Zu den Kapiteln
Schlagworte
Margarete von Hochstaden war die Gemahlin Graf Adolfs IV. von Berg (Regierungszeit 1247-1259). In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts spielte sie für einige Jahre eine wichtige Rolle in der Geschichte des Rheinlandes, weil sie nach dem Tode ihres Mannes die Regierungsgeschäfte für ihren minderjährigen Sohn Adolf V. (Regierungszeit 1259-1296) übernahm.
Wann Margarete als Tochter des Grafen Lothar I. von Hochstaden (gestorben 1222) und dessen Frau Mechthild (auch Mathilde) von Vianden geboren wurde, ist nicht bekannt; vermutlich liegt ihr Geburtsdatum um 1230. Ihr Todesdatum 1314 ist hingegen durch das Memorienbuch der Zisterzienserabtei Altenberg (heute Gemeinde Odenthal) sicher bezeugt.
In der Zeit der Margarete von Berg umfasste die Grafschaft Berg den Raum zwischen dem Unterlauf der Ruhr als Nordgrenze, der Sieg als Südgrenze und dem Rhein als Westgrenze. Immerhin war die Entwicklung hin zu einem Territorium schon so weit gediehen, dass man die Grafschaft als Ganzes begriff: Vom gesamten Land der Grafschaft Berg (totius terre et cometie de Monte) ist in einer Urkunde von 1247 die Rede, von der noch zu sprechen sein wird. Eine „Hauptstadt“ beziehungsweise einen zentralen Residenzort hatte die Grafschaft freilich nicht.
Wie viele hochadelige Familien des späten Mittelalters verfügten die Grafen von Berg über mehrere Burgen und Häuser, in denen sie lebten und von denen aus sie ihren Herrschaftskomplex regierten. Der Wechsel zwischen diesen Residenzen diente nicht zuletzt der besseren herrschaftlichen Erfassung der Grafschaft. Das zeigt auch die Verteilung der Orte, an denen die Grafen von Berg in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts überwiegend Aufenthalt nahmen: Schloss Burg an der Wupper (heute Stadt Solingen) sowie rechtsrheinisch im Osten von Köln Burg Bensberg (heute Stadt Bergisch Gladbach) gelten als die wichtigeren Residenzen. Daneben spielten auch die nördlich von Düsseldorf gelegene Burg Angermund (heute Stadt Düsseldorf) sowie im Süden Burg Windeck an der Sieg (heute Gemeinde Windeck) eine Rolle.
Nicht zu vergessen ist schließlich das am früheren Stammsitz der bergischen Grafen errichtete Zisterzienserkloster Altenberg, das ihnen auch als Familiengrablege diente und in dem sie immer wieder Aufenthalt nahmen. Außerhalb der Grafschaft sind die Grafen von Berg in Köln bezeugt, wo sie vermutlich im Altenberger Stadthof wohnten. Tatsächlich reiste auch Margarete in der Grafschaft umher; nach 1266 scheint sie aber vor allem in Hückeswagen gelebt zu haben.
Als Margarete von Hochstaden Adolf Ende 1243/Anfang 1244 heiratete, war dieser noch nicht Graf von Berg. Regierender Graf war sein Vater, Herzog Heinrich IV. von Limburg (Regierungszeit 1225-1246), der durch seine Heirat mit Gräfin Irmgard von Berg (vor 1204-1248 oder 1249), der Mutter Adolfs, in den Besitz der Grafschaft Berg gekommen war. Deutlich wird dies am ersten Siegel Margaretes, das ganz offensichtlich bereits vor dem Tod des Schwiegervaters gestochen worden ist, denn die Umschrift lautet: + S(IGILLVM) MARGARETE VXORIS ADOLFI FILI(I) DV(CIS) DE LY(M)BORG (Siegel der Margarete, Frau des Adolf, des Sohnes des Herzogs von Limburg).
Nach Herzog Heinrichs IV. Tod 1246 ging das Herzogtum Limburg an seinen jüngeren Sohn Walram (Regierungszeit bis 1279), die Grafschaft Berg an den älteren Sohn Adolf. Dies aber scheint einen Ausgleich zwischen Adolf und seiner Mutter, die als einziges überlebendes Kind des 1218 auf dem Kreuzzug verstorbenen Grafen Adolf III. die Grafschaft geerbt hatte, notwendig gemacht zu haben. Denn in der erwähnten Urkunde von 1247 musste ein Ausgleich getroffen werden, durch den der Mutter Schloss Burg an der Wupper sowie das castrum Angermund zugesprochen wurden, dem Sohn die Burgen Windeck und Bensberg. Die Einkünfte der gesamten Grafschaft sollten zwischen Mutter und Sohn hälftig aufgeteilt werden. Auch für Margarete wurde gesorgt, indem sie ein Leibgedinge auch für den „Fall, was aber nicht zu wünschen ist, dass sie ohne Nachkommenschaft sterben sollte“, erhielt. Damit ist zugleich zu erfahren, dass sie zum Zeitpunkt dieser am 16.6.1247 ausgestellten Urkunde noch keine Kinder hatte.
Hintergrund der Heirat war das am 2.11.1243 geschlossene Bündnis zwischen dem Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden und der Familie der Herzöge von Limburg und Grafen von Berg. Margarete war eine Schwester Konrads. Nachdem das Verhältnis seines Vorgängers zu Limburg-Berg sehr angespannt gewesen war, war ihm an guten Beziehungen gelegen, auch weil er sich der niederrheinischen Opposition gegen Kaiser Friedrich II. (römisch-deutscher König 1212-1250, ab 1220 Kaiser) anschließen wollte. Die politische Bedeutung von Bündnis und Heirat wurde in den Annalen von St. Pantaleon, allerdings irrtümlich zum Jahre 1240, festgehalten: „Zur Bekräftigung dieses Friedens wurde die Schwester des Herrn Erzbischofs zur Heirat an Adolf übergeben, den Sohn des Grafen von Berg und Herzogs von Limburg, und die Hälfte des castrum Deutz wurde demselben Adolf als Lehen übergeben“.
Die Eheschließung muss bald darauf stattgefunden haben, denn bereits im März 1244 wird Margarete als Frau Adolfs genannt. Aus dieser Ehe gingen sieben Kinder hervor: Der vermutlich nach 1247 geborene älteste Sohn Adolf V. trat nach dem frühen Tod des Vaters im Jahr 1259 dessen Nachfolge als Graf von Berg an. Daneben brachte Margarete weitere fünf Söhne und eine Tochter zur Welt: Konrad, der Bischof von Münster (Episkopat 1306-1310) wurde, Engelbert, später Dompropst in Köln, Walram, der ebenfalls Propst in Köln wurde, Heinrich, Wilhelm sowie die Tochter Irmgard, die den Grafen Eberhard I. von der Mark (Regierungszeit 1277-1308) heiratete. Die Söhne schlugen zunächst alle die geistliche Laufbahn ein, Heinrich aber kehrte 1279 in den weltlichen Stand zurück und übernahm die Herrschaft Windeck. Wilhelm, bereits Domkanoniker in Köln, trat nach dem kinderlosen Tod seines ältesten Bruders Adolf V. dessen Nachfolge als Graf von Berg an (Regierungszeit 1296-1308).
Adolfs IV. Heirat mit Margarete führte zu einer engen Zusammenarbeit der beiden Schwäger. Erzbischof Konrad selbst bekannte sich in einer Urkunde vom 20.7.1246 ausdrücklich zu seinem Bündnis mit Adolf, den er als seinen lieben Schwager und Getreuen bezeichnet. So agierten sie gemeinsam 1246 und 1247 bei den Königserhebungen des thüringischen Landgrafen Heinrich Raspe (Gegenkönig 1246/1247) beziehungsweise des Grafen Wilhelm von Holland (Gegenkönig 1248-1254, römisch-deutscher König 1254-1256) und versuchten die Spielräume und Optionen der Stadt Köln zu begrenzen. Über eine Beteiligung Margaretes an diesen Vorgängen lässt sich freilich keine Aussage treffen.
Für eine politische Rolle Margaretes bereits während ihrer Ehe spricht, dass sie bald nach ihrer Heirat in einer im März 1244 ausgestellten Urkunde ihres Schwiegervaters Herzog Heinrich zugunsten der Stadt Remagen neben ihrer Schwiegermutter und ihrem Mann als Mitausstellerin genannt wird. An etwa zehn weiteren Urkunden ihres Mannes war sie beteiligt, indem sie sie besiegelte. Dabei handelte es sich vor allem um Verfügungen über Besitz und Renten, aber auch herrschaftliche Handlungen, die den bergischen Lehnsverband betrafen. So beurkundete sie 1249 gemeinsam mit ihrem Mann den Übergang einer Besitzung zu Winningen an das Kölner Domkapitel.
Wurde sie zunächst nur als Gemahlin Adolfs bezeichnet, so erhielt sie nach dem Tode der Schwiegermutter Irmgard den Titel einer Gräfin von Berg. 1253 begegnet sie als comitissa de Monte, als sie gemeinsam mit Adolf eine Schenkung an das Kloster Altenberg vornahm. An dieser Urkunde ist erstmals ihr zweites Siegel bezeugt, welches die Umschrift +S(IGILLVM) MARGARETE COMITISSE DE MONTE (Siegel der Margarete, Gräfin von Berg) trägt.
Während ihrer Ehe urkundete Margarete immer gemeinsam mit ihrem Mann. Hier deutet sich an, dass hochadelige Ehepaare durchaus gemeinsam agierten und auch gemeinsam repräsentierten. Dies lässt sich am Beispiel der Siegel belegen: Während Adolfs im Durchmesser 80 Millimeter großes Siegel ihn den Konventionen der Zeit entsprechend auf einem nach (heraldisch) links sprengenden Pferd in Rüstung und mit Schwert zeigt, ist Margarete auf ihrem mit 68 Millimeter deutlich kleineren Siegel auf einem nach (heraldisch) links gehenden Pferd im Damensitz sitzend dargestellt. Sie hält mit der einen Hand die Zügel und mit der anderen Hand einen Falken. Während Adolfs Reitersiegel ihn als hochadeligen Inhaber einer Grafschaft zeigt, akzentuiert Margaretes Falkenjagdsiegel stärker die Funktion der gesellschaftlichen Repräsentation. Beide Siegel ergänzen sich insofern.
Nach dem Tod ihres Mannes am 22.4.1259 übernahm Margarete die Regierung für ihren Sohn Adolf V. Von einer Regentschaft sprechen die Quellen selbst zwar nicht, sie ist aber daraus zu ersehen, dass Margarete seit 1259 eigenständig Urkunden ausstellte, ihr Sohn aber noch nicht in der Intitulatio genannt wird. Bereits im August 1259 hatte ihr Bruder Erzbischof Konrad sie gebeten, sich dafür einzusetzen, dass der Waffenstillstand zwischen der Stadt Köln und der Familie von Dorrenbusch hielt.
Dies macht deutlich, dass Margarete als ernstzunehmende politische Größe wahrgenommen wurde. Zeugnisse für ihre selbständige Führung der Regierungsgeschäfte gibt es schon früher: Am 20.7.1259 hatte sie als comitissa de Monte dem Kloster Altenberg den Wald von Grimberg geschenkt. Eine Urkunde vom September 1259 bezeugt, dass Margarete nicht (immer) völlig alleine entschied, da die Urkunde die Zustimmung eines Rates (de beneplacito consilii nostri) nennt; das muss freilich nicht nur auf die Regentschaft zurückzuführen sein, denn 1269 ist in einer Urkunde des erwachsenen Adolf V. ebenfalls von einem consilium die Rede.
Margarete setzte das Bündnis mit dem Erzbischof von Köln zunächst fort. Deutlich wird dies in dem großen Landfriedensbündnis vom 14.11.1259, das Erzbischof Konrad von Köln und Bischof Heinrich von Utrecht (Episkopat 1250-1267) sowie die Grafen von Geldern, Kleve, Jülich und andere schlossen. Gleichberechtigt beteiligt waren auch die verwitweten Gräfinnen Mechtild von Sayn und Margarete von Berg. Solche Landfriedensbündnisse sollten die regionale Friedenswahrung garantieren und enthielten Regularien auch für den Fall, dass eine der am Bündnis beteiligten Parteien gegen die Vereinbarungen verstieß.
Im September 1261 verstarb Erzbischof Konrad; mit dem Amtsantritt Engelberts von Falkenburg am 2. Oktober (Episkopat 1261-1274) wandelte sich die bergische Politik: Der zunehmend selbstständig agierende Adolf V. arbeitete mit anderen weltlichen Territorialherren wie den Grafen von Jülich gegen den neuen Kölner Erzbischof. Bereits seine erste ohne Mitwirkung seiner Mutter ausgestellte Urkunde macht das deutlich, denn diese hatte ein Freundschaftsbündnis mit der Stadt Köln gegen den Erzbischof zum Inhalt. Margarete wird jedoch unter denen genannt, die ihre Zustimmung gaben: mit der wille inde rade dit gescheit ist. Da die Urkunde auch von ihr besiegelt wurde, hat sie den Kurswechsel mitgetragen. Das mit dem Erzbischof Konrad geschlossene Bündnis wurde offenbar von Margarete und ihrer Familie als nur auf dessen Lebenszeit begrenzt angesehen.
Das Ende ihrer Regentschaft setzt man in das Jahr 1262, weil Adolf V. am 9.6.1262 erstmals den Grafentitel führte und alleine, ohne Nennung seiner Mutter, urkundete. Dennoch gibt es aus den Jahren 1262-1266 sowohl Urkunden, in denen Margarete ohne ihren Sohn oder gemeinsam mit ihm urkundete, seit 1265 auch mit dessen Frau Elisabeth von Geldern (gestorben 1315); dabei tritt sie immer unter dem Titel einer Gräfin von Berg auf.
Nach der Heirat ihres Sohnes zog sich Margarete von dessen Hof zurück: 1268 urkundete sie ein letztes Mal gemeinsam mit ihm; seit November 1266 stellte sie Urkunden in Hückeswagen aus. Danach begegnet sie bis zu ihrem Tod nur noch in fünf Urkunden, trat also kaum noch in Erscheinung. Ob dieser Rückzug freiwillig war, oder der Sohn sie dazu drängte, kann nicht sicher entschieden werden. Eine Urkunde Adolfs V., in der Margaretes Stellung als ehemalige Gräfin von Berg und nunmehrige Herrin von Hückeswagen betont wird, scheint allerdings auf eine gezielte Abgrenzung durch den Sohn zu deuten. Doch warum Hückeswagen? Für eine in der Literatur gelegentlich angenommene (erste) Ehe der Margarete mit Graf Arnold von Hückeswagen gibt es keinerlei belastbare Quellenhinweise. Erkennbar wird der Bezug zu Hückeswagen erst 1260, als Margarete das predium de Hukenswage sowie die zugehörige Burg von den Söhnen des damals längst verstorbenen Grafen Arnold kaufte. Dabei handelte es sich offenbar um eine Übereinkunft zwischen diesen Söhnen und Margarete persönlich, da weder ihr Sohn Adolf V. noch andere Kinder oder Verwandte in der Urkunde eine Rolle spielen. Damit stand ihr nun ein Gebiet von etwa 60 Quadratkilometern als eigenständiger Herrschafts- und Wirtschaftsraum zur Verfügung. Seitdem führte sie den Titel domina de Huekinswage (Herrin von Hückeswagen), der immerhin ihre Stellung als hochadelige Frau zum Ausdruck brachte, und lebte hier bis zu ihrem Tod 1314.
Quellen
Annales S. Pantaleonis, ed Hermann Cardauns, MGH SS 22 (1872), S. 529-547. [online]
Harleß, Woldemar (Hg.), Das Memorienregister der Abtei Altenberg, in: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 31 (1895), S. 119-150.
Knipping, Richrad (Bearb.), Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter, Band 3, Bonn 1909, Nachdruck Düsseldorf 1985. [online]
Lacomblet, Theodor Joseph, Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins oder des Erzstifts Cöln, der Fürstenthümer Jülich und Berg, Geldern, Meurs, Kleve und Mark, und der Reichsstifte Elten, Essen und Werden, Band 2, Düsseldorf 1846. [online]
Mosler, Hans (Bearb.), Urkundenbuch der Abtei Altenberg, Band 1, Bonn 1912.
Literatur
Bader, Ute, Geschichte der Grafen von Are bis zur Hochstadenschen Schenkung (1246), Bonn 1979.
Brendler, Albrecht, Graf Adolf V. von Berg (um 1245-1290). Ein Portrait, in: Düsseldorfer Jahrbuch 69 (1998), S. 127-158.
Kraus, Thomas R., Die Entstehung der Landesherrschaft der Grafen von Berg bis zum Jahre 1225, Neustadt an der Aisch 1981.
Stieldorf, Andrea, Rheinische Frauensiegel. Studien zur rechtlichen und sozialen Stellung weltlicher Frauen im Rheinland im 13. und 14. Jahrhundert, Köln [u.a.] 1999.
Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Stieldorf, Andrea, Margarete von Hochstaden, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/margarete-von-hochstaden/DE-2086/lido/5cff756eb46a97.90296769 (abgerufen am 07.10.2024)