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Johann Moritz von Nassau-Siegen hatte, als Sohn aus der zweiten Ehe eines nicht sehr bedeutenden Grafen, bescheidene Erbaussichten und entschied sich deshalb für eine militärische Karriere in den Niederlanden, die sehr erfolgreich verlief. Eine siebenjährige Amtszeit als Gouverneur in Brasilien brachte ihm Ruhm. Ab 1647 bis zu seinem Tode war er daneben Statthalter des Großen Kurfürsten in Kleve, ab 1652 außerdem Herrenmeister des Johanniterordens in Brandenburg. Er gilt heute als Förderer von Kunst und Wissenschaft sowie als Pionier der Landschaftsgestaltung, der eine Mittlerrolle zwischen der niederländischen Republik und Kurbrandenburg spielte.
Johann Moritz von Nassau-Siegen, der 1652 in den Fürstenstand erhoben wurde, entstammte der ottonischen Linie des Hauses Nassau, deren Stammländer nördlich der Lahn lagen. Um niederländische Besitzungen, die ab dem 14. Jahrhundert nachweisbar sind, bildete sich eine eigene Linie. Bei der Taufe von Johann Moritz wurde diese vom niederländischen Statthalter Prinz Moritz von Nassau (1567-1625), der als Taufpate auftrat, vertreten.
Johann Moritz wurde am 17. oder 18.6.1604 zu Dillenburg geboren. Sein Vater, Graf Johann VII. (Regierungszeit 1609-1623), hatte 1603 Margaretha, Herzogin zu Holstein-Sonderburg (1583-1638), geheiratet. Aus einer ersten Ehe waren zwölf Kinder hervorgegangen, Johann Moritz war das erste Kind aus der zweiten Ehe. Da sein Vater 1607 bei einer Erbteilung die Grafschaft Nassau-Siegen erhielt, verbrachte Johann Moritz dort einen Teil seiner Kindheit. Mit zehn Jahren wurde er an die Universität in Basel geschickt, und von 1615 bis 1617 studierte er an der Ritterschule Collegium Mauritianum in Kassel. Seine Ausbildung lässt sich als calvinistisch-humanistisch mit militärischem Akzent kennzeichnen.
Johann Moritz orientierte sich wegen einer Laufbahn in den Niederlanden, wo Verwandten hohe Positionen einnahmen. Die politisch-militärische Lage sowie die prosperierende Wirtschaft der jungen Republik boten gute Aussichten. Als Sechszehnjähriger trat er in ein Kavallarieregiment ein und machte anschließend Karriere als Offizier. Im 1621 wieder aufgelebten Krieg zwischen Spanien und der Republik beteiligte er sich unter anderem an der Belagerung von Schenkenschanz (1635/1636). Zu der Zeit startete er auch den Bau seines Stadtpalastes 'Mauritshuis' in der Residenz Den Haag.
Die Westindische Handelscompanie (WIC), die von der Republik ein Handelsmonopol für den amerikanischen Kontinent erhalten hatte, ernannte ihn 1636 zu ihrem Gouverneur in Brasilien. Er sollte die von den Portugiesen bedrohten Zuckerplantagen der WIC sichern und ertragreich machen. Johann Moritz, der 1637 nach Brasilien kam, konnte das militärische Ziel teilweise erreichen. Seine wirtschaftliche Aufgabe versuchte er durch eine großzügige Kreditpolitik zu lösen. Außerdem ließ er Sklaven aus Afrika als Arbeitskräfte importieren. In Recife führte er einen Hofstaat, der unter anderem Künstler und Wissenschaftler umfasste und in Recifes unmittelbaren Nachbarschaft baute er eine Residenzstadt, Mauritiopolis. Als seine Auftraggeber wegen der Kosten bei den Truppen sparten, legte Johann Moritz sein Amt nieder und kehrte nach Europa zurück (1644). Die brasilianischen Jahre waren vor allem wissenschaftlich und künstlerisch ertragreich gewesen. Auch hatten sie Johann Moritz berühmt gemacht.
Er wurde ab Oktober 1644 Generalleutnant über die Kavallerie der Niederlande. Daneben übernahm er das Kommando über die niederländischen Garnisonen zu Wesel und Büderich (heute Stadt Wesel). Da er mit seiner Familie im Erbstreit lag, zog er 1645 mit niederländischen Soldaten nach Siegen und erzwang dort eine Anerkennung seiner Herrschaft.
Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (Regierungszeit 1640-1688) ernannte Johann Moritz 1647 zu seinem Statthalter für Kleve und Mark. Damit fing eine 32-jährige Amtszeit an, in deren Verlauf Johann Moritz zeitweise auch Statthalter für Ravensberg und Minden sein sollte. In seine Amtszeit fällt die Gründung der Universität Duisburg. Außerdem vertrat er den Kurfürsten unter anderem 1658 bei der Kaiserwahl in Frankfurt.
Seine Hauptaufgabe als Statthalter war es, die Verhandlungen mit den Ständen zu führen. Auch sollte er die Finanzen reformieren. Generell hatte er die Oberaufsicht über die klevisch-märkischen Behörden und war für die Sicherheit des Landes sowie für die Pflege der Beziehungen zu den Nachbarstaaten zuständig. Diese Aufgaben hat er unterschiedlich erfolgreich erledigt. Im Umgang mit den Ständen erwies er sich als Taktiker, aber seine häufige Abwesenheit wirkte sich nachteilig aus.
Neben seiner Statthalterschaft hatte er sich um die Grafschaft Nassau-Siegen, die ihm ab 1651 zur Hälfte gehörte, zu kümmern. Außerdem beschäftigte er sich nach seiner Ernennung zum Herrenmeister des Johanniterordens in Brandenburg (1652) mit dem Ordensschloss zu Sonnenburg. Vor allem lenkte ihn seine Laufbahn beim Militär in der Republik ab. Hier wurde er 1668 Feldmarschall und war er mehrfach Oberbefehlshaber, außerdem ab 1674 Gouverneur von Utrecht.
Sein wichtigstes Erbe als Statthalter sind die Klever Gartenanlagen. Der alten Herzogsresidenz verlieh er durch die Schaffung einer neuartigen Residenzlandschaft neuen Glanz. Zu dieser Landschaft zählten Bauten, wie zum Beispiel Haus Freudenberg und der so genannte Prinzenhof. Heute ist davon lediglich das 1663/1664 unter seiner Leitung entstandene barocke Gewand der Burg teilweise erhalten. Dagegen sind die Gartenanlagen und Alleen im Umfeld der Stadt, mit denen Johann Moritz die alten Stadtgrenzen sprengte, noch sehr sichtbar. Gleiches gilt für die Grabanlage zu Bergendal, die er 1678 unter Verwendung von römischen Altertümern in der freien Natur schuf. Nach seinem Tod am 20.12.1679 wurde sein Leichnam hier bestattet. Im Herbst 1680 folgte die Überführung nach Siegen in die Fürstengruft.
Literatur (Auswahl)
Boogaart, E. van den (Hg.), Johan Maurits van Nassau-Siegen 1604-1769. A Humanist Prince in Europe and Brazil. Essays on the occasion of the tercentenary of his death, The Hague 1979.
Brunn, Gerhard (Hg.), Aufbruch in neue Welten. Johann Moritz von Nassau-Siegen (1604-1679), der Brasilianer, Siegen 2004.
Brunn, Gerhard /Neutsch, Cornelius (Hg.), Sein Feld war die Welt. Johann Moritz von Nassau-Siegen (1604-1679). Von Siegen über die Niederlande und Brasilien nach Brandenburg, Münster u.a. 2008.
Hantsche, Irmgard (Hg.), Johann Moritz von Nassau-Siegen (1604-1679) als Vermittler. Politik und Kultur am Niederrhein im 17. Jahrhundert, Münster u.a. 2005.
Kürbis, Holger, Johann Moritz von Nassau-Siegen, Erfurt 2005.
Werd, Guido de (Redaktion), Soweit der Erdkreis reicht. Johann Moritz von Nassau-Siegen 1604-1679, Kleve 1979.
Online
Schmalz, Alfredo, Johann Moritz von Nassau, in: NDB 10 (1974), S. 502-503. [Online]
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Thissen, Bert, Johann Moritz von Nassau-Siegen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johann-moritz-von-nassau-siegen/DE-2086/lido/57c92e71cd23c4.68320905 (abgerufen am 12.12.2024)