Jakob I. von Sierck

Erzbischof und Kurfürst von Trier (1439-1456)

Wolfgang Schmid (Winningen)

Jakob I. von Sierck, aus: Carl Stanz (Hg.), Die Trierer Kurfürsten, Mainz 1937, S. 47. (Stadtbibliothek/ Stadtarchiv Trier)

Ja­kob von Sierck ge­hör­te als Kur­fürst und Reichs­kanz­ler zu den ein­fluss­reichs­ten deut­schen Fürs­ten des spä­ten Mit­tel­al­ters. Er stand für ei­ne fürst­li­che Re­form­po­li­tik so­wie den Ver­such, die Re­for­men des Ba­se­ler Kon­zils zu ret­ten, konn­te als Erz­bi­schof sei­ne in­ner­kirch­li­chen Re­for­men im Bis­tum Trier je­doch nur teil­wei­se durch­set­zen.

Ja­kob von Sierck wur­de 1398/1399 als Sohn des Ar­nold von Sierck (1366-1455) aus ei­ner nach Burg Sierck in Loth­rin­gen be­nann­ten rit­ter­bür­ti­gen Fa­mi­lie, die 1442 in den Gra­fen­stand er­ho­ben wur­de, ge­bo­ren. Sei­ne Mut­ter war Eli­sa­beth Bay­er von Bop­pard (1380- nach 1427); ihr Bru­der Kon­rad war Dom­propst und Bi­schof der Trie­rer Suf­fra­gan­kir­che Metz (Epis­ko­pat 1416-1459) und konn­te dem Nef­fen dort Tü­ren öff­nen.

1414 wur­de Ja­kob als Do­mi­zel­lar in das Trie­rer und in das Met­zer Dom­ka­pi­tel auf­ge­nom­men. Da­nach stu­dier­te er in Hei­del­berg, Flo­renz und Rom ka­no­ni­sches Recht. Ziel­stre­big setz­te er sei­ne geist­li­che Lauf­bahn fort: 1418 wur­de er Dom­ka­pi­tu­lar und 1423 Dom­scho­las­ter in Trier. Zu­dem war er ab 1430 Ka­plan Papst Mar­tins V. (Pon­ti­fi­kat 1417-1431) und ab 1432 Pro­to­no­tar Eu­gens IV. (Pon­ti­fi­kat 1431-1447); en­ge Be­zie­hun­gen zur Ku­rie spiel­ten bei sei­ner Kar­rie­re eben­falls ei­ne wich­ti­ge Rol­le. Nach dem Tod Ot­tos von Zie­gen­hain wähl­te ihn 1430 die Mehr­heit des Dom­ka­pi­tels zum Erz­bi­schof von Trier. Doch ver­zich­te­te Ja­kob von Sierck ge­gen ei­ne statt­li­che Ent­schä­di­gung, als Papst Mar­tin V. we­der ihn noch sei­nen Ge­gen­kan­di­da­ten, den Köl­ner Dom­de­kan Ul­rich von Man­der­scheid be­stä­tig­te, son­dern den Speye­rer Bi­schof Rha­ban von Helm­stätt zum Erz­bi­schof er­nann­te (Epis­ko­pat 1430-1439). Ja­kob er­hielt als Ent­schä­di­gung ei­ne jähr­li­che Ren­te in Hö­he von 2.000 Gul­den.

Ziel­stre­big sam­mel­te er wei­ter­hin Pfrün­den, dar­un­ter ein Ka­no­ni­kat in Maas­tricht so­wie Dom­ka­no­ni­ka­te in Lüt­tich, Toul, Ut­recht und Würz­burg. Ei­ne sol­che Häu­fung von Äm­tern, die sich zum Teil ge­gen­sei­tig aus­schlos­sen, war nur mit päpst­li­cher Son­der­er­laub­nis mög­lich. Bis 1438 war Ja­kob auch als Kanz­ler des Her­zogs von Loth­rin­gen tä­tig. 1438 er­folg­ten sei­ne Wahl zum Trie­rer Dom­de­kan, die Er­nen­nung zum Ar­ch­idia­kon von St. Pe­ter und im glei­chen Jahr – nach Rha­ban von Helm­stätts Ver­zicht – sei­ne Er­nen­nung zum Erz­bi­schof von Trier. Am 30.8.1439 emp­fing er die Bi­schofs­wei­he. Ja­kob ge­lang es, sei­nen Bru­der Phil­ipp (1406-1492), der be­reits Ka­no­ni­ka­te in Trier, Metz, Toul, Köln, Mainz und Lüt­tich hat­te, zum Nach­fol­ger als Dom­propst in Würz­burg und Trier durch­zu­set­zen. Er selbst war 1455/1456 Ko­ad­ju­tor des Bis­tums Metz, wo er sei­nen On­kel Kon­rad Bay­er von Bop­pard un­ter­stütz­te.

Der po­li­tisch be­gab­te und di­plo­ma­tisch ge­schul­te Erz­bi­schof hat­te re­gen An­teil an der Reichs- und Kir­chen­po­li­tik sei­ner Zeit. In Zu­sam­men­ar­beit mit dem fran­zö­si­schen Kö­nig konn­te er 1445 die Ar­ma­gna­cken­ge­fahr ban­nen. Als Reichs­kanz­ler Kai­ser Fried­richs III. (Re­gie­rungs­zeit 1440-1493) be­trieb er mit dem Köl­ner Erz­bi­schof ei­ne wich­ti­ge, aber nicht un­ge­fähr­li­che Po­li­tik zwi­schen die­sem, dem Papst und dem fran­zö­si­schen Kö­nig als Wort­füh­rer der neu­tra­len Grup­pe im Schis­ma des Ba­se­ler Kon­zils. 1445 er­kann­te er den letz­ten Ge­gen­papst, Fe­lix V. (Pon­ti­fi­kat 1439-1449), an, wor­auf ihn Papst Eu­gen IV. als Erz­bi­schof von Trier ab­setz­te, was aber oh­ne Wir­kung blieb. Ei­nen Adels­auf­stand konn­te er schnell nie­der­schla­gen. Papst Ni­ko­laus V. (Pon­ti­fi­kat 1447-1455) setz­te ihn 1447 wie­der in sei­ne Äm­ter ein. Auf dem Reichs­tag zu Neu­stadt 1445 war Sierck An­füh­rer der an­ti­kai­ser­li­chen Reichs­re­form­par­tei. Ver­geb­lich ver­such­te er, den Ver­kauf Lu­xem­burgs an das Haus Bur­gund zu ver­hin­dern. 1450 reis­te er an­läss­lich des Hei­li­gen Jah­res in gro­ßer Be­glei­tung nach Rom, wo er den Ju­bel­ab­lass er­warb und di­plo­ma­ti­sche Kon­tak­te pfleg­te.

Als Lan­des­herr hat­te er nach der Man­der­schei­der Feh­de, die nach der Dop­pel­wahl 1430/1432 aus­ge­bro­chen war, ein fi­nan­zi­ell zer­rüt­te­tes Ter­ri­to­ri­um über­nom­men, das er durch Steu­er­er­he­bun­gen beim Kle­rus zu sta­bi­li­sie­ren such­te.

Als Erz­bi­schof konn­te er sei­ne gro­ßen Vor­ha­ben nur zum Teil durch­set­zen, et­wa sei­ne mit viel En­er­gie be­gon­ne­nen in­ner­kirch­li­chen Re­form­ver­su­che, die hin­ter den Leis­tun­gen sei­ner Vor­gän­ger zu­rück­blie­ben. 1441 er­ließ er Re­form­sta­tu­ten für die Trie­rer Stifts­kir­chen St. Pau­lin und St. Si­me­on, 1451 für St. Kas­tor in Ko­blenz und für das Trie­rer Dom­ka­pi­tel, wo die Zahl der Ka­no­ni­ka­te auf 16 be­schränkt wur­de. 1450 bat er den Papst um die Er­laub­nis, die Fran­zis­ka­ner­k­lös­ter sei­ner Diö­ze­se zu re­for­mie­ren. Ei­ne wei­te­re wich­ti­ge geist­li­che In­sti­tu­ti­on ent­stand ganz in der Nä­he; in Klau­sen fand der Ein­sied­ler Eber­hard ein wun­der­tä­ti­ges Ma­ri­en­bild, das bald zum Ziel ei­ner Wall­fahrt wur­de. 1447 be­gann der Bau der Wall­fahrts­kir­che, die der Erz­bi­schof 1449 weih­te. Zur Be­treu­ung der zahl­rei­chen Pil­ger wur­den 1461 Au­gus­ti­ner-Chor­her­ren nach Klau­sen be­ru­fen. Ihr Klos­ter mit sei­ner be­rühm­ten Bi­blio­thek wur­de ein wich­ti­ges Zen­trum der Ge­lehr­sam­keit.

Ei­ner sei­ner Weg­ge­fähr­ten in der Kir­chen­po­li­tik und Kir­chen­re­form war Kar­di­nal Ni­ko­laus von Ku­es. Die­ser ver­füg­te tes­ta­men­ta­risch die Er­rich­tung ei­nes Hos­pi­tals in sei­nem Hei­mat­ort. 1464 ent­stand hier ein Heim für 33 al­te Män­ner aus al­len Stän­den der Chris­ten­heit, dem der Hu­ma­nist auch sei­ne be­mer­kens­wer­te Bi­blio­thek ver­macht hat­te.

Ei­nes von Ja­kobs Lieb­lings­pro­jek­ten war die Grün­dung ei­ner Uni­ver­si­tät in Trier, um den Nach­wuchs für die kirch­li­che und welt­li­che Ver­wal­tung im ei­ge­nen Land und nicht an den ho­hen Schu­len der Nach­bar­ter­ri­to­ri­en aus­bil­den zu kön­nen. 1455 er­hielt er vom Papst die Er­laub­nis zur Grün­dung ei­ner Uni­ver­si­tät, konn­te sie aus fi­nan­zi­el­len Grün­den aber nicht ver­wirk­li­chen. Vie­le sei­ner Plä­ne konn­te erst sein Nach­fol­ger rea­li­sie­ren.

Ja­kobs Jah­re als Erz­bi­schof wa­ren ge­prägt von un­ge­heu­rer Ak­ti­vi­tät, wo­bei er sich auf den ver­schie­dens­ten po­li­ti­schen Fel­dern gleich­zei­tig be­weg­te. Zeit­ge­nos­sen war­fen ihm blin­den Ne­po­tis­mus und ei­ne fast krank­haf­te Raff­gier vor. Ei­nen Schlag­an­fall deu­te­ten sie als Stra­fe Got­tes. Kurz vor sei­nem Tod er­rich­te­te er ein um­fang­rei­ches Tes­ta­ment, in dem er sei­ne Grab­le­ge in der Trie­rer Lieb­frau­en­kir­che wähl­te. Nach lan­ger Krank­heit ver­starb Ja­kob von Sierck am 28.5.1456.

Der in Straß­burg an­säs­si­ge nie­der­län­di­sche Bild­hau­er Ni­ko­laus Ger­ha­ert von Ley­den (um 1430-1473), der wohl be­deu­tends­te Künst­ler der deut­schen Spät­go­tik, schuf sein Grab­mal. Das iko­no­gra­phisch wie künst­le­risch au­ßer­ge­wöhn­li­che Denk­mal zeigt den Ver­stor­be­nen oben als auf­ge­bahr­ten Bi­schof in meis­ter­haft ge­stal­te­ten lit­ur­gi­schen Ge­wän­dern (Bi­schöf­li­ches Mu­se­um Trier); die un­te­re Plat­te, die ver­lo­ren ging, zeig­te ihn als ver­we­sen­den, von Schlan­gen und Mäu­sen be­nag­ten Leich­nam.

Literatur

La­ger, Jo­hann Chris­ti­an, Ja­kob von Sierck, Erz­bi­schof un­d Kur­fürs­t von Trier, in: Trie­ri­sches Ar­chiv 2 (1899), S. 1-40, 3 (1899), S. 1-38, 5 (1900), S. 1-36.
Mil­ler, Ignaz, Ja­kob von Sierck 1398/99-1456, Mainz 1983.
Mil­ler, Ignaz, Kur­trier und die Über­nah­me des Her­zog­tums Lu­xem­burg durch Her­zog Phil­ipp den Gu­ten von Bur­gund im Jah­re 1443, in: Hemecht 36 (1984), S. 489-514.
Mil­ler, Ignaz, Der Trie­rer Erz­bi­schof Ja­kob von Sierck und sei­ne Reichs­po­li­tik, in: Rhei­ni­sche Vier­tel­jahrs­blät­ter 48 (1984), S. 86-101.
Persch, Mar­tin, Ar­ti­kel „Ja­kob von Sierck", in: Bio­gra­phisch-Bi­blio­gra­phi­sches Kir­chen­le­xi­kon 2 (1990), Sp. 1482-1484.
Schom­mers, An­net­te, Das Grab­mal des Trie­rer Erz­bi­schofs Ja­kob von Sierck († 1456). Deu­tungs- und Re­kon­struk­ti­ons­ver­such von In­schrift und Gra­b­auf­bau, in: Trie­rer Zeit­schrift 53 (1990), S. 311-333.
Sei­brich, Wolf­gang, Ar­ti­kel „Ja­kob von Sierck", in: Gatz, Er­win (Hg.), Die Bi­schö­fe des Hei­li­gen Rö­mi­schen Rei­ches. 1448 bis 1648. Ein bio­gra­phi­sches Le­xi­kon. Ber­lin 1996, S. 663-665.

Online

Boock­mann, Hart­mut, „Ja­kob I. v. Si(e)rck", in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 10, S. 315-316. [On­line]
Con­rad, Joa­chim, Sierck Ja­kob von, in: Saar­län­di­sche Bio­gra­fi­en On­line. [On­line]

Grabplatte Jakobs I. von Sierck, Foto: Rudolf Schneider;Museum am Dom Trier.

 
Zitationshinweis

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Schmid, Wolfgang, Jakob I. von Sierck, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/jakob-i.-von-sierck/DE-2086/lido/57c92bc2664c31.44459369 (abgerufen am 05.12.2024)