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Jakobe von Baden war zwölf Jahre lang mit Herzog Johann Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg verheiratet. Infolge der Regierungsunfähigkeit ihres 1592 zum Herzog erhobenen Mannes bestimmte sie bis zu ihrer Inhaftierung 1595 in erheblichem Maße die Regierungsgeschäfte. Ihr vermutlich im Zusammenhang mit Intrigen am Düsseldorfer Hof stehender Tod 1597 gab den Anlass zu einer über Jahrhunderte nachwirkenden Legendenbildung.
Jakobe wurde am 16.1.1558 als älteste Tochter des Markgrafen Philibert von Baden-Baden (1536-1569) und der Mathilde von Bayern (1532-1565) geboren. Über ihre Kindheit am Baden-Badener Hof gibt es kaum Nachrichten. Sie wurde vermutlich gemäß dem Augsburgischen Bekenntnis, also protestantisch, erzogen. Bereits im Alter von sieben bzw. elf Jahren verlor sie die Eltern. Mit ihren Geschwistern siedelte Jakobe daraufhin an den Münchener Hof ihres Onkels Herzog Albrecht V. von Bayern (Regierungszeit 1550-1579) über. In München verbrachte sie den größten Teil ihres Lebens, über das nur wenig überliefert ist. Insbesondere ihr drei Jahre älterer Cousin Ernst, der spätere Kölner Kurfürst und Erzbischof (Episkopat 1583-1612), soll Jakobe in ihren Münchner Jugendjahren freundschaftlich nahe gestanden haben.
In München erlebte Jakobe einen der bedeutendsten Höfe des Reiches und die dort vorherrschende, frühbarocke Repräsentationskultur. Hier wurde ihre Persönlichkeit maßgeblich geprägt. Nach Aussagen der Zeitgenossen war sie temperamentvoll und hübsch, auch noch in späteren Jahren. Auf die Münchener Zeit gehen zwei ihrer Jungendfreundschaften zurück, nämlich zu dem Florentiner Fortunato Bertoldo de Pazzi sowie zu Hans Philipp von Manderscheid-Blankenheim, mit dem sie sich vielleicht sogar verlobt hat.
Der Anstoß zu Jakobes Heirat in das niederrheinische Herzogshaus kam von katholischen Räten des Altherzogs Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg. Diese Idee deckte sich auch mit den machtpolitischen Überlegungen des Hauses Bayern. 1583 begegneten sich Jakobe und der vier Jahre jüngere Herzog Johann Wilhelm zum ersten Mal heimlich auf Schloss Dachau. Ob sich Jakobe zunächst gegen diese Heirat gewandt hat, ist unsicher; jedenfalls wurde ihr Verhältnis zu Johann Wilhelm bald als herzlich beschrieben. Die auch vom Kaiser, dem spanischen König sowie dem Papst befürwortete Ehe wurde an Jakobes 27. Geburtstag, dem 16.6.1585, in Düsseldorf gefeiert. Gäste aus ganz Europa waren angereist. Die pompöse Hochzeitsfeier mit Turnieren, Jagden, Musik, Bällen und Feuerwerken dauerte acht Tage lang und übertraf mit ihrem verschwenderischen Aufwand alle früheren Feste im Herzogshaus. Zu diesem Anlass schrieb der damalige Kölner Ratsherr Hermann Weinsberg folgende Wünsche in sein Tagebuch, die sich im Leben des Paares in den folgenden Jahren tragischerweise allesamt in ihr Gegenteil verkehren sollten: „Gott wolle beiden guten Sinn verleihen, dass sie in fürstlichen Tugenden mögen gedeihen, dass sie das Land mit Kindern segnen, es wohl regieren und sich von friedhässigen Neidern nicht lassen verführen."
Jakobe traf am Düsseldorfer Hofe sogleich auf Widerstand. Ihre lebenslustige, oft scherzhafte Art, ihre wohl auf den Münchener Hof zurückgehende Freude an Schauspiel und Vergnügungen wurde ihr als Verschwendung und Leichtfertigkeit ausgelegt. Der geistig wie körperlich schwerkranke Altherzog Wilhelm der Reiche nahm Jakobe keineswegs bereitwillig in die Familie auf. Er hatte auch der Heirat zunächst ablehnend gegenübergestanden, da er befürchtete, dass sein inzwischen entschieden gegenreformatorisch gesinnter Sohn künftig eine stärkere Rolle am Hof und in der Regierung einnehmen könnte. Wie ihr Ehemann galt jedoch auch Jakobe als dezidiert katholisch. 1587 erhielt sie von Papst Sixtus V. (Pontifikat 1585-1590) als Auszeichnung die Goldene Rose, die seit dem Hochmittelalter an Personen vergeben wurde, die sich um die katholische Kirche verdient gemacht hatten.
Auch ein großer Teil der Hofräte stand Jakobe ablehnend gegenüber. Teils teilten sie die grundsätzlichen Einschätzungen des Altherzogs, teils hegten sie die Befürchtung, das junge Paar könnte ihnen angesichts der Regierungsunfähigkeit Wilhelms des Reichen ihren großen Machteinfluss streitig machen. Nachdem der Jungherzog Johann Wilhelm um 1587 psychisch erkrankt war, seine Wahnvorstellungen seit 1590 zunahmen und er bald in ständigen Verwahrsam genommen werden musste, bemühte sich Jakobe um Mitsprache am fürstlichen Regiment. Nach dem Tod des Altherzogs Anfang 1592 forcierte sie ihre Anstrengungen. Dabei suchte sie auf ungeschickte Weise und mit wechselnden Partnern Rückhalt bei allen im Streit miteinander liegenden Fraktionen am Hofe: sowohl bei den jeweils konfessionell gespaltenen Räten und Landständen wie bei den fürstlichen Verwandten, die angesichts der Krankheit Johann Wilhelms und des sich abzeichnenden Aussterbens des Hauses im Mannesstamm seit Anfang der 1590er-Jahre als Erbinteressenten auftraten. Als weitere Partei kamen schließlich Kaiser Rudolf II. (Regierungszeit 1576-1612) beziehungsweise die kaiserlichen Kommissare hinzu, die zur Klärung der Regimentsfrage mehrfach nach Düsseldorf reisten.
Zunächst schienen sich Jakobes Bemühungen auszuzahlen, denn der Kaiser gestand ihr 1592 Teilhabe an der Regierung zu, was vor allem bei den herzoglichen Räten auf Missfallen stieß. Mithilfe ihres Cousins, des Kölner Kurfürsten, suchte sie beim Kaiser stetig die Macht zu erweitern und verfing sich bald mehr und mehr in Hofintrigen, die durch ihre 1592 begonnene Liebesbeziehung zu wohl mindestens einem der adligen Höflinge von ihren Gegnern angefacht wurden. Bereits 1593 wurde Jakobe gewarnt, dass gefährliche Gerüchte über sie im Umlauf seien.
Im Januar 1595 brach der sich lange anbahnende Machtkampf am Hof offen aus. Die damaligen Gegner Jakobes, eine Rätefraktion, die Landstände und insbesondere die inzwischen ihr hasserfüllt gegenüberstehende Schwägerin Herzogin Sibylla (1557-1627) beschuldigten Jakobe auf dem Landtag zu Grevenbroich vor allem des Ehebruchs sowie der unnötigen Gefangenhaltung Johann Wilhelms. Jakobe wurde durch kaiserliche Anordnung aus der Regierung entfernt und im Düsseldorfer Schlossturm in Haft genommen. In den beiden folgenden Jahren wurde ein aufwändiger und offenbar unfairer Prozess vor dem kaiserlichen Reichshofrat gegen sie geführt. Die Anklageschrift umfasste rund 100 Artikel, die nur persönliche, vielfach ehrenrührige Vorwürfe enthielten. Keiner bezog sich auf ihre Regierungstätigkeit. Dutzende Zeugen wurden bis zum Herbst 1595 verhört. Nur Ernst von Bayern und einer ihrer Schwäger standen ihr bei.
Da sich vermutlich vor allem der Vorwurf des Ehebruchs als stichhaltig erwiesen hatte, wurde Jakobe indes von vielen der ihr Nahestehenden, auch vom Haus Bayern, fallengelassen. Die herzoglichen Räte betrieben die Verurteilung am kaiserlichen Hof. Hiervon erhofften sie sich, die Ehe des Herzogspaares nachträglich annullieren lassen zu können. Johann Wilhelm sollte danach erneut verheiratet werden und der Dynastie doch noch die Hoffnung auf einen männlichen Erbfolger geben. Doch der Kaiser fällte keine rechtwirksame Entscheidung – vermutlich aus reichspolitischen Rücksichten, die mit Steuerzahlungen der erbinteressierten Reichsstände zusammenhingen. Zudem hatte die Kurie um 1595/1596 bekundet, dass sie keinesfalls einer Eheannulierung zustimmen würde.
Die regierende Rätepartei am Düsseldorfer Hof ließ den geisteskranken Johann Wilhelm im August 1597 ein Schriftstück unterzeichnen, worin er bat, dasjenige „was uns zu Bekümmerung und Widerwillen gereicht, innerhalb weniger Tage abzuschaffen". Am Morgen des 3.9.1597 wurde Jakobe – möglicherweise mit Strangulierungssymptomen – tot in ihrem Bett gefunden, obwohl sie noch am Vorabend bei guter Gesundheit gewesen sein soll. Der Hofstaat legte keine Trauerkleider an. Jakobes Leichnam wurde mehr zum Schein obduziert und ohne fürstliches Begräbnis zügig und ohne Gedenkstein nicht in der Familiengrablege sondern in der Düsseldorfer Kreuzherrenkirche beigesetzt.
Ob Jakobe ermordet wurde, ist unklar, zumal diejenigen, die im Verdacht stehen, die schriftliche Überlieferung bestimmt haben. Vielleicht wählte sie in ihrer unglücklichen Situation auch den Freitod, schrieb die Inhaftierte doch wenige Monate zuvor an ihren Schwager: „Ich bin ohne allen Trost, habe keinen Menschen, da ich nun Rat gebraucht hätte. Es wäre kein Wunder, wenn man in solcher äußerster Bedrängnis etwas macht, was einem Gott nicht rät."
Unzweifelhaft ist, dass Jakobe von Baden an der Rolle gescheitert ist, die für die Ehefrauen regierender Fürsten unabdingbar war, nämlich einen Erbprinzen zu gebären und somit die Dynastie fortzusetzen. Ihr Tod ließ vermutlich unter den Zeitgenossen die Hoffnung aufkommen, dass aus einer neuen Ehe des Herzogs Johann Wilhelm doch noch ein männlicher Nachfolger hervorgehen und so das Fortbestehen der Dynastie gesichert werden könnte.
Dem Volksmund nach spukt Jakobe von Baden noch heute als ‚Weiße Frau’ durch den Düsseldorfer Schlossturm und gibt so das ‚bekannteste Gespenst’ Düsseldorfs. Auch regte ihre Geschichte wohl die Idee zur Vermarktung eines namhaften, in Düsseldorf produzierten Waschmittels an. Über ihr Schicksal handeln ferner Schauspiele und literarische Bearbeitungen. Heinrich Heine verewigte Jakobe, wenn auch nicht namentlich, 1826 in seiner Schrift „Le Grand", worin er über eine „schwarzseidene Dame ohne Kopf mit langer, rauschender Schleppe" dichtet, die man nachts im Düsseldorfer Schloss herumwandeln sehe.
Literatur
Muschka, Wilhelm, Opfergang einer Frau: Lebensbild der Herzogin Jakobe von Jülich-Kleve-Berg, geborene Markgräfin von Baden, Baden-Baden 1987 .
Roberg, Burkhard, Artikel „Jakobe von Baden (1558-1597)", in: Rheinische Lebensbilder 7 (1977), S. 43-62.
Stieve, Felix (Hg.), Zur Geschichte der Herzogin Jakobe von Jülich, in: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 13 (1877) S. 1-197.
Unkel, Karl, Jakobe, Herzogin von Jülich und der Jülicher Regimentsstreit, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 54 (1892) S. 96-174.
Online
Wolf, Manfred, "Jakobe, Markgräfin von Baden", in: Neue deutsche Biographie 10 (1974), S. 323.
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Richter, Katharina, Jakobe von Baden, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/jakobe-von-baden/DE-2086/lido/57c92b8eb26a75.47060780 (abgerufen am 10.12.2024)