Gerhard von Malberg

Sechster Hochmeister des Deutschen Ordens (1240-1244)

Udo Arnold (Bonn)
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Ger­hard von Mal­berg stamm­te wohl aus ei­nem Dienst­man­nen­ge­schlecht der Her­ren von Mal­berg, erz­stif­tisch-trie­ri­sche Lehns­trä­ger von Mal­berg bei Kyll­burg in der Ei­fel (heu­te Ei­fel­kreis Bit­burg-Prüm). Er spiel­te ei­ne wich­ti­ge Rol­le in der Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen Kai­ser­tum und Papst­tum vor der Mit­te des 13. Jahr­hun­derts, in der es im Deut­schen Or­den eben­falls zu ei­ner Po­la­ri­sie­rung kam. In sei­ner Amts­zeit als Hoch­meis­ter er­lang­te er nicht zu­letzt Be­deu­tung für die Er­stel­lung der bis ins 19. Jahr­hun­dert gel­ten­den Or­dens­re­gel. 

Ger­hards Her­kunft als Sohn des Theo­de­rich Graf von Are und der Agnes von Mal­berg hat sich als falsch er­wie­sen. Er war wohl Dienst­mann von Agnes Va­ter Ru­dolf. Ger­hard war ver­hei­ra­tet, der Na­me sei­ner Frau ist je­doch nicht über­lie­fert. Aus der Ehe gin­gen zwei Söh­ne, Theo­de­rich und Ot­to, her­vor. Nach dem Tod oder mit Zu­stim­mung sei­ner Frau trat er in den Deut­schen Or­den ein, wo er erst­mals 1239 nach­weis­bar ist. Im Fol­ge­jahr be­geg­net er als Mar­schall und Statt­hal­ter des Hoch­meis­ters im Hei­li­gen Land. Nach dem Tod sei­nes Vor­gän­gers Land­graf Kon­rad von Thü­rin­gen (Amts­zeit 1239-1240) am 24.7.1240 wur­de er wahr­schein­lich im sel­ben Jahr zum Hoch­meis­ter ge­wählt. Im Auf­trag des im Vor­jahr zum zwei­ten Mal ge­bann­ten Kai­sers Fried­rich II. (Re­gie­rungs­zeit 1212-1250) be­müh­te er sich wie sei­ne Vor­gän­ger um die Ver­mitt­lung des Frie­dens mit der Ku­rie. Sei­ne In­ves­ti­tur mit dem Ring durch Papst In­no­zenz IV. (Pon­ti­fi­kat 1243-1254) im Jahr 1243 be­zeugt das gu­te Ver­hält­nis zu bei­den Ge­wal­ten. 

Als Hoch­meis­ter er­wirk­te von Mal­berg 1244 das päpst­li­che Pri­vi­leg zur Än­de­rung der Or­dens­re­gel und er­mög­lich­te so dem Deut­schen Or­den, end­lich ei­ne ei­gen­stän­di­ge Re­gel zu schaf­fen, was seit dem IV. La­ter­an­kon­zil 1215 nicht mög­lich ge­we­sen war. Auf die­sem Pri­vi­leg ba­sie­ren al­le Än­de­run­gen der Or­dens­re­gel bis in die Mit­te des 19. Jahr­hun­derts. We­nig spä­ter wur­de Ger­hard zur Ab­dan­kung ge­zwun­gen; im Ju­li 1244 ur­kun­de­te be­reits sein Nach­fol­ger Hein­rich von Ho­hen­lo­he (Amts­zeit 1244-1249). Der Grund dürf­ten Aus­ein­an­der­set­zun­gen in­ner­halb des Or­dens um die Po­li­tik zwi­schen Kai­ser und Papst ge­we­sen sein, die den Or­den für die Fol­ge­zeit bis zur Dop­pel­wahl im Hoch­meis­ter­amt 1249 spal­te­ten. Ger­hard nahm die Ab­set­zung nicht hin, son­dern trat wei­ter als Hoch­meis­ter auf und ging mit neu ge­schnit­te­nem Hoch­meis­ter­sie­gel er­heb­li­che Ver­bind­lich­kei­ten ein. Papst In­no­zenz IV. ver­mit­tel­te. Er er­teil­te Ger­hard und sei­ner Ge­folg­schaft die Er­laub­nis, zu den Temp­lern über­zu­tre­ten, der Deut­sche Or­den soll­te Ger­hards Schul­den über­neh­men. Ger­hard woll­te je­doch im Deut­schen Or­den blei­ben und er­hielt die Bal­lei­en Flan­dern und Fran­ci­en so­wie an­de­re Gü­ter zur Ver­wal­tung über­tra­gen, al­so wohl Ge­bie­te im Be­reich sei­ner Her­kunfts­re­gi­on. We­nig spä­ter gab es neue Pro­ble­me, so dass der Papst 1245 die Er­laub­nis zur end­gül­ti­gen Ab­set­zung Ger­hards gab, bei Un­ge­hor­sam zur Be­stra­fung ge­mäß der Or­dens­re­gel. Die Aus­ein­an­der­set­zun­gen in­ner­halb des Or­dens gin­gen of­fen­bar um des­sen po­li­ti­sche Grund­rich­tung im es­ka­lie­ren­den Streit zwi­schen den bei­den höchs­ten Ge­wal­ten der Chris­ten­heit.

Der Deut­sche Or­den stand auf­grund sei­ner bis­he­ri­gen Ent­wick­lung zwi­schen ih­nen und sah sich zur Ent­schei­dung ge­zwun­gen, da ei­ne Ver­mitt­lung nicht mehr mög­lich war. Der Kai­ser leb­te im Bann. Mal­bergs In­ves­ti­tur durch den Papst, die Über­tritts­er­laub­nis zu den kei­nes­wegs kai­ser­treu­en Temp­lern, die sehr wohl vor­han­de­ne An­hän­ger­schaft Mal­bergs im Or­den, auf der an­de­ren Sei­te ein Nach­fol­ger, Hein­rich von Ho­hen­lo­he (Amts­zeit 1244-1249) der seit 1237 im Re­gent­schafts­rat Fried­richs II. für das Reich saß - all das spricht da­für, dass Mal­berg sich in den Au­gen ma­ß­geb­li­cher Or­dens­brü­der zu sehr der an­tis­t­au­fi­schen, päpst­li­chen Po­li­tik an­ge­schlos­sen hat­te, wes­halb sie ihn un­ter dem Vor­wand schlech­ter Amts­füh­rung ab­setz­ten.

Gleich­zei­tig schei­ter­te der Aus­gleichs­ver­such zwi­schen Kai­ser und Papst 1245: Fried­rich II. zwang In­no­zenz IV. zur Flucht aus Rom, In­no­zenz er­klär­te den Kai­ser für ab­ge­setzt. Im Vor­jahr war Je­ru­sa­lem end­gül­tig ver­lo­ren ge­gan­gen. In die­se Es­ka­la­ti­on wur­de der Or­den zwangs­läu­fig hin­ein­ge­zo­gen. Be­reits Her­mann von Sal­za (Amts­zeit 1209-1239) hat­te die­se Pro­ble­ma­tik in­ner­halb sei­nes Or­dens zu spü­ren be­kom­men, war je­doch zu stark und starb be­reits 1239, wes­halb er die Spal­tung im Or­den nicht mehr in­ten­siv er­leb­te. Mal­berg konn­te sie nicht auf­hal­ten. Hin­zu ka­men der Zu­sam­men­bruch der Or­dens­po­si­ti­on in Liv­land durch die ver­lo­re­ne Schlacht ge­gen Alex­an­der New­ski (1220-1263) auf dem Pei­pus­see 1242 und der fol­gen­de Auf­stand ge­gen den Or­den in Preu­ßen, was nicht nur den fast völ­li­gen Ver­lust al­ler Er­obe­run­gen des Or­dens dort, son­dern auch Aus­wir­kun­gen bis nach Rom nach sich zog. Die Ab­set­zung Mal­bergs stellt sich dem­entspre­chend als ein Er­geb­nis der ho­hen Po­li­tik dar, in die der Or­den zwangs­läu­fig ver­strickt war. 

Ger­hards To­des­tag ist der 29. No­vem­ber, das Jahr wahr­schein­lich 1247, da ab 1248 die Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen dem Or­den und den bei­den Söh­nen Ger­hards nach­weis­bar sind. To­desort und Bei­set­zungs­ort sind un­be­kannt. 

Die Mit­te des 13. Jahr­hun­derts war für den Or­den ei­ne un­ge­wöhn­lich pro­ble­ma­ti­sche Zeit. Je­ne Aus­ein­an­der­set­zun­gen ha­ben die Or­dens­quel­len nach Mög­lich­keit ver­tuscht. Das traf auch Ger­hard von Mal­berg: Er wur­de tot­ge­schwie­gen, taucht in kei­ner Lis­te der Hoch­meis­ter auf. Nur das Ne­cro­lo­gi­um von Al­den Bie­sen, das Mal­bergs Her­kunfts­re­gi­on be­rück­sich­tigt, nennt ihn. An­hand des­sen wur­de er erst 1802 als Hoch­meis­ter iden­ti­fi­ziert. 

Literatur

Ar­nold, Udo, Der Deut­sche Or­den zwi­schen Kai­ser und Papst im 13. Jahr­hun­dert, in: No­wak, Zenon Hu­bert (Hg.), Die Rit­ter­or­den zwi­schen geist­li­cher und welt­li­cher Macht im Mit­tel­al­ter, Torun 1990, S. 57-70.
Ar­nold, Udo, Ger­hard von Mal­berg, in: Ar­nold, Udo (Hg.), Die Hoch­meis­ter des Deut­schen Or­dens 1190-2014, 2. Aufl., Wei­mar 2014, S. 22-214.
Ba­chem, Kon­rad Jo­seph, Ver­such ei­ner Chro­no­lo­gie der Hoch­meis­ter des teut­schen Or­dens vom Jah­re 1190 bis 1802, Müns­ter 1802, S. VIII-XI.
Forstreu­ter, Kurt, Der Deut­sche Or­den am Mit­tel­meer, Bonn 1967.
Oels­nitz, A[lex­an­der] B[ern­hard] E[rnst], Her­kunft und Wap­pen der Hoch­meis­ter des Deut­schen Or­dens 1190-1525, Kö­nigs­berg 1926, S. 50-51.

Online

Forstreu­ter, Kurt,"Ger­hard von Mal­berg", in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 6 (1964), S. 269-270. [On­line]

 
Zitationshinweis

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Arnold, Udo, Gerhard von Malberg, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/gerhard-von-malberg/DE-2086/lido/57c6c7f56c9b80.13916521 (abgerufen am 28.03.2024)