Johann Viktor Bredt

Reichsminister (1879-1940)

Volkmar Wittmütz (Köln)

Johann Viktor Bredt nach seinem Rücktritt als Reichsjustizminister, November 1930. (Bundesarchiv, Bild 102-10783 / CC-BY-SA 3.0)

Jo­hann Vic­tor Bredt war Pro­fes­sor für Staats-, Ver­wal­tungs-, Kir­chen- und Völ­ker­recht in Mar­burg. 1911 wur­de er in das preu­ßi­sche Ab­ge­ord­ne­ten­haus ge­wählt, und als in­tel­lek­tu­el­ler Kopf der Wirt­schafts­par­tei wirk­te er nach dem Ers­ten Welt­krieg als Ab­ge­ord­ne­ter im preu­ßi­schen Land­tag und seit 1924 im Reichs­tag. 1930 be­klei­de­te er für acht Mo­na­te das Amt des Reichs­jus­tiz­mi­nis­ters im Ka­bi­nett von Hein­rich Brü­ning.

Jo­hann Vic­tor Bredt wur­de am 2. März 1879 in Bar­men (heu­te Wup­per­tal) ge­bo­ren. Die Bredts, ei­ne weit ver­zweig­te Fa­mi­lie, ge­hör­ten zu den Ho­no­ra­tio­ren der Stadt, sie hat­ten Rats­mit­glie­der und so­gar Bür­ger­meis­ter ge­stellt. Bredts Va­ter Vik­tor Ri­chard (1849-1881), Gro­ß­kauf­mann und Fa­brik­be­sit­zer, starb we­ni­ge Jah­re nach der Ge­burt sei­nes Soh­nes, der als et­was kränk­li­ches Ein­zel­kind von der Mut­ter Hen­ri­et­te, geb. Koll, er­zo­gen wur­de. Nach dem Ab­itur 1897 be­gann Bredt ein Stu­di­um der Rechts­wis­sen­schaft, der Volks­wirt­schaft und der Ge­schich­te in Tü­bin­gen. Fort­ge­setzt wur­de es in Göt­tin­gen und ab­ge­schlos­sen mit dem 1. Ex­amen 1901 in Bonn. Sei­ne in Leip­zig ein­ge­reich­te Dis­ser­ta­ti­on „Die Ge­fahr­tra­gung beim Werk­ver­trag nach Rö­mi­schem und Bür­ger­li­chem Ge­setz­buch“, ein schma­les Werk von 43 Sei­ten, wur­de dort nur knapp ak­zep­tiert, brach­te ihm aber den Ti­tel, auf den er Wert leg­te.

1904 fer­tig­te der jun­ge Rechts­re­fe­ren­dar ei­ne zwei­te Dis­ser­ta­ti­on über die Bar­mer Lohn­in­dus­trie an, die in Bonn sehr gut be­ur­teilt wur­de. Sei­ne schrift­li­che Ex­amens­ar­beit für die zwei­te Staats­prü­fung be­han­del­te ein da­mals viel­dis­ku­tier­tes The­ma: die Be­steue­rung des Wert­zu­wach­ses von Bau­grund­stü­cken, de­ren Wert durch staat­li­che oder kom­mu­na­le Pla­nun­gen er­heb­lich ge­stie­gen war. Bredt sprach sich, an­ders als der Gro­ß­teil der öf­fent­li­chen Mei­nung und die Re­gie­rung, ge­gen ei­ne se­pa­ra­te Be­steue­rung aus. Der Wert­zu­wachs be­ru­he auf den nor­ma­len Re­geln des Mark­tes von An­ge­bot und Nach­fra­ge; ei­ne Son­der­rol­le des Fak­tors Grund und Bo­den sah Bredt nicht. Er pu­bli­zier­te sei­ne Stu­die 1907 und er­reg­te mit sei­nen de­zi­diert li­be­ra­len, volks­wirt­schaft­lich um­strit­te­nen An­sich­ten Auf­se­hen.

Der jun­ge Mann streb­te ei­ne wis­sen­schaft­li­che Kar­rie­re an ei­ner Hoch­schu­le an. Des­halb trat er 1907 den Dienst im Land­rats­amt Mar­burg an, um dort die not­wen­di­ge Ha­bi­li­ta­ti­on zu ver­fas­sen. Sei­ne Stu­die „Na­tio­nal­öko­no­mie des Bo­den­s“ (1908) wur­de aber in Hei­del­berg von dem Theo­lo­gen und So­zi­al­ethi­ker Ernst Tro­eltsch (1865-1923) ab­ge­lehnt. Als Tro­eltsch im fol­gen­den Jahr nach Ber­lin be­ru­fen wur­de und Eber­hard Go­thein (1853-1923), Bredts Dok­tor­va­ter aus Bonn, sei­ne Stel­le in Hei­del­berg ein­nahm, konn­te Bredt sich dort mit der Ar­beit „Die Po­len­fra­ge im Ruhr­koh­len­ge­bie­t“ (1908) für das Fach po­li­ti­sche Öko­no­mie ha­bi­li­tie­ren. Es han­del­te sich um ei­ne dürf­ti­ge Pu­bli­ka­ti­on, die ei­gent­lich nur die Leis­tun­gen der zahl­rei­chen Po­len­ver­ei­ne vor­stellt.

Die Ha­bi­li­ta­ti­on ver­pflich­te­te Bredt zu Lehr­ver­an­stal­tun­gen an der Uni­ver­si­tät Hei­del­berg. Da er aber wei­ter in Mar­burg leb­te, ließ er sich zu­nächst be­ur­lau­ben, wohl auch ins­ge­heim in der Hoff­nung, nach Bonn oder an die Han­dels­hoch­schu­le Köln be­ru­fen zu wer­den. Durch Zu­fall er­fuhr er 1909 von der Mög­lich­keit, sich auch in Mar­burg wei­ter qua­li­fi­zie­ren zu kön­nen. Noch im sel­ben Jahr ge­schah dies mit ei­ner Stu­die über die „Zo­nen­ent­eig­nun­g“, die Ent­eig­nung der an ei­ne Stra­ße an­gren­zen­den Flä­chen für den öf­fent­li­chen Ver­kehr. Im Win­ter­se­mes­ter 1909 be­gann der neue Pri­vat­do­zent mit Lehr­ver­an­stal­tun­gen, schon 1910 wur­de er zum au­ßer­or­dent­li­chen Pro­fes­sor für Staats-, Ver­wal­tungs-, Völ­ker- und Kir­chen­recht an der Uni­ver­si­tät Mar­burg er­nannt. Bredt blieb der Uni­ver­si­tät bis zu sei­nem Le­bens­en­de treu.

Bredts Weg in die Po­li­tik ver­lief we­sent­lich glat­ter. 1908 hat­te er die Wie­der­wahl sei­nes Land­ra­tes Max von Ne­ge­lein (1852-1911) in das preu­ßi­sche Ab­ge­ord­ne­ten­haus or­ga­ni­siert, und nach des­sen Un­fall­tod ge­lang es ihm, des­sen Nach­fol­ge dort an­zu­tre­ten. Be­reits 1910 hat­te Bredt Kon­takt auf­ge­nom­men zur Frei­kon­ser­va­ti­ven Par­tei, ei­ner Ab­spal­tung der preu­ßi­schen Kon­ser­va­ti­ven. Er war in den Mar­bur­ger Stadt­rat ge­wählt wor­den und hat­te sich dort für den Aus­bau der Elek­tri­fi­zie­rung in der Stadt ein­ge­setzt. Im preu­ßi­schen Ab­ge­ord­ne­ten­haus (seit 1911) mach­te er sich ei­nen Na­men als gu­ter Red­ner, des­sen be­son­de­res In­ter­es­se Haus­halts-, Fi­nanz- und Steu­er­fra­gen galt. 1912 schei­ter­te ei­ne Kan­di­da­tur zum Reichs­tag. Sei­ne po­li­ti­sche Grund­hal­tung war ein Kon­ser­va­tis­mus, der tra­di­tio­nel­le Herr­schafts­struk­tu­ren er­hal­ten woll­te, doch auch ge­gen­über li­be­ra­len Ele­men­ten of­fen blieb.

Den Kriegs­be­ginn 1914 er­leb­te Bredt ähn­lich eu­pho­risch wie fast al­le sei­ne Lands­leu­te. Ob­wohl als wehr­un­taug­lich aus­ge­mus­tert war er 1913 frei­wil­lig in das Kai­ser­li­che Au­to­mo­bil-Corps ein­ge­tre­ten. Des­sen Mit­glie­der wa­ren im Kriegs­fall für Ku­rier­fahr­ten hin­ter der Front vor­ge­se­hen, sie tru­gen ei­ne Uni­form und gal­ten als Kom­bat­tan­ten.

Bredt nahm am deut­schen Vor­marsch in Bel­gi­en teil. En­de Au­gust 1914 wur­de sei­ne Ein­heit nach Ost­preu­ßen ver­legt. Am 14.Sep­tem­ber traf ihn dort ein Schuss ins Kinn, wor­auf er sei­nen ak­ti­ven Dienst an der Front be­en­den muss­te. Zeit­le­bens hat­te er un­ter der Wun­de zu lei­den. Nach sei­ner Ge­ne­sung ar­bei­te­te er in der Ver­wal­tung der ok­ku­pier­ten rus­sisch-pol­ni­schen Ge­bie­te, wo er vor al­lem die Be­schaf­fung von Nah­rungs­mit­teln or­ga­ni­sier­te. Er­nüch­tert re­gis­trier­te er die Kon­flik­te zwi­schen Of­fi­zie­ren und zi­vi­len Ver­wal­tungs­stel­len, auch zwi­schen deut­schen und ös­ter­rei­chi­schen Mi­li­tärs über die Auf­tei­lung und mög­li­che An­ne­xi­on er­ober­ter Ge­bie­te und schlie­ß­lich im­mer wie­der Fäl­le von Kor­rup­ti­on. Im Lau­fe des Jah­res 1917 wuchs sei­ne Skep­sis hin­sicht­lich ei­nes deut­schen Sie­ges, als er – ein­ge­setzt für Vor­trä­ge vor Sol­da­ten - die Stim­mung in der Trup­pe und vor al­lem die in­ne­re La­ge Ös­ter­reich-Un­garns ken­nen­lern­te. Die Not­wen­dig­keit von Re­for­men in Preu­ßen, et­wa die Ab­schaf­fung des Drei­klas­sen­wahl­rechts wur­de ihm zu­se­hends deut­li­cher. Im Mai 1918 stimm­te er ver­geb­lich mit we­ni­gen an­de­ren Kon­ser­va­ti­ven ge­gen die Mehr­heit sei­ner Par­tei für die Ein­füh­rung ei­nes für al­le (männ­li­chen) Wäh­ler glei­chen Wahl­rechts in Preu­ßen. 

Die Re­vo­lu­ti­on im No­vem­ber 1918 er­leb­te Bredt in Ber­lin. Sie fand nicht sei­ne Un­ter­stüt­zung. Er nutz­te aber das um sich grei­fen­de Cha­os, um sich im Kul­tus­mi­nis­te­ri­um sei­ne Er­nen­nung zum Or­di­na­ri­us aus­fer­ti­gen zu las­sen. An der Grün­dung der Deutsch­na­tio­na­len Volks­par­tei (DNVP) wirk­te er mit und zog sich dann nach Mar­burg zu­rück. Ab­ge­ord­ne­ter der Wei­ma­rer Na­tio­nal­ver­samm­lung war er nicht, be­tei­lig­te sich aber pu­bli­zis­tisch an der Dis­kus­si­on um ei­ne neue Reichs­ver­fas­sung. Bredts Ver­fas­sungs­ent­wurf ori­en­tier­te sich am ame­ri­ka­ni­schen Vor­bild und ver­ei­nig­te die Äm­ter des Kanz­lers und des Prä­si­den­ten.

In Mar­burg wur­de er wie­der in den Stadt­rat ge­wählt. Die DNVP ver­ließ er, als die­se sich nicht vom Putsch des ehe­ma­li­gen ost­preu­ßi­schen Ge­ne­ral­land­schafts­di­rek­tors Wolf­gang Kapp (1858-1922) im März 1920 dis­tan­zier­te. Dem neu­en Staat ge­gen­über ver­harr­te er trotz­dem in kri­ti­scher Dis­tanz. Lan­ge hielt er ei­ne Rück­kehr der Ho­hen­zol­lern für mög­lich.

Bredts po­li­ti­sche Hei­mat in der Wei­ma­rer Re­pu­blik wur­de die Wirt­schafts­par­tei, die 1920 aus der Ver­ei­ni­gung mit­tel­stän­di­scher In­ter­es­sen­ver­bän­de der Hand­wer­ker, klei­nen Kauf­leu­te, Grund- und Haus­be­sit­zer so­wie Bau­ern ent­stan­den war. Die Par­tei be­kämpf­te den So­zia­lis­mus, aber auch das Gro­ß­ka­pi­tal. Sie galt als „In­ter­es­sen­par­tei“ und er­hielt bei Wah­len zum Reichs­tag nur we­ni­ge Sit­ze, war aber nicht oh­ne Ein­fluss. Bredt wur­de ihr in­tel­lek­tu­el­ler Kopf. Als „Chef­ideo­lo­ge“ gab er ihr ein Pro­gramm, das über Han­del, Ge­wer­be und Land­wirt­schaft hin­aus­reich­te und et­wa ei­ne „na­tio­na­le Kul­tur­po­li­ti­k“ pro­pa­gier­te. Die Par­tei fass­te im klein­bür­ger­lich-kon­ser­va­ti­ven Mi­lieu Fuß, der Re­pu­blik stand sie weit­ge­hend ab­leh­nend ge­gen­über.

1921 wur­de Bredt in den preu­ßi­schen Land­tag ge­wählt. Dort galt sein be­son­de­res In­ter­es­se der Kir­chen­po­li­tik. Der ers­te Band zum neu­en evan­ge­li­schen Kir­chen­recht aus sei­ner Fe­der er­schien im sel­ben Jahr, zwei wei­te­re Bän­de folg­ten. Die evan­ge­li­schen Kir­chen wa­ren von der Re­vo­lu­ti­on be­son­ders be­trof­fen, sie hat­ten das lan­des­herr­li­che Kir­chen­re­gi­ment ver­lo­ren und muss­ten sich neue Ver­fas­sun­gen ge­ben. Aber auch die Pro­ble­ma­tik ei­ner Ent­schä­di­gung der deut­schen Fürs­ten, die in der Re­vo­lu­ti­on ent­eig­net wor­den wa­ren, be­schäf­tig­te ihn. Durch Ak­ten­stu­di­en konn­te Bredt nach­wei­sen, dass die Ho­hen­zol­lern schon im 19. Jahr­hun­dert Fidei­kom­mis­se ein­ge­rich­tet hat­ten, die von Staats­do­mä­nen ge­trennt und dem Zu­griff des Staa­tes ent­zo­gen wa­ren.

1924 er­rang Bredt ein Reichs­tags­man­dat. Als Ab­ge­ord­ne­ter un­ter­stütz­te er Stre­se­mann und sei­ne ver­mit­teln­de Au­ßen­po­li­tik. Über­le­gun­gen von Re­van­che, wie sie in kon­ser­va­ti­ven Krei­sen im­mer wie­der ent­wi­ckelt wur­den, lehn­te er ab. We­sent­li­chen An­teil nahm er an den Vor­be­rei­tun­gen zur Wahl Paul von Hin­den­burgs (1847-1934) zum Reichs­prä­si­den­ten 1925. Aus sei­ner Mit­ar­beit im Un­ter­su­chungs­aus­schuss zu den Ur­sa­chen des deut­schen Zu­sam­men­bruchs 1918 re­sul­tier­te ei­ne Stu­die über den Reichs­tag im Ers­ten Welt­krieg und ei­ne wei­te­re über die bel­gi­sche Neu­tra­li­tät, de­ren Ver­let­zung wäh­rend des Krie­ges er deut­lich als Bruch des Völ­ker­rechts be­zeich­ne­te.

Als nach dem Schei­tern der „Gro­ßen Ko­ali­ti­on“ un­ter Kanz­ler Her­mann Mül­ler (SPD, 1876-1931) im März 1930 Hein­rich Brü­ning (Zen­trum, 1885-1970) des­sen Nach­fol­ger wur­de, be­stand die Aus­sicht, dass die­ser mehr Un­ter­stüt­zung bei den Kon­ser­va­ti­ven fin­den wür­de. Un­ter die­sen Um­stän­den war die Wirt­schafts­par­tei be­reit, ei­nen Ver­tre­ter ins Ka­bi­nett die­ser Min­der­heits­re­gie­rung zu ent­sen­den. Da­für kam nur Bredt in Fra­ge, der vom 30. März bis zum 5. De­zem­ber 1930 als Jus­tiz­mi­nis­ter am­tier­te. In die­sem Amt war er be­tei­ligt an der re­dak­tio­nel­len Ar­beit für al­le Ge­set­ze und Er­las­se der Reichs­re­gie­rung so­wie für das Reichs­ge­richt und das Patent­we­sen zu­stän­dig. Trotz des schma­len Ar­beits­felds war er in der Re­gie­rung ein­fluss­reich, be­grü­ß­te die Ab­hän­gig­keit des Ka­bi­netts vom Reichs­prä­si­den­ten und un­ter­stütz­te die Spar­po­li­tik Brü­nings. Dem Sog, der von den Er­fol­gen der NS­DAP aus­ging, konn­te er sich nicht ent­zie­hen. Nach den Wah­len vom Sep­tem­ber 1930 woll­te er so­gar die NS­DAP an der Re­gie­rung be­tei­li­gen. An­ders als bür­ger­li­che Po­li­ti­ker wie zum Bei­spiel der ehe­ma­li­ge Reichs­kanz­ler und da­ma­li­ge In­nen­mi­nis­ter Jo­sef Wirth (1879-1956) glaub­te er, dass die NS­DAP re­gie­rungs­fä­hig sei und dass sie ih­re zur Schau ge­tra­ge­ne Ra­di­ka­li­tät ver­lie­ren wer­de, wenn ih­re füh­ren­den Leu­te ein­mal in ver­ant­wor­tungs­vol­le Äm­ter ge­wählt wer­den wür­den. Die zu­tiefst an­ti­de­mo­kra­ti­sche Pro­gram­ma­tik und Hal­tung der Par­tei wur­de von ihm ver­harm­lost. Die von ihm er­ar­bei­te­te Am­nes­tie für so­ge­nann­te „Fe­me­mör­der“, al­so po­li­tisch mo­ti­vier­te Straf­tä­ter wur­de von der ra­di­ka­len Lin­ken wie der ex­tre­men Rech­ten be­grü­ßt, aber von der SPD ab­ge­lehnt. Die er­hoff­te in­ne­re Be­frie­dung er­brach­te sie nicht.

Als die Wirt­schafts­par­tei ge­gen sei­ne Stim­me die Un­ter­stüt­zung Brü­nings ein­stell­te, weil die­ser sich zur SPD öff­ne­te, muss­te Bredt wi­der­wil­lig zu­rück­tre­ten. Ei­ne Kan­di­da­tur für die Wahl des Ober­bür­ger­meis­ters der 1929 neu ge­bil­de­ten Stadt Wup­per­tal lehn­te er ab, weil er kei­ne Chan­ce sah, ge­gen die hei­mi­schen Kan­di­da­ten, die Ober­bür­ger­meis­ter von Bar­men und El­ber­feld, be­ste­hen zu kön­nen. In den Wah­len zum Reichs­tag 1932 er­rang er je­weils ein Man­dat, doch sei­ne Par­tei war schon in der Auf­lö­sung be­grif­fen. Zu den März­wah­len 1933 trat er nicht mehr an. Bredt zog sich aus der Po­li­tik zu­rück und wid­me­te sich fort­an sei­ner Pro­fes­sur und sei­nen his­to­ri­schen In­ter­es­sen, die ihn vor der Zu­dring­lich­keit des „Drit­ten Rei­ches“ be­wahr­ten. Zu den his­to­ri­schen Ar­bei­ten, die nach sei­nem Rück­zug aus der Po­li­tik ent­stan­den, ge­hö­ren „Die Ver­fas­sung der re­for­mier­ten Kir­che in Cle­ve-Jü­lich-Berg-Mark", die „Stu­di­en zur Rechts­ge­schich­te von Bar­men" und vor al­lem sei­ne gro­ßen Wup­per­ta­ler Fa­mi­li­en­ge­schich­ten – über die Fa­mi­li­en Bredt, Sie­bel, Mo­li­n­eus und Greff.

In sei­nen Er­in­ne­run­gen be­für­wor­te­te Bredt die par­la­men­ta­ri­sche De­mo­kra­tie mit klar de­fi­nier­tem Par­tei­en­sys­tem nach an­glo­ame­ri­ka­ni­schem Mus­ter. Die Wei­ma­rer Re­pu­blik ak­zep­tier­te er mit Vor­be­hal­ten und wirk­te in ih­ren In­sti­tu­tio­nen. Die Ver­ant­wor­tung für ihr Schei­tern sah er bei ih­ren ra­di­ka­len Rän­dern. Doch Bredt ver­kör­pert die Schwä­che der par­la­men­ta­ri­schen Mit­te: Er war nicht be­reit, sich als Kon­ser­va­ti­ver zur SPD hin zu öff­nen. Im Grun­de blieb er ein Mon­ar­chist, wie er selbst ein­mal be­kann­te. Bredt starb am 1. De­zem­ber 1940.

Werke (Auswahl)

Zum weit­aus grö­ß­ten Teil sind Bredts mehr als 370 Pu­bli­ka­tio­nen ta­ges­ak­tu­el­le Auf­sät­ze in Zei­tun­gen und Zeit­schrif­ten.

Neu­es evan­ge­li­sches Kir­chen­recht für Preu­ßen. Bd. 1: Die Grund­la­gen bis zum Jah­re 1918, Ber­lin 1921; Bd. 2: Die Rechts­la­ge nach 1918, Ber­lin 1922; Bd 3: Die neu­en Kir­chen­ver­fas­sun­gen, Ber­lin 1927.

Der Geist der Deut­schen Reichs­ver­fas­sung, Ber­lin 1924.

Die Ver­mö­gen­saus­ein­an­der­set­zung zwi­schen dem Preu­ßi­schen Staat und dem Kö­nigs­haus, Ber­lin 1925.

Der deut­sche Reichs­tag im Welt­krieg. Das Werk des Un­ter­su­chungs­aus­schus­ses der Ver­fas­sung­ge­ben­den Deut­schen Na­tio­nal­ver­samm­lung und des Deut­schen Reichs­ta­ges 1919 bis 1926. 5. Rei­he, Bd. 8, Ber­lin 1926.

Die bel­gi­sche Neu­tra­li­tät und der Schlief­fen­sche Feld­zugs­plan, Ber­lin 1929.

Ge­schich­te der Fa­mi­lie Bredt, Müns­ter 1934.

Die Ver­fas­sung der re­for­mier­ten Kir­che in Cle­ve-Jü­lich-Berg-Mark, Neu­kir­chen 1938. 

Literatur (Auswahl)

Er­in­ne­run­gen und Do­ku­men­te von Joh. Vic­tor Bredt 1914-1933, be­arb. v. Mar­tin Schu­ma­cher, Düs­sel­dorf 1970.

Grosch, Mar­tin, Kon­ser­va­ti­ve Po­li­tik zwi­schen Kai­ser­reich und Na­tio­nal­so­zia­lis­mus, Ber­lin 2014.

Goe­bel, Klaus, Jo­hann Vic­tor Bredt, in: Rhei­ni­sche Le­bens­bil­der 5 (1973), S. 243-257.

Witt­mütz, Volk­mar, Jo­hann Vic­tor Bredt und die meck­len­bur­gi­sche Ver­fas­sung, in: Ge­schich­te im Wup­per­tal 32 (2023), S. 3-24. 

Online

Jo­hann Vic­tor Bredt in der Da­ten­bank Hes­si­sche Bio­gra­fie [On­line

 
Zitationshinweis

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Wittmütz, Volkmar, Johann Viktor Bredt, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johann-viktor-bredt-/DE-2086/lido/57c587e8de8fa1.71546663 (abgerufen am 28.03.2024)