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Karl Josef Könen lebte gewissermaßen für den Sport – und dabei speziell fürs Turnen. Der Stadtamtsrat aus Mülheim an der Ruhr übernahm in über sechs Jahrzehnten ehrenamtlich Funktionen in Vereinen und Verbänden wie wohl kaum jemand anderes. Er gehörte Präsidien, Vorständen, Ausschüssen, Komitees, Arbeitskreisen und weiteren Organen bzw. Gremien an und gestaltete so mit seinem Wirken und seinen umfangreichen Erfahrungen das Sportgeschehen in Deutschland in bedeutsamer Weise mit. Sein großes Interesse galt der Öffentlichkeitsarbeit. Aufgrund seines Wissens über den Sport und speziell das Turnen fungierte er für eine Vielzahl von Veröffentlichungen als Redakteur bzw. übernahm Verantwortung für die Herausgabe von zahlreichen Publikationen. Gleichzeitig war es ihm stets ein Anliegen, die Historie des Sports aufzuarbeiten, Traditionen zu bewahren und das Archivwesen zu pflegen.
Karl Josef Könen wurde am 19. Dezember 1921 in Mühlheim an der Ruhr geboren. Seine Eltern Johann Könen (1888-1946, Beruf: Bürogehilfe) und Helena Könen, geborene Zenz (1898-1942) ließen ihn katholisch taufen. Karl Könen hatte eine ältere Schwester (Hedwig Gertrud Anna, geboren 1920). In seiner Geburtsstadt besuchte er die Katholische Volksschule Clevesche Straße und später die Städtische Oberrealschule (heute: Karl-Ziegler-Schule), bevor er eine Lehre zum kaufmännischen Angestellten bei der „Kaufmann K.-G. Häute und Felle“ in Mülheim an der Ruhr absolvierte. Wenige Monate nach Abschluss seiner Ausbildung wurde er am 1. August 1941 zur Wehrmacht eingezogen. Bis zu seiner Gefangennahme am 24. April 1945 diente er in der Luftwaffe. Laut Selbstauskunft war er für zwei Jahre Mitglied der Hitlerjugend (Februar 1934 bis August 1936). Er wurde vom Entnazifizierungs-Ausschuss im März 1948 als unbelastet eingestuft.
Bei der Stadt Mülheim an der Ruhr begann er nach Kriegsende am 1.9.1945 als Büroangestellter. Nach 40 Jahren Dienstzeit schied er am 1.7.1985 als Amtsrat aus. Zuletzt war er 16 Jahre lang Leiter des Zivil- und Katastrophenschutzes der Stadt Mülheim an der Ruhr. Mit seiner Ehefrau Helene, geborene Buhl, die er am 19.12.1945 – und damit an seinem 24. Geburtstag – heiratete, hatte Karl Könen drei Kinder.
Der Mülheimer Turngemeinde 1856 e. V. trat Karl Könen am 1.4.1935 im Alter von 13 Jahren bei. Zuvor gehörte er ab 1931 der DJK Mülheim-Nord als Mitglied an. In seiner Jugend war er vielfältig sportlich aktiv: Er turnte, fand Gefallen an der Leichtathletik und am Schwimmen und spielte Faust-, Hand- und Prellball. Seine besondere Leidenschaft galt dem Gerätturnen. Eine größere sportliche Karriere verhinderte allerdings der Krieg: Beim allgemeinen Neubeginn im Jahr 1945 war Karl Könen für eine Profilaufbahn bereits zu alt. Gleichwohl blieb er zeitlebens sportlich aktiv.
Nicht zuletzt aufgrund des Einflusses des ehemaligen Stadtturn- und Spielinspektors Martin Gerste (1872-1956), der mehr als 15 Jahre den Vorsitz der Mülheimer Turngemeinde 1856 e. V. innehatte, brachte sich Karl Könen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in den organisierten Sport ein. Er war ab 1946, nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft, in der Mülheimer Turngemeinde 1856 e. V. Übungsleiter, Schriftwart, Kulturwart, Kampfrichter, Leiter der Turnabteilung, Vorsitzender des Rechts- und Ehrenausschusses sowie 2. Vorsitzender und 1. Vorsitzender. Er habe fast alle Stationen der Sportverwaltung im Verein durchlaufen. Seinen Tätigkeitsschwerpunkt legte er auf das Recherchieren, Schreiben und Übermitteln von Informationen im Amt des Pressewartes.
Er verfasste zudem sowohl für die Mülheimer Turngemeinde 1856 e. V. als auch für den Turngau Duisburg/Mülheim e. V. (der später in Turnverband Rhein-Ruhr e. V. umbenannt wurde), den Rheinischen Turnerbund e. V. (RTB) und den Landessportbund Nordrhein-Westfalen e. V. (LSB NRW) Texte, berichtete über Veranstaltungen und sorgte dafür, dass die Öffentlichkeit von den vielfältigen Aktivitäten erfuhr, mit denen die Sportvereine in ganz Deutschland Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Bewegung bringen.
Von 1954 bis 1979 zählte er als Pressewart zum Vorstand des Turngaus Duisburg-Mülheim e. V., ab 1960 gehörte er zusätzlich – dies sogar bis 2002 – als Pressewart dem Führungsgremium des RTB an. Von 1964 bis 1985 wirkte Karl Könen außerdem im Programmbeirat des Westdeutschen Rundfunks (WDR) mit. Für den RTB bearbeitete Karl Könen die Rheinische Turnzeitung (RTZ), das damalige Verbandsorgan des Fachverbandes, als wäre sie sein Lebenswerk. Von 1960 bis 2002 – und damit bemerkenswerte 42 Jahre – fungierte Karl Könen im Rheinischen Turnerbund e. V. als Pressewart. Die Schriftleitung der RTZ hatte er von 1970 an inne.
Dem Präsidium des LSB NRW gehörte Karl Könen 16 Jahre – von 1965 bis 1981 – als Pressewart und anschließend noch vier Jahre – von 1981 bis 1985 – als Beisitzer an. Darüber hinaus arbeitete er in mehreren Ausschüssen mit – teils als Vorsitzender, teils als Mitglied.
Dass er für die Öffentlichkeitsarbeit des mitgliederstärksten Landessportbundes Verantwortung übernehmen konnte, war auch dem Umstand zu verdanken, dass der LSB NRW im Jahr 1965 seine Verwaltung von Arnsberg im Sauerland nach Duisburg verlegte. Da Karl Könen in der Nachbarstadt Mülheim an der Ruhr wohnte, konnte er bei Bedarf schnell in der Geschäftsstelle zugegen sein und hatte zudem keine weite Anreise, wenn Sitzungen abgehalten wurden.
Insbesondere aufgrund der Initiative seines damaligen Vizepräsidenten Hugo Grömmer, der vor dem Krieg selbst als Redakteur bei der sozialdemokratischen „Hagener Volksstimme“ tätig gewesen war, konnte der LSB NRW ab 1949 erstmalig eine eigene Verbandszeitung herausgeben und regelmäßig produzieren. Karl Könen redigierte zunächst gemeinsam mit Hugo Grömmer das Blatt, ehe er ab dem 1.12.1952 offiziell die Schriftleitung des allgemeinen Teils übernahm. Sein Ziel bestand stets darin, neben den Mitarbeitenden möglichst viele Menschen an der Basis über Sport und Bewegung zu informieren, d. h. die Selbstdarstellung der Leibesübungen in immer breitere Kreise der Öffentlichkeit zu tragen. Karl Könen betonte: Turnen, Spiel und Sport dürfen kein Leben hinter verschlossenen Türen führen. Sie müssen sich, um ihre ständig zunehmende Bedeutung herauszustellen, an die Allgemeinheit wenden. Er war zugleich der letzte Pressewart in der Geschichte des LSB NRW, einen Nachfolger in diesem Ehrenamt gab es nicht. Parallel dazu setzte sich Karl Könen erfolgreich für eine Professionalisierung der Öffentlichkeitsarbeit ein. Bereits ab Mitte der 1960er-Jahre begann der größte Landessportbund der Bundesrepublik damit, die entsprechenden Aufgaben zunehmend durch haupt- und nebenberuflich Tätige abzudecken. Ab 1972 übernahm dann Karl Hoffmann (1938-2023), der zuvor schon als Pressewart des Deutschen Turner-Bundes e. V. (DTB) gearbeitet hatte, die Funktion eines hauptamtlichen Pressereferenten und offiziellen Leiters der Öffentlichkeitsarbeit im LSB NRW.
Wer einige „besondere“ Publikationen anschaut, die Karl Könen (federführend) erstellt hat, kann erahnen, wie viel Zeit der Mülheimer investiert hat, um diese Publikationen – mit ihren fundiert recherchierten Texten sowie zahlreichen Fotos und Abbildungen – zu einem wertvollen Beitrag zur Turn- und Sporthistorie zu machen. Beispiele in diesem Zusammenhang sind eine Sonderausgabe des LSB NRW-Magazins aus Anlass seines 25-jährigen Bestehens, die Broschüre zur Ausstellung „60 Jahre LSB NRW“, der Festführer für das Deutsche Turnfest 1963 in Essen sowie die Schriften „100 Jahre Mülheimer Turngemeinde“ und „75 Jahre Verband Mülheimer Turnvereine“. Auch im letztgenannten Zusammenschluss war er von 1950 bis 1975 als Pressewart tätig.
Der DTB wurde hierdurch auf Karl Könen aufmerksam und berief ihn 1962 in den Presseausschuss des zweitgrößten Spitzensportverbandes im deutschen Sport. Fast 20 Jahre wirkte er darin mit und blieb auch nach seinem Ausscheiden aus diesem Ausschuss im DTB engagiert, unter anderem als Mitglied der DTB-Ehrungskommission (1986-2001).
15 Jahre lang schulte Karl Könen – zunächst alleine, später mit dem damaligen Pressereferenten des LSB NRW Karl Hoffmann (1938-2023) – jedes Jahr im Rahmen von zwei Wochenendlehrgängen angehende Pressewartinnen und -warte bzw. Herausgeberinnen und Herausgeber von Vereinszeitungen. Der erste Lehrgang zum Thema „Öffentlichkeitsarbeit“ fand im März 1971 statt. Ob z. B. die pressemäßige Vorbereitung einer Veranstaltung, die inhaltliche Gestaltung einer Vereinszeitung oder die Besichtigung einer Druckerei: Die Lehrgänge gestalteten sich thematisch sehr vielfältig und wurden zudem stets an die aktuellen Entwicklungen im Bereich Kommunikation angepasst.
Trotz seiner vielen Aufgaben auf regionaler und Bundesebene blieb er den Vereinen, speziell den Turnvereinen, an seinem Wohnort Mülheim an der Ruhr in besonderer Weise verbunden.
Dass es Karl Könen ein wichtiges Anliegen war, neben der Wertschätzung des Ehrenamts gerade auch die Sportgeschichte Mülheims zu bewahren, belegt nicht zuletzt die Tatsache, dass er im Jahr 1985 gemeinsam mit dem früheren Vorsitzenden der Mülheimer Turngemeinde 1856 e. V., Hans-Karl Starke (1943-2011), das Mülheimer Sportarchiv gründete (Ende 1986 eingeweiht). Es umfasst das historische Material zahlreicher lokaler Sportvereine und ist in das Mülheimer Stadtarchiv integriert. Überhaupt war es ihm zeitlebens wichtig, die Stadt Mülheim an der Ruhr immer wieder in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken, vielfach durch besondere Veranstaltungen. So rief er etwa gemeinsam mit dem damaligen Innenminister Nordrhein-Westfalens Willi Weyer die „Mülheimer Amateur Sportfilmtage“ ins Leben und sorgte dafür, dass die legendäre japanische Gerätturnriege der 1960er-Jahre, der unter anderem der zweimalige Olympiasieger Haruhiro Yamashita (geboren 1938) angehörte, 1962 in der Stadt im Ruhrgebiet ihr Können präsentierte.
Für seine herausragenden Verdienste um den Sport wurden Karl Könen etliche hohe Auszeichnungen zuteil: Die Mülheimer Turngemeinde e. V. ehrte ihn unter anderem im Jahr 2005 – anlässlich seiner 70-jährigen Vereinsmitgliedschaft – mit dem Goldenen Lorbeerblatt mit Vereinsnadel. Der LSB NRW ernannte ihn 1985 zum Ehrenmitglied, der RTB verlieh ihm im Jahr 2005 die Ehrenmitgliedschaft und im Turnverband Rhein-Ruhr e. V. war Karl Könen seit 2006 Ehrenmitglied. Vom DTB wurde Karl Könen etwa mit der Friedrich-Ludwig-Jahn-Plakette geehrt.
Die nordrhein-westfälische Landesregierung verlieh Karl Könen in Anerkennung seiner besonderen Verdienste bei der Wahrnehmung von Ehrenämtern in Sport- und Turnorganisationen im Jahr 1977 die NRW-Sportplakette und damit die höchste Auszeichnung des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen für den Sport. Zwei Jahre später wurde er zum Träger des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland in der Stufe Verdienstkreuz am Bande. 2003 erfolgte die Höherstufung in Form der Verleihung des Verdienstkreuzes 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
Am 4.3.2008 ist Karl Könen im Alter von 86 Jahren in Mülheim an der Ruhr verstorben.
Quellen
Das Material des Mülheimer Sportarchivs wird im Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr aufbewahrt [Online].
Ein Nachlass Karl Könen ist nicht überliefert. Verschiedene persönliche Aufzeichnungen liegen aber im Stadtarchiv und im Archiv des LSB NRW vor.
Literatur
Landessportbund Nordrhein-Westfalen e. V. (Hg.), 25 Jahre LSB, Zeitschrift des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen, Sonderausgabe, Duisburg 1971.
Landessportbund Nordrhein-Westfalen e. V. (Hg.), 40 Jahre Landessportbund Nordrhein-Westfalen + Sporthilfe e. V., Sonderausgabe, Duisburg 1986.
Landessportbund Nordrhein-Westfalen e. V. / Deutsches Sport & Olympia Museum (Hg.), 60 Jahre Landessportbund 2007, Duisburg 2007.
Landessportbund Nordrhein-Westfalen e. V. (Hg.), Präsentation 75 Jahre LSB NRW des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen e. V., Duisburg 2022.
Mülheimer Woche, Turn- und Sportszene trauert, Mülheim an der Ruhr 24. Mai 2008.
Rüter, Gaby, Art. Vergilbter „Schatz“ wird dem Stadtarchiv übergeben, in: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Mülheim an der Ruhr, 4.12.1986.
Styrumer Turnverein von 1880 e. V. (Hg.), Dein Turnverein. Mitteilungsblatt.
„Styrumer Turnverein von 1880 e. V.“, Nr. 114 (März/April/Mai 2004), Mülheim an der Ruhr 2004.
Online
Dohmen, Richard, Nachruf - Karl Könen, in: Website des Deutschen Turner-Bundes [Online].
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Pauli, Claudia, Karl Josef Könen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/karl-josef-koenen/DE-2086/lido/68517002d38142.79759471 (abgerufen am 15.07.2025)
Veröffentlicht am 03.07.2025