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Karl Henrici war ein bedeutender Vertreter der so genannten Stadtbaukunst, der hauptsächlich in Aachen lehrte und arbeitete. Obwohl viele seiner Planungen nicht oder nur teilweise umgesetzt wurden, waren sie richtungweisend und beeinflussen städtebauliche Diskussionen bis in die Gegenwart.
Karl Henrici, am 12.5.1842 in Harste in der Nähe von Göttingen geboren, studierte ab 1859 am Polytechnikum Hannover, das er 1864 ohne Abschluss verließ. Einer kurzfristigen Beschäftigung beim Bau einer psychiatrischen Klinik in Göttingen folgte die Arbeit für das Baubüro Hase in Hannover. Diese Tätigkeit gab er zugunsten einer halbjährige Studienreise nach Italien auf. Nach Deutschland zurückgekehrt nahm er eine Stelle als Stadtbaumeister der Hansestadt Hamburg an, wo er bis 1875 blieb, um dann als Dozent für Architektur an die Technische Hochschule Aachen zu gehen. 1877 zum planmäßigen Professor ernannt, hatte er den Aachener Lehrstuhl bis zu seiner Emeritierung 1921 inne. Schwerpunkte seiner Lehrtätigkeit waren Bürgerliche Baukunst, Freihandzeichnen und Ornamentik. Henrici veranlasste die Einrichtung weiterer Lehrstühle und konzentrierte sich auf das Fach „Bürgerliche Baukunst“. Zudem richtete er das Lehrfach "Künstlerische Aufgaben im Städtebau" neu ein, welches aber nicht zum Prüfungsfach ausgebaut wurde.
Henrici war beeinflusst durch das Werk seines Freundes Camillo Sitte (1843-1903), eines Wiener Architekten, der mit dem Werk "Der Städtebau nach seinen künstlerischen Gesichtspunkten" (1889) zu einem Umdenken im Bereich der Architektur und der Stadtplanung beitrug.
Henrici betonte die Wichtigkeit von gewachsenen, historischen Strukturen, von künstlerischen Aspekten gegenüber einer rein technisch orientierten Stadtplanung. Er forderte kleine Einheiten mit individuellem Charakter statt Massenbauten und orientierte sich an der romantischen Ästhetik alter deutscher Städte. Seine Entwürfe wurden mit Preisen ausgezeichnet; die Liste der Städte, für die er Bebauungsentwürfe anfertigte, ist beachtlich, Städte wie Köln, Trier, Dessau und München waren darunter. Dennoch wurden seine Entwürfe kaum in die Tat umgesetzt. Dies gilt auch für seinen letzten größeren Entwurf, einen Plan für die Stadt Aachen. Henrici arbeitete jedoch nicht nur im Bereich des Städtebaus, sondern auch als ausführender Architekt. Erhalten ist beispielsweise sein eigenes, von ihm entworfenes Haus in der Krefelder Straße 21 in Aachen.
Obwohl seine Entwürfe selten umgesetzt wurden, ist Henricis Einfluss auf spätere Diskussionen im Bereich des Städtebaus nicht zu unterschätzen. Neben anderen Vertretern der Stadtbaukunst beruft man sich auch auf ihn, wo man gegen pragmatische, aber gesichtslose Zweckbauten, Hochhäuser und Massensiedlungen argumentiert oder künstlerisch-historische Aspekte in die Planung mit einbeziehen möchte. Sogar die Architektur- und Städtebaudiskussion in der DDR wurde von der Stadtbaukunst Sittes, Henricis und anderer beeinflusst, wenn sich auch früh abzeichnete, dass sich die gegenteilige Position durchsetzten würde.
Henrici wurden zahlreiche Auszeichnungen und Ehrentitel zuteil. So wurde ihm 1903 die Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule Darmstadt verliehen; 1904 erhielt er den Titel Geheimer Regierungsrat; bei seiner Emeritierung wurde er zum Honorarprofessor ernannt. Er erhielt die silberne Medaille für verdienstvolle Leistungen im Bau und Verkehrswesen und der Staat Preußen verlieh ihm den Roten Adlerorden 4. Klasse.
Karl Henrici starb am 10.11.1927 in Aachen.
Werke (Auswahl)
Beiträge zur praktischen Ästhetik im Städtebau: eine Sammlung von Vorträgen und Aufsätzen, München [1904].
Der Individualismus im Städtebau. Aachen 1904
Die künstlerischen Aufgaben im Städtebau. Aachen 1891.
Ueber die Pflege des Heimatlichen im ländlichen und städtischen Bauwesen, München, [1920].
Literatur
Curdes, Gerhard/Oehmichen, Renate (Hg.), Künstlerischer Städtebau um die Jahrhundertwende, Köln 1981.
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Acker, Hedda, Karl Henrici, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/karl-henrici/DE-2086/lido/5e1f014d8503c8.82884548 (abgerufen am 13.12.2024)