Johann VI. von der Leyen

Erzbischof und Kurfürst von Trier (1556-1567)

Wolfgang Schmid (Winningen)

Johann VI. von der Leyen, aus: Carl Stanz, Die Trierer Kurfürsten, Mainz 1937, S. 60. (Stadtbibliothek/ Stadtarchiv Trier)

Die Amts­zeit des Erz­bi­schofs und Kur­fürs­ten Jo­hann von der Ley­en war von Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit sei­nen bei­den Re­si­denz­städ­ten be­stimmt: In Trier ge­lang ihm die Nie­der­schla­gung des Re­for­ma­ti­ons­ver­suchs von Cas­par Ole­vi­an, und in Ko­blenz konn­te er das Stre­ben der Bür­ger nach Reichs­un­mit­tel­bar­keit ver­ei­teln. Auf geist­li­cher und bil­dungs­po­li­ti­scher Ebe­ne trat er als För­de­rer der Je­sui­ten her­vor.

Jo­hann von der Ley­en stammt aus ei­ner seit dem 12. Jahr­hun­dert be­leg­ten Mi­nis­te­ria­len­fa­mi­lie mit Stamm­sitz in Gon­dorf (heu­te Ko­bern-Gon­dorf) an der Un­ter­mo­sel, die zwi­schen dem 16. und 18. Jahr­hun­dert 18 Trie­rer Dom­her­ren und mit Karl Kas­par von der Ley­en ei­nen wei­te­ren Trie­rer so­wie mit Da­mi­an Hart­ard von der Ley­en (Epis­ko­pat 1675-1678) ei­nen Main­zer Erz­bi­schof ge­stellt hat. Jo­hanns Va­ter war der kur­k­öl­ni­scher Rat, Kanz­ler, Hof­meis­ter und Amt­mann in An­der­nach, Bar­tho­lo­mä­us von der Ley­en (ge­stor­ben 1540), sei­ne Mut­ter Ka­tha­ri­na von Pal­landt zu Glad­bach. Sein Bru­der Ge­org war Dom­herr, Ar­ch­idia­kon in Trier und in Kar­den so­wie Dom­de­kan, der Bru­der Bar­tho­lo­mä­us eben­falls Dom­de­kan so­wie Propst an St. Ge­org in Lim­burg und der Nef­fe Ge­org De­kan von St. Kas­tor in Ko­blenz.

Jo­hann von der Ley­en wur­de 1528 Do­mi­zel­lar und 1532 Dom­herr in Trier; zu­dem be­saß er Ka­no­ni­ka­te in Würz­burg und Müns­ter. Sei­ne Stu­di­en be­gann er in Trier und Lö­wen. Er setz­te sie als Dom­herr in Pa­ris, Frei­burg, Or­léans und Pa­dua fort. Stu­di­en­rei­sen führ­ten ihn nach Ve­ne­dig und Rom. Seit 1535 war er Bi­schofs­ka­plan, seit 1536 Do­mi­zel­lar in Würz­burg, und be­reits 1548 ge­lang ihm der ent­schei­den­de Kar­rie­re­sprung zum Ar­ch­idia­kon an St. Pe­ter in Trier. 1555 wur­de er zum Ko­ad­ju­tor des er­krank­ten Erz­bi­schofs Jo­hann von Isen­burg und 1556 zu des­sen Nach­fol­ger ge­wählt. Am 25.4.1556 wur­de er in­thro­ni­siert, die Pries­ter- und die Bi­schofs­wei­he hat er je­doch nie emp­fan­gen. Be­reits zu­vor spiel­te er als Ver­tre­ter des Erz­bi­schofs auf Reichs­ta­gen (Augs­bur­ger In­te­rim) und als Mit­glied der Trie­rer Vi­si­ta­ti­ons­kom­mis­si­on für die rechts­rhei­ni­schen Ge­bie­te ei­ne wich­ti­ge Rol­le.

In Jo­hanns Re­gie­rungs­zeit spitz­ten sich die Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen dem Lan­des­herrn und den bei­den Städ­ten Trier und Ko­blenz zu. Nach­dem Kai­ser Karl V. (Re­gie­rungs­zeit 1520-1556) den Ab­zug der seit 1552 in Trier sta­tio­nier­ten kai­ser­li­chen Be­sat­zungs­trup­pen be­foh­len hat­te, lehn­te sich die Stadt in den fol­gen­den Jah­ren wie­der ge­gen den Erz­bi­schof auf: 1559 stell­te der Rat den Cal­vin-Schü­ler Cas­par Ole­vi­an als Leh­rer an, der ne­ben sei­ner Lehr­tä­tig­keit ei­ne Kle­ri­ker­stel­le an der Ka­pel­le des Ja­kobs­spi­tals zur evan­ge­li­schen Pre­digt nutz­te, die auf viel Zu­spruch stieß. Ein Drit­tel der Be­völ­ke­rung schloss sich der Re­for­ma­ti­on an.

Trier droh­te, dem Erz­bi­schof zu ent­glei­ten und ei­ne evan­ge­li­sche Reichs­stadt zu wer­den. Doch Jo­hann re­agier­te prompt. Er nahm mit sei­nen Trup­pen die Stadt im Hand­streich, was zur Fol­ge hat­te, dass sich die ka­tho­li­sche Rats­mehr­heit auf die Sei­te der Pro­tes­tan­ten stell­te. Nach ei­ner mi­li­tä­ri­schen Blo­cka­de der Stadt konn­te sich Jo­hann durch­set­zen. Die An­füh­rer des Re­for­ma­ti­ons­ver­suchs wur­den des Auf­ruhrs be­zich­tigt und muss­ten in­ner­halb von 14 Ta­gen Trier ver­las­sen. Ole­vi­an ging als Hof­pre­di­ger und Pro­fes­sor nach Hei­del­berg.

Ab 1580 wur­den kei­ne Pro­tes­tan­ten mehr im Erz­stift ge­dul­det; 1589 wies der Kur­fürst auch die Ju­den aus, die sich ver­ein­zelt wie­der an­ge­sie­delt hat­ten. Ähn­li­che, mit Waf­fen­ge­walt ver­bun­de­ne Kon­flik­te fan­den auch in Bop­pard und in Ko­blenz statt: Die Stadt Ko­blenz hat­te 1562 ih­re Reichs­un­mit­tel­bar­keit ver­kün­det und dem Lan­des­herrn den Ein­ritt ver­wei­gert. Die­ser rie­gel­te die Stadt ab und dik­tier­te ihr 1562 ei­ne neue Rats- und Schöf­fen­ord­nung, die „Leya­na" die ih­re Zu­ge­hö­rig­keit zum Kur­fürs­ten­tum fest­schrieb und den Pro­tes­tan­ten das Bür­ger­recht ver­wehr­te. Ko­blenz durf­te we­der Ge­schüt­ze be­sit­zen noch Bünd­nis­se ab­schlie­ßen. Zur Be­kräf­ti­gung sei­ner Stadt­herr­schaft bau­te er die Al­te Burg aus. 1565 er­hob sich er­neut die Stadt Trier, die den Kur­fürs­ten nur noch als geist­li­chen Lan­des­herrn an­er­ken­nen woll­te. Als der Kur­fürst die Stadt ein­kes­sel­te, klag­te die­se vor dem Reichs­kam­mer­ge­richt. Der Pro­zess soll­te sich bis 1580 hin­zie­hen. Trier ak­ti­vier­te sei­ne lu­xem­bur­gi­schen Schirm­ver­trä­ge, dar­auf mar­schier­ten lu­xem­bur­gi­sche Trup­pen ein und be­setz­ten St. Ma­xi­min, wo­ge­gen der Kur­fürst pro­tes­tier­te.

Auch die Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen dem Erz­bi­schof und der Ab­tei Prüm setz­ten sich fort. Zwar hat­ten 1558 Kai­ser und Papst Jo­hann von der Ley­en die Ab­tei zu­ge­spro­chen, doch die Gra­fen von Man­der­scheid und der Abt ver­zö­ger­ten die In­kor­po­ra­ti­on durch ei­ne Kla­ge vor dem Reichs­kam­mer­ge­richt. Trotz ei­nes ter­ri­to­ria­len Zu­ge­winns im Wes­ter­wald nach dem Die­zer Ver­trag von 1564 war Jo­hann als Lan­des­herr we­nig er­folg­reich. Das Erz­stift la­vier­te auf­grund von Ver­pfän­dun­gen und Schuld­ver­schrei­bun­gen am Ran­de des Staats­bank­rotts.

Im Be­reich der Kir­chen­po­li­tik hat Erz­bi­schof Jo­hann man­che Maß­nah­men ein­ge­lei­tet, die dann erst sein Nach­fol­ger um­set­zen konn­te: Ei­ne we­sent­li­che Rol­le spiel­ten da­bei die Je­sui­ten, die sich 1560 in Trier nie­der­ge­las­sen hat­ten. Der Erz­bi­schof ließ die Uni­ver­si­tät vi­si­tie­ren und er­neu­ern. Er be­rief neue Pro­fes­so­ren aus dem Je­sui­ten­or­den an die theo­lo­gi­sche und an die phi­lo­so­phi­sche Fa­kul­tät, die dar­auf­hin ei­nen er­heb­li­chen Auf­schwung er­leb­ten. Zu­dem er­öff­ne­ten die Je­sui­ten ein Gym­na­si­um, das bald 1.000 Schü­ler hat­te und qua­li­fi­zier­ten Nach­wuchs für die Uni­ver­si­tät und so­mit auch für die bi­schöf­li­che und lan­des­herr­li­che Ver­wal­tung be­reit­stell­te. Die Erz­bi­schö­fe Jo­hann von der Ley­en, Ja­kob von Eltz, Jo­hann von Schö­nen­berg und Lo­thar von Met­ter­nich för­der­ten die Ge­sell­schaft Je­su nach­hal­tig. Jo­hann von der Ley­en ge­währ­te ihr ei­ne Geld­ren­te und über­ließ ihr das ehe­ma­li­ge Au­gus­ti­ne­rin­nen­klos­ter St. Bar­ba­ra bei Trier. Auf der an­de­ren Sei­te schritt die Re­for­ma­ti­on vor­an: Die Graf­schaft Spon­heim, die Mark­graf­schaft Ba­den, die Ge­bie­te der Wild- und Rhein­gra­fen so­wie die Graf­schaft Vel­denz schlos­sen sich der neu­en Leh­re an. Zu­dem wa­ren Tei­le der Be­völ­ke­rung und des Kle­rus den re­for­ma­to­ri­schen Ide­en zu­ge­neigt, oh­ne dies of­fen zu zei­gen.

Jo­hann von der Ley­en starb 1567 in Ko­blenz und wur­de wie sein Vor­gän­ger Jo­hann von Isen­burg in der Stifts­kir­che St. Flo­rin bei­ge­setzt. Bei der Pro­fa­nie­rung wur­de das Grab­mal 1808 zer­stört, und die Ge­bei­ne wur­den in die Fa­mi­li­en­gruft der von der Ley­en in St. Kas­tor über­führt.

Literatur

Bi­schöf­li­ches Dom- und Diö­ze­san­mu­se­um Trier/Bi­blio­thek des Bi­schöf­li­chen Pries­ter­se­mi­nars Trier (Hg.), Für Gott und die Men­schen. Die Ge­sell­schaft Je­su und ihr Wir­ken im Erz­bis­tum Trier, Aus­stel­lungs­ka­ta­log Mainz 1991.
Britz, An­dre­as, Jo­hann VI. van der Ley­en. Ein Erz­bi­schof un­d Kur­fürs­t aus der Saf­fi­ger Li­nie von der Ley­en, in: Hei­mat-Jahr­buch Land­kreis May­en-Ko­blenz 6 (1987), S. 78-82.
Lauf­ner, Ri­chard, Der Land­tag der erz­stif­tisch-trie­ri­schen Stän­de 1564 zu Ko­blenz im Span­nungs­feld zwi­schen der lan­des­herr­li­chen Ob­rig­keit des Trie­rer Erz­bi­schofs/Kur­fürs­ten Jo­hann VI. v. d. Ley­en (1556-1567) und dem Eman­zi­pa­ti­ons­stre­ben der Städ­te Ko­blenz (1560) und Trier (1565-1580) so­wie der land­säs­si­gen Rit­ter­schaft, in: Jahr­buch für West­deut­sche Lan­des­ge­schich­te 19 (1993), S. 325-332.
Persch, Mar­tin, Ar­ti­kel „Jo­hann von der Ley­en", in: Bio­gra­phisch-Bi­blio­gra­phi­sches Kir­chen­le­xi­kon 3 (1992) Sp. 160-162.
Sei­brich, Wolf­gang, Ar­ti­kel „Ley­en, Jo­hann von der", in: Gatz, Er­win (Hg.), Die Bi­schö­fe des Hei­li­gen Rö­mi­schen Rei­ches 1448 bis 1648. Ein bio­gra­phi­sches Le­xi­kon, Ber­lin 1996, S. 419-421.

Online

Con­rad, Joa­chim, Ley­en Jo­hann VI. von der, in: Saar­län­di­sche Bio­gra­phi­en On­line. [On­line]
End­ru­lat, Bern­hard Fer­di­nand Ju­li­us, „Jo­hann VI.", in: All­ge­mei­ne Deut­sche Bio­gra­phie 14 (1881) S. 426-427. [On­line]

 
Zitationshinweis

Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Schmid, Wolfgang, Johann VI. von der Leyen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johann-vi.-von-der-leyen/DE-2086/lido/57c92dda7729b4.10495479 (abgerufen am 19.03.2024)