Johannes Maria Haw

Gründer des Johannesbundes (1871-1949)

Vera Bokeloh (Rheinbreitbach)

Porträt von Johannes Maria Haw, undatiert. (Johannesbund Leutesdorf)

Pa­ter Jo­han­nes Ma­ria Haw, ka­tho­li­scher Pries­ter und en­ga­gier­ter Seel­sor­ger, war der Grün­der des Jo­han­nes­bun­des Leu­tes­dorf so­wie der Or­dens­ge­mein­schaf­ten der Jo­han­nes­schwes­tern von Ma­ria Kö­ni­gin und der Mis­sio­na­re vom hei­li­gen Jo­han­nes dem Täu­fer.

Jo­han­nes Ma­ria Haw kam am 26.5.1871 als Sohn des Ehe­paa­res Pe­ter und Bar­ba­ra Haw in Schweich an der Mo­sel zur Welt. Von den ins­ge­samt acht Kin­dern der Fa­mi­lie star­ben drei be­reits im Klein­kin­des­al­ter. Der Va­ter stamm­te aus dem klei­nen Ort Be­kond, wie Schweich im Land­kreis Trier-Saar­burg ge­le­gen, die Mut­ter, ei­ne ge­bo­re­ne Hoff, aus Schweich. Bei­de Or­te wa­ren vor al­lem durch Wein­bau und Land­wirt­schaft ge­prägt und auch Jo­han­nes Haws Fa­mi­lie führ­te ei­nen land­wirt­schaft­li­chen Be­trieb.

Im Jah­re 1877 wur­de Jo­han­nes in Schweich ein­ge­schult und auf das Fried­rich-Wil­helm-Gym­na­si­um in Trier vor­be­rei­tet, das er von 1884 bis 1891 be­such­te. Da er schon früh be­gann, sich für Theo­lo­gie zu in­ter­es­sie­ren und ei­ne Über­nah­me des el­ter­li­chen Ho­fes auf­grund sei­ner kör­per­li­chen Ver­fas­sung nicht in­fra­ge kam, wur­den durch die Auf­nah­me in das Bi­schöf­li­che Kna­ben­kon­vikt im Jah­re 1886 be­reits die Wei­chen für das Pries­ter­amt ge­stellt. Nach dem Schul­ab­schluss trat Jo­han­nes Haw in das Trie­rer Pries­ter­se­mi­nar ein und stu­dier­te dort Phi­lo­so­phie und ka­tho­li­sche Theo­lo­gie. Die Pries­ter­wei­he emp­fing er im März 1895 im Dom zu Trier, gleich­zei­tig wur­de er zum Ka­plan der Ko­blen­zer Pfar­rei Lieb­frau­en er­nannt. 1897 ver­schlug es ihn als Pfarr­vi­kar nach Holz/Saar, wo er bis zu sei­ner Ver­set­zung als Pfar­rer nach Win­ters­dorf an der Sau­er im Jah­re 1900 blieb. Dort ließ er ei­ne neue Kir­che er­rich­ten, da die al­te auf­grund ih­rer Bau­fäl­lig­keit von der Schlie­ßung be­droht war. Die in­zwi­schen re­no­vier­te Kir­che zeugt noch heu­te von sei­nem gro­ßen En­ga­ge­ment für die klei­ne Pfar­rei.

Wäh­rend sei­ner Zeit in Win­ters­dorf ver­öf­fent­lich­te Haw ei­ne Schrift mit dem Ti­tel „Kö­nig Al­ko­hol", mit wel­cher er auf das Pro­blem des Al­ko­ho­lis­mus auf­merk­sam ma­chen woll­te. Vor al­lem die är­me­re Be­völ­ke­rung hat­te häu­fig mit die­sem Pro­blem zu kämp­fen und soll­te im Kampf da­ge­gen durch Seel­sor­ge un­ter­stützt wer­den. Da­für mach­te sich Pfar­rer Jo­han­nes Haw stark. 1905 wur­de er zu­nächst zum Diö­ze­san­be­auf­trag­ten des Ka­tho­li­schen Mä­ßig­keits­bun­des in Trier er­nannt, spä­ter zum Lei­ter der Be­we­gung für Deutsch­land ins­ge­samt. 1906 ver­ließ er die Ge­mein­de Win­ters­berg, um als Rek­tor des Ir­mi­nen­hos­pi­tals die Wohl­tä­tig­keits­stif­tun­gen im Raum Trier geist­lich zu be­treu­en. Die­ses Amt gab er 1909 auf, da er bei­den Äm­tern kaum gleich­zei­tig ge­recht wer­den konn­te. In den nächs­ten Jah­ren wid­me­te er sich als Di­rek­tor des Mä­ßig­keits­bun­des voll und ganz dem Kampf ge­gen den Al­ko­ho­lis­mus. Da­bei ver­trat er ei­nen ge­mä­ßig­ten Kurs, der die To­tal­ab­sti­nenz nicht als den ein­zig wah­ren Weg be­trach­te­te. Die­se Ein­stel­lung rühr­te auch da­her, dass in der Diö­ze­se Trier die Her­stel­lung al­ko­ho­li­scher Ge­trän­ke für ei­nen gro­ßen Teil der Be­völ­ke­rung, mit­un­ter auch für Klös­ter, die Exis­tenz­grund­la­ge bil­de­te.

Um die Idee der Mä­ßig­keits­be­we­gung be­reits Schul­kin­dern nä­her zu brin­gen, wur­de die Ju­gend­or­ga­ni­sa­ti­on „Schutz­en­gel­bund" ge­grün­det; im Jah­re 1911 folg­te die Grün­dung des „Jo­han­nes­bun­des", wel­cher sich der ab­sti­nen­ten Ju­gend bis zum 21. Le­bens­jahr zu­wand­te. Die­se Or­ga­ni­sa­ti­on mach­te sich nach dem Ers­ten Welt­krieg selbst­stän­dig und ging schlie­ß­lich in ei­nem an­de­ren Ju­gend­bund auf. Haw war in­zwi­schen in ganz Deutsch­land tä­tig,; dar­über hin­aus nahm er an Kon­gres­sen der An­ti­al­ko­hol­be­we­gung in ganz Eu­ro­pa teil.

1912 ließ Haw sich in Leu­tes­dorf am Rhein nie­der. In ei­ner Vil­la, die Jo­han­nis­heim ge­nannt wur­de, rich­te­te er ein „Sa­na­to­ri­um für al­ko­hol­ge­fähr­de­te Män­ner ge­ho­be­ner Krei­se" ein, wo den Ab­hän­gi­gen und Sucht­ge­fähr­de­ten durch den Glau­ben Halt im Le­ben ver­mit­telt wer­den soll­te. Zu die­sem Zweck wur­den Ex­er­zi­ti­en ab­ge­hal­ten. Bald war das Haus zu klein und Haw kauf­te ein neu­es Grund­stück in Leu­tes­dorf, den Gast­hof „Lö­wen­burg". Die­ser wur­de in „Jo­han­nes­burg" um­be­nannt und zum neu­en Sitz des Sa­na­to­ri­ums ge­macht. In Leu­tes­dorf ent­stand im Ok­to­ber 1919 schlie­ß­lich auch aus den al­ten Mit­glie­dern des Mä­ßig­keits­bun­des so­wie des Kreuz­bun­des ei­ne neue Ver­ei­ni­gung na­mens „Jo­han­nes­bund", be­nannt nach dem hei­li­gen Jo­han­nes dem Täu­fer. Der Ver­ein setz­te sich aus Lai­en und Pries­tern zu­sam­men und such­te durch En­ga­ge­ment im so­zia­len Be­reich, durch Ver­brei­tung re­li­giö­ser Schrif­ten im ei­ge­nen „Jo­han­nes-Ver­lag" so­wie durch Ex­er­zi­ti­en zu mis­sio­nie­ren. Im Jah­re 1923/1924 wur­de die Jo­han­nes­burg zum Ex­er­zi­ti­en­haus aus­ge­baut.

Mit­te der 1920er Jah­re dehn­te Haw sei­ne ka­ri­ta­ti­ve Tä­tig­keit über das Rhein­land hin­aus aus und über­nahm die Lei­tung ei­nes Ob­dach­lo­sen­asyls in Ber­lin. Doch auch die Schrift­tums­mis­si­on blieb nicht auf der Stre­cke. 1927 er­hielt die zu­vor ge­grün­de­te „Ka­tho­li­sche Schrif­ten­mis­si­on Deutsch­lands" von der Ful­da­er Bi­schofs­kon­fe­renz die of­fi­zi­el­le An­er­ken­nung. Die für ein brei­tes Pu­bli­kum be­stimm­ten Klein­schrif­ten soll­ten den Men­schen durch den Glau­ben Hoff­nung und Zu­ver­sicht schen­ken. Sie er­freu­ten sich bald ei­ner wach­sen­den Be­liebt­heit.

Als die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten an die Macht ka­men, bra­chen har­te Zei­ten für die Kir­che an. Auch der Jo­han­nes­bund blieb nicht un­ver­schont. Be­reits 1933 durch­such­te die Ge­sta­po die Dru­cke­rei nach staats­feind­li­chen Schrif­ten. Die Ak­tio­nen wie­der­hol­ten sich, wo­bei vie­le tau­send Schrif­ten grund­los be­schlag­nahmt wur­den. Das ver­such­te man durch ge­ziel­te Ver­tei­lungs­ak­tio­nen zu­min­dest teil­wei­se zu ver­hin­dern, in­dem die ge­fähr­de­ten Schrif­ten im Vor­feld vor ei­nem Über­griff in Si­cher­heit ge­bracht wur­den. Auch an­de­re Schi­ka­nen durch das neue Re­gime konn­ten dem Jo­han­nes­bund zu­nächst nicht viel an­ha­ben, da die Über­prü­fung der Ge­schäfts­bü­cher kei­nen An­lass zum Ein­grei­fen sei­tens der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten bot. We­der hat­te die Ge­mein­schaft je­mals il­le­ga­le Ge­schäf­te be­trie­ben, noch konn­te ihr sonst ein Ver­stoß ge­gen die Sitt­lich­keit nach­ge­wie­sen wer­den. Doch in Ber­lin muss­te der Bund die ers­te Nie­der­la­ge hin­neh­men. Ein Grund­stück, das für den Bau ei­nes neu­en Seel­sor­ge­heims ge­kauft wor­den war, muss­te auf Druck des Re­gimes für ei­nen weit­aus ge­rin­ge­ren Preis an die Stadt Ber­lin ab­ge­ge­ben wer­den. Nach und nach häuf­ten sich die Ein­grif­fe des Staa­tes: Die Zeit­schrif­ten wur­den ver­bo­ten, Häu­ser des Jo­han­nes­bun­des be­schlag­nahmt, die Ex­er­zi­ti­en­häu­ser muss­ten schlie­ßen und 1941 kam es so­gar zum Ver­bot des Bun­des selbst. Die Ge­mein­schaft wur­de als staats­feind­lich ein­ge­stuft und auf­ge­löst, das Ver­mö­gen ging an den Staat über.

Jo­han­nes Haw ver­lor auf die­se Wei­se sein Heim; zu­nächst ge­währ­te ihm ein Dom­probst Ob­dach. Im Jahr 1945 fand er Zu­flucht in ei­nem Schwes­tern­haus im Fran­ken­land, das er ei­ni­ge Mo­na­te spä­ter nach Be­en­di­gung des Krie­ges in Rich­tung Leu­tes­dorf ver­ließ. Es be­gann die Zeit des Wie­der­auf­baus. Der Be­sitz ging an die recht­mä­ßi­gen Ei­gen­tü­mer zu­rück, doch die Häu­ser wa­ren in kei­nem gu­ten Zu­stand. In sei­nen letz­ten Le­bens­jah­ren schaff­te es der en­ga­gier­te Pries­ter, nicht nur die al­ten Ein­rich­tun­gen wie­der zu neu­em Le­ben zu er­we­cken, son­dern dar­über hin­aus auch noch die Ge­nos­sen­schaft der Mis­sio­na­re vom hei­li­gen Jo­han­nes dem Täu­fer zu er­rich­ten, die das Pen­dant zu den Jo­han­nes­schwes­tern bil­de­ten. Ein Jahr spä­ter, am 28.10.1949, starb Haw in Leu­tes­dorf am Rhein, wo er bis zu­letzt wirk­te.

Literatur

Frank, Karl Su­so, Haw, Jo­han­nes Bap­tis­ta Ma­ria, in: Le­xi­kon für Theo­lo­gie und Kir­che 4 (1995), Sp. 1221-1222.
Mar­tin Persch, Ar­ti­kel „Haw, Jo­han­nes Ma­ria", in: Bio­gra­phisch-Bi­blio­gra­phi­sches Kir­chen­le­xi­kon 15 (1999), Sp. 693-694.
Schön­ho­fen,Wer­ner/We­ber, Jo­han­nes, Jo­han­nes Ma­ria Haw, in: Rhei­ni­sche Le­bens­bil­der 13 (1993), S. 277-295.

Online

Pa­ter Jo­han­nes Ma­ria Haw *1871 +1949 (Bio­gra­phi­sche In­for­ma­ti­on auf der Web­site des Jo­han­nes­bund e.V.) [On­line]

 
Zitationshinweis

Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Bokeloh, Vera, Johannes Maria Haw, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johannes-maria-haw/DE-2086/lido/57c8285dded9e7.94436170 (abgerufen am 24.04.2024)