Peter Kreuder

Komponist, Pianist und Dirigent (1905-1981)

Dietmar Kottmann (Aachen)

Peter Kreuder am Klavier, um 1976.

Pe­ter Kreu­ders Auf­stieg zu ei­nem der er­folg­reichs­ten Un­ter­hal­tungs­mu­si­ker Deutsch­lands, der auch in­ter­na­tio­nal Be­ach­tung fand, be­gann in den 1930er Jah­ren. An die gro­ßen Er­fol­ge sei­ner Schla­ger und Film­mu­si­ken konn­te er nach dem Zwei­ten Welt­krieg nicht wie­der ganz an­knüp­fen.

Pe­ter Kreu­der war Sohn des gleich­na­mi­gen aus Köln stam­men­den Kam­mer­sän­gers (Te­nor) und des­sen Frau Mar­ga­re­the, ge­bo­re­ne Hei­de­mann. Ent­ge­gen ei­ner an­ders lau­ten­den Über­lie­fe­rung wur­de er am 18.8.1905 nicht wäh­rend des Auf­tritts sei­nes Va­ters in der Aa­che­ner Thea­ter­gar­de­ro­be, son­dern tags­über im Hau­se Gro­ß­k­öln­stra­ße 53 ge­bo­ren. Sei­ne mu­si­ka­li­sche Früh­er­zie­hung er­hielt er in sei­ner ei­gent­li­chen Va­ter­stadt Köln und soll schon mit sechs Jah­ren im Gür­ze­nich als So­list am Kla­vier auf­ge­tre­ten sein.

Kreu­der stu­dier­te Mu­sik, Pia­no und Kom­po­si­ti­on in Ber­lin, Mün­chen und Ham­burg. Sei­ne ers­ten grö­ße­ren En­ga­ge­ments hat­te er ab 1929 an Ber­li­ner Ka­ba­rett­büh­nen. Dort hat­te er Kon­takt un­ter an­de­rem mit Max Rein­hardt (1873-1943) und Fried­rich Hol­la­en­der (1896-1976). Ne­ben sei­nen Kon­zert­rei­sen und Ton­auf­nah­men kom­po­nier­te er be­stän­dig Film­mu­si­ken. Kreu­der wur­de am 1.8.1932 Mit­glied der NS­DAP (Mit­glieds­num­mer1.275.600), je­doch be­reits im No­vem­ber 1934 wie­der aus der Mit­glie­der­lis­te des Gaus Ober­bay­ern-Mün­chen ge­stri­chen. Er war vier Mal ver­hei­ra­tet. Von sei­nen Kin­dern hat ihn kei­nes über­lebt. Sei­ne zwei­te Frau Ger­traud (ge­bo­re­ne Kuhlo) war eng mit der Frau des Gau­lei­ters und bay­ri­schen Staats­mi­nis­ters Adolf Wag­ner (1890-1944) be­freun­det und hat ihm ver­mut­lich zur Be­ru­fung an die Bay­ri­sche Staats­o­pe­ret­te (auch Gärt­ner­platz­thea­ter) ver­hol­fen.

1934/ 1935 war Kreu­der mu­si­ka­li­scher Lei­ter des Schau­spiel­hau­ses Mün­chen und 1938 Mu­sik­di­rek­tor am Thea­ter am Gärt­ner­platz. 1941 sag­te er die von sei­ner Agen­tur Gun­der­loch vor­be­rei­te­ten Kon­zer­te in dem durch Bom­ben­an­grif­fe ge­fähr­de­ten Wes­ten des Rei­ches ab und spiel­te in der Mit­te des Jah­res 1943 mit der Über­le­gung, sich dau­er­haft im neu­tra­len Schwe­den nie­der­zu­las­sen. Da die Mög­lich­kei­ten, sich von hier aus künst­le­risch ent­fal­ten zu kön­nen, ein­ge­schränkt wa­ren und er kei­ne sei­nen Be­dürf­nis­sen ent­spre­chen­den Ein­nah­men er­zie­len konn­te, kehr­te er spä­tes­tens im Herbst 1943 nach Deutsch­land zu­rück, wo er wei­ter­hin mit der Kom­po­si­ti­on von Film­mu­si­ken be­traut war. Die Um­stän­de sei­ner Rück­kehr sind je­doch nicht gänz­lich ge­klärt. Kreu­der hielt sich in den letz­ten Kriegs­jah­ren be­vor­zugt in Prag, wo­hin die deut­schen Film­stu­di­os ver­legt wa­ren, und schlie­ß­lich in Bad Aus­see im Salz­kam­mer­gut auf. Die Be­grün­dung von Bad Aus­se­er Fest­spie­len schei­ter­te 1945 am Ver­bot durch die Al­li­ier­te Mi­li­tär­re­gie­rung.

In Kreu­ders Werk über­wie­gen die Schla­ger. Der An­fang der 1930er Jah­re auf­kom­men­de Ton­film bot in der Form des Mu­sik­films neue Mög­lich­kei­ten, mit po­pu­lä­rer Mu­sik vie­le Hö­rer zu er­rei­chen. Be­son­ders er­folg­rei­che Ever­greens wa­ren "Bel Ami", "Good bye Joh­ny", "Ich brau­che kei­ne Mil­lio­nen", "Ich wollt´, ich wär ein Huhn". Fritz Beck­mann (1909-1979) war sein be­vor­zug­ter Tex­ter. Im Film ar­bei­te­te Kreu­der mit den bes­ten Re­gis­seu­ren und den be­kann­tes­ten Schau­spie­lern sei­ner Zeit zu­sam­men. Bei­spiel­haft sei­en er­wähnt Wil­li Forst (1903-1980), Gus­tav Gründ­gens, Gus­tav Uci­cky (1899-1961), Hans Al­bers (1891-1960), Mar­le­ne Diet­rich (1901-1992), Jo­han­nes Heesters (ge­bo­ren 1903), Hans Mo­ser (1880-1964), Theo Lin­gen (1903-1978), Ma­ri­ka Rökk (1913-2004) und Heinz Rüh­mann. Kreu­der hat­te ein un­trüg­li­ches Ge­spür für ge­fäl­li­ge Me­lo­di­en. Cha­rak­te­ris­tisch für sei­ne Mu­sik sind ei­ne hei­te­re Stim­mung und ein flot­ter Rhyth­mus, der zum Mit­tan­zen an­reizt. Die­se Art von Un­ter­hal­tungs­mu­sik wur­de durch den Reichs­mi­nis­ter für Pro­pa­gan­da und Volks­auf­klä­rung Jo­seph Go­eb­bels in den Kriegs­jah­ren be­son­ders ge­för­dert, um die Men­schen vom har­ten All­tag und den Kriegs­nö­ten ab­zu­len­ken. Kreu­der konn­te aber auch an­ders. Erst sei­ne Mu­sik ver­lieh dem Pro­pa­gan­da-Film "Tag der Frei­heit" zur Wie­der­ein­füh­rung der Wehr­pflicht im Jah­re 1935 un­ter der Re­gie von Le­ni Rie­fen­stahl (1902-2003) die be­ab­sich­tig­te schmis­si­ge Wir­kung. Auch bei sei­nen Kom­po­si­tio­nen für die Fil­me "Wei­ße Skla­ven - Pan­zer­kreu­zer Se­was­to­pol" (1937), "Wort und Tat" (1938) und "Ges­tern und heu­te" (1938) - letz­te­rer zur "Heim­ho­lung Ös­ter­reichs ins Reich" - zeig­te er, dass er auch die Kla­via­tur der Marsch­mu­sik be­spie­len konn­te ("75 Mil­lio­nen - Ein Schlag. Das Deut­sche Volk am Do­naus­trand").

Das Reichs­mi­nis­te­ri­um für Volks­auf­klä­rung und Pro­pa­gan­da emp­fahl nach Kriegs­be­ginn sein Sing­spiel "Lie­be Trom­meln und Fan­fa­ren" als "Er­satz für die sog. klas­si­sche Ope­ret­te, die für die Kriegs­zeit un­ge­mein ge­eig­net sei". Am Mün­che­ner Gärt­ner­platz­thea­ter wur­de sei­ne Fas­sung von Franz Lé­hars (1879-1948) "Lus­ti­ger Wit­we" mit leich­ter An­leh­nung an den Jazz auf­ge­führt. Adolf Hit­ler (1889-1945, Amts­zeit 1933-1945), der mehr­fach per­sön­lich zu Auf­füh­run­gen oder Pro­ben im Thea­ter er­schien, soll das eher amü­siert als ir­ri­tiert ha­ben. Al­ler­dings wur­de am 25.7.1944 Kreu­ders Bal­lett­mu­sik "Tan­ze Mar­len" be­an­stan­det.

In­ter­ne Vor­gän­ge der UFA zei­gen auf, dass Kreu­der sich in Prag oder Bad Aus­see bis zu­letzt mit der Kom­po­si­ti­on hei­te­rer Film­mu­si­ken be­schäf­tig­te und sich da­bei in har­ten Ver­hand­lun­gen über sei­ne Ga­ge mit dem ge­schäfts­füh­ren­den Ge­sell­schaf­ter Hans Si­kor­ski (1899-1972) durch­set­zen konn­te, der so­gar we­gen die­ses Kon­flik­tes von sei­nen Funk­tio­nen ent­bun­den wur­de.

Kreu­ders brei­tem mu­si­ka­li­schen Ta­lent sind nicht nur ei­ni­ge für Pro­pa­gan­da­zwe­cke ge­schrie­be­ne Stü­cke, son­dern auch über­ra­schend "un­deutsch" wir­ken­de Jazz- und Swingstü­cke zu ver­dan­ken, von de­nen es so­gar Tonauf­zeich­nun­gen gibt. Wei­te­rer For­schung bleibt über­las­sen, ob man ihm als Pro­mi­nen­ten da­mals ei­nen grö­ße­ren Frei­raum zu­ge­stan­den hat oder ob der im NS-Mu­sik­be­trieb grund­sätz­lich ver­pön­te Jazz in ers­ter Li­nie für Zwe­cke der Aus­lands­pro­pa­gan­da auf­ge­nom­men wur­de.

Kreu­der wirk­te nach dem Krieg für ei­ni­ge Jah­re in Süd­ame­ri­ka. Er er­warb 1959 die ös­ter­rei­chi­sche Staats­bür­ger­schaft und be­müh­te sich nicht oh­ne Er­folg um ge­mein­sa­me Pro­duk­tio­nen mit pro­mi­nen­ten Künst­lern wie Jo­se­fi­ne Baker (1906-1975), Za­rah Le­an­der (1907-1981), Pe­ter Alex­an­der (ge­bo­ren 1926) und Udo Jür­gens (ge­bo­ren 1934). Ös­ter­reichs Bun­des­kanz­ler Fred Si­no­watz (1929-2008) ver­lieh ihm am 2.10.1973 den Ti­tel ei­nes Pro­fes­sors und Franz Jo­sef Strauss (1915-1988) am 12.6.1980 den Baye­ri­schen Ver­dienst­or­den.

Kreu­ders Werk ist un­über­schau­bar. Er soll cir­ca 40 Stü­cke "erns­ter Mu­sik", 188 Film­mu­si­ken und cir­ca 1.200 Schla­ger kom­po­niert, cir­ca 1.000 Schall­plat­ten auf­ge­nom­men und cir­ca 5.000 Kon­zer­te ge­ge­ben ha­ben. Die Ur­auf­füh­rung sei­nes Mu­si­cals "Lo­la Mon­tez" hat Kreu­der nicht mehr er­lebt. Bei sei­nen Kon­zert­auf­trit­ten spiel­te Kreu­der nicht nur ei­ge­ne Kom­po­si­tio­nen, son­dern brach­te auch zu­sam­men mit be­kann­ten Künst­lern wie Jo­han­nes Heesters po­pu­lä­re Stü­cke aus Ope­ret­ten auf die Büh­ne. Nicht al­le Kom­po­si­tio­nen Kreu­ders sind in dem noch zu sei­nen Leb­zei­ten er­stell­ten Werk­ver­zeich­nis nach­ge­wie­sen. Auf­trags­ar­bei­ten für die NS-Pro­pa­gan­da feh­len oder sind ir­re­füh­rend oder un­voll­stän­dig ver­zeich­net.

Pe­ter Kreu­der starb am 28.6.1981 in Salz­burg.

Werke

Bers­wordt, Lu­do­vica von, Pe­ter Kreu­der – Werk­ver­zeich­nis, Mün­chen 1985.

Autobiographie

Kreu­der, Pe­ter, Nur Pup­pen ha­ben kei­ne Trä­nen - Er­in­ne­run­gen, Mün­chen 1971, er­wei­ter­te Aus­ga­be Mün­chen 2003.

Literatur

Kott­mann, Diet­mar, Pe­ter Kreu­der – die Jah­re 1932 bis 1945 im Lich­te der Künst­ler­au­to­bio­gra­phi­en so­wie der Be­stän­de des Bun­des­ar­chivs und des Bay­ri­schen Haupt­staats­ar­chivs, in: Zeit­schrift des Aa­che­ner Ge­schichts­ver­eins 109 (2007), S. 279-294.
Rich­ter, Wolf­gang, Pe­ter Kreu­der – 1905 – 1981, Welt­bür­ger der leich­ten Mu­se und Kö­nig des Ever­greens, in: Kas­ties, Bert / Si­cking, Man­fred, Aa­che­ner ma­chen Ge­schich­te, Band 2, Aa­chen 1999, S. 147-155.

 
Zitationshinweis

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Kottmann, Dietmar, Peter Kreuder, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/peter-kreuder/DE-2086/lido/57c939d6e291d9.55226976 (abgerufen am 04.10.2024)