Karl Haniel

Unternehmer, Jurist, Landrat (1877-1944)

Christian Marx (München)

Karl Haniel, Profilansicht, undatiert. (Haniel Archiv, Duisburg/HAF 12578)

Als Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­der der Gu­te­hoff­nungs­hüt­te (GHH) be­stimm­te Karl Ha­ni­el ge­mein­sam mit Vor­stands­chef Paul Reusch bis in die 1940er Jah­re über mehr als zwei De­ka­den hin­weg die Ge­schi­cke des schwer­in­dus­tri­el­len Ruhr­kon­zerns. Der aus der In­dus­tri­el­len­fa­mi­lie Ha­ni­el stam­men­de Ju­rist hat­te zu­nächst ei­ne klas­si­sche Be­am­ten­lauf­bahn ein­ge­schla­gen, be­vor er sich nach dem Ers­ten Welt­krieg zu­neh­mend un­ter­neh­me­ri­schen Auf­ga­ben zu­wand­te und zur füh­ren­den Per­sön­lich­keit der Ei­gen­tü­mer­fa­mi­lie im GHH-Kon­zern ent­wi­ckel­te.

Karl Ha­ni­el kam am 12.2.1877 in Ko­blen­z als Sohn von Paul Ha­ni­el (1843-1892) – ei­nem En­kel von Ger­hard Ha­ni­el (1774-1834) – und Ida Ede­ling ge­bo­re­ne No­bi­ling (1851-1942) zur Welt. Paul Ha­ni­el war Ju­rist und bis 1877 am Sitz des Re­gie­rungs­be­zirks Ko­blenz tä­tig, be­vor er ab 1878 bis zu sei­nem Tod den Pos­ten des Land­rats des Land­krei­ses Mül­heim an der Ruhr in­ne­hat­te, wo auch sein Sohn Karl auf­wuchs. Nach dem Be­such des Gym­na­si­ums in Mül­heim stu­dier­te die­ser in Genf, Mar­burg, Bon­n und Ber­lin Rechts­wis­sen­schaf­ten (1897-1901). Am 29.6.1901 wur­de er zum Ge­richts­re­fe­ren­dar er­nannt und 1902 mit ei­ner Dis­ser­ta­ti­on über „Die Wir­kun­gen der Dar­lehns­hin­ga­be von frem­dem Gel­d“ zum Dr. jur. pro­mo­viert. Im Jahr 1906 leg­te er nach sei­ner Re­fe­ren­dar­zeit in Düs­sel­dor­f das As­ses­sor-Ex­amen ab und trat an­schlie­ßend von De­zem­ber 1906 bis No­vem­ber 1907 ei­ne ein­jäh­ri­ge Welt­rei­se an, bei der er den mi­nis­te­ri­el­len Auf­trag hat­te, ei­ne Stu­die über das Berg- und Hüt­ten­we­sen Ost­asi­ens an­zu­fer­ti­gen. Ne­ben Stahl­un­ter­neh­men in Qing­dao (Tsing­tau) – der Haupt­stadt des deut­schen „Schutz­ge­biets“ Ki­aut­schou – und Ei­sen­wer­ken bei Wu­han (Han­kau) be­such­te er un­ter an­de­rem die Berg­bau­be­trie­be der Schan­tung-Ge­sell­schaft so­wie Kup­fer- und Erz­gru­ben in Ja­pan und Ze­chen in Ko­rea.

Das In­ter­es­se am Mon­tan­we­sen rühr­te nicht zu­letzt aus den ge­schäft­li­chen Ak­ti­vi­tä­ten der Fa­mi­lie Ha­ni­el, die zu den ein­fluss­reichs­ten deut­schen Un­ter­neh­mer­fa­mi­li­en des 20. und frü­hen 21. Jahr­hun­derts ge­hört und schon zu Be­ginn des 19. Jahr­hun­derts mit der Grün­dung der Hüt­ten­ge­werk­schaft und Hand­lung Ja­co­bi, Ha­ni­el & Huys­sen (JHH) in Sterk­ra­de 1808 in die Koh­len­för­de­rung ein­ge­stie­gen war; 1847 folg­te die Er­öff­nung des Stein­koh­le­berg­werks „Ze­che Zoll­ver­ein“ in Es­sen. Da­mit wa­ren die Ha­ni­els ne­ben dem Han­del so­wohl in der För­de­rung von Roh­stof­fen als auch in der Ei­sen­her­stel­lung und dem Bau von Dampf­ma­schi­nen, Lo­ko­mo­ti­ven, Schie­nen und Brü­cken tä­tig. Nach­dem die letz­ten Un­ter­neh­mens­grün­der der Hüt­ten­ge­werk­schaft JHH ver­stor­ben wa­ren, wur­de die of­fe­ne Han­dels­ge­sell­schaft 1873 in ei­ne Ak­ti­en­ge­sell­schaft mit dem Na­men „Gu­te­hoff­nungs­hüt­te, Ac­ti­en­ver­ein für Berg­bau und Hüt­ten­be­trie­b“ um­ge­wan­delt. Gleich­wohl blieb der Cha­rak­ter des Fa­mi­li­en­un­ter­neh­mens er­hal­ten, da die Ak­ti­en nicht an der Bör­se ge­han­delt wur­den. Al­ler­dings ging das ope­ra­ti­ve Ge­schäft im­mer stär­ker auf den Vor­stand über, wo­hin­ge­gen sich der von der Un­ter­neh­mer­fa­mi­lie do­mi­nier­te Auf­sichts­rat zu­neh­mend in ein rei­nes Kon­troll­gre­mi­um ver­wan­del­te.

Nach sei­ner Rück­kehr aus Ost­asi­en war Karl Ha­ni­el zu­nächst beim Land­rats­amt Ha­vel­land in Ra­the­now tä­tig, be­vor er ab Fe­bru­ar 1909 im Reich­s­amt des In­ne­ren die Vor­be­rei­tung der Brüs­se­ler Welt­aus­stel­lung ver­ant­wor­te­te. An­schlie­ßend fun­gier­te er 1910 als stell­ver­tre­ten­der Reichs­kom­mis­sar der Aus­stel­lung in Brüs­sel und da­nach noch­mals im Reich­s­amt des In­ne­ren, ehe er am 22.6.1912 zum kom­mis­sa­ri­schen Land­rat in Mer­zi­g an der Saar er­nannt wur­de. Ein knap­pes Jahr spä­ter, am 31.3.1913, er­folg­te sei­ne end­gül­ti­ge Be­stal­lung zum Land­rat. In­zwi­schen hat­te er Edith Schlei­cher (1886-1961), die Toch­ter des Na­del­fa­bri­kan­ten Ri­chard Schlei­cher aus Schön­thal (Lan­ger­we­he), ge­hei­ra­tet, mit der er spä­ter zwei Ad­op­tiv­söh­ne, die Zwil­lings­brü­der Pe­ter (ge­bo­ren 1914) und Klaus Ha­ni­el (1914-1942), hat­te. Sei­ne ju­ris­ti­sche Aus­bil­dung und sei­ne ver­schie­de­nen Sta­tio­nen in meh­re­ren Be­hör­den mar­kie­ren den ty­pi­schen Kar­rie­re­weg im deut­schen Staats­we­sen, al­len­falls sei­ne Welt­rei­se nach der Re­fe­ren­dar­zeit wich hier­von ab und ver­wies auf die Ver­bin­dun­gen der Fa­mi­lie Ha­ni­el ins Mon­tan­we­sen. Be­reits seit dem 30.11.1912 ge­hör­te Karl Ha­ni­el dem Auf­sichts­rat der GHH an, doch deu­te­te zu­nächst we­nig auf ei­nen voll­stän­di­gen Wech­sel ins pri­va­te Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men hin.

 

Erst mit dem Ers­ten Welt­krieg än­der­te sich sein Kar­rie­re­weg. Im Spät­herbst 1914 wur­de er in die deut­sche Zi­vil­ver­wal­tung im be­setz­ten Bel­gi­en be­ru­fen und zum Prä­si­den­ten der Zi­vil­ver­wal­tung der Pro­vinz Hen­ne­gau in Mons – un­mit­tel­bar an der Gren­ze zu Frank­reich – er­nannt. Die deut­sche Be­sat­zungs­macht war dar­um be­müht, die bel­gi­sche Ver­wal­tung in ih­re Diens­te zu stel­len, und ließ da­her zu­nächst vie­le Pro­vinz- und kom­mu­na­le Be­hör­den be­ste­hen. Doch im Ver­lauf des Krie­ges trieb das Deut­sche Reich die Ver­wal­tungs­t­ren­nung des Lan­des zwi­schen Wal­lo­ni­en und Flan­dern vor­an. Als in die­sem Kon­text auch die ad­mi­nis­tra­ti­ve Tei­lung der deut­schen Ver­wal­tung Bel­gi­ens er­folg­te, wur­den am 5.7.1917 Alex­an­der Schai­b­le als Ver­wal­tungs­chef für Flan­dern und Karl Ha­ni­el als Ver­wal­tungs­chef für Wal­lo­ni­en ein­ge­setzt. Auf­grund sei­ner ex­po­nier­ten Stel­lung in der bel­gi­schen Be­sat­zungs­ver­wal­tung konn­te Karl Ha­ni­el nütz­li­che In­for­ma­tio­nen über die Ver­wer­tungs­mög­lich­kei­ten der bel­gi­schen In­dus­trie sam­meln und sie an deut­sche In­dus­tri­el­le, wie den Lei­ter der fa­mi­li­en­ei­ge­nen GH­H Paul Reusch o­der den Ruhr­in­dus­tri­el­len Gus­tav Krupp, wei­ter­lei­ten.

Paul Reusch, Porträt, undatiert. (CC-BY-SA 3.0/MAN SE)

 

Nach dem Ers­ten Welt­krieg nahm Karl Ha­ni­el Ab­schied vom Staats­dienst und wid­me­te sich fort­an ganz den Un­ter­neh­men der Fa­mi­lie Ha­ni­el. Im Jahr 1920 trat er als Nach­fol­ger von Dr. Franz Ha­ni­el die Ge­schäfts­füh­rung der Ha­ni­el & Lueg GmbH an und am 21.9.1921 über­nahm er im Al­ter von erst 44 Jah­ren über­dies den Auf­sichts­rats­vor­sitz der GHH, den er bis zu sei­nem Tod in­ne­ha­ben soll­te. Im Jahr 1922 un­ter­nahm er im Auf­trag der GHH ei­ne wei­te­re Welt­rei­se, die ihn nach Ja­va, Su­ma­tra, Ja­pan und Ame­ri­ka führ­te und der An­knüp­fung neu­er Ge­schäfts­be­zie­hun­gen dien­te. Nach der Grün­dung der GHH Ober­hau­sen AG 1923 im Rah­men der Ruhr­be­set­zung fun­gier­te er über­dies als de­ren Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­der. In die­ser Funk­ti­on an der Spit­ze der GHH-Kon­troll­or­ga­ne ar­bei­te­te er eng mit dem GHH-Vor­stands­vor­sit­zen­den Paul Reusch zu­sam­men, zu dem er ein har­mo­ni­sches Ver­trau­ens­ver­hält­nis auf­bau­te. Ge­mein­sam sa­ßen sie in zahl­rei­chen wei­te­ren Auf­sichts­rä­ten von GHH-Toch­ter­ge­sell­schaf­ten (MAN, Deut­sche Werft, Os­na­brü­cker Kup­fer- und Draht­werk, Ma­schi­nen­fa­brik Ess­lin­gen, Ha­cke­t­hal Draht- und Ka­bel­wer­ke, Ka­bel- und Me­tall­wer­ke Neu­mey­er, Ei­sen­werk Nürn­berg, Zahn­rä­der­fa­brik Augs­burg, Schloemann, Fer­ro­staal). Auf die­se Wei­se kon­trol­lier­ten sie den Ge­samt­kon­zern, wo­bei Reusch die Haupt­ver­ant­wor­tung für die ope­ra­ti­ven und stra­te­gi­schen Ent­schei­dun­gen zu­fiel und Ha­ni­el sich weit­ge­hend im Hin­ter­grund hielt. Ob­schon Karl Ha­ni­el in der Öf­fent­lich­keit ei­ne ex­po­nier­te Stel­lung als Ver­tre­ter der Schwer­in­dus­trie hat­te, be­schränk­te er sich im Un­ter­neh­men auf die über­wa­chen­de Ver­tre­ter­po­si­ti­on der Ei­gen­tü­mer­fa­mi­lie.

In­halt­lich zo­gen Ha­ni­el und Reusch in un­ter­neh­me­ri­schen Fra­gen an ei­nem Strang. Ins­be­son­de­re un­ter­stütz­te Karl Ha­ni­el Paul Reusch in sei­nen Be­stre­bun­gen nach ei­nem ver­ti­ka­len Kon­zern­auf­bau und dem Er­halt der un­ter­neh­me­ri­schen Selbst­stän­dig­keit – auch ge­gen­über an­de­ren Mit­glie­dern der weit­ver­zweig­ten Ha­ni­el-Fa­mi­lie, wie Wer­ner Carp, der für die Kon­so­li­die­rung des Un­ter­neh­mens in­ner­halb ei­nes grö­ße­ren Kon­zern­ver­bunds plä­dier­te. Au­ßer­halb des GHH-Kon­zerns war Karl Ha­ni­el zu­dem Mit­glied in den Kon­troll­gre­mi­en der Deutsch-At­lan­ti­schen Te­le­gra­phen­ge­sell­schaft, der Deut­schen Bank, der Ham­burg-Ame­ri­ka-Li­nie (HA­PAG), der Park­ho­tel AG in Düs­sel­dorf, der Ca­lor-Emag Elek­tri­zi­täts-AG, der Ver­ei­nig­te Werk­stät­ten für Kunst- und Hand­werk AG, des Hau­ses der Deut­schen Kunst, der AEG so­wie der Em­de­ner Ver­kehrs­ge­sell­schaft. 

Ne­ben ih­rem un­ter­neh­me­ri­schen Han­deln in der GHH wa­ren Karl Ha­ni­el und Paul Reusch fer­ner ge­mein­sam auf dem pu­bli­zis­ti­schen Feld und in der In­ter­es­sen­po­li­tik en­ga­giert. Po­li­tik und Wirt­schaft ge­hör­ten für bei­de eng zu­sam­men, denn ih­rer An­sicht nach re­gel­te der po­li­tisch-recht­li­che Rah­men die öko­no­mi­schen Ent­fal­tungs­mög­lich­kei­ten. Be­reits im Früh­jahr 1920 wa­ren baye­ri­sche Wirt­schafts­krei­se an Karl Ha­ni­el her­an­ge­tre­ten und hat­ten ihm ei­nen An­teil am Mün­che­ner Ver­lag Knorr & Hirth an­ge­bo­ten, um die zur Ver­lags­ge­sell­schaft ge­hö­ren­den Mün­che­ner Neu­es­ten Nach­rich­ten (MNN) zu sa­nie­ren. Ha­ni­el und an­de­re Un­ter­neh­men in­ves­tier­ten dar­auf­hin ins­ge­samt drei Mil­lio­nen Mark in den Ver­lag und er­hiel­ten im Ge­gen­zug ei­nen grö­ße­ren Stamm­ka­pi­tal­an­teil; wei­te­re drei Mil­lio­nen Mark, die gleich­falls von Ha­ni­el treu­hän­de­risch ver­wal­tet wur­den, stell­te der Ze­chen­ver­band zur Ver­fü­gung. Nach Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit Al­fred Hu­gen­berg über die Treu­hän­der­schaft der Ze­chen­ver­band-Be­tei­li­gung er­warb Karl Ha­ni­el 1928 wei­te­re Ver­lags­an­tei­le und über­trug sie der im GHH-Be­sitz be­find­li­chen Süd­deut­schen Ver­lags­ge­sell­schaft. Au­ßer den MNN si­cher­ten sich Paul Reusch und Karl Ha­ni­el über die Süd­deut­sche Ver­lags­ge­sell­schaft fer­ner die Mehr­heit am Frän­ki­schen Ku­rier und am Schwä­bi­schen Mer­kur und brach­ten so wei­te Tei­le der süd­deut­schen Pres­se­land­schaft auf ih­re Li­nie. Da­bei blieb das Ver­hält­nis zu ein­zel­nen Re­dak­teu­ren der ver­schie­de­nen Pres­se­or­ga­ne nicht im­mer kon­flikt­frei.  

Koksofenbatterie auf der Zeche Stekrade der Gutehoffnungshütte, Luftbild, 1920. (gemeinfrei)

 

Dar­über hin­aus fun­gier­te Karl Ha­ni­el in der Nach­fol­ge von Emil Kir­dorf von 1928 bis 1944 als Vor­sit­zen­der im eli­tä­ren In­dus­trie-Club Düs­sel­dorf und war Mit­glied in der von Reusch ge­grün­de­ten Ruhr­la­de, ei­nem Zu­sam­men­schluss der zwölf ein­fluss­reichs­ten Ruhr­in­dus­tri­el­len zur Be­ein­flus­sung der bür­ger­li­chen Par­tei­en. Auch dem 1924 ge­grün­de­ten kon­ser­va­ti­ven Deut­schen Her­ren­klub und der „Gä­a“, ei­ner Ver­ei­ni­gung ad­lig-bür­ger­li­cher Krei­se, ge­hör­te Ha­ni­el in der Wei­ma­rer Re­pu­blik an. Ob­schon Ha­ni­el wie Reusch kon­ser­va­ti­ve, teils auch re­ak­tio­nä­re An­sich­ten ver­tra­ten und in die­sem Kon­text auch die Auf­rüs­tung des Deut­schen Rei­ches über die GHH mit vor­an­trie­ben, gab es vor wie nach 1933 ei­ne Trenn­li­nie zu den ras­sen­ideo­lo­gi­schen Vor­stel­lun­gen der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten, viel­mehr ge­rie­ten bei­de – auch über die von ih­nen kon­trol­lier­ten Pres­se­or­ga­ne – in Kon­flik­te zu NS-Stel­len. Wäh­rend Paul Reusch da­her 1942 das Un­ter­neh­men ver­las­sen muss­te und sein Stell­ver­tre­ter Her­mann Kel­ler­mann den Vor­stands­vor­sitz über­nahm, ver­blieb Karl Ha­ni­el als Ver­tre­ter der Ei­gen­tü­mer­fa­mi­lie an der Spit­ze des Auf­sichts­rats. 

Einfahrt Schloss Haniel Maria in der Aue, Dabringhausen, circa 1930. (Haniel Archiv, Duisburg/HAF 00378)

 

Mit­te der 1920er Jah­re war Karl Ha­ni­el, der per­sön­lich nur über ei­nen ge­rin­gen Ak­ti­en­be­sitz an der GHH ver­füg­te, in fi­nan­zi­el­le Schwie­rig­kei­ten ge­ra­ten und hat­te un­ter an­de­rem von Reusch ein per­sön­li­ches Dar­le­hen er­hal­ten. Nicht zu­letzt die Bau­ar­bei­ten für das Schloss Ma­ria in der Aue in Da­bring­hau­sen (heu­te Stadt Wer­mels­kir­chen), wel­ches er 1927/28 für meh­re­re Mil­lio­nen Mark als Jagd- und Gäs­te­haus im ba­ro­cken Stil und mit al­lem da­ma­li­gen Kom­fort er­rich­ten ließ, ver­schlan­gen viel Geld. En­de der 1920er und An­fang der 1930er Jah­re fan­den aus­schwei­fen­de Fes­te auf dem Schloss statt, doch 1934 sah sich Karl Ha­ni­el ge­nö­tigt, mit sei­ner Fa­mi­lie in das na­he­ge­le­ge­ne Forst­haus in der Aue im He­le­nen­tal um­zu­zie­hen. Ob fi­nan­zi­el­le Eng­päs­se oder Kon­flik­te mit den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten hier­für den Aus­schlag ga­ben, ist nach der­zei­ti­gem For­schungs­stand noch of­fen. In je­dem Fall kauf­te die Na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Volks­wohl­fahrt das Schloss 1941, um dort ein Kin­der­gärt­ne­rin­nen-Se­mi­nar ein­zu­rich­ten. Am 30.10.1944 ver­starb Karl Ha­ni­el auf ei­ner Au­to­fahrt von Düs­sel­dorf nach Da­bring­hau­sen an ei­nem Herz­in­farkt. Sein Sohn Klaus war be­reits 1942 an der Ost­front ge­fal­len.

Quellen (Auswahl)

Bun­des­ar­chiv Ber­lin-Lich­ter­fel­de, R 1501/207016.

 
Stif­tung Rhei­nisch-West­fä­li­sches Wirt­schafts­ar­chiv zu Köln (RW­WA), Abt. 130, 130-300190 (Nach­lass des Auf­sichts­rats­vor­sit­zers Karl Ha­ni­el), 130-300193 (Nach­lass Kom­mer­zi­en­rat Dr. Paul Reusch), 130-4001011 (Nach­lass des Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­den Karl Ha­ni­el), 130-4001012 (Nach­lass Kom­mer­zi­en­rat Dr. Paul Reusch), 130-4001014 (Nach­lass Ber­g­as­ses­sor Dr. Her­mann Reusch), 130-235-2 (Land­rat a.D. Karl Ha­ni­el (1877-1944) von Bo­do Her­zog).

Literatur (Auswahl)

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Ober­mül­ler, Ben­ja­min, Her­mann Reusch und die Be­zie­hun­gen zur Ei­gen­tü­mer­fa­mi­lie Ha­ni­el, in: Hil­ger, Su­san­ne/Soé­ni­us, Ul­rich S. (Hg.), Netz­wer­ke – Nach­fol­ge – So­zia­les Ka­pi­tal. Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men im Rhein­land im 19. und 20. Jahr­hun­dert, Köln 2009, S. 159-174.

Pu­dor, Fritz, Ne­kro­lo­ge aus dem rhei­nisch-west­fä­li­schen In­dus­trie­ge­biet. Jahr­gang 1939-1951, Düs­sel­dorf 1955, S. 88-89.

Kulisse Schloss Haniel Maria in der Aue hinter grasenden Kühen, Dabringhausen, circa 1930. (Haniel Archiv, Duisburg/HAF 02655)

 
Zitationshinweis

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Marx, Christian, Karl Haniel, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/karl-haniel/DE-2086/lido/66c472a251bfb7.62560534 (abgerufen am 06.10.2024)