Langer, Wolfhart, Georg August Goldfuss 1782-1848, in: Bonner Gelehrte. Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in Bonn, Band 7, Mathematik und Naturwissenschaften, Bonn 1970, S. 163-167.
Langer, Wolfhart, Georg August Goldfuß. Eine biographische Skizze, in: Bonner Geschichtsblätter 23 (1969), S. 229-243.
Wachter, Clemens, Die Professoren und Dozenten der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen 1743-1960, Band 3, Erlangen 2009, S. 66-67.
Online
Uschmann, Georg, Goldfuß, Georg August, in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 605. [Online]
Homepage des Goldfuß-Museums im Steinmann-Institut, Bereich Paläontologie, der Universität Bonn. [Online]
Nachlass von Georg August Goldfuß in der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn. [Online]
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Thomann, Björn, Georg August Goldfuß, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/georg-august-goldfuss/DE-2086/lido/57c6c96de3a9d2.85745885 (abgerufen am 13.12.2024)