Jakobe von Baden

Herzogin von Jülich-Kleve-Berg (1558-1597)

Katharina Richter (Mönchengladbach)

Jakobe von Baden, Porträt, Kupferstich von Crispin de Passe (1564-1637), 1592. (LVR-Zentrum für Medien und Bildung)

Ja­ko­be von Ba­den war zwölf Jah­re lang mit Her­zog Jo­hann Wil­helm von Jü­lich-Kle­ve-Berg ver­hei­ra­tet. In­fol­ge der Re­gie­rungs­un­fä­hig­keit ih­res 1592 zum Her­zog er­ho­be­nen Man­nes be­stimm­te sie bis zu ih­rer In­haf­tie­rung 1595 in er­heb­li­chem Ma­ße die Re­gie­rungs­ge­schäf­te. Ihr ver­mut­lich im Zu­sam­men­hang mit In­tri­gen am Düs­sel­dor­fer Hof ste­hen­der Tod 1597 gab den An­lass zu ei­ner über Jahr­hun­der­te nach­wir­ken­den Le­gen­den­bil­dung.

Ja­ko­be wur­de am 16.1.1558 als äl­tes­te Toch­ter des Mark­gra­fen Phi­li­bert von Ba­den-Ba­den (1536-1569) und der Mat­hil­de von Bay­ern (1532-1565) ge­bo­ren. Über ih­re Kind­heit am Ba­den-Ba­de­ner Hof gibt es kaum Nach­rich­ten. Sie wur­de ver­mut­lich ge­mäß dem Augs­bur­gi­schen Be­kennt­nis, al­so pro­tes­tan­tisch, er­zo­gen. Be­reits im Al­ter von sie­ben bzw. elf Jah­ren ver­lor sie die El­tern. Mit ih­ren Ge­schwis­tern sie­del­te Ja­ko­be dar­auf­hin an den Mün­che­ner Hof ih­res On­kels Her­zog Al­brecht V. von Bay­ern (Re­gie­rungs­zeit 1550-1579) über. In Mün­chen ver­brach­te sie den grö­ß­ten Teil ih­res Le­bens, über das nur we­nig über­lie­fert ist. Ins­be­son­de­re ihr drei Jah­re äl­te­rer Cou­sin Ernst, der spä­te­re Köl­ner Kur­fürst und Erz­bi­schof (Epis­ko­pat 1583-1612), soll Ja­ko­be in ih­ren Münch­ner Ju­gend­jah­ren freund­schaft­lich na­he ge­stan­den ha­ben.

In Mün­chen er­leb­te Ja­ko­be ei­nen der be­deu­tends­ten Hö­fe des Rei­ches und die dort vor­herr­schen­de, früh­ba­ro­cke Re­prä­sen­ta­ti­ons­kul­tur. Hier wur­de ih­re Per­sön­lich­keit ma­ß­geb­lich ge­prägt. Nach Aus­sa­gen der Zeit­ge­nos­sen war sie tem­pe­ra­ment­voll und hübsch, auch noch in spä­te­ren Jah­ren. Auf die Mün­che­ner Zeit ge­hen zwei ih­rer Jun­gend­freund­schaf­ten zu­rück, näm­lich zu dem Flo­ren­ti­ner For­t­u­n­a­to Ber­tol­do de Paz­zi so­wie zu Hans Phil­ipp von Man­der­scheid-Blan­ken­heim, mit dem sie sich viel­leicht so­gar ver­lobt hat.

Der An­stoß zu Ja­ko­bes Hei­rat in das nie­der­rhei­ni­sche Her­zogshaus kam von ka­tho­li­schen Rä­ten des Alt­her­zogs Wil­helm V. von Jü­lich-Kle­ve-Berg. Die­se Idee deck­te sich auch mit den macht­po­li­ti­schen Über­le­gun­gen des Hau­ses Bay­ern. 1583 be­geg­ne­ten sich Ja­ko­be und der vier Jah­re jün­ge­re Her­zog Jo­hann Wil­helm zum ers­ten Mal heim­lich auf Schloss Dach­au. Ob sich Ja­ko­be zu­nächst ge­gen die­se Hei­rat ge­wandt hat, ist un­si­cher; je­den­falls wur­de ihr Ver­hält­nis zu Jo­hann Wil­helm bald als herz­lich be­schrie­ben. Die auch vom Kai­ser, dem spa­ni­schen Kö­nig so­wie dem Papst be­für­wor­te­te Ehe wur­de an Ja­ko­bes 27. Ge­burts­tag, dem 16.6.1585, in Düs­sel­dorf ge­fei­ert. Gäs­te aus ganz Eu­ro­pa wa­ren an­ge­reist. Die pom­pö­se Hoch­zeits­fei­er mit Tur­nie­ren, Jag­den, Mu­sik, Bäl­len und Feu­er­wer­ken dau­er­te acht Ta­ge lang und über­traf mit ih­rem ver­schwen­de­ri­schen Auf­wand al­le frü­he­ren Fes­te im Her­zogshaus. Zu die­sem An­lass schrieb der da­ma­li­ge Köl­ner Rats­herr Her­mann Weins­berg fol­gen­de Wün­sche in sein Ta­ge­buch, die sich im Le­ben des Paa­res in den fol­gen­den Jah­ren tra­gi­scher­wei­se al­le­samt in ihr Ge­gen­teil ver­keh­ren soll­ten: „Gott wol­le bei­den gu­ten Sinn ver­lei­hen, dass sie in fürst­li­chen Tu­gen­den mö­gen ge­dei­hen, dass sie das Land mit Kin­dern seg­nen, es wohl re­gie­ren und sich von fried­häs­si­gen Nei­dern nicht las­sen ver­füh­ren."

Ja­ko­be traf am Düs­sel­dor­fer Ho­fe so­gleich auf Wi­der­stand. Ih­re le­bens­lus­ti­ge, oft scherz­haf­te Art, ih­re wohl auf den Mün­che­ner Hof zu­rück­ge­hen­de Freu­de an Schau­spiel und Ver­gnü­gun­gen wur­de ihr als Ver­schwen­dung und Leicht­fer­tig­keit aus­ge­legt. Der geis­tig wie kör­per­lich schwer­kran­ke Alt­her­zog Wil­helm der Rei­che nahm Ja­ko­be kei­nes­wegs be­reit­wil­lig in die Fa­mi­lie auf. Er hat­te auch der Hei­rat zu­nächst ab­leh­nend ge­gen­über­ge­stan­den, da er be­fürch­te­te, dass sein in­zwi­schen ent­schie­den ge­gen­re­for­ma­to­risch ge­sinn­ter Sohn künf­tig ei­ne stär­ke­re Rol­le am Hof und in der Re­gie­rung ein­neh­men könn­te. Wie ihr Ehe­mann galt je­doch auch Ja­ko­be als de­zi­diert ka­tho­lisch. 1587 er­hielt sie von Papst Six­tus V. (Pon­ti­fi­kat 1585-1590) als Aus­zeich­nung die Gol­de­ne Ro­se, die seit dem Hoch­mit­tel­al­ter an Per­so­nen ver­ge­ben wur­de, die sich um die ka­tho­li­sche Kir­che ver­dient ge­macht hat­ten.

Auch ein gro­ßer Teil der Hof­rä­te stand Ja­ko­be ab­leh­nend ge­gen­über. Teils teil­ten sie die grund­sätz­li­chen Ein­schät­zun­gen des Alt­her­zogs, teils heg­ten sie die Be­fürch­tung, das jun­ge Paar könn­te ih­nen an­ge­sichts der Re­gie­rungs­un­fä­hig­keit Wil­helms des Rei­chen ih­ren gro­ßen Macht­ein­fluss strei­tig ma­chen. Nach­dem der Jung­her­zog Jo­hann Wil­helm um 1587 psy­chisch er­krankt war, sei­ne Wahn­vor­stel­lun­gen seit 1590 zu­nah­men und er bald in stän­di­gen Ver­wahr­sam ge­nom­men wer­den muss­te, be­müh­te sich Ja­ko­be um Mit­spra­che am fürst­li­chen Re­gi­ment. Nach dem Tod des Alt­her­zogs An­fang 1592 for­cier­te sie ih­re An­stren­gun­gen. Da­bei such­te sie auf un­ge­schick­te Wei­se und mit wech­seln­den Part­nern Rück­halt bei al­len im Streit mit­ein­an­der lie­gen­den Frak­tio­nen am Ho­fe: so­wohl bei den je­weils kon­fes­sio­nell ge­spal­te­nen Rä­ten und Land­stän­den wie bei den fürst­li­chen Ver­wand­ten, die an­ge­sichts der Krank­heit Jo­hann Wil­helms und des sich ab­zeich­nen­den Aus­ster­bens des Hau­ses im Man­nes­stamm seit An­fang der 1590er-Jah­re als Erb­in­ter­es­sen­ten auf­tra­ten. Als wei­te­re Par­tei ka­men schlie­ß­lich Kai­ser Ru­dolf II. (Re­gie­rungs­zeit 1576-1612) be­zie­hungs­wei­se die kai­ser­li­chen Kom­mis­sa­re hin­zu, die zur Klä­rung der Re­gi­ments­fra­ge mehr­fach nach Düs­sel­dorf reis­ten.

Zu­nächst schie­nen sich Ja­ko­bes Be­mü­hun­gen aus­zu­zah­len, denn der Kai­ser ge­stand ihr 1592 Teil­ha­be an der Re­gie­rung zu, was vor al­lem bei den her­zog­li­chen Rä­ten auf Miss­fal­len stieß. Mit­hil­fe ih­res Cou­sins, des Köl­ner Kur­fürs­ten, such­te sie beim Kai­ser ste­tig die Macht zu er­wei­tern und ver­fing sich bald mehr und mehr in Hof­in­t­ri­gen, die durch ih­re 1592 be­gon­ne­ne Lie­bes­be­zie­hung zu wohl min­des­tens ei­nem der ad­li­gen Höf­lin­ge von ih­ren Geg­nern an­ge­facht wur­den. Be­reits 1593 wur­de Ja­ko­be ge­warnt, dass ge­fähr­li­che Ge­rüch­te über sie im Um­lauf sei­en.

Im Ja­nu­ar 1595 brach der sich lan­ge an­bah­nen­de Macht­kampf am Hof of­fen aus. Die da­ma­li­gen Geg­ner Ja­ko­bes, ei­ne Rä­te­frak­ti­on, die Land­stän­de und ins­be­son­de­re die in­zwi­schen ihr hass­er­füllt ge­gen­über­ste­hen­de Schwä­ge­rin Her­zo­gin Si­byl­la (1557-1627) be­schul­dig­ten Ja­ko­be auf dem Land­tag zu Gre­ven­broich vor al­lem des Ehe­bruchs so­wie der un­nö­ti­gen Ge­fan­gen­hal­tung Jo­hann Wil­helms. Ja­ko­be wur­de durch kai­ser­li­che An­ord­nung aus der Re­gie­rung ent­fernt und im Düs­sel­dor­fer Schloss­turm in Haft ge­nom­men. In den bei­den fol­gen­den Jah­ren wur­de ein auf­wän­di­ger und of­fen­bar un­fai­rer Pro­zess vor dem kai­ser­li­chen Reichs­hof­rat ge­gen sie ge­führt. Die An­kla­ge­schrift um­fass­te rund 100 Ar­ti­kel, die nur per­sön­li­che, viel­fach eh­ren­rüh­ri­ge Vor­wür­fe ent­hiel­ten. Kei­ner be­zog sich auf ih­re Re­gie­rungs­tä­tig­keit. Dut­zen­de Zeu­gen wur­den bis zum Herbst 1595 ver­hört. Nur Ernst von Bay­ern und ei­ner ih­rer Schwä­ger stan­den ihr bei.

Da sich ver­mut­lich vor al­lem der Vor­wurf des Ehe­bruchs als stich­hal­tig er­wie­sen hat­te, wur­de Ja­ko­be in­des von vie­len der ihr Na­he­ste­hen­den, auch vom Haus Bay­ern, fal­len­ge­las­sen. Die her­zog­li­chen Rä­te be­trie­ben die Ver­ur­tei­lung am kai­ser­li­chen Hof. Hier­von er­hoff­ten sie sich, die Ehe des Her­zog­spaa­res nach­träg­lich an­nul­lie­ren las­sen zu kön­nen. Jo­hann Wil­helm soll­te da­nach er­neut ver­hei­ra­tet wer­den und der Dy­nas­tie doch noch die Hoff­nung auf ei­nen männ­li­chen Erb­fol­ger ge­ben. Doch der Kai­ser fäll­te kei­ne recht­wirk­sa­me Ent­schei­dung – ver­mut­lich aus reichs­po­li­ti­schen Rück­sich­ten, die mit Steu­er­zah­lun­gen der erb­in­ter­es­sier­ten Reichs­stän­de zu­sam­men­hin­gen. Zu­dem hat­te die Ku­rie um 1595/1596 be­kun­det, dass sie kei­nes­falls ei­ner Ehean­nu­lie­rung zu­stim­men wür­de.

Die re­gie­ren­de Rä­te­par­tei am Düs­sel­dor­fer Hof ließ den geis­tes­kran­ken Jo­hann Wil­helm im Au­gust 1597 ein Schrift­stück un­ter­zeich­nen, wor­in er bat, das­je­ni­ge „was uns zu Be­küm­me­rung und Wi­der­wil­len ge­reicht, in­ner­halb we­ni­ger Ta­ge ab­zu­schaf­fen". Am Mor­gen des 3.9.1597 wur­de Ja­ko­be – mög­li­cher­wei­se mit Stran­gu­lie­rungs­sym­pto­men – tot in ih­rem Bett ge­fun­den, ob­wohl sie noch am Vor­abend bei gu­ter Ge­sund­heit ge­we­sen sein soll. Der Hof­staat leg­te kei­ne Trau­er­klei­der an. Ja­ko­bes Leich­nam wur­de mehr zum Schein ob­du­ziert und oh­ne fürst­li­ches Be­gräb­nis zü­gig und oh­ne Ge­denk­stein nicht in der Fa­mi­li­en­grable­ge son­dern in der Düs­sel­dor­fer Kreuz­her­ren­kir­che bei­ge­setzt.

Ob Ja­ko­be er­mor­det wur­de, ist un­klar, zu­mal die­je­ni­gen, die im Ver­dacht ste­hen, die schrift­li­che Über­lie­fe­rung be­stimmt ha­ben. Viel­leicht wähl­te sie in ih­rer un­glück­li­chen Si­tua­ti­on auch den Frei­tod, schrieb die In­haf­tier­te doch we­ni­ge Mo­na­te zu­vor an ih­ren Schwa­ger: „Ich bin oh­ne al­len Trost, ha­be kei­nen Men­schen, da ich nun Rat ge­braucht hät­te. Es wä­re kein Wun­der, wenn man in sol­cher äu­ßers­ter Be­dräng­nis et­was macht, was ei­nem Gott nicht rät."

Un­zwei­fel­haft ist, dass Ja­ko­be von Ba­den an der Rol­le ge­schei­tert ist, die für die Ehe­frau­en re­gie­ren­der Fürs­ten un­ab­ding­bar war, näm­lich ei­nen Erb­prin­zen zu ge­bä­ren und so­mit die Dy­nas­tie fort­zu­set­zen. Ihr Tod ließ ver­mut­lich un­ter den Zeit­ge­nos­sen die Hoff­nung auf­kom­men, dass aus ei­ner neu­en Ehe des Her­zogs Jo­hann Wil­helm doch noch ein männ­li­cher Nach­fol­ger her­vor­ge­hen und so das Fort­be­ste­hen der Dy­nas­tie ge­si­chert wer­den könn­te.

Dem Volks­mund nach spukt Ja­ko­be von Ba­den noch heu­te als ‚Wei­ße Frau’ durch den Düs­sel­dor­fer Schloss­turm und gibt so das ‚be­kann­tes­te Ge­spenst’ Düs­sel­dorfs. Auch reg­te ih­re Ge­schich­te wohl die Idee zur Ver­mark­tung ei­nes nam­haf­ten, in Düs­sel­dorf pro­du­zier­ten Wasch­mit­tels an. Über ihr Schick­sal han­deln fer­ner Schau­spie­le und li­te­ra­ri­sche Be­ar­bei­tun­gen. Hein­rich Hei­ne ver­ewig­te Ja­ko­be, wenn auch nicht na­ment­lich, 1826 in sei­ner Schrift „Le Grand", wor­in er über ei­ne „schwarz­sei­de­ne Da­me oh­ne Kopf mit lan­ger, rau­schen­der Schlep­pe" dich­tet, die man nachts im Düs­sel­dor­fer Schloss her­um­wan­deln se­he.

Literatur

Musch­ka, Wil­helm, Op­fer­gang ei­ner Frau: Le­bens­bild der Her­zo­gin Ja­ko­be von Jü­lich-Kle­ve-Berg, ge­bo­re­ne Mark­grä­fin von Ba­den, Ba­den-Ba­den 1987 .
Ro­berg, Burk­hard, Ar­ti­kel „Ja­ko­be von Ba­den (1558-1597)", in: Rhei­ni­sche Le­bens­bil­der 7 (1977), S. 43-62.
Stie­ve, Fe­lix (Hg.), Zur Ge­schich­te der Her­zo­gin Ja­ko­be von Jü­lich, in: Zeit­schrift des Ber­gi­schen Ge­schichts­ver­eins 13 (1877) S. 1-197.
Un­kel, Karl, Ja­ko­be, Her­zo­gin von Jü­lich und der Jü­li­cher Re­gi­ments­streit, in: An­na­len des His­to­ri­schen Ver­eins für den Nie­der­rhein 54 (1892) S. 96-174.

Online

Wolf, Man­fred, "Ja­ko­be, Mark­grä­fin von Ba­den", in: Neue deut­sche Bio­gra­phie 10 (1974), S. 323.

 
Zitationshinweis

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Richter, Katharina, Jakobe von Baden, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/jakobe-von-baden/DE-2086/lido/57c92b8eb26a75.47060780 (abgerufen am 19.03.2024)