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Der Jurist Piecq hat in seiner 20-jährigen Amtszeit als Oberbürgermeister der Stadt M.Gladbach (heute Mönchengladbach) den Umbau der Stadt zu einer modernen Leistungsverwaltung vollzogen.
Hermann Felix Piecq wurde am 30.5.1859 als drittes von vier Kindern des praktischen Arztes Dr. Karl Piecq (1820-1890) und seiner Ehefrau Elisabeth (1829-1866), geborene Hauptmann, in Köln geboren. Die Familie stammte ursprünglich aus Frankreich. Nach dem Besuch des Dreikönigsgymnasiums in Köln und dem 1878 dort abgelegten Abitur trat er als „Einjährig Freiwilliger“ in das 7. Württembergische Infanterieregiment in Tübingen ein. In den folgenden Jahren stieg er bis zum Premierleutnant der Reserve (1891) auf und nahm 1897 seinen Abschied. Zugleich mit seinem Militärdienst begann er 1878 in Tübingen das Studium der Rechtswissenschaften und der Nationalökonomie, das er in Leipzig, Göttingen und Bonn bis 1881 fortführte. Während des Studiums in Göttingen trat er dem Corps Bremensia bei. In Bonn legte Piecq am 6.3.1882 das erste juristische Staatsexamen ab; anschließend wurde er Gerichtsreferendar beim Amtsgericht Wipperfürth und den Justizbehörden in Köln, wo er das Referendariat am 17.11.1886 mit dem zweiten juristischen Staatsexamen abschloss. Als Gerichtsassessor war er bei den Staatsanwaltschaften in Köln und Aachen tätig.
Am 18.10.1890 heiratete Piecq in Langel (heute Stadt Köln) Julie Müller (1866-1945), Tochter des Gutsbesitzers Franz Müller und seiner Ehefrau Hubertine, geborene Melchers. Aus der Ehe gingen die in Köln geborenen Söhne Hermann (1894-1917) und Karl (1899) hervor.
1891 wurde Piecq Beigeordneter der Stadt Köln für Statistik, Wahlen und Steuern, später auch für Einquartierungen und Wohnen. Am 31.3.1900 wählte ihn die Gladbacher Stadtverordnetenversammlung mit Mehrheit in das Amt des Bürgermeisters (Amtseinführung 1.10.1900). 1903 wurde ihm der Titel „Oberbürgermeister“ verliehen. Bei der Wiederwahl am 7.2.1912 konnte der Nationalliberale und Katholik Piecq auch die Stimmen des Zentrums für sich gewinnen und wurde einstimmig gewählt.
Hermann Piecqs 20-jährige Amtszeit in Mönchengladbach ist gekennzeichnet durch den Ausbau und die Professionalisierung der Stadtverwaltung. Er knüpfte dabei an seinen Vorgänger Victor Kaifer (Amtszeit 1876–1900) an. Piecq überzeugte mit seinem juristischen und kameralen Wissen und konnte damit seine Pläne durchsetzen. So wurden fortan besoldete Beigeordnete bestellt, eine Berufsfeuerwehr und ein städtischer Fuhrpark (1904) eingerichtet. Daneben gelang ihm die Konsolidierung des städtischen Haushalts, was angesichts der ständig wachsenden Leistungen der Stadt kein leichtes Unterfangen war. Der Ausbau der Verwaltung drückte sich auch durch den Bau eines eigenen, 1912 eingeweihten Sparkassengebäudes sowie eines neuen Verwaltungsgebäudes neben dem Rathaus aus.
Zu den Leistungen im Bereich der Daseinsfürsorge gehörten die Errichtung der Kläranlage und der Bau der Abwasserkanäle im Stadtgebiet, die Übernahme und der Ausbau des Gaswerks sowie der Ausbau der Elektrizitätsversorgung ab 1900. Piecq erkannte, dass Bahntrassen das Wachstum seiner Stadt hemmten, da sie einer räumlichen Ausdehnung Grenzen setzten und ein Verkehrshindernis für den Straßenverkehr bildeten. Er übernahm das Projekt seines Vorgängers, die Bahntrasse von Mönchengladbach nach Rheydt höher zu legen, sodass der Straßenverkehr darunter hindurchgeführt werden konnte. Die Stadt wurde außerdem von der Bahntrasse der märkischen Eisenbahn im Norden eingeschnürt. Piecq setzte unter großem finanziellen Aufwand durch, dass der Bahnverkehr weiter außen um die Stadt herumgeführt und auf der aufgelassenen Trasse, die in städtischen Besitz überging, ab 1910 eine Allee angelegt wurde. An dieser Allee entstanden auf Flächen des aufgelassenen Bahnhofs repräsentative Neubauten für das 1912 eingeweihte Amts- und Landgericht. 1915 folgte eine Filiale der Reichsbank. Das Straßenbahnnetz (seit 1900 elektrisch) wurde ausgebaut und die Vororte und Nachbarstädte wurden angeschlossen.
Unter Piecq entstanden weitere repräsentative öffentliche Gebäude und Einrichtungen, von denen die Kaiser-Friedrich-Halle (1903) und der Wasserturm (1908) an der Viersener Straße bis heute das Stadtbild mitprägen.
Die räumliche Enge der Stadt erkennend, setzte sich Piecq für die Zusammenführung der Gemeinden des Gladbacher Raums zu einer Kommune ein. Diese Bestrebungen waren vor dem Ersten Weltkrieg jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Unmittelbar nach dem Krieg regte er erneut Verhandlungen über Eingemeindungen mit den umliegenden Städten und Gemeinden an und leitete diese anfangs auch. Die von ihm angestrebte große Lösung unter Einbeziehung von Korschenbroich, Rheydt und Odenkirchen kam zwar nicht zustande, doch 1921 wurden die für die Entwicklung der Stadt dringend nötigen Eingemeindungen der Landgemeinden Gladbach und Neuwerk sowie der Stadt rechtskräftig. Das hat Hermann Piecq, der am 1.11.1920 im Amt verstorben war, jedoch nicht mehr erlebt. Bereits im November 1919 hatte er wegen verschiedener Erkrankungen und allgemeiner Erschöpfung um Versetzung in den Ruhestand gebeten; seiner Bitte war jedoch nicht nachgegeben worden.
Piecq arbeitete neben seiner Tätigkeit als Oberbürgermeister in verschiedenen kommunalpolitischen Arbeitskreisen und Fachkollegien mit und gehörte von 1908 bis 1917 dem Provinziallandtag an. Auf Grund der von Piecq umgesetzten, teilweise veranlassten Neugestaltung der Stadt, sowohl hinsichtlich der Daseinsfürsorge als auch der Bausubstanz, wurde er in Nachrufen als „zweiter Gründer Gladbachs“ bezeichnet. Seine Verdienste um die Stadt wurden 1901 mit dem preußischen Roten Adlerorden 4. Klasse und 1906 mit dem Kronenorden 3. Klasse gewürdigt.
Quellen
Stadtarchiv Mönchengladbach, Personalakte Hermann Piecq (40/11099).
Literatur
Gathen, Antonius, Hermann Piecq, Mönchengladbach 1993.
Gathen, Antonius, Hermann Piecq, in: Mönchengladbacher Köpfe, Mönchengladbach 1995, S. 205–209.
Löhr, Wolfgang, Mönchengladbach im 19./20. Jahrhundert, in: Löhr, Wolfgang (Hg.) Loca Desiderata. Mönchengladbacher Stadtgeschichte, Band 3.1, Mönchengladbach 2003, S. 9–240, besonders S. 139–156.
Romeyk, Horst, Die leitenden staatlichen und kommunalen Verwaltungsbeamten der Rheinprovinz 1816-1945, Düsseldorf 1994, S. 668-669.
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Wolfsberger, Christian, Hermann Felix Piecq, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/hermann-felix-piecq/DE-2086/lido/57c95a763e3298.63585410 (abgerufen am 13.02.2025)
Veröffentlicht am 02.09.2016, zuletzt geändert am 05.05.2020