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Heinrich Mathias Konen war Professor für Physik an der Universität Bonn und amtierte zwischen 1929 und 1931 als Rektor der Universität, bevor er 1934 von den Nationalsozialisten in den Ruhestand versetzt wurde. Nach Kriegsende übernahm er erneut das Amt des Rektors und prägte den Wiederaufbau der Universität Bonn maßgeblich. Für kurze Zeit war er 1947/1948 nordrhein-westfälischer Kultusminister.
Heinrich Mathias Konen wurde am 16.9.1874 als Sohn des Gymnasialoberlehrers Heinrich Hubert Konen (1837-1915) und dessen Frau Anna geborene Dengler (1842-1921) in Köln geboren. Aufgewachsen im rheinisch-katholischen Milieu blieb er Zeit seines Lebens dem Rheinland eng verbunden. Seine Schulbildung erhielt Konen am renommierten Kölner Friedrich-Wilhelm-Gymnasium, an dem auch sein Vater unterrichtete. Nach dem Abitur studierte er Mathematik, Physik, Botanik und Zoologie an der Universität Bonn. 1897 wurde er mit einer Arbeit „Über die Spektren des Jod“ bei Heinrich Kayser (1853-1940) promoviert. Nach seiner Promotion legte er 1898 das Staatsexamen ab, an das er nach der Militärzeit sein Referendariat für den höheren Schuldienst am Städtischen Gymnasium in Bonn anschloss. Doch zog Konen eine wissenschaftliche Karriere dem Schuldienst vor. Bereits seit 1899 arbeitete er als Assistent Kaysers am Physikalischen Institut in Bonn. 1902 habilitierte er sich im Fach Experimentalphysik. 1905 erhielt Konen einen Ruf als außerordentlicher Professor an die Universität Münster.
Wie Kayser sah Konen seinen wissenschaftlichen Schwerpunkt in der Spektroskopie. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang der von Konen 1905 in Zusammenarbeit mit August Hagenbach (1871-1955) herausgegebene Atlas der Emissionsspektren der Elemente. Seine Forschungen brachten ihm schnell internationale Anerkennung. Er wurde zum Mitglied der „International Union for Cooperation in Solar Research“ berufen und in die renommierte Päpstliche Akademie der Wissenschaften (Pontificia Accademia Romana dei Nuovi Lincei) aufgenommen. Eine Studienreise, die er 1912 in einem umfangreichen Reisebericht dokumentierte, führte ihn zu verschiedenen Sternwarten und Laboratorien der USA.
In Münster lernte Konen die Tochter des dortigen Universitätsrichters Maria Nacke (1882-1962) kennen, die er 1908 heiratete. Aus der Ehe gingen ein Sohn (geboren 1909) und eine Tochter (geboren 1911) hervor. In seine Münsteraner Zeit fiel auch der Beginn seiner politischen Aktivität. Als überzeugter Katholik trat er der Zentrumspartei bei und stieg zum Vorsitzenden des Münsteraner Stadtverbands der Partei auf. Als Mitglied des Stadtparlaments und Abgeordneter des Westfälischen Provinziallandtages erwarb er sich auch überregionale Anerkennung. In dieser Zeit entwickelte sich ein enges Vertrauensverhältnis Konens zum Münsteraner Theologen Georg Schreiber (1882-1963), einem der einflussreichsten Kulturpolitiker des Zentrums.
Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete sich Konen als Freiwilliger zum Kriegseinsatz. Er wurde im Eisenbahndienst in Belgien eingesetzt und mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse sowie dem Verdienstkreuz für Kriegshilfe ausgezeichnet. Nachdem er 1916 wieder nach Münster zurückversetzt worden war, ernannte man ihn 1919 zum Ordinarius für Theoretische Physik. Doch erhielt Konen bereits 1920 einen Ruf an die Universität Bonn. Dort übernahm er in der Nachfolge seines akademischen Lehrers Kayser das Ordinariat für Theoretische Physik und die Direktorenstelle des Physikalischen Instituts. Als Institutsdirektor, Dekan und in den Jahren 1929-1931 auch als Rektor wurde Konen zu einer der einflussreichsten Persönlichkeiten der Universität Bonn in der Weimarer Zeit. Deutlich wurde sein Einfluss durch seine wissenschaftspolitischen Aktivitäten, die weit über die Universität Bonn hinaus reichten. So stand er in engem Kontakt zu Friedrich Schmidt-Ott (1860-1956) und war an der Gründung der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft beteiligt. Er war Vorstandsmitglied der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und 1927-1929 Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Konens Privatleben in den 1920er Jahren war dagegen von der Sorge um seine Ehefrau geprägt, deren 1925 diagnostiziertes Nervenleiden so stark wurde, dass die Einstellung einer Pflegerin erforderlich wurde und Konen die Vormundschaft für seine Ehefrau übernehmen musste. An der Universität Bonn sah sich Konen seit dem Ende der 1920er Jahre erstarkenden nationalsozialistischen Kräften gegenüber, die er als Katholik und Zentrumsmitglied ablehnte. Als enger Vertrauter der Allgemeinen Studentenarbeitsgemeinschaft (AStAG) bemühte er sich um die Stärkung konservativer Kräfte gegen den sich allmählich etablierenden Nationalsozialistischen Studentenbund. Durch seine offene Ablehnung des Nationalsozialismus war er nach 1933 zunehmenden Anfeindungen ausgesetzt. 1934 wurde Konen fälschlicherweise der Unterschlagung und finanzieller Unregelmäßigkeiten beschuldigt. Am 1.7.1934 wurde er nach § 6 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums zwangsweise in den Ruhestand versetzt. Obwohl sich die Vorwürfe gegen Konen als haltlos erwiesen, wurde sein Antrag auf Emeritierung abgelehnt. In der Folge arbeitete Konen bis Kriegsende bei der Firma Dynamit Nobel in Troisdorf.
Erst nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur konnte Konen an die Universität Bonn zurückkehren. Nachdem er im Frühjahr 1945 das Angebot der amerikanischen Militärregierung zur Übernahme des Bonner Oberbürgermeisteramtes abgelehnt hatte, engagierte er sich im provisorischen Senat der Universität, der im April 1945 vom stellvertretenden Rektor Theodor Brinkmann (1877-1951) ins Leben gerufen wurde. Im Juli übernahm Konen nach dem Rücktritt Brinkmanns den Vorsitz dieses Gremiums und wurde so mit 71 Jahren erneut zum Rektor der Universität Bonn. Konen trieb mit großem Elan den Wiederaufbau der Universität voran. Insbesondere kümmerte er sich um studentische Belange. Er bemühte sich, die von den Briten festgelegte Zahl der Studienplätze zu erhöhen und erreichte in Zusammenarbeit mit der Stadt und der Militärregierung eine Verbesserung der Lebens- und Studienverhältnisse. Durch sein Verhandlungsgeschick verschaffte er sich die Anerkennung, die im Frühjahr 1946 zu seiner Wiederwahl als Rektor mit überwältigender Mehrheit führte.
Trotz gesundheitlicher Einschränkungen nahm er auch seine politische Arbeit nach Kriegsende wieder auf. Er trat der CDU bei, war Mitglied des Provinzialrats der Nord-Rheinprovinz und wurde in den ersten, noch von der Militärregierung ernannten Landtag Nordrhein-Westfalens berufen. Als nach den Kommunalwahlen Ende 1946 eine Kabinettsumbildung erforderlich wurde, übernahm Konen für die CDU das Amt des Kultusministers. 1947 errang er bei der ersten Landtagswahl das Mandat des Stadtkreises Bonn.
Die Doppelrolle Konens als Kultusminister und Rektor wurde von Seiten der Universität zunächst positiv aufgenommen, während die britische Militärregierung diese kritisch sah. Als im Dezember 1946 Prorektor Karl Theodor Kipp (1896-1963) wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen festgenommen wurde, stieg die Arbeitsbelastung Konens weiter an. Dennoch kandidierte er auch 1947 für das Amt des Rektors und wurde erneut gewählt, dieses Mal allerdings nur mit knapper Mehrheit. Es wurde immer offensichtlicher, dass Konen der Doppelbelastung beider Ämter nicht gewachsen war. Der Widerstand wuchs nun sowohl innerhalb der Universität als auch in der CDU-Fraktion im Landtag, so dass Konen im August 1947 vom Amt des Kultusministers zurücktrat. Er blieb aber - da zunächst kein Nachfolger gefunden werden konnte - bis Dezember 1947 im Amt. Konen war als Kultusminister wenig aktiv. Nach seiner insgesamt glanzlosen Amtszeit wurde sein Rücktritt selbst in den Reihen der eigenen Partei nicht als schwerer Verlust gewertet. Konen hoffte nun, sich ganz seiner Arbeit als Rektor der Universität Bonn widmen zu können.
Doch auch auf dieses Amt musste er Anfang 1948 verzichten. Eine Untersuchung der Militärregierung hatte im Herbst 1947 ergeben, dass die Zahl der zugelassenen Studenten den festgelegten Numerus clausus deutlich überstieg. Zudem wurde Konen vorgeworfen, die politische Überprüfung der Studenten zu nachlässig durchgeführt und Studenten auf Grund sachfremder Erwägungen zugelassen zu haben. Auf Druck der Briten reichte Konen sein Rücktrittsgesuch ein und wurde zum 1.4.1948 emeritiert. Innerhalb nur weniger Monate hatte Konen damit seine beiden Ämter verloren. Im selben Jahr erreichte ihn die Meldung vom Tod seines Sohnes Heinrich Kaspar Konen in russischer Gefangenschaft.
Konen war die einflussreichste Persönlichkeit der Universität Bonn in den Jahren des Wiederaufbaus. Die Universität dankte es ihm im Oktober 1947 mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde der medizinischen Fakultät für seine Verdienste um den Wiederaufbau der Universität. Heinrich Mathias Konen starb am 31.12.1948 in seinem Haus in Bad Godesberg. Zu seiner Beerdigung bildeten die Bonner Studenten, von denen Konen sehr verehrt wurde, einen langen Trauerzug. Die Universität gab zum Gedenken Konens ein Portrait und eine Büste ihres ersten Nachkriegsrektors in Auftrag.
Werke
Über die Spektren des Jod, Univ. Bonn, Phil. Diss. 1897.
Reisebilder von einer Studienreise durch Sternwarten und Laboratorien der Vereinigten Staaten, Köln 1912.
Universitätsverfassung, Universitätsbildung, Universitätsreform. Vier Ansprachen an die Bonner Studenten, Bonn 1930.
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** Herausgeberschaft**
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_ [Zusammen mit] Hagenbach, August, Atlas der Emissionsspektren der meisten Elemente nach photographischen Aufnahmen mit erläuterndem Text, Jena 1905.
Volkstum und Kulturpolitik. Eine Sammlung von Aufsätzen gewidmet Georg Schreiber zum fünfzigsten Geburtstage, Köln 1932.
Literatur
Eich, Klaus-Peter, Schulpolitik in Nordrhein-Westfalen 1945-1954, Düsseldorf 1987.
George, Christian, Studieren in Ruinen. Die Studenten der Universität Bonn in der Nachkriegszeit (1945-55), Bonn 2010.
Gerlach, Walther, Gedächtnisrede auf Heinrich Konen, gehalten zu Bonn am 5. Februar 1949, Krefeld 1949.
Höpfner, Hans-Paul, Die Universität Bonn im ‚Dritten Reich’. Akademische Biographien unter nationalsozialistischer Herrschaft, Bonn 1999.
Schäfer, Karl Theodor, Verfassungsgeschichte der Universität Bonn 1818 bis 1960, Bonn 1968.
Online
Walther Gerlach: Konen, Heinrich, in: Neue Deutsche Biographie 12 (1979), S. 485-486. [Online]
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George, Christian, Heinrich Mathias Konen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/heinrich-mathias-konen/DE-2086/lido/57c938033896f5.12886589 (abgerufen am 03.10.2024)