Peco Bauwens

Bauunternehmer, Schiedsrichter und Sportfunktionär (1886-1963)

Ansgar Molzberger (Köln)

Peco Bauwens, undatiert. (www.grevenarchivdigital.de | Kölnische Rundschau)

FI­FA-Schieds­rich­ter in 82 Län­der­spie­len, Mit­glied des FI­FA-Exe­ku­tiv­ko­mi­tees von 1932 bis 1945, nach dem Zwei­ten Welt­krieg Sport­be­auf­trag­ter für die Stadt Köln und Mit­be­grün­der di­ver­ser lo­ka­ler und re­gio­na­ler Sport­ver­ei­ni­gun­gen, 1. Vor­sit­zen­der des Lan­des­sport­bun­des Nord­rhein-West­fa­len von 1947 bis 1957, Vi­ze­prä­si­dent des Na­tio­na­len Olym­pi­schen Ko­mi­tees für Deutsch­land von 1949 bis 1963 und Prä­si­dent des Deut­schen Fuß­ball-Bun­des von 1949/50 bis 1962 – so­weit die Eck­da­ten zum Sport­wir­ken Pe­co Bau­wens‘.

Wie je­doch die beim Wie­der­auf­bau des Sports in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ge­ra­de­zu om­ni­prä­sen­te Fi­gur bio­gra­fisch zu ver­or­ten ist, hier­über gibt es mitt­ler­wei­le Auf­fas­sun­gen, die frü­he­ren Dar­stel­lun­gen dia­me­tral ge­gen­über­ste­hen: Das von Sport und Me­di­en – und Bau­wens selbst – ge­zeich­ne­te Bild des Köl­ner Bau­un­ter­neh­mers war zu des­sen Leb­zei­ten und noch bis zum En­de des 20. Jahr­hun­derts ge­prägt von Be­schrei­bun­gen wie „Gent­le­man“, „Grand­sei­gneur“, „Ka­va­lier vom Schei­tel bis zur Soh­le“. Es wur­de wie­der­keh­rend be­tont, Bau­wens, zu­meist als pro­mo­vier­ter „Fuß­ball­dok­tor“ (Dr. jur.) ti­tu­liert, ha­be das „Drit­te Reich“ po­li­tisch un­be­las­tet über­stan­den. In den letz­ten Jah­ren ka­men je­doch Stim­men auf, die Bau­wens ein völ­lig an­de­res Zeug­nis aus­stel­len. Im Zu­ge von Nach­for­schun­gen zur Bio­gra­fie des Sport­funk­tio­närs wur­den nun­mehr feh­len­de Be­le­ge für ei­ne Pro­mo­ti­on auf­ge­führt, wei­ter­hin der Ver­such der Ein­fluss­nah­me auf die FI­FA im Sin­ne der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten. Ins­be­son­de­re je­doch der Ein­satz von Zwangs­ar­bei­te­rin­nen und -ar­bei­tern im Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men wäh­rend der NS-Zeit führ­te zur ge­än­der­ten his­to­ri­schen Ein­ord­nung Bau­wens‘.

Pe­ter Jo­seph „Pe­co“ Bau­wens wur­de am 24.12.1886 als Sohn von Pe­ter (1852-1904) und So­phie Bau­wens, geb. Brems (1860-1938), in Köln ge­bo­ren und ka­tho­lisch ge­tauft. Hier hat­te der aus Bel­gi­en stam­men­de Va­ter zu­sam­men mit sei­nem Bru­der Ca­mil­le Bau­wens (1849-1885) 1873 ein schon bald flo­rie­ren­des Bau­un­ter­neh­men ge­grün­det.

Nach ei­ner schwe­ren, bei ei­nem Fahr­rad­un­fall er­lit­te­nen Bein­ver­let­zung – es droh­te die Am­pu­ta­ti­on –, soll­te der da­mals zehn­jäh­ri­ge Pe­co Bau­wens auf ärzt­li­chen Rat viel Sport zur Kräf­ti­gung trei­ben. Ne­ben Leicht­ath­le­tik, Rad­sport, Ru­dern und Ten­nis ent­deck­te der auch mu­sisch ge­schul­te Sohn ei­ner groß­bür­ger­li­chen Fa­mi­lie das Fuß­ball­spie­len für sich und wur­de Mit­glied im äl­tes­ten Fuß­ball­ver­ein der Dom­stadt, dem Köl­ner Fuß­ball-Club 1899, der kurz vor der Jahr­hun­dert­wen­de als In­ter­na­tio­na­ler Fuß­ball-Club Cöln ge­grün­det wor­den war (heu­te: 1. FSV Köln 1899).

Das Präsidium des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland zu Besuch bei den Hannoveraner Continental Werken, die die Teilnahme der westdeutschen Mannschaft an den Olympischen Spielen 1952 in Helsinki finanziell unterstützten, in der rechten Personengruppe Peco Bauwens (2. v.l.), um 1950. (Carl und Liselott Diem-Archiv/ 2346)

 

Mit dem Ver­ein wur­de er 1906 West­deut­scher Meis­ter. Un­ter ku­rio­sen Um­stän­den kam Bau­wens am 16.5.1910 in Duis­burg so­gar zu ei­nem Län­der­spiel­ein­satz: Am Vor­tag hat­te in Köln zwi­schen dem Karls­ru­her FV und Hol­stein Kiel (1:0 n.V.) das End­spiel um die Deut­sche Meis­ter­schaft statt­ge­fun­den. Ei­ni­ge Karls­ru­her Na­tio­nal­spie­ler fei­er­ten ih­ren Er­folg dar­auf­hin so aus­gie­big, dass sie am nächs­ten Tag beim Län­der­spiel ge­gen die bel­gi­sche Aus­wahl fehl­ten. Die nicht voll­zäh­li­ge deut­sche Na­tio­nal­mann­schaft muss­te dar­auf­hin spon­tan mit Zu­schau­ern „auf­ge­füll­t“ wer­den, um das Spiel star­ten zu kön­nen. Auf die­se Wei­se kam der ei­gent­lich als Fuß­ball­an­hän­ger nach Duis­burg ge­reis­te Bau­wens bei der deut­schen 0:3-Nie­der­la­ge zu sei­nem ein­zi­gen Ein­satz für die DFB-Elf, muss­te je­doch noch vor der Halb­zeit we­gen ei­nes Seh­nen­an­ris­ses auf­ge­ben – und be­schloss dar­auf­hin, dem Fuß­ball fort­an in ers­ter Li­nie als Schieds­rich­ter ver­bun­den zu blei­ben. In die­ser Funk­ti­on lei­te­te Bau­wens bis zum En­de sei­ner Lauf­bahn ne­ben hun­der­ten Ver­eins­spie­len fünf End­spie­le um die Deut­sche Meis­ter­schaft, das Fi­na­le des olym­pi­schen Fuß­ball­tur­niers 1936 (Ita­li­en – Ös­ter­reich, 2:1 n.V.) so­wie 82 Län­der­spie­le.

Wäh­rend sei­ner Zeit als Fuß­bal­ler be­gann Bau­wens, der 1907 sei­ne Schul­zeit an der Köl­ner Hum­boldt-Ober­re­al­schu­le mit dem Ab­itur ab­ge­schlos­sen hat­te, mit ei­nem Ju­ra­stu­di­um, zu­nächst ein Se­mes­ter in Ber­lin, dann vom Win­ter­se­mes­ter 1907/08 bis zum Früh­jahr 1910 an der Rhei­ni­schen Fried­rich-Wil­helms-Uni­ver­si­tät Bonn. Hier war er dem Corps Sa­xo­nia bei­ge­tre­ten, ei­ner schla­gen­den stu­den­ti­schen Ver­bin­dung. Nach Ei­gen­dar­stel­lung wur­de Bau­wens 1914 an der Uni­ver­si­tät Leip­zig pro­mo­viert, im Rah­men neue­rer Re­cher­chen zu sei­ner Bio­gra­fie wur­den al­ler­dings ernst­haf­te Zwei­fel hier­an ge­äu­ßert, da sich we­der im Leip­zi­ger Uni­ver­si­täts­ar­chiv noch in Bi­blio­the­ken Be­le­ge für ein Pro­mo­ti­ons­ver­fah­ren ge­schwei­ge ei­ne Dis­ser­ta­ti­on fin­den las­sen.

1913 war Bau­wens in das Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men ein­ge­tre­ten; sein äl­te­rer Bru­der Ca­mil­lus (1882-1954) war nach dem Tod des Va­ters be­reits 1904 Teil­ha­ber des Bau­kon­zerns ge­wor­den. Pe­co Bau­wens‘ zwei­ter Bru­der Jean (1884-1955) – in spä­te­ren Do­ku­men­ten „Jo­han­n“ – stieß 1931 als Teil­ha­ber und Tech­ni­scher Lei­ter hin­zu. Im Ers­ten Welt­krieg fun­gier­te Pe­co Bau­wens als Bau­lei­ter für mi­li­tä­ri­sche Be­fes­ti­gungs­an­la­gen.

Nach Kriegs­en­de hei­ra­te­te er 1920 die jü­di­sche Kauf­mann­s­toch­ter Eli­se Gidi­on (1891-1940); aus der Ehe gin­gen die Kin­der Pe­ter Franz (1921-1948) und Li­se­lot­te („Li­lo“, 1927-2009) her­vor. Ne­ben der Ar­beit im ei­ge­nen Un­ter­neh­men, das un­ter an­de­rem das 1931 in Be­trieb ge­nom­me­ne Ford-Werk in Köln-Niehl er­bau­te, wid­me­te sich Bau­wens auch wie­der dem Fuß­ball, ins­be­son­de­re als Schieds­rich­ter und Funk­tio­när. In sei­nem Hei­mat­ver­ein, der 1916 in Köl­ner Sport-Club 1899 um­be­nannt wor­den war, wur­de Bau­wens 1927 zum Ver­eins­vor­sit­zen­den ge­wählt. Auch in­ter­na­tio­nal er­klomm er die Kar­rie­re­lei­ter. 1925 wur­de der mitt­ler­wei­le er­fah­re­ne Schieds­rich­ter in die Re­gel­kom­mis­si­on der Fédé­ra­ti­on In­ter­na­tio­na­le de Foot­ball As­so­cia­ti­on (FI­FA) be­ru­fen, ein Jahr spä­ter in das der Kom­mis­si­on über­ge­ord­ne­te In­ter­na­tio­nal Board. Von 1932 bis 1945 war er Mit­glied des FI­FA-Exe­ku­tiv­ko­mi­tees.

Nach dem En­de des Zwei­ten Welt­kriegs re­kla­mier­te Bau­wens für sich, Op­fer der NS-Dik­ta­tur ge­wor­den zu sein. So ha­be sei­ne im NS-Jar­gon als „Misch­ehe“ be­zeich­ne­te Ver­bin­dung mit Eli­se Gidi­on zu ste­ti­gen Dis­kri­mi­nie­run­gen und An­fein­dun­gen ge­gen die Fa­mi­lie ge­führt, die sei­ne zu­neh­mend ver­zwei­fel­te Frau in den Al­ko­hol und 1940 schlie­ß­lich in den Sui­zid ge­trie­ben hät­ten. Er selbst sei vor dem Hin­ter­grund sei­ner Ehe und oh­ne NS­DAP-Mit­glied­schaft ab 1933 zur per­so­na non gra­ta ge­wor­den, auch im Fuß­ball.

An­läss­lich des 100-jäh­ri­gen DFB-Ju­bi­lä­ums im Jahr 2000 neu auf­ge­nom­me­ne Nach­for­schun­gen zur Bio­gra­fie Bau­wens‘ ka­men hin­ge­gen zu an­de­ren Er­geb­nis­sen: Ba­sie­rend auf be­hörd­li­chen Ak­ten aus der NS-Zeit und schrift­lich über­lie­fer­ten Aus­sa­gen sei­nes Sohns Pe­ter Franz wur­de nun vor­ge­bracht, Bau­wens‘ (un-) ehe­li­ches Ver­hal­ten ha­be ent­schei­dend zur Ver­zweif­lung sei­ner Frau Eli­se bei­ge­tra­gen. Wei­ter­hin hat­te Bau­wens ver­sucht, zum 1.5.1933 der NS­DAP bei­zu­tre­ten. Dies wur­de 1934 je­doch ab­ge­lehnt – wahr­schein­lich auf­grund des Um­stands, dass der An­trag­stel­ler mit ei­ner Jü­din ver­hei­ra­tet war. Dar­über hin­aus wur­de Bau­wens‘ En­ga­ge­ment in der FI­FA nun­mehr als ak­ti­ver Ver­such der deut­schen Ein­fluss­nah­me auf das in­ter­na­tio­na­le Fuß­ball­ge­schäft im Sin­ne der NS-Po­li­tik be­wer­tet.

Die Un­ter­su­chung sei­ner be­ruf­li­chen Tä­tig­keit zeig­te auf, dass auch das von Pe­co Bau­wens zu­sam­men mit sei­nen Brü­dern ge­führ­te Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men, das in der NS-Zeit wei­ter­hin gro­ße Bau­auf­trä­ge er­hielt, in das flä­chen­de­cken­de, In­dus­trie, Hand­werk, Land­wirt­schaft und Pri­vat­haus­hal­te ein­be­zie­hen­de NS-Sys­tem der Zwangs­ar­beit ein­ge­bun­den war und auf den Ein­satz von Zwangs­ar­bei­te­rin­nen und Zwangs­ar­bei­tern so­wie KZ-Häft­lin­gen zu­rück­ge­grif­fen hat­te. Hier­zu – so­wie zum sport­po­li­ti­schen FI­FA-Wir­ken Bau­wens‘ in der NS-Zeit – re­cher­chier­te ei­ni­ge Jah­re spä­ter auch das Zwei­te Deut­sche Fern­se­hen, un­ter an­de­rem in den Arol­sen Ar­chi­ves, dem in­ter­na­tio­na­len Zen­trum über NS-Ver­fol­gung im hes­si­schen Bad Arol­sen. Sei­ne Er­geb­nis­se strahl­te der Sen­der 2021 in der Do­ku­men­ta­ti­on „Das dunk­le Er­be – Na­zis im deut­schen Fuß­bal­l“ aus.

Nach der deut­schen Ka­pi­tu­la­ti­on 1945 hat­te Bau­wens gleich­wohl den Sta­tus des NS-Un­be­las­te­ten in­ne. In sei­ner Hei­mat­stadt en­ga­gier­te er sich in der Lo­kal- und Wirt­schafts­po­li­tik und stand zu­nächst der Köl­ner In­dus­trie- und Han­dels­kam­mer, spä­ter auch der deutsch-bel­gisch-lu­xem­bur­gi­schen Han­dels­kam­mer vor.

Als von der bri­ti­schen Be­sat­zungs­macht er­nann­ter Sport­be­auf­trag­ter wur­de Bau­wens zu­dem zum Dreh- und An­gel­punkt im Wie­der­auf­bau des or­ga­ni­sier­ten Sports in Köln und dar­über hin­aus: 1947 wur­de er zum Vor­sit­zen­den des Fuß­ball­ver­ban­des Nord­rhein-West­fa­len (heu­te: West­deut­scher Fuß­ball­ver­band) und zum 1. Vor­sit­zen­den des neu ge­grün­de­ten Lan­des­sport­bun­des Nord­rhein-West­fa­len (LSB NRW) ge­wählt. Un­um­strit­ten war Bau­wens bei sei­ner Wahl je­doch nicht, denn als Fuß­ball­ver­tre­ter setz­te er sich in der Grund­satz­fra­ge zur Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tur „Sport­ar­ten­über­grei­fen­der Ein­heits­ver­band oder Dach­or­ga­ni­sa­ti­on der ein­zel­nen Fach­ver­bän­de?“ mit Nach­druck für das Fach­ver­bands­mo­dell ein. Die un­ter sei­nem Zu­tun ge­trof­fe­ne Rich­tungs­ent­schei­dung un­ter­schied in die­ser Zeit den LSB NRW im in­ner­deut­schen Ver­gleich von an­de­ren Lan­des­sport­bün­den.

Gleich­zei­tig sorg­te Bau­wens aber im Sin­ne ei­ner Sport-So­li­da­ri­tät da­für, dass „sein“ wohl­ha­ben­der Fuß­ball­ver­band an­fäng­lich nicht nur den Gro­ß­teil des LSB NRW-Haus­hal­tes fi­nan­zier­te, son­dern auch zu Guns­ten der an­de­ren Sport­fach­ver­bän­de auf sei­nen An­teil aus den ab 1949 flie­ßen­den Fuß­ball-To­to-Gel­dern ver­zich­te­te – al­lein im Pre­mie­ren­jahr wur­den Er­trä­ge aus der Sport­wet­te in Hö­he von 200.000 DM zur För­de­rung der Ju­gend­ar­beit im LSB NRW be­reit­ge­stellt.

Das Fest­hal­ten des ei­gen­wil­li­gen sport­po­li­ti­schen Schwer­ge­wichts (Hans-Die­ter Krebs) am Pri­mat der Fach­ver­bän­de führ­te auf na­tio­na­ler Ebe­ne gleich­wohl auch zu Zer­würf­nis­sen. So trat der LSB NRW 1949 aus der ein Jahr zu­vor ge­grün­de­ten Ar­beits­ge­mein­schaft Deut­scher Sport (ADS), die den Auf­bau ei­ner na­tio­na­len Dach­or­ga­ni­sa­ti­on vor­be­rei­te­te, aus. In der ADS hat­te der kom­pro­miss­los für das Fach­ver­bands­prin­zip ein­tre­ten­de Bau­wens 1948 ei­ne Nie­der­la­ge er­lit­ten, als die De­le­gier­ten sei­nen hes­si­schen Kon­tra­hen­ten und Wi­der­sa­cher Heinz Lind­ner (1904-1982) mit der Mehr­heit von ei­ner Stim­me zum Vor­sit­zen­den ge­wählt hat­ten. Bei der Grün­dung des Deut­schen Sport­bun­des (DSB) am 10.12.1950 in Han­no­ver war der LSB NRW dann aber zu­ge­gen und wur­de DSB-Mit­glied.

Der LSB NRW un­ter der Lei­tung von Bau­wens und den zwei­ten Vor­sit­zen­den Lud­wig Wol­ker, ein ka­tho­li­scher Geist­li­cher, und dem frü­he­ren Ar­bei­ter­sport­ler Hu­go Gröm­mer konn­te sich nach sei­ner Grün­dung zü­gig kon­so­li­die­ren. Mark­stei­ne der ers­ten Ver­bands­jah­re wa­ren die Schaf­fung des So­zi­al­werks „Sport­hil­fe e.V.“, das ei­ne für al­le nord­rhein-west­fä­li­schen Sport­ver­ei­ne ob­li­ga­to­ri­sche Sport­un­fall­ver­si­che­rung ent­hielt, die bun­des­weit frü­hes­te Wie­der­ein­füh­rung des nach der zwi­schen­zeit­li­chen NS-Prä­gung nun wie­der von wehr­sport­li­cher Aus­rich­tung be­frei­ten Deut­schen Sport­ab­zei­chens und die Er­wei­te­rung der Sport­heil­stät­te Hel­ler­sen in Lü­den­scheid.

Dass erst 1950 der 1. or­dent­li­che LSB NRW-Bun­des­tag statt­fand, bei dem ei­ne neue Sat­zung ver­ab­schie­det wur­de, wur­de aus An­lass des 50-jäh­ri­gen Ju­bi­lä­ums von Hans-Die­ter Krebs rück­bli­ckend als Aus­druck ei­nes un­or­tho­do­xen und prag­ma­ti­schen, aber kei­nes­wegs pa­tri­ar­cha­li­schen Füh­rungs­stils des 1. Vor­sit­zen­den in­ter­pre­tiert. Dem da­mals (noch) vor­herr­schen­den Bild von Bau­wens ent­spre­chend bi­lan­zier­te er des­sen Amts­zeit mit den Wor­ten: Als Pe­co Bau­wens am 27. Ok­to­ber 1957 nach zehn­jäh­ri­ger Tä­tig­keit sein Prä­si­den­ten­amt an Wil­li Wey­er über­gab, spra­chen die an­er­kann­te Po­si­ti­on des Lan­des­Sport­Bun­des als pro­fi­lier­ter Spre­cher des Sports im Lan­de und die un­um­kehr­ba­ren Fak­ten für den er­folg­rei­chen Kurs des kon­se­quen­ten Prag­ma­ti­kers und Grün­der­va­ters mit Herz und bei al­ler Här­te mit dem Sinn für Rit­ter­lich­keit. Der Köl­ner Sport­jour­na­list Jo­sef „Jup­p“ Mül­ler (1923-2008) be­schrieb Bau­wens in sei­ner bio­gra­fi­schen Rück­schau hin­ge­gen zwar als po­li­tisch „un­be­fleck­ten“ Gent­le­man-Sport­ler, be­zeich­ne­te des­sen Füh­rungs­stil im LSB NRW aber als au­to­ri­tär.

Peco Bauwens als Schiedsrichter, undatiert. (Carl und Liselott Diem-Archiv)

 

Über sein Amt im LSB NRW hin­aus wur­de Bau­wens bei der im Rah­men der Bun­des­fei­er in Bonn am 24.9.1949 er­folg­ten Grün­dung des Na­tio­na­len Olym­pi­schen Ko­mi­tees für Deutsch­land (NOK) zum Vi­ze­prä­si­den­ten ge­wählt. Die „olym­pi­sche“ (Zu­satz-) Auf­ga­be hat­te er bis 1963 in­ne.

Den Hö­he­punkt sei­ner Kar­rie­re als Sport­funk­tio­när hat­te der Fuß­ball­ver­tre­ter Bau­wens da­ge­gen be­reits am 10.7.1949 er­reicht: Beim ers­ten Bun­des­tag des Deut­schen Fuß­ball-Aus­schus­ses wur­de er mit gro­ßer Stim­men­mehr­heit zum Prä­si­den­ten des ein Jahr spä­ter of­fi­zi­ell ge­grün­de­ten Deut­schen Fuß­ball-Bun­des (DFB) ge­wählt. Der ve­he­men­te Ver­fech­ter des Fach­ver­bands­prin­zips, der For­de­run­gen nach der Ein­füh­rung des Be­rufs­fuß­balls in Deutsch­land zeit sei­nes Le­bens ei­ne Ab­sa­ge er­teil­te und den Frau­en­fuß­ball ab­lehn­te, stand nun dem be­deut­sams­ten deut­schen Sport­ver­band vor. Mit dem 1954 er­run­ge­nen ers­ten WM-Ti­tel ei­ner deut­schen Fuß­ball­na­tio­nal­mann­schaft fiel dann auch das her­aus­ra­gen­de Sport­er­eig­nis in der Früh­zeit der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land in Bau­wens‘ DFB-Amts­zeit, die bis 1962 an­dau­er­te.

Eben die­ser Über­ra­schungs­er­folg vom 4.7.1954, als die deut­sche Aus­wahl das hoch fa­vo­ri­sier­te Team aus Un­garn mit 3:2 hat­te be­sie­gen kön­nen, sorg­te im An­schluss je­doch für sport­po­li­ti­sche Ver­stim­mun­gen, als sich Bau­wens vor der Pres­se zum WM-Sieg äu­ßer­te. Er schlug in sei­ner li­ve im Baye­ri­schen Rund­funk über­tra­ge­nen Re­de bei der am 6.7.1954 in Mün­chen statt­fin­den­den Sie­ges­fei­er über­bor­dend na­tio­na­lis­ti­sche Tö­ne an. Bun­des­prä­si­dent Theo­dor Heuss (1884-1963) kri­ti­sier­te Bau­wens dar­auf­hin – mil­de – bei der of­fi­zi­el­len WM-Fei­er am 18.7.1954 im voll be­setz­ten Ber­li­ner Olym­pia­sta­di­on. Gleich­wohl er­hiel­ten Bau­wens so­wie Trai­ner Jo­sef „Sep­p“ Her­ber­ger (1897-1977) und die Spie­ler der WM-Elf vom Bun­des­prä­si­den­ten das Sil­ber­ne Lor­beer­blatt, die höchs­te sport­li­che Aus­zeich­nung in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land.

Zu den wei­te­ren Eh­run­gen, die Bau­wens, der 1956 zum Vi­ze­prä­si­den­ten des eu­ro­päi­schen Fuß­ball­ver­bands (Uni­on des as­so­cia­ti­ons eu­ro­péen­nes de foot­ball, UE­FA) ge­wählt wur­de, zu Leb­zei­ten er­hielt, zäh­len das Gro­ße Ver­dienst­kreuz der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land (1956), der Eh­ren­vor­sitz des LSB NRW (1957) und die DFB-Eh­ren­prä­si­dent­schaft (1962). 

Der an Leuk­ämie er­krank­te Bau­wens, seit 1951 in zwei­ter Ehe ver­hei­ra­tet, starb am 17.11.1963 in sei­ner Hei­mat­stadt Köln. Bei der Be­er­di­gung auf dem Köl­ner Fried­hof Me­la­ten ge­lei­te­ten mit Horst Eckel (1932-2021), Wer­ner Lie­brich (1927-1995), To­ni Tu­rek und Fritz Wal­ter (1920-2002) vier Fuß­ball-Welt­meis­ter von 1954 den Sarg.

Gründungssitzung des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland im Bonner Museum Koenig, auf dem Foto sind die Präsidiumsmitglieder (v.l.n.r.) Willi Daume, Peco Bauwens, Max Danz und Carl Diem sowie – in deren Mitte – NOK-Präsident Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg zu sehen, 24.9.1949. (Carl und Liselott Diem-Archiv/ 2350)

 

Ei­ne wei­te­re Eh­rung wur­de Bau­wens post­hum zu­teil: Auf An­trag des Stadt­Sport­Bun­des Köln wur­de 1967 der „Gür­tel­we­g“ am west­li­chen Rand des Cam­pus der Deut­schen Sport­hoch­schu­le Köln in „Pe­co-Bau­wens-Al­lee“ um­be­nannt. In der Nacht vom 4. auf den 5.4.2023 kam es hier zu ei­ner Pro­test­ak­ti­on, als Un­be­kann­te durch ei­ne am Stra­ßen­schild an­ge­brach­te Pla­ka­tie­rung ei­ne Än­de­rung des Stra­ßen­na­mens in „Al­lee der Zwangs­ar­bei­ter*in­nen“ for­der­ten. Ei­ne wei­te­re Ak­ti­on die­ser Art blieb bis­lang aus, die Dis­kus­si­on zur bio­gra­fi­schen Ein­ord­nung Pe­co Bau­wens‘ als ei­nem der füh­ren­den deut­schen Sport­ge­stal­ter der Nach­kriegs­zeit hält gleich­wohl an.

Quellen

Ent­na­zi­fi­zie­rungs­ak­te „Bau­wens, Ca­mil­lus“. Lan­des­ar­chiv NRW, Ab­tei­lung Rhein­land, Be­stand: NW 1049, Si­gna­tur: 60706.

Ent­na­zi­fi­zie­rungs­ak­te „Bau­wens, Jo­han­n“. Lan­des­ar­chiv NRW, Ab­tei­lung Rhein­land, Be­stand: NW 1048-9, Si­gna­tur: 290.

Ent­na­zi­fi­zie­rungs­ak­te „Bau­wens, Pe­ter Fran­z“. Lan­des­ar­chiv NRW, Ab­tei­lung Rhein­land, Be­stand: NW 1049, Si­gna­tur: 22056.

Kor­re­spon­denz Carl Diem – Pe­co Bau­wens, Carl und Li­se­lott Diem-Ar­chiv der Deut­schen Sport­hoch­schu­le Köln.

Map­pe „Bau­wens, Pe­co“. Pres­se­ar­chiv im Carl und Li­se­lott Diem-Ar­chiv der Deut­schen Sport­hoch­schu­le Köln. 

Onlinequellen

Bau­wens GmbH & Co. KG, Die Bau­wens Chro­nik – Mit dem Wil­len zur Ver­än­de­rung, 2025, [On­line].

Mun­zin­ger On­line – In­ter­na­tio­na­les Sport­ar­chiv, „Pe­co Bau­wen­s“, 2007, [On­line].

Zwei­tes Deut­sches Fern­se­hen, Das dunk­le Er­be – Na­zis im deut­schen Fuß­ball (Ter­ra X His­to­ry – die Ein­zel­do­kus), 2021, [On­line].

Literatur

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Die Peco-Bauwens-Allee nach der Protestaktion, 2023. (Carl und Liselott Diem-Archiv)

 
Zitationshinweis

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Molzberger, Ansgar, Peco Bauwens, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/peco-bauwens/DE-2086/lido/57c575e63f36a2.92887888 (abgerufen am 10.07.2025)

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 03.07.2025