Zu den Kapiteln
Schlagworte
Der erfolgreiche Handballspieler Günter Ortmann wurde in seiner Sportart Weltmeister und Olympiasieger.
Günter Ortmann wurde am 30.11.1916 in Lauban in Schlesien geboren. Schlesien scheint seit jeher eine Handball-Hochburg gewesen zu sein, denn neben Ortmann stammen so berühmte Spieler wie die deutsche Handballlegende Bernhard Kempa (1920-2017) und der Welthandballer des Jahres 2009, Slawomir Szmal (geboren 1978) aus Schlesien.
Günter Ortmann war schon von früh an ein begeisterter Sportler. Allerdings galt sein Interesse in den Ballsportarten zunächst dem Faustball und dem Fußball. Außerdem erhielt er eine athletische Grundausbildung dadurch, dass er ein guter Zehnkämpfer war. Diese frühe körperliche Ausbildung sollte die Basis für seinen späteren erfolgreichen Werdegang werden. Erst im Alter von 13 Jahren kam Günter Ortmann zum Handball – und auch das erst, nachdem ihm ein Arzt eine entsprechende Gesundheitsbescheinigung ausgestellt hatte, da er für die Teilnahme an Seniorenspielen eigentlich noch zu jung war. Schnell zeigte sich, dass der junge Ortmann bei den Erwachsenen nicht nur mithalten, sondern auch überaus erfolgreich Akzente setzen konnte. Obwohl er mit einer Körpergröße von 1,75 Metern nicht gerade zu den Riesen unter den Handballspielern gehörte, sollte Ortmann ein ganz Großer des Handballsports werden. Bereits in seinem Heimatverein, dem Polizeisportverein Breslau, konnte er sein Talent unter Beweis stellen.
Der erst in den 1920er Jahren erfundene Handballsport wurde weitgehend als Feldhandball ausgetragen. Dadurch war er sowohl durch den Platz mit seinen Feld- und Torabmessungen sowie durch die Spielerzahl vom Fußball beeinflusst. Auch ähnelten die taktische Aufstellung und die Positionsbezeichnungen der Spieler denjenigen aus dem Fußball. Ortmann war nämlich Mittelstürmer und brachte es auf dieser Position anscheinend zu bemerkenswerten Torerfolgen. Jedenfalls wechselte er nach kurzer Zeit den Verein und ging anschließend für Borussia Carlowitz auf Torejagd. Auch dort gelang ihm dies so trefflich, dass er mit diesem Verein die südostdeutsche Gaumeisterschaft feiern konnte und bereits im Alter von 18 Jahren seine erste Berufung zu einem Länderspiel gegen Polen erhielt. Ab diesem Zeitpunkt gehörte Ortmann zu den bemerkenswertesten und erfolgreichsten Handballspielern seiner Generation.
Da in dieser Zeit besonders die Polizei- und Militärsportvereine den Handball dominierten – bis 1944 waren immer Polizei- oder Militärmannschaften im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft vertreten und auch der MSV Borussia Breslau-Carlowitz war ein Militärsportverein – kam Ortmann bei seinen sportlichen Erfolgen schnell zu seinem Beinamen als „Bomber vom Dienst“. Ähnlich wie ein späterer Fußball-Mittelstürmer erhielt Ortmann diesen Beinamen aufgrund seiner zahlreichen Torerfolge. Obwohl damals längst nicht Spielergebnisse, Torschützen usw. statistisch so genau erfasst wurden wie heute, gingen weit über 100 Treffer auf Ortmanns Konto bei seinen 22 Einsätzen im Nationaltrikot (andere Quellen zählen 24 Teilnahmen). Dies ist auch nach heutigen Maßstäben eine respektable Zahl und umso bemerkenswerter, wenn man berücksichtigt, dass im Feldhandball generell weit weniger Tore fielen als im heutigen Hallenhandball.
Ortmann war ab 1934 ein fester Bestandteil der deutschen Nationalmannschaft, die ab Mitte der 1930er Jahre eine fast unglaubliche Überlegenheit entwickelte und bis 1945 nur einen einzigen Länder-Vergleichskampf - wie es in der zeitgenössischen Sprache hieß – verlor. Der Vollständigkeit halber muss hinzugefügt werden, dass im Vergleich auch weit weniger Spiele ausgetragen wurden und dass seit Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 der Spielbetrieb insgesamt immer stärker eingeschränkt wurde.
Ortmann war also Stammspieler und folgerichtig ein Mitglied des deutschen Aufgebots für das Olympische Turnier 1936 in Berlin. Erstmals gehörte Handball hier zu den olympischen Disziplinen und die deutsche Mannschaft zum ganz engen Favoritenkreis. Im Auftaktspiel gegen Ungarn, das 22:0 gewonnen wurde, und in der Zwischenrunde gegen die Schweiz, die ebenfalls deutlich mit 16:6 besiegt wurde, kam Ortmann zum Einsatz. Mit insgesamt sieben Treffern hatte Ortmann seinen Beitrag zu diesen Erfolgen geleistet. Anders als heute durften in diesen Partien aber keine Auswechslungen vorgenommen werden. Aufgrund der deutschen Dominanz konnte der Reichstrainer jedes Spiel mit einem anderen Aufgebot bestreiten, so dass immer wieder andere Akteure auf dem Platz standen. Ungeschlagen bewegte sich die deutsche Mannschaft durch das Turnier und auch das Endspiel gegen Österreich konnte sie mit einem 10:6 Sieg erfolgreich gestalten, so dass ihr der erste Titel eines Olympiasiegers im Handball nicht mehr zu nehmen war.
Obwohl Ortmann im Finale nicht eingesetzt wurde, durfte er sich im Alter von 19 Jahren als Olympiasieger feiern lassen. Sollte die Nichtberücksichtigung im Endspiel für Ortmann enttäuschend gewesen sein, so konnte er in der nächsten Zukunft diese Enttäuschung wieder wettmachen. Denn bei den in Deutschland stattfindenden Weltmeisterschaften 1938, die sowohl in der Halle als auch auf dem Feld ausgetragen wurden, stand Ortmann in den jeweiligen Endspielen „auf der Platte“ – wie es im Handballerjargon heißt – und trug mit seinen Toren zum Titelgewinn bei. Ortmann dürfte daher einer der ganz wenigen Handballer auf der Welt sein, der Weltmeister- und Olympiasiegertitel im Feld und in der Halle erringen konnte. Die Karriere des damals 22-jährigen Sportlers aus Schlesien hätte eine ganz strahlende werden können, wenn nicht der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs diese abrupt unterbrochen hätte. Günter Ortmann ereilte das gleiche Schicksal wie die meisten seiner Altersgenossen: Er wurde zum Kriegsdienst bestellt.
Zunächst als einfacher Gefreiter eingezogen, wurde er später bis zum Hauptmann befördert. Aufgrund einer schweren Kriegsverletzung – eine Schusswunde, die in unmittelbarer Nähe der Wirbelsäule seine Bewegungsfähigkeit beeinträchtigte – kam er jedoch schon 1944 aus dem Krieg zurück. Diese Verletzung schien auch das Ende seiner sportlichen Karriere zu bedeuten, aber der im besten Sportleralter stehende 28-jährige wollte sich nicht in sein Schicksal begeben. Nach dem Ende des Krieges kam Ortmann 1948 an den Niederrhein und leistete seinen Dienst bei der Schutzpolizei in Duisburg-Rheinhausen. Mit großer Energie und unbändigem Willen überwand er seine Verletzung und konnte wieder, wenn auch in bescheidenerem Maße, Erfolge im Handball feiern. Mit TuRa Bergheim und dem TuS Rheinhausen war er im Westen erfolgreich und konnte sogar den Titel eines Westdeutschen Meisters erringen. Nach seiner Karriere als Spieler versuchte sich Ortmann auch als Trainer, aber ein einjähriges Intermezzo in Wülfrath 1952 hat ihn wohl davon überzeugt, dass dies nicht seine richtige Position beim Handball war.
Überhaupt gewann Ortmann zunehmend Abstand vom Handball und widmete sich einer anderen Leidenschaft, dem Pferdesport. Im Alter von 45 Jahren heiratete Ortmann 1961 und wurde Vater einer Tochter. Auch beruflich ging es für Ortmann aufwärts: Er brachte es bis zum Direktor der Schutzpolizei in Moers und Wesel. Am 10.1.2002 ist Günter Ortmann an den Folgen eines Schlaganfalls verstorben.
Literatur
Eggers, Erik (Hg.): Handball. Eine deutsche Domäne, Göttingen 2007.
Harenberg, Bodo (Redaktion): Die Stars des Sports von A-Z, Darmstadt 1970.
Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Ohl, Thomas, Günter Ortmann, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/guenter-ortmann/DE-2086/lido/57c957169dfff2.54808748 (abgerufen am 10.12.2024)